Rundschau.

Der Staatsanzeiger dring! die Ernenn­ung des K. preuß. Generallicutcnants v. Lindeqnist als Kommandeur der 26. Divi­sion (1- Kgl. württ.) als Nachfolger des mit der Führung des Königl. Armeekorps beauftragten Gcncrallieutenants v. Wölckern. Mit der Führung der 27. Division (2 K. württ.) wird an Stelle v. Haldenwangs der Kg>. preuß. Generalmajor v. Nickisch-Rosen- egk beauftragt. Generalmajor v. Gleich, Kommandeur der 26. Kavallerie-Brigade (1 K. württ.) und Generalmajor v. Claufcn, z. Zt. Kommandeur der 67. Jnf.-Brigade wurden zu Generallieutenants befördert.

Cannstatt, 29. Okt. Heute nachmittag wurde der 65 Jahre alte Schäfer F. Höll- warth von Sulzbach bei Backnang wegen un­befugten Verkaufes fogen. Heilmittel (Blei­wasser) festgenommen. Bei Durchsuchung der Reisetasche fanden sich nicht weniger als 44 Taschentücher, teils gestickt und von Seide, zum Teil noch ungetrocknet, sowie verschiedene andere Bekleidungsstücke vor, über deren Er­werb sich der Verhaftete nicht ausweifen kann.

Heilbronn, 27. Okt. Die Restauration der St. Kilianskirche ist wieder um einen bedeutenden Schritt vorgerückt. Gestern wurde auf den nördlichen Chorturm die Kreuz­blume aufgesetzt und auch der südliche geht seiner Vollendung entgegen, so daß bis No­vember beide Türme fertiggcstellt sein wer­den. Dieselbe sind 46 Meter hoch. Mit dem Wiederbeginn der Bauthätigkeit geht es dann an die Restaurierung des Daches im Chor. Die Arbeiten werden nach dem Ent- würfe deS Münsterbaumeisters Prof. Dr. Beyer zur Ausführung gebracht.

Heilbronn, 28. Okt. Heute nachmittag 3 Uhr wurde ein aus hiesiger Werfte von Gottfried Seubert erbautes großes Fracht­schiff vom Stapel gelassen. Das Schiff, welches dem Schiffer Heinrich Neuer aus Eber­bach gehört, bekam den Namen Heinrich Nrl- böck.

Heilbronn, 29. Okt. Gestern abend vor 6 Uhr wollte ein etwa 60jähriger unverhei­rateter Weingärtner an einem .Bahnübergang für Fußgänger, als schon die Schrank"» ge­schlossen waren und der Zug von Weins­berg her in Sicht war, trotz der Warnung seiner Begleiter noch die Bahn überschritten. Er wurde aber von der Lokomotive erfaßt und beiseite geschleudert, schlug dabei mit dem Kopf an eine Schiene des andern Geleises und war nach wenigen Minuten eine Leiche. (Amtlich wird über den Fall folgendes mit­geteilt t Am 28. ds. wurde bei dem Wärter­posten Nr. 69 der Abteilung Weinsberg der ledige, 50 Jahre alte Weingäriner Konrad Weingand von Heilbronn von dem Zuge Nr. 713 überfahren und getötet. Weingand versuchte trotz geschlossener Barriere und trotz Warnungen seiner Begleiter unmittelbar vor dem Zage das Bahngeleise zu passieren.)

Zum Vaihinger Eisenbahnunglück. Finanzrat Lang hat, wie bekannt, gegen das Urteil, welches aus Anlaß des Vaihinger Eisenbahnunglücks gefällt wurde, den Antrag auf Wiederaufnahme deS Verfahrens gestellt. Als dieser Antrag verworfen wurde, hat er Beschwerde beim Oberlandesgericht erhoben; wie der S. M. vernimmt, ist' jedoch auch vom Oberlandesgericht der Antrag Längs verworfen worden.

Kirchheim u. T., 28. Okt. Am Sams­tag nachmittag ist in Zell, hiesigen Bezirks, im Stalle des Schäfers Reyer, während der Eigentümer und seine Frau auf dem Felde sich befanden, Feuer ausgebrochen, daSdurch sofortige Hilfeleistung der Nachbarn jedoch rasch bewältigt werden konnte. Eine im Stall befindliche Kuh ist erstickt; 4 kleine Kinder, die sich in einem mit Rauch ange­füllten Zimmer befanden, wurden von Nach­barsleuten mit eigener Lebensgefahr gerettet.

Jagstzell, 27. Okt. Infolge der gewal­tige» Regengüsse der letzten Tage hat die Jagst, wie die J.-Z. berichtet, das Thal und die Straße überschwemmt, und der auf ihrem rechten Ufer gelegene rechte Teil der Pfarrei ist vom Pfarrort abgesperrt. Frohlockend stehen die Kinder drüben und schauen hohn­lachend nach dem SchulhauS herüber:Hollah, schon wieder Vakanz I"

Niederstetten, 29. Okt. Die Ehefrau deS Maurermeisters A. Schmied dahier hatte sich gestern abend aus den Scheuernboden begeben, um Heu daselbst herabzuwerfen. Beim Herabsteigen glitt sie aus und fiel der­art herab, daß sie kurze Zeit darauf an den erlittenen Verletzungen starb.

Rottenburg a. N., 30. Okt. Schützen- meister Karl Robert Buß, ein um das Schützenwesen verdienter, allgemein beliebter Mann, ist plötzlich infolge eines Schlagan- anfalls gestorben.

Ennetach, OA. Saulgau, 27. Okt. Lehrer Treu hier wurde in verflossener Woche von einer Katze, die er selbst täglich fütterte, in die Hand gebissen. Treu achtele anfangs auf die unscheinbare Wunde nicht; aber als­bald schwoll der ganze Arm an, und bis ein Arzt herbeigerufen wurde, war bereits Blutvergiftung cingetreten, die dem 88 Jahre alten, immer noch rüstigen Lehrer ein uner­wartetes Ende bereitete.

Sulz a. N., 26. Okt. Einen tragischen Anfang hatte der T. Ehr. zufolge letzte Woche in Aistaig eine Hochzeit genommen. Die zum Kirchgang gerüstete Braut bekam einen Blutsturz und mußte sich sofort zu Bette begeben, während der Bräutigam auf die kirchliche Einsegnung verzichten und im Gast­haus den Hochzeitsgästen allein präsidieren mußte. Gestern nun ist die Junge Frau an den Folgen des Blutsturzes gestorben.

Friedrichshasen, 27. Okt. Das heute f>üh 4 Uhr 30 Minuten von hier nach Romanshorn fahrende Dampfboot König Karl begegnete während der Fahrt einem größeren, lose treibenden Stammholzfloß und wurde von demselben angerannt. Es war noch dunkel und es konnte daher der Floß erst bemerkt werden, als er schon in unmittel­barer Nähe des Schiffes war. Das Schiff hat indessen keinerlei Schaden erlitten. Der Floß soll der Dampfsäge in Romanshorn gehören; wie es scheint, war derselbe schlecht am Lande angebunden und wurde deshalb von dem in der Nacht ausgebrochenen West­sturm loSgerissen und in den See getrieben.

Von der badischen Grenze, 27. Okt. Der ca. 33 Jahre alte verheiratete Gipser- mcister Schiller von Billingen (früher Of­fiziersbursche in Ludwigsburg) war dem Sch. B. zufolge gestern abend in einer Wirtschaft daselbst mit verschiedenen gleichaltrigen Bur­schen in Streit geraten und wurde heute früh, nachdem er in der Nacht nicht in seinen Familienkreis zurückgekehrt war, ver­mißt. Die sofort von der Gendarmerie an-

gestcllten Recherchen lieferten heute vormittag das traurige Ergebnis, daß der Leichnam am Rechen einer außerhalb der Stadt ge­legenen Mühle aufgefunden wurde. Man nimmt an, daß Schiller innerhalb der Stadt ermordet und durch einen Schacht in eine die Stadt unterirdisch durchfließende Ableit­ung der wirklich ziemlich wasserreichen Brigach geworfen worden ist. Verhaftungen wurden vorgenommen; die Sektion der Leiche wird weiteres ergeben.

In Eppelheim (bei Heidelberg) ist nachts das Ehepaar Orean durch ausströmende Kohlenoxydgase erstickt. Der Mann war früher langjähriger Waisenrichter und zählte 79 Jahre, während seine Frau, die älteste Einwohnerin Eppelheims, 83 Jahre alt war, Die Verunglückten sind kinderlos und hinter­lassen ein nicht unbedeutendes Vermögen.

Im Preungesheimer Gefängnis trug sich, wie aus Frankfurt berichtet wird, ein schweres Unglück zu. Ein mit dem Füllen der Petroleumlampen beschäftigter Gefange­ner beschmutzte mit dem Oel seine Kleider, kam dabei einer brennenden Lampe zu nahe und stand alsbald in lichten Flammen. Die entstandenen Brandwunden waren derartig, daß der Tod erfolgte.

Berlin, 27. Okt. Die Post publiziert ein Dankschreiben Moltkes, worin er für die nach Tausenden zählenden Briefe und Tele­gramme aus dem In- und Ausland herz­lichsten Dank ausspricht.

Berlin, 28. Okt. Die 'Nat.-Ztg. kann mitteilcn, daß es Prof. Robert Koch nun­mehr gelungen sei, das Problem der Heil­barkeit der Schwindsucht zu lösen. Das Heilmittel werde ähnlich wie die Lymphe für die Pockenimpfung gewonnen; vorläufig werde es noch geheim gehalten. Die Mitteilung stehe aber .-erst in einigen Mochen bevor. Professor Koch setzt im Winter seine Lehr­tätigkeit aus, um sich gänzlich seinem Ver­fahren zu widmen.

Der deutsche Kaiser verlieh, der Kreuzztg. zufolge, kurz vor der Ankunft des Königs der Belgier in den Empfangsräumen des Bahnhofes von Potsdam dem General v. Alvensleben den schwarzen Adlerorden.

Die Kaiserin verehrte dem Grafen Moltke eine goldene Dose mit 4 einzeln ge­faßten Diamanten und ihrem Namenszug in Brillanten. Im innrrn Deckel der Dose ist eine Ansicht des Schlosses Gravenstein eingegrabcn, in welchem Moltke während des neulichen Manövers in Schleswig ge­wohnt.

Das Haupttelegraphenamt zu Berlin hatte am 26. d. einen schweren Sonntag. Es gingen für den Generalfeldmarschall Gra­fen Moltke 2099 Glückwunschtelegramme mit 74 484 Worten daselbst ein, sowohl aus sämtlichen Ländern Europas, als auch aus den fremden Weltteilen.

In Genf hat in der Nacht von Sonn­tag auf Montag der 33jährige Goldschmied Guillermet seine Mutter ermordet, indem er ihr den Hals abschnitt und sich dann zum Fenster des zweiten Stockwerks herausstürzte, wobei er sofort tot blieb.

Aus Thoril wird berichtet: In dem benachbarten, über 5000 Einwohner zählen­den Dorfe Mocker entstand gelegentlich der Verhaftung eines Mädchens zwischen zwei dortigen Amtsdiencrn und etwa fünfzehn Soldaten des 61. Infanterieregiments eine Schlägerei, bei welcher der Amtsdiener Rumm-