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Hellmuth Graf von Moltke s.

Berlin, den 25. April 1891.

Das ArmccverordnungSblatl i» Ber­lin veröffentlicht eine KabinetSordrc an den Kriegsminister, betreffend die Trauer um Moltke. Sie lautet:Nach Gottes uner- forschlichem Ratschluß ist am gestrigen Tage Generalfeldmarschall Moltke aus dem Leben abberufen worden. Tieferschüttert sehe ich den greisen Helden meinen treuen Freund und Berater von meiner Seite gerissen. Ich betraure auf das schmerzlichste den unersetz­lichen Verlust, den mit mir meine Armee, wie das ganze deutsche Vaterland erlitten. Hohe Ehre sei seinem Andenken, welches für alle Zeiten unauslöschlich in den Blät­tern der Weltgeschichte fortleben und späteren Geschlechtern das Bild eines tiefen Denkers und großen Feldherrn lebendig erhalten wird. Bis zum letzten Atemzuge hat der Verewigte i» bescheidener Einfachheit, selbstloser Pflicht­erfüllung und unwandelbarer Treue meinen erlauchten Vorfahren wie mir gedient und durch seine hervorragenden Gaben, seine glänzenden Leistungen in siegreichen Kriegen wie im stillen Wirken des Friedens sich un­aussprechliche Verdienste erworben nm den Ruhm der Armee und das Wohl des Vater­landes , dessen Dankbarkeit nie verlöschen wird. Um dem Schmerz und der tiefen Trauer, welche mit mir die ganze Armee für den von ihr so hochverehrten General- fetdmarschaü empfindet, sichtbaren Ausdruck zu verleihen, bestimme ich: Sämtliche Offi­ziere der Armee legen vom Tage deS Ein­gangs dieser Ordre acht Tage hindurch einen Trauerflor um den linken Unterarm. Bei dem Colbergschen GrenadierregimentGnei- senau," dessen Chef der Verewigte fast 25 Jahre gewesen ist, dauert die Trauer 12 Tage, bei den Offizieren des GencralstabeS, welch letzterer seinem Reorganisator ».lang­jährigen Chef seine ruhmvolle Stellung Ver­dankt, 14 Tage. Ich beauftrage Sie, das Erforderliche bekannt zu machen. Wilhelm."

Vom Grafen Moltke auf dem Toten­bette hat Anton v. Werner eine Zeichnung gefertigt, deren Vervielfältigung im Verlage von Paul Bette erscheinen wird.

Berlin, 28. April. Fürst Bismarck ist zur Leichenfeier des Grafen Moltke hier nickt ciugelroffcn. Die Ueberführung des Sarges nach dem Lehrter Bahnhof erfolgt auf Befehl des Kaisers in dem königlichen Leichenwagen, welcher die beiden Kaiser Wil­helm 1 und Friedrich zur letzten Ruhestätte geleitete. Unteroffiziere vom Kolberger In­fanterieregiment, dessen Chef der Verstorbene gewesen, heben den Sarg auf den Leichen­wagen ; Helm und Degen schmücken den Sarg, Orden und Marschallstab werden auf sechs Kissen voraufgetragen. An der Toten­feier im Trauerhause nimmt wegen beschränk­ten Raumes nur eine Deputation von drei Miigliedcrn des Reichstages teil, die übrigen Mitglieder nehmen draußen Aufstellung neben der Generalität. Gestern abend fand eine Trauerandacht im engsten Familienkreise Moltkes statt.

Berlin , 28. April. Die Trauerfeier im GeneralstabsgebSude begann Punkt 11 Uhr. Der geschlossene Sarg stand inmitten einer Fülle von Kränzen und Palmzweigen. 4 Generalstabsoffiziere hielten Wache an den Ecken des Sargs, der von den Fahnen des Regiments Colbcrg und des 1. Seebataillonö umgeben war. Die Trouerversammlung

wurde von dem Chef des Generalstabs, Gra­fen Schluffen, empfangen.

Anwesend waren die hier weilenden Fürst­lichkeiten, die kommandierenden Generale, der kommandierende Admiral, die Kriegsministcr von Bayern und von Sachsen, Abordnungen der Regimenter aus Oesterreich und Ruß­land, die Botschafter Sir Malet und Graf Schuwalosf, der Reichskanzler v. Caprivi, die Minister, Prinz Alexander, der Erbprinz und die Erbprinzessin von Hohenzollern, der Erbprinz u. die Erbprinzessin v. Meiningen, Prinz Leopold von Bayern, der Großherzog von Baden, Prinz Albrecbt mit seinen beiden ältesten Söhnen, Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein, der Großherzog v. Hessen, der Großherzog und der Erbgroßherzog von Weimar.

Die Kaiserin erschien in tiefer Trauer mit zwei ihrer Söhne, am Arme des Prin­zen Heinrich, hierauf der Kaiser und der König von Sachsen. Zwischen Ihnen stand Major Moltke, ihnen folgte Prinz Georg von Sachsen. Der Traucrraum war dicht mit Offizieren gefüllt. Am Sarge standen Feldprvbst Richter nnd die Hofprediger Kögel und Fromme!. Nachdem der Kaiser, die Kaiserin und die Fürstlichkeiten Kränze am Sarge niedergelegt, begann die Feier mit dem Gesänge:Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben." Dann hielt Feld- probst Richter die Trauerrede. Nach dem Gesang:Sei getreu bis an den Tod," wurde ein Gebet von Kögel gesprochen, dann folgte der Gesang:Wie herrlich ist die neue Welt."

Darauf wurde der Sarg von Unteroffi­zieren des Seebataillvns und des 9. Regi­ments herausgetragen. Die Musik spielte: Jesus meine Zuversicht." Die Fahnen senkten sich, die Leichenparade nahm ihren Anfang. Die Truppen setzten sich in Be­wegung, die Bläser Choräle blasend. Dann folgten die Orden, der Fcldmarschallstab von 7 Generalstabsoffizieren getragen, der Leichen­wagen mit dem blumenbedeckten Sarg, auf dem Deckel die Abzeichen des Feldmarschalls, uw den Helm den Kranz des Kaisers, nach der Art, wie ihn die Heimkehrcnden jsiegen- den römischen Feldherrn erhielten. Dann folgte der Kaiser, der König von Sachsen, Major Moltke, sodann die übrigen Fürsten, die Anverwandten mit der Geistlichkeit, die Generalität, die Abordnungen, das diplo­matische Korps.

Vor der Feier traf ein mächtiger Kranz von dem Fürsten Bismarck ein. Der Lehr­ter Bahnhof war im vollen Trauerschmuck. Der Kaiser verließ den Bahnhof gegen 1 Uhr und fuhr zusammen mit dem König von Sachsen nach dem Schloß. Unzählbare Menschenmassen standen überall in tiefer Er­griffenheit und voller Ordnung.

Berlin, 29. April. Heute früh 7 Uhr fand die Abfahrt der Leiche Moltkes nach CreiSau statt; die Generale Graf v. Waldcr- sec und Graf von Schliefst«, das Präsidium des Reichs- und Landtags, sowie die Ab­ordnungen der beiden Häuser, eine Anzahl Generale, im ganzen 60 Personen, waren dabei anwesend. Acht Unteroffiziere deS Re­giments Kolberg trugen dem Sarg in den zweiten Wagen des Zuges, der mit schwar­zem Tuch ausgcschlagen war. Auf dem Sarge lag eine Blumengabe deS Kaisers. Ein anderer Wagen diente zur Aufnahme der anderen Kränze.

Creisau, 29. April. Die Leiche Moltkes ist um 2 Uhr hier cingetroffen und wurde von 12 Unteroffizieren des Kürassierregi- mentsGroßer Kurfürst" abwechselnd mit Infanteristen des 38. Regiments zur Gruft getragen. An der Haltestelle wartete Gene­ral Lcvinski, Fürstbischof Kopp unddiePro- Vinzial-Militärbchördc». Bei der Leichen« Parade bildeten die Kriegervereine von Schweid­nitz und dem Waldenburger Kreis Spalier. In dem Leichenzuge war neben zahlreichen Deputationen eine beträchtliche Volksmenge, darunter Einwohner von Creisau. An der Gruft hielt Pastor Schirs von Gräditz die Leichenrede. Gesang leitete die Feier ein und schloß sic; die Begräbnisfeierlichkeiten waren in einer halben Stunde beendet.

Den Neffen des Feldmarschalls, der lange Jahre sein Adjutant war und jetzt sein Erbe ist, hat der Kaiser zu seinem Flügeladjutanten ernannt.

Moltke.

Nun wird auch dir das Ruhebett bereitet, Dem an des höchsten Greisenalters Schwelle Geblieben frisch der Geist, das Auge Helle, Gewalt'ger, der du Deutschlands Schwert geleitet.

Ein Trauerflor liegt über's Land gebreitet; Du harrtest aus auf deines Postens Stelle, Dann nahte sich der Tod dir sanft und schnelle,

Du schiedest glanzvoll, wie die Sonne scheidet.

Du glichst auf seinem Felsensitz dem Aare, Dem nicht erlahmt die fluggewohnte Schwinge, Und dem da« Haupt nicht beugt die Last der Jahre.

O daß ein edler Geist mein Volk durchdringe, Damit cs halte hoch das Reine, Wahre Das Werk, wozu cs Gott berief, vollbringe!

Rundschau.

Stuttgart, 25. April. Die erledigte Kapellmeisterstelle im Gren.-Reg. Königin Olga wurde dem Musikmeister Sonntag vom 12. bayr. Jnf.-Reg. Prinz Arnulf in Neu- Ulm übertragen.

In Plochingen stürzte der dort in Arbeit stehende, 57 Jahre alt. Maurer Josef Grupp von Pfauhausen bei Aufführung eines NeubauS ca. 2 Meter hoch herunter, wo­durch er, wie es den Anschein hatte, nur un­bedeutende Verletzungen davontrug. Jedoch nach kurzer Zeit verlor er das Bewußtsein und erlag noch in derselben Nacht seinen inneren Verletzungen. Der Verstorbene hin­terläßt eine Witwe mit neun zum Teil noch unerzogenen Kindern.

Reutlingen, 27. April. Auf dem hie­sigen Bahnhofe wurde gestern nacht ein Sol­dat verhaftet, welcher wegen Selbstverstüm­melung ins Lazarei in Ulm verbracht und von dort in der Lazaretkleidung entflohen war. Derselbe wollte mit der Bahn nach Rottcnburg zu seinen Verwandln. (Wir haben gemeldet, daß zwei Soldaten aus dem Lazaret in Ulm entwichen waren. Der eine wurde noch in der g>eichen Nacht beigebrachts; nun ist auch der zweite ergriffen worden.)

Tübingen, 27. April. Von der Schlacht- hausgescllschaft wurde im Snbmissivnswege der Bau des neuen Schlachthauses den Werk­meistern Clemens nndsDeckcr um die Summe von 200,780 ^ übertragen.

Hemnberg, 28. April. Unsere Stadt