he>t gesichert, die für diesen Bau wenigsten- 8 Millionen bewilligen will.

Graf Herbert Bismarck weilt zurzeit in Paris, und die Pariser Journalisten find, wie eS scheint, mit größtem Eifer darauf aus, den Sohn des ersten deutschen Reichskanzlers zu einem Interview zu bringen. Einem Re­dakteur der Presse ist eS nun trotz des Vcr- bots,welches derGraf an seine Diener ergehen ließ, keinen Journalisten vorzulassen, doch gelungen, den Sohn dcS ehemaligen Reichs­kanzlers in seinen Appartements im Grand Hotel aufzusuchen, und Graf Herbert Bis­marck hat sich demselben gegenüber folgender­maßen geäußert:Ich verstehe nicht, daß man jedesmal, wenn ich 48 Stunden in Paris verbringe, es versucht, meinem Auf­enthalte in Frankreich einen Zweck zu unter­schieben. Zudem bin ich keine offizielle Per­sönlichkeit, ich bekleide keine politische Stellung, Warum also schicken mir die Pariser Jour­nale immer einen Schwarm von Reportern auf den Hals? Wenn ich sie empfangen wollte, es kämen wenigstens 50 jeden Tag. Ah I die französische Presse ist rühriger, aber auch indiskreder als die deutsche." Er erzählte sodann von seine» Spaziergängen in

Paris, von welcher Stadt er mit einem wah­ren Enthusiasmus sprach, und schloß, auf die Journaltsten zurückkommend, mit den Worten:Ich mag sie nicht, sie betreiben ihr Gewerbe zu gewissenhaft. Sie sollen sich an offizielle Persönlichkeiten wenden oder an solche, die ihnen Stoff zu einem interes­santen Interview liefern können. Ich kann ihnen nichts sagen, da ich nichts bin und nichts sein will. Wenn ich sie empfangen würde, so würden nur sie und ich unnütz die Zeit verlieren."

In Holland ist nunmehr wieder alles im Gang; die Königin-Regentin hat den Eid geleistet, die Minister bleiben im Amte und den Sozialdemokraten wurde der Unfug mit revolutionären Maneranschlägen durch Schließ­ung der betreffenden Druckerei gelegt. In Luxemburg hat der neue Großherzog auch die Regierung übernommen und die auswär­tigen Nachbarmächte errichteten bei ihm di­plomatische Vertretungen.

In Jurez (Mexiko) fand am 6. ds. in Gegenwart großer Zuschauermeuge» ein Lticrkampf statt. Die Stiere waren unge­wöhnlich feurig. Dem Pferde eines der Stierkämpfer wurde von einem Stier einer

der Vorderfüße fast vom Rumpfe gerissen. Die Zuschauer wurden erregt und es entstand eine große Verwirrung. Einige der Stiere wurden auf der Stelle niedergehauen und tot ans der Arena geschleppt. Die Ver­wirrung, sowie die Thatsache benutzend, daß die Soldaten sich von ihren Posten entfernt Hallen, um dem Slierkampfe beizuwohnen, meuterten die militärischen Sträflinge in der Kaserne, und nach der Ermordung eines Sergeanten, eines Korporals und eines Ge­meinen entkamen sie in das Gebirge. Die Mörder, 18 an der Zahl, wurden indes von den Soldaten verfolgt und eingeholt. 14 wurden getötet und 4 gefangen genom­men; letztere wurden bei Tagesanbruch kriegs- rechtlich erschossen.

Aus Hamburg meldet man den M. N. N.: Der Dampfer Nepaul, vom Orient kommend, ist gescheitert und ging vor Ply­mouth unter. Die versicherte Ladung im Werte von 40 Mill. Mark (?) ist verloren.

(In der JnstrnktionsstlUlde.) Unter­ossizier:Warum darf der Soldat nie den Kopf verlieren?" Rekrut:Weil sonst 'n überzähliger Helm z'viel in der Kasern' wär'!"

Die barmherzige Schwester.

Wcihnachtserzählung von F. v. Limsmrg.

Nachdruck verboten.

1 .

Ungeduldig stampften vor der Rampe des gräflich Rhaden'schen Schlosses die Pferde des ReisewagenS, denn der Abschied vou Mutter und Tochter währte sehr lange. End­lich trat eine noch sehr junge Dame, Com- teß Edith, mit leicht geröteten Augen heraus, Winkte freundlich zurück und nahm neben ihrem Vater, einem vornehm aussehenden alten Herrn, Platz dann rollte der Wagen davon. Eine Staubwolke wirbelte auf und das Schloß war verschwunden.

Ach, Kind, wenn Du es nur bei den Johanniterinncn aushalten kannst," meinte kopfschüttelnd der Gras und blickte voller Zärtlichkeit auf die zierliche, elegante Dame neben sich, deren blaue Augen schon wieder fröhlich funkelten und um deren rote Lippen ein neckisches Lachen zuckle.

Und weshalb nicht, Papa?" frug sic keck,den Kopf können sie mir nicht her- unlerreißen und mein Wappenschild nicht zerbrechen I Ich habe mir nun einmal in den Kopf gesetzt, Johannirerin zu werden und will es auch; verlaß Dich nur auf mich, Du kennst ja die Energie Deiner Tochter."

Voll unendlicher Liebe blickte Graf Rhaden seine Tochter an, und zog sie in sc>nc Arme und sagte zärtlich:

Wie werde ich meinen kleinen Liebling sechs Monate lang entbehren können", flüsterte er, zärtlich über ihr Haar streichend,v, Edith, gieb noch in dieser Stunde den schweren Entschluß auf und ich bringe Dich jubelnd wieder heim zur Mama."

Nein, »ein, Väterchen, kopf- fchütteltc die kleine Dame,denke doch an meinen Johannitcrpaß, an meine blauen Leinenkleidcr und an die Hauben. Was sollte daraus werden? Und wie würden mich alle auslachcn! Nein, ich trete getrost morgen in das Krankenhaus zu Z . . . . ein und Wcroc aushalten, verlaßt Euch alle daraus I"

Am folgenden Morgen langte Graf Rha-

" Ärramw»rtlicher Redakteur; Vern

den und Comteß Edith in dem ihnen be­zeichnen« Krankenhause an und wurden zur Oberin der Johannitcrinnen ins Sprech­zimmer geführt. Die Oberin, eine ältliche Dame mit scharfmarkierten, spitzen Zügen trat ihnen entgegen und reichte Edith die Hand, ihr dabei durchdringend ins Auge blickend.

Comteß Rhaden," begann sie lebhaft, Sie wollen für sechs Monate unsere liebe Schwester werden, um bei uns Kranken­pflege zu lernen? Wissen Sie aber auch, was das heißt? Wird es Ihnen nicht zu schwer werden, wenn Sie tüchtig arbeiten müssen?"

Nein," lachte da- juiiße Mädchen lustig, ich will alles thun, was Sie mir befehlen werden, Frau Oberin, und wer weiß, ob Sie nicht doch endlich, natürlich mit großer Nachsicht und Geduld, eine brave Johan­niterin aus mir machen können. Am guten Willen soll eS nie fehlen!"

Das ist die Hauptsache, liebes Kind," nickte die alte Dame so recht herzensfreund­lich,damit werden Sie alle Hindernisse überwinden, die Ihnen der neugebogene Lebens­abschnitt bringen wird. Herr Graf, Ihre Tochter soll bei uns aufgehoben sein, ich ver« spreche es Ihnen."

Der Abschied vom zärtlichen Vater war überwunden, Edith überwann tapfer die letzten Thränen und ging zu Bett, um morgenmit den Hühnern" a efznstehen, denn bis dahin war die junge Dame nie vor ^(cht Uhr zum Frühstück erschienen.

Sie sollen morgen geweckt werden, Kind," versprach die Oberin und nickte der neuen Johanmterin nochmals zu.

Am nächsten Morgen, noch ehe man Edith weckte, schlüpfte sie bereits aus den Federn und begann sich anzukleiden. Wie sonderbar erschien ihr das schlichte blaue Nesselkleid ohne Garnierung, di- große Schürze und das kleine weiße Battisthänbchen, dessen Bänder sie unterm Kinn festband. War denn das wirklich Comteß Edith Rhaden, die so oft in rauschendem Ballkleide über das Parquclt des elterlichen Saales dahingcglit-

haro Hos mann.) Druck und Vertag von B e

ten. Uebermütig lachte sie laut auf, hielt dann jedoch erschrocken beide Hände vor den Mund, denn eS war so still und fast feier­lich in dem ganzen Hause.

Endlich läutete die Glocke zum Frühstück, es war Punkt 6 Uhr und all die Diakonissen versammelten sich im großen, schöngetäfelten Speisesaalc zum Kaffee. Die kleine Novize mit den großen blauen Augen und dem blon­den Haare, das in natürlichen Löckchen eigen­sinnig unter dem Häubchen hervorquoll, ward neugierig angestarrt und von der Oberschwe­ster alsSchwester Edith" vorgestellt. Das Kopfnicken auf diese Vorstellung fiel ziemlich flüchtig aus und dann nahm die vorerwähnte Schwester, Gertrud von den andren genannt, Schwester Edith unter den Arm, um sie in das neue Amt ciuzuführen.

Eine Krankenstube mit fünf Beiten wurde Ediih's Obhut anvertraut und ratlos stand die junge Dame im ersten Moment da, denn sie wußte in der Thal absolut nicht, was sie nun beginnen sollte.

Schwester Edith wollen Sie wohl hier Frau Lenz das Gesicht und den Hals wa­schen und die Haare machen? meinte sanft fragend die eine der Diakonissinnen zu der jungen Novize,hier ist Schwamm u. Hand­tuch, auch ein Waschbecken, dort liegen dann die Kämme."

Edith stutzte erst, aber nur eine Sekunde, dann griff sie energisch zu und wulch und frisierte die Kranke etwas eigenartig u. hastig, so daß man nicht gerade das frischgeflochtene Haar derselben als ein Kunstwerk bezeichnen tonnte.

So, null könnten Sie wohl das L.tt hier machen," ertönte gleich daraus die sanfte Stimme nochmals.Frau Lenz können Sie währenddem dort auf das Sopha legen in eine wollene Decke gewickelt."

Die magere, schwindsüchtige Kranke schlang auch gleich bereitwillig beide Arme um Ediths Hals, welche in der nächsten Sekunde ziem­lich verblüfft die Kranke emporhob und auf die bczcichnete Stelle legte; in der Tbat, die Kranke war so leicht wie Ediths ehemalige Ricsenpuppe. (Forts, folgt.)

rnbard Hofmann in Wildhrd-