Aus gefährlicher Bahn.
Novelle von H, v. Ziegler.
Nachdruck verboten.
20 .
„Ihr seid überführt, Kornmann/' sagte der Beamte kalt, „rund, angesichts dieses oorxrm äolioti, verhafte ich Euch, im Namen des Gesetzes als einen Aufrührer und gemeinfährlichcn Verschwörer!"
Wie aus weiter, weiter Ferne klangen die Worte an das Ohr des unglücklichen Mannes, er lehnte an dem Schreibtisch, Helle Schweißtropfen perlten von seiner Stirn, aber vergeblich rang er nach Worten. Der Beamte sah es und ein menschliches Rühren erfaßte ihn.
„Nun, nun, es geht deshalb noch nicht ans Leben/' ermunterte er, „Ihr kommt erst in Untersuchungshaft und wenn eS sich herausstellt, daß Ihr nur überredet, nur verführt ward und selbst kein Rädelsführer seid, so . .
„Da komme ich doch wieder ins Gefängnis/' unterbrach Kuno jetzt entsetzt den Beamten. —
„Kommt gutwillig mit und macht kein Aussehen."
„Erst zum Grafenstammelte Kornmann, „um Gottes Barmherzigkeit willen, bringt mich zum Grasen Schwarzbach; er wird meine Unschuld beweisen —"
Der Kommissair überlegte einen Augenblick, dann sagte er: „Nun gut, wenn Ihr versprecht, ruhig mit meinem Beamte» zu gehen, so mag er Euch ins Schloß führen; ich bleibe hier bei dem gefundenen Beweiö- malerial. Will Graf Schwarzbach für Euch zeugen, so begleitet er Euch wohl hierher zurück. Aber, Kornmann, keinen Widerstand, mein Beamter hat einen geladenen Revolver I"
„Fürchten Sie nichts," lächelte der junge Bauer bitter, „ich habe geschworen, in meinem Leben nie mehr die Hand gegen einen Mensche» zu erheben- Nun vorwärts in das Schloß!"
— Ueber den steilen Bergpfad schritten die Beiden dahin, Kuno tticht und sicher, denn er kannte die Wege seiner Heimat, der Beamte stöhnend und häufig inne haltend, um Atem zu schöpfen.
Droben jubelten die Lerchen und flogen die Schwalben hin in den blauen, klaren Himmel und drunten rang ein armes Menschcnherz mit furchtbarem Leid und Weh.
An der steilsten Stelle stand Kunostill, die Arme verschränkt und wandte das finstere Antlitz zu seinem Begleiter.
„Wollt Ihr da auf dem Felsblock ausruhen ?" srug er kurz, „ich kann nicht gleich vorwärts; laßt mich auch eine Weile rasten I"
„Verwünschter Weg," keuchte der Polizist, duiikelrgt vor Anstrengung und wischte sich den Schweiß von der Stirn, „mir ists recht, wenn wir hier einmal verschnaufen wollen . . . ."
Und der Polizist ließ sich keuchend auf den moosbewachsenen Stein nieder, von dem aus er jede Bewegung seines Gefangenen dort drüben am Abgrund beobachten konnte.
Nur Kornmauns Antlitz konnte er nicht schauen, konnte den Kampf darin nicht sehen und die Thräncn, welche die bleichen Wangen netzten; Gott allein blickte herab au' Kuno und mit ihm fühle er sich vrieint hier in
der freien Natur. Sein Mcm flog, in seinen Schläfen hämmerte es gewaltsam, die Arme preßten sich über der Brust zusammen. „Gott, mein Gott, erbarme Dich über mich ! Aber ich kann es nicht ertragen, noch einmal in das Gefängnis zu müssen, und dann den Stempel des Verbrechers auf immer auf der Stirn zu tragen. Lieber Gott, laß mich sterben und in Deine Hände fallen u. nicht in die der Menschen, denn Du bist mild und kannst nicht immerfort über die Schuld eines Verirrten zürnen. Herr, meint Golt, behüte mein armes Weib und Kind, nimm mich gnädig auf und vergieb mir dem elenden Sünder!"
Kuno sank i» die Knie und bedeckte das Antlitz mit den Händen; dann sprang er empor, noch ein Blick in den blauen Himmel, einen Abschiedsblick auf die schöne Natur rings um sich her, und ehe der Beamte entsetzt zu ihm Hineilev konnte — war eö geschehen I Kornmann stand nicht mehr an der Stelle, wo er noch soeben gebetet — er war hinabgestürzt in den grausigen Abgrund I
Der Polizist stand nur einen Moment betäubt, dann raffle er mit einem halbunter- drückten Fluche die Waffe auf und eilte hinab zu seinem Chef, um ihm Mitteilung zu machen von dem, was geschehen war.
Der Kommissair ward Leichenblaß und gab dem Manne einen scharfen Verweis, dann eilten beide an Frau Hannah vorüber, die ihnen fragend cntgegcntrat, hinaus in den Hof, wo sie zwei Knechte anrcdcten.
„Könnl Ihr ohne Verzug milkommen? Es ist ein schweres Unglück geschehen; aber schweigt bis ich es Euch erlaube zu reden," sagte der Kommissair zu den Knechten.
Es dauerte lange, ehe man die Stelle fand, auf der der zerschmetterte Leichnam Kornmann's lag. Die Nachmittagssonne schien bereits schräg über die Landschaft und die Luft war kühler geworden. —
Ja, da lag Kornmann tot ^und zerschmettert! Die Knechte entblößten das Haupt und schluchzten auf, denn das, was sie sahen war gar zu gräßlich und grausig. Gestern noch der Jubel, das Glück im Kornmann- schen Hause und heute — lag der dem alle Freude gegolten, im Abgrund als eine zerschmetterte Leiche.
„Es ist ein unglücklicher Zufall," ,sagte hastig der Kommiffair, holt den Grasen herbei, indes ich ein Protokoll aufsetze — und dann macht eine Bahre zurecht, daß wir — den Verunglückten nach Hause tragen."
Graf Rudolf fuhr entsetzt zurück, als der nach ihm ausgesandte Knecht stammelnd das Furchtbare erzählte, aber er griff sogleich mit zitternder Hand zum Hut, um sich nach der Unglücksstätte zu begeben.
Und in der That I dort lag Kuno, der einstige Spielgenosse des Grafen tot und stumm, Kuno Kornmann den er noch gestern heimgeholt aus der Haft und so glücks- strahlcnd verlassen halte! Der Graf griff mit der Hand an die Stirn, wie war das fnrchtbare Unglück möglich gewesen?
In wenigen Worten erklärte ,ihm der anwesende Polizeikommissair den traurigen Fall und da fuhr der junge Schlvßherr zornig empor.
„Also um der elenden Denunziation eines ganz erbärmlichen Schuftes willen, ist der Bauer Kornmann in den Tod gegangen I Wußten Sie denn schon genau ob dem
Aermsten 'wirklich jene Sckrifttn girrten oder ob der elende Malhow sie nicht avS Rache in seines Herrn Schreibtisch versteckt har?"
»Ich lhat nur meine Pflicht," erwiderte der Kommffsair. „Die Richter haben erst zu unterscheiden, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig ist, nicht I"
„O, Fluch deS Bösen, o entsetzliches Verhängnis," jammerte Graf Schwarzbach, „so hat den bcthörtcn Kornmann Loch noch eine furchtbare Strafe ereilt I"
„O in der That, ich bedaure unendlich, daß die Verhaftung des Bauern einen so traurigen Ausgang nahm," sagte der Kom- nüssair und ging mit seinem Begleiter davon.
Es war ein furchtbarer Moment, als die arme Hannah so schonend wie möglich vom Grafen Schwarzbach erfuhr, daß sie Witwe geworden sei, daß.der, den sie gestern so glückselig bewillkommel, heute tot und kalt auf der Bahre lag.
Natürlich verschwieg man der Aermsten vollständig die eigentliche Veranlassung des Totes ihres Galten, und ließ sie bei dem Glauben, daß ein Unglück vorläge.
Bleich und schmerzlos sah Kuno's Tote», antlitz aus, welches dort unter Blumen ruhte, die von allen Nachbarn und auch vom Schlosse herbeigebracht wurden ; keine Spur.deS schweren Seclenkampfes las man auf den Zügen des Toten, nur die eine feste Gewißheit schienen sie zu verkünden, daß er als reuiger Sünder versöhnt gestorben war.
„Armer, armer Kuno," murmelte Graf Rudolf in tiefer Bewegung, „Du hast das Leben nur von der dunklen Seite kennen gelernt und als Du umkehren ^wolltest von der gefährlichen Bahn — da war cS zu spät! Gott sei Dir gnädig und barmherziger als cs die böse Welt war I"
— Ende. —
Verschiedenes.
— (Ein schlauer Wohnungsvermieter.) wohnt im einem Hause aus der Schönbrunner- straßc in Wien. Er vermietet ein nett möbliertes Zimmerchen um einen staunenswert billigen Mielziens, äußert sich aber, kaum im Besitze der ersten Monatsmiete, folgendermaßen: „Mein früherer Zimmerherr wohnte bei mir mehrere Jahre und würde mich nicht verlassen haben, wenn er nicht vor ein paar Tagen in dem Kabinet an den Blattern gestorben wäre". Die Mieter beeilen sich nach dieser Eröffnung, sosvrt unter Zurücklassung des Mietgeldes die Flucht zn ergreifen. Die Geschichte von dem Todesfälle ist nicht wahr, hat aber dem spekulativen Erzähler innerhalb dreier Wochen zu vierzig Monalsmietern verhelfen.
(Untrügliches Zeichen.) Kaufmann (zn seinem Compagon) : „'Nun , mein Bester ? Sehen ja so verstimmt aus?" — „Ja, ;a I Mit den Ersparnissen sür dieses Jahr ist es wieder Essig!" — „Was will Ihre kleine übermütige Frau denn jetzt schon wieder?" — „Hat sie mir noch nicht gesagt. Aber billig ist die Sache nicht!" — „Na, aber woher wissen Sie denn daS.über- haupt?" — „O, ich kenne sic! Als ich gestern abend nach Haus kam, stopste sic meine."
.-. Die schönste und beste Mitgift eines Mädchens sind: Arbeitsamkeit, Sparsamkeit und Ordnungssinn.
Berankworttirhcr snedakteur: Bernhard Hos« » nn.) Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildbad,