— Ein kntsktzlichkr Mordversuch wurde letzten Freitag abend an dem 19jährigen Eägearbeiter Thomas Bichler von Irschen berg verübt. Derselbe wurde auf der Mies: bachcr Landstraße von drei im Gesichte geschwärzten Männern überfallen, an Händen und Füßen geknebelt und dann hart über das an der Straße liegende Bahngeleise gelegt, worauf die drei Kerle entflohen. Aus Bichlers Hilfegeschrci kam ihm der nächst- stationiertc Bahnwärter zu Hilst, der den Bichler noch aus seiner Lage befreite, bevor der von Darching bereits abgelassene Zug das Geleise passierte. Bichler war wegen eines Drohbriefes seiner Zeit in Untersuchung, während welcher „er aus der Scbule geschwätzt haben soll," Man glaubt deshalb an einen Racheakt, um so mehr, als er vor einiger Zeit einen Brief erhalten haben will des Inhalts, daß er, che der erste Schnee füllt, nicht mehr unter den Lebenden sei, versehen mit der Unterschrift: „Die 15 Verschworenen".
Holland. Die Kammern beschlossen, der Königin-Regentin eine Civilliste von 175 000 Gulden für das Jahr auszusctzen.
Linz, 17. November. Die „Tagespost"
I meldet, daß die Mutter dc§ Erzherzogs Jo- lhann gestern infolge eines TelegrommcS, daß ^ Johann Orth oufgefunden sei, in der Stadtpfarrkirche in Gmunden ein Dankcsamt abhalten ließ.
— In der Nähe von Cannes hat eine Bauersfrau Namens Berlollat einen Knaben ohne Augen geboren. Mutter und Kind befinden sich wohl.
Petersburg, 15 Nov. Sofort nach der Veröffentlichung des Koch'schen Heilverfahrens wird eine Hcilstation in einem der größten Hospitäler Petersburgs eingerichtet. Bekanntlich hat kaum ein anderes Land so viel wie Rußland unter der Schwindsuchtsgeißel zu leiden. Ganz besonders gilt dies von der Hauptstadt selbst.
— Ein Gemetzel vor der Kirche. Aus Budapest meldet man dem „N. W. T." unterm 17. Nov.: In einer Ortschaft in der Nähe von Bistritz sollte gestern der neue rumänische Pfarrer installiert werden. Ein Teil der Gemcindemitglieder, dem der Pfarrer nicht genehm war, wollte ihn nun nicht in die Kirche hineinlassen. Zwischen den zwei Parteien, die sich bildeten, entstand alsbald eine wütende Rauferei, bei welcher sechs
Aus gefährlicher Bahn.
Novelle von H. v. Ziegler.
Nachdruck verboten.
14.
Da schlug der unglückliche Mann beide Hände vor das Gesicht und begann wie ein Kind zu schluchzen: „Ich bin also kein Mörder, kein Mörder! O Gott ich danke Dir — ja es giebt eine Barmherzigkeit!"
„Beruhigen Sie sich," sagte der Arzt freundlich, gehen Sie nach Hause und jagen Sie den roten Mathow zum Teufel, der Ihnen mit seinen schlechten Lehren den Kopf Verdreht hat."
Langsam ließ der Angeredete die Hände sinken, über seine Züge glitt ein Ausdruck fester Entschlossenheit und er sagte halblaut: »Ja» >ch Sehe, Herr Doktor, aber wenn ich niein Weib und — und die gnädige Gräfin gesehen, dann will ich die Strafe für wein Verbrechen auch tragen — ich zeige mich selbst bei dem Gerichte an."
Und er wandte sich kurz ab und schritt seinem Hofe zu, das Haupt entschlossen erhoben, und mit festem Schritte, und wer in sein Antlitz geschaut hätte, würde zwei heiße Thränen bemerkt haben, welche über die gebräunte Wange rannen.
Voll Angst und Unruhe hatte die arme Hannah indessen ihren Mann erwartet, denn sic besaß nun die volle Gewißheit, daß der elende Mathow in der That mit dem gestohlenen Geld geflohen war.
Mit gerungenen Händen schritt sie im Zimmer auf und nieder, während ihr ganzes trostloses Leben an ihrer Seele vorüberzog. Was war denn der Inhalt desselben bisher gewesen? Kampf und öde Leere, strenge Pflichterfüllung, aber kein Fünklein Liebe, keine Freude oder Anerkennung für alle ihre Mühe und Aufopferung I Und nun gar die letzten Wochen, in denen ihr Mann fast täglich berauscht heimgekehrt war! Verzweifelnd preßte die arme junge Frau das Antlitz in die Hände, ein entsetzlicher Lebensüberdruß ergriff sie und hätte sie in diesem Augenblick an einem Abgrunde gestanden,
sie wäre hinabgesprungen, denn jedes andere Empfinden war in dieser Minute, wo sie wie wahnsinnig vor sich hinstarrte, untergc- gongen in bitterster Verzweiflung.
Da kamen schwere, schleppende Schritte näher, zögernd hielten sie inne vor der Thür und das arme Weib schauderte zusammen.
„Da ist er — und wieder betrunken I" rief sie entsetzt.
Die Thür öffnete sich, und es war wirklich Kuno, der über die Schwelle trat und doch schien er jetzt ein ganz anderer Mensch zu sein. Totenbleich, wortlos schritt er zu Hannah hin und faßte nach ihrer Hand, mährend seine zitternden Lippen nach Worten rangen.
„Kuno," schrie die erschrockene Frau, „was hast Du, was ist geschehen? Sprich um Gotteswillen I"
„Ich habe — ich bin —" stammelte er endlich, dann aber sank er seufzend in einen Stuhl, „der Graf ist verunglückt — und ich — trage die Schuld daran —"
Hannah schrie auf, erschütternd, qualvoll wich sie zurück von dem unglücklichen Manne dort, der mit starren Augen vor sich hinblickte ; er sah Hannahs Bewegung, ein Zittern überflog seinen Körper, und er sagte leise, schmerzvoll: „Nein Hannah, so wie Du denkst ist es nicht! Ich habe die Waffe nicht auf ihn abgedrückt und doch fühle ich mich — wie ein Mörder —"
„So ist er tot, unser lieber, gütiger Herr Graf? Kuno, um Gotteswillcn sprich!"
„Nein," murmelte er erschöpft, „der Arzt hat mir gesagt — es sei keine Gefahr vorhanden."
Hannahs Herz ward weich beim Anblick ihres so gänzlich veränderten Gatten, die alte Liebe zu ihm erwachte mit neuer Kraft und Innigkeit und gleich darauf kniete sie neben ihm. Leise tröstend, fast wie eine Mutter, strich sie das Haar von seiner Stirn, trocknete ihm den Schweiß von derselben flüsterte ihm beruhigend zu, sodaß dieharte Eisrinde, die sein Herz in Banden hielt, endlich schmolz.
„Hannah," murmelte er leise, „kannst Du mir vergeben? Ich habe an Dir noch
Menschen getötet und sechzehn schwer verwundet wurden. Die Gendarmerie mochte endlich dem Gemetzel ein Ende.
Newyork, 18. Nov. Das große Bankhaus Billard ist in ZahlungSverlegcnheit. Seine Verbindlichkeiten betragen 80 M>ll. Dollars. Die Rorth- Riverbank ist insolvent; Verbindlichkeiten 30. Mill. Dollars. Ein allgemeiner Krach wird befürchtet.
— 80 000 Pfund falscher Haare, die auf den Köpfen eleganter Damen Europas wieder zum Vorschein kommen sollen, sind nach amtlichem Bericht von Karuon im letzten Jahre ausgeführt worden. Die Haare gehörten meist Bettlern, Verbrechern oder an ansteckenden Krankheiten Gestorbenen an.
.-. (Was ist ein Farbenspiel?) „Wenn in der Morgenröte ein Grünschnabel einem Blaustrumpf so lang etwas weiß macht, bis ihm schwarz vor den Augen wird!"
Gemeinnütziges-
§ Gartengewächse schützt man gegen den Reif am besten dadurch, wenn man auf sie gebrannten Thon streut. Dadurch wird die Ausdünstung und das Bilden von Wasser- lropfen auf Blättern und Stengeln gehindert.
mehr gesündigt als — an Graf Rudolf; ich habe Dich schändlich vernachlässigt, rauh zurückgewiesen und Deine Liebe hingenommen, als sei sie etwas selbstverständliches, ich habe —"
„Still davon, Kuno, sprich nicht weiter darüber, gar nichts, es ist alles vergessen — alles vergeben! Du sollst ei» neues Leben beginnen und mit dem alten abschließen. Laß uns fort von hier — weit fort I"
„Fort, Hannah, weshalb? Sprich! Ist noch ein anderes Unglück geschehen, von dem ich bisher nichts hörte. Was weißt Du — ist Mathow —"
„Fort, gestohlen I" unterbrach sie ihn mit unsicherer Stimme, er hat sämtliches Geld mitgenommen, das Du für die Ernte gelöst und wir sind nun so gut wie — verarmt!"
Kuno schrie nicht auf, wie sie gefürchtet hatte, er zuckte auch nicht zusammen, nur ein dumpfes Seufzen entrang sich seiner Brust und er murmelte leise vor sich hin:
„Verarmt, verschuldet — ich wußte es — feit gestern!"
Da schlang Hannah zum ersten Male in ihrem Leben ihre Arme um des Gatten Hals, lehnte ihr Antlitz an das seine und flüsterte liebevoll:
„Verarmt und doch reicher als zuvor, Kuno! Jener schlimme Mensch, D in böser Ratgeber ist fort; nun wollen wir ei» fröhliches Leben voll Arbeit beginnen ! Wir verkaufen den Hof, zahlen unsre Schulden und ziehen in eine große Stadt, wo sich jederzeit Arbeit für uns finden wird. Wenn wir dann am Abend heimkommcn, bereite ich Dein Abendbrot und wir sind glücklicher als hier auf dem verschuldeten Hofe. Nicht so, lieber Kuno?"
Aber wiederum schüttelte der unglückliche Mann den Kopf, wieder kam jener., feste, entschlossene Ausdruck in sein Gesicht.
„Hast Du mir vergeben, Hannah," sagte er endlich, sich in die Höhe richtend. „Meinst Du, daß auch unser Herrgott ein Gleiches thun wird."
(Fortsetzung folgt.)
rnhard Hofmann in Wldbaü.
Verantwortlicher Redakteur: Bernharo Hofmann.) Druck und Vertag von B e