Rundschau.

Rommelshausen, 10. Dez. Gester abend 9 Uhr brach in einem von zwei Familie» bewohnten Hause Feuer aus, das so rasch um sich griff, daß trotz angestrengtester Thälig- keit der Feuerwehr das Gebäude bis auf den Grund niederbrannle. Wegen Verdachts der Brandstiftung wurden die zwei Hausväter der Familien, die nicht in bestem Einver­ständnis lebten, noch gestern abend in Haft genommen.

Oehringen, 9. Dez. Ein Lehrer und ein Wagner von Waldbach befanden sich laut Hohenloher Bole gestern auf dem H imweg von Bretzfeld nach ihrem Orte, verfehlten ober in der Dunkelheit de» Steg n. stürzten beide in das Wasser, Der Lehrer konnte sich wieder heranSarbeiten und rief seinem Begleiter, erhielt aber angeblich keine Ant­wort mehr. Die zur Hilfe hcrbeigekommc- nen Leute fanden den Mann im Wasser aufrecht stehend, mit der einen Hand eine Wurzel umklammernd, tot und steif ge­froren. Man vermutet, daß er vom Schlag gerührt wurde.

Ulm, 7. D>z. In den stürmischen Tagen der letzten Woche wurde vom Münster bau- mcister v. Wyer eine interessante Untersuch­ung vorgenommkn. Derselbe begab sich laut U. Ztg. auf die oberste Kranzgalerie der Purmpyramide, um an der Wasserwage zu beobachten, ob der starke Sturm irgend welche Wirkung auf die Pyramide ansüben könnte. Die genauesten Beobachtungen hatten das Ergebnis, daß die Wass rwage völlig ruhig bin b,die Pyramide also auch in ihrer höchsten Spitze selbst im stärksten Sturm, der droben gewaltig lobte, keinerlei Erschütterung erleidet.

Ehingrn, 7. Dez. Mil dem gestrigen Tage hat die Cigarre, fab, ik von Trunz zu existinn aufgehört. Denn dessen Frau hat gerichtlich den Konkurs angemeldet, worauf die Schließung des Geschäfts erfolgte. Etwa 50 Arbeiter sind dadurch arbeitslos g- wordcn.

Frankfurt, 11. D z. Der schweizerische Nationalral verhandelt gegenwärtig über ein neues Auslieferungsgesetz. Der wichtigste Paragraph dieses Gesetzes ist der Art. 10, der folgendermaßen lautet:Wegen politi­scher Verbrechen und Vergehen wird die Aus­lieferung nicht bewilligt. Die Auslieferung wird bewilligt, obgleich der Thäter einen politische» Beweggrund oder Zweck vorschützt, wen» die Handlung, um deren willen die Auslieferung verlangt wird, vorwiegend den Charakter des gemeinen Verbrechens oder Vergehens hat, Das BundeSgericht ent­scheidet im einzelnen Falle über die Natur der strafbaren Handlung auf Grund des frei zu ermittelnden ThatbestandeS." Wenn die Auslieferung bewilligt wird, so stellt der Bundesrat dem ersuchenden Staate die Be­dingung, baß der Auszulieferude wegen seines politischen Beweggrundes oder Zweckes nicht strenger behandelt werden dürfe. Und welche Garantie hat der Bundesrat, daß eventuell, z. B. in Rußland, diese Bedingung auch er­füllt werde?

Osseilbnrg, 9. Dez. Bei der Bürger- mcisterwahl gaben sämtliche Wähler (67) weiße Zettel ab.

Dortmund, 9. Dez. Ein Zusammen­stoß von zwei Personenzügen ist vorgekom­men. Der Zugführer blieb tot, mehrere Reisende wurden leicht verletzt.

In Straßfurt wurden innerhalb 8

Tagen um 19 der Firma C. Vennecke, Hecker u. Cie gehörigen Get, cidediemcn 17,119 Mäuse, 9 Hamster, 2 junge Katzen, 1 junges Ka­ninchen und 1 Ratte gefangen, und zwar mittels Drainröhren, welche in um die Diemen gezogene Gräben senkrecht eingegrabe» waren.

Die Zuckerfabrik in Uutcrbantze», Eigentum der ersten Bürgerlichen Vorschuß­kasse in Prag, ist laut Fr. Ztg. samt den vorrätigen 4000 Sack Zucker abgebrannt. Das Gebäude war mit 500,000 fl. versichert. Der Schaden trifft zwei Prager Versicherungs­gesellschaften.

Auf Zeche Agrappe in Framerie stürzte ein junges Mädchen/welches am Barbaratage (4. Dez) ein Standbild der Patronin der Bergleute in die Grube befördern wollte, einen 750 in tiefen Schacht hinab. Von der Leiche kouulen nur Fetzen geborgen werden.

Bei dem schon kurz gemeldeten Mi litär-Exzeß in Augsburg hat es sich laut Fr. Ztg. um einen geplanten Racheakt ge handelt. Von den 5 Infanteristen waren 3 erst vor kurzem aus der Festung Ober­haus entlassen worden. Sie gedachte» nu» mit ihren beiden Kameraden dem Sergean­ten, der ihre Bestrafung veranlaßt hatte, auf­zulauern, versahen sich aber in der Person ihres Opfers. Der Verwundete liegt bedenk­lich darnieder. Die 5 Frevler sehen einer schweren Bestrafung entgegen.

Berlin, den 10. Dezember 1890.

Professor Dr. Robert Koch hat mit seinem Schwiegersöhne, Dr. Pfuhl, einen vierzehntägigen Urlaub angnreten. Wohin sich der berühmte Gelehrte gewandt hat, bleibt strenges Geheimnis, da er seine Ab­wesenheit zu seiner Erholung von den Mühen und Anstrengungen der letzten Zeit benutzen will. Daneben liegt allerdings die Annahme sehr nahe, daß der bescheidene Gelehrte auf diese Weise sich allen öffentlichen und pri­vaten Kundgebungen an seinem Geburtstag am heutigen Donnerstag entziehen will: ein neuer bezeichnender Zug zur Vervollständig­ung des CharaktciS des uneigennützigen Forschers. Nach einer anderen Meldung, die wir wiedergeben, ohne eine Gewähr da­für zu übernehmen, hätten sich die beiden Gelehrten nach Cannes begeben, um dem schwer erkrankten Großherzog von Mecklen­burg-Schwerin Hilfe zu leisten.

Der Papst hat an sämtliche Bischöfe ei» Schreiben erlassen, wodurch für den Tag der heil. 3 Könige die Veranstaltung einer Sammlung i» allen kathol. Kirchen ange­ordnet wird, deren Ertrag dem von Kardi­nal Lavigerie gegründeten, aus die Aufheb­ung der Sklav-rei abzielcnden Missions- Werke in Afrika zngeführt werden soll. Das päpstliche Schreiben spendet dem vom ge­nannten Kirchenfürsten in der B>kämpfung der Sklaverei entwickelten Eifer die wärmste Anerkennung.

Das Schwurgericht von Allcnstein verurteilte den Kälhner ScherzinSki aus Zackendorf wegen Mordes zum Tode. Der Angeklagte saß auf Altenteil bei seine,' Kim dern. Nor kurzem starb sein Sohn und der alte Mann faßte den teuflischen Plan, nun auch das Enkelkind bei Seite zu schaffe». Eines Tages, als die Angehörigen in die Kirche gegangen waren, goß er dem Kinde mittelst der Milchflasche Schwefelsäure in den Mund. Das Kind, welchem Backen, Gesicht und Kleider vollständig verbrannt

waren und in dessen Leichenteilen sich noch Schwefelsäure in erheblicher Menge vorfand, war in den Armen des Unmenschen verstor­ben.

San Remo, 8, Dez. Dr. de Ponte hat von Dr. Koch 6 Fläschchen Impfstoff erhalte».

(Eine Hebamme verhaftet.) Aus Paris wird uns vom 9. Dez. geschrieben: Auf die anonyme Meldung, daß eine Heb­amme in Frouard zahlreiche schwere Ver­brechen gegen das Leben ausgeführt habe, stellt der Staatsanwalt von Nancy in diesem Orte eine Untersuchung an und verhaftete die bezeichnet,' Hebamme. Auf einem Felde in der Nähe der Moftl fand man 30 da­selbst verscharrte Frühgeburten. Es stehen noch zahlreiche Verhaftungen in Frouard und Nancy bevor.

Der Freien Presse von Portland, Oregon vom 20, Nov. entnehmen wir folgen­des: Unser geehrter Freund August F. Tous­saint Polizeirichter und Friedensrichter in Vanconvcr Wash., ist in der letzten Wahl wieder erwählt worden. Seine Freunde beider Parteien üb-rrascbten ihn nach seiner Erwählung indem sie ihmeinen seidenen Cy- linder und einen seidenen Regenschirm mit Goldknopf zum Geschenke machten. Hon. I. D. Geozhegan machte ein? Ansprache und Pvlizeirichter A. F. Toussaint antwortete in gefühlvoller Manier in der englischen Sprache die er zur Bewunderung seiner Freunde meisterhaft controlliert! Friedensrichter Tous­saint tritt seinen 5ten Termin am Isten Jan. an. Hunderte seiner Freunde in Porlland werden sich darüber freuen. (Toussaint ist ein geborener Wildbader.)

^Verdächtiger Fund ) Eine wunder­liche Geschichte, die namentlich in den Krei­sen der Weintrinker und W-lnhändler leb­haft besprochen wird, hat sich in Braunschweig zugetragen. Ein dortiger Geschäftsmann hat sich von der Mosel ein Faß Moselwein kom­men lassen, als er dasselbe abziehen wollte, entdeckte er darin eine grollartige Masse, die ihm verdächtig vorkam. Er gab den Wein einem Chemiker zur Untersuchung, der bald den animalischen Charakter der Masse fest­stellte und ermittelte, daß man aufge­quollene Forclleneier vor sich habe. Es fragt sich nun, wie die Forelleneier in den Wein geraten sind. Daß der Wein selbst eine Forelle beherbergt habe, ist doch nicht gut anznnehmen, und so bleiben nur zwei Mög­lichkeiten: entweder sind beim AuSspülen des Fasses mit Wasser Forelleneier in daS Faß gelangt oder ihre Herkunft steht mit der Zubereitung deSdirekt von der Quelle be­zogenen Weines" in irgend einen, ursäch­lichen Zusammenhänge.

.'. (Fortschritt.) Präsident:Sinn, An­geklagter, Sie gestehe» also, diese,, Schmäh­brief geschrieben zu haben ! In meiner lang­jährigen Praxis ist mir ein solches Kong­lomerat von Gemeinheiten noch nicht vorge­kommen." Angeklagter:Ja, in den letzten Jahren ist man eben in allenS be­deutend weiter vor!"

.-. (Unersetzlicher Zeitverlust.) Papa: Waas? Tyräncii -- schon am zweiten Tage nach der Hochzeit! Weshalb denn Töchterchcn ? Tochter (schluchzend) :Ach Papa! Warum hast Du mich nicht schon früher verheiratet?"

-- Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von Beruhard Hofmann in Wildbad.