Rundschau.
— Bei der Versteigerung der Wirtschaftsplätze zum Volksfest auf dem Wasen bei Cannstatt wurden von der Stadlpflege für 50 Plätze 3674 ^ gegen 6050 ^ im vorigen Jahr erlöst. Der Mindererlös beruht darauf, daß das Volksfest Heuer nur 3 Tage dauert. — An dem Viehausstell- ungSgebäude, das einen ungeheure» Umfang erhält, wird eifrig gearbeitet; die Landcs- viehausstelluiig wird nach eiugetroffencr Nachricht trotz der im Bezirk herrschenden Maulund Klauenseuche gehalten werden.
Besigheim, 16. Sept. Der jüngste 23 Jahre alte Sohn dis hiesigen Oberamls- richters Streb, welcher als Kaufmann auf einer Geschäftsreise in Brasilien begriffen war,wurde, einer kürzlich eingclroffenen Nachricht zufolge, am 4. August im Lokal eines Kaufmanns von einem Mnlaten meuchlings Überfallen und durch Messerstiche ermordet.
Honan, OA. Reutlingen, 17. Septbr. Gestern nachmittag kam der regierende Fürst von Monaco zum Besuch der herzogliche» Familie auf Schloß Lichtenstein an. Er wurde von seinen hohen Verwandten, dem Herzog Wilhelm und dem Fürsten Karl von Urach, Grafen Von Württemberg, hier abgeholt.
Tübingen, 17. Sept. Vor dem Neit- hause wurde dieser Tage auf einem steinernen Sockel das lebensgroße Modell eines der in den K. Anlagen zu Stuttgart befindlichen Hoferschen Pferde ausgestellt, welches der Künstler dem Universitätsstallmeister Fritz zum Geschenke gemacht hat.
Dirgenheim, OA. Nereöhcim, 16. Sept. Heute obend holte laut Jpf der vor zwei Tagen zu Besuch hierhergekommene Schwiegervater des hiesigen Wirtes N. Senz mit diesem Klee und setzte sich dann nebst seiner Enkelin auf den hochgeladencn Wagen. Beim Abfahren vom Acker auf die Straße rutschte er herab und stürzte kopfüber zu Boden. Nach einigen Augenblicken war er tot.
— Der Lindenwirt von Lackeudorf bei Rvttweil hatte einen Schäferhund in Kost genommen. Letzten Samstag wollte der ältere Sohn des Lindcnwirts auf das Feld fahren und den Hund mitnehmen, ließ ihm aber, damit er in dem nahe gelegenen Wald nicht etwa jagen könnte, durch seinen 7 Jahre alten Bruder eine Kette anlegen. Als der Hund die Kette sah, stürzte er auf den Buben los, warf ihn zu Boden, zerfleischte ihm einen Arm, biß die zu Hilft eilende Mutter des Knaben mehrfach in die Hände und brachte beiden besorgniserregende Verletzungen bei.
— Der „Post" zufolge wird die Hochzeit der Prinzessin Victoria am 21. Notz., dem Geburtslag der Kaiserin Friedrich, gefeiert werden.
— Dr. Peters soll in Berlin nochmals vom Kaiser empfangen werden. Seine Anstellung im Dienst des Ausw. Amtes gilt als entschieden, aber über die Art der Verwendung verlautet sicheres noch nicht.
Mannheim, 16. Sept. Heute früh brannte die Vorladehallc der Rheinischen Transportgesellschaft Egan u. Co. ab. Der Schaden beläuft sich auf 200 000 ^
— Am Montag früh kam, wie aus Mainz berichtet wird, bei Tagesgrauen eine brennende Schisfmühle den Rhein herabgetrieben. Dieselbe wurde, bis auf das
Wasser mcdergebrannt, bei Weisenau gelandet. Es war die bei GinSheim verankerte Rheinmühle des Mainzer Müllermeisters Rauschert, welche aus unbekannter Ursache in der Nacht in Brand geraten und fortgetrieben war.
— Arif furchtbare Art hat in Loewen eine plötzlich wahnsinnig gewordene Arbeiterin sich getötet. Sie begoß ihr Belt so lange mit Petroleum, bis das Bettzeug durchtränkt war, legte sich nackt in die Betten und zündete die Lagerstätte an. Nachbarn, die auf ihr furchtbares Geschrei herbeeilten, fanden die Unglückliche bereits so verbrannt vor, daß sie in kurzer Zeit verstarb.
— Die Kerzenfabrik von Sirejakob in Brüssel ist vollständig uiedergebrannt. Das Feuer brach in einer Werkstätte auS, in welcher sich über 10 000 Kilogramm Wachs befanden. Das Feuer griff begreiflicherweise mit reißender Schnelligkeit um sich. Das flüssige und brennende Wachs ergvß sich nach allen Seiten u. steckte die Nachbarräume in Brand. Der Besitzer der Kerzenfabrik ist ein hervorragender Skulpteur in Wachs der in der Herstellung von anatomischen Präparaten bedeutendes leistet. Alle seine Modelle sind verbrannt. Der Schaden beläuft sich auf mehr als 80 000 Franks.
— (Drei Soldaten unschuldig hingerichtet!) Man schreibt der Münchener „Allg. Ztg." aus Warschau: Drei Freiwillige des in Siedler stehenden Dragonerregiments, Söhne reicher russischer Bürger, wurden vor einigen Wochen auf der Straße Nachts bei der Leiche eines DragonernnterosfizierS betroffen und verhaftet. Wiewohl sie erklärten, daß der Unteroffizier, als sie hin- znkamen, bereits mit einer Axt erschlagen gewesen sei, lagen die Umstände für sie doch so ungünstig, daß sämtliche drei Freiwillige zum Tode verurteilt wurden; sic sollten nach Annahme des Gerichtshofes den Unteroffizier aus Rache ermordet haben, weil der Unteroffizier im Dienste außerordentlich streng gegen sie gewesen sei. Trotzdem, daß der Vater des einen Freiwilligen, der Millionär Popow zu Moskau!, sich mit einem Gnadengesuch an den Kaiser wandte und sich zur Stellung feiner Kaution von 100,000 Rubel bereit erklärte, wurde die Erschießung der drei Freiwilligen auf Befehl des Generalgouverneurs ausgeführt, bevor die Antwort auf das Gnadengesuch eingelrosten war. Wenige Tage darauf, machte die Frau eines Schmiedes von Siedlee die Anzeige, daß der Unteroffizier von ihrem Manne erschlagen worden war, weil dieser sie im Verdacht gehabt, ein Liebesverhältnis mit dem Unteroffizier zu unterhalten, und sie auch mit demselben betroffen habe. Die Schuldlosigkeit der Erschossenen kam leider zu spät ans Llcht.
— Von einem fürchterlichen Ehedrama berichtet die Eldinger Ztg.: In einem Dorfe des Kreises Heiligenbeil (Ostpreußen) brannten in voriger Woche die Wohn- u. Wirtschaftsgebäude des Besitzers V. vollständig nieder, wobei der Besitzer und dessen Frau in den Flammen umkamcn- Zwischen dem Ehepaar schwebte ein Ehescheidungsprozcß, und cs ist ausfallend, daß noch am Abend vor dem Brande V. dem Dienstmädchen erklärte, seine Frau sei in Zinten und werde wahrscheinlich auch dort übernachten, während man in den Trümmern beide Leichen
fand. Es geht nun das Gerücht, V. habe seine Frau getötet und bevor er Hand, an sich selbst legte, die Gcbädr angezündet.
— Eine arme Bäuerin, die mit ihrer Tochter vor einigen Tagen über den Gohen- tanern wollte, um den Sohn bezw. Bruder, der auf dem Sterbebette lag, noch lebend anzutreffen, gerieten in ein furchtbares Schneegestöber und mußten an Ort und Stelle zwei Nächte und einen Tag auf einem und demselben Fleck liegen bleiben. Am Morgen deS folgenden TageS war die Mutter eine Leiche; die Tochler konnte sich zu der Patschkcr Hütte schleppen, wo sic in einem üblen Zustande von einem Touristen angetroffen wurde. Das Mädchen erzählte, sie habe oben auf der Paßhöhe mehrere Leichen liegen sehen; doch ist cs möglich, daß sie sich in ihrer Aufregung nur getäuscht hat. Eine Expedition von Jägern und ortskundigen Führern ist übrigens alsbalo nach dem Paß aufgebrochcn.
-- Die größte Uhr der Welt wird gegenwärtig im Turm des Rathauses zu Philadelphia aufgestellt. Das Zifferblatt mißt zehn Meter im Durchmesser, wird während der Nacht elektrisch beleuchtet , und befindet sich in einer Höhe, die es für alle Punkte der Stadt sichtbar macht. Der Minutenzeiger ist 4, der Stundenzeiger 2'/r Mir. lang. Die Glocke für das Schlagwerk wiegt 50 000 Pfd. Die Ricsenuhr wird täglich vermittelst einer im Turm untergebrachten Dampfmaschine aufgezogen.
— Zwölf Seeleute des Schiffes Challenger wurden, wie aus New-Aork gemeldet wird, während eines Orkans am 1. d. M. über Bord gespült. Andere Mitglieder der Mannschaft trugen Verletzungen davon und die Masten des Schiffes wurden weggerissen.
— Ein grauenhafter Fall von „Engelmacherei" ist in Rewton, Long Island (Vereinigte Staaten) entdeckt worden. Ein Mann und dessen Frau sind verhaftet worden unter der Anschuldigung, zahlreiche ihnen anvertraute Kinder systematisch durch schlechte Behandlung ins Jenseits gefördert zu haben. Der Sohn des verbrecherischen Paares ward zum Kronzeugen; er führte die Polizei in ein Gehölz, woselbst man in einer baufälligen Hütte eine Anzahl sterbender und. kranker Kinder durch ausgewählte Mittel zu Tode kuriert vorfand. Man entdeckte die Kleider von nicht weniger als 75 Kindern. Ein Konstabler, welcher die Nacht an dem grauenvollen Orte zu verbringen hatte, fand zwischen der Matratze, auf welcher er geschlafen hatte, die Leiche eines Kindes. Man begann einen Sumpf trocken zu legen, in welchem man weitere Leichen zu finden erwartet. Die Verhafteten haben ihr entsetzliches Geschäft seit 20 Jahren betrieben.
— 79,000 Witwen unter neun Jahren. Eine so große Zahl unglücklicher Kinder leben heute nach den amtlichen Berichten im englischen Indien. Das sind 79,000 kleine unschuldige Kinder, die seit ihrer Geburt mit cbensovielen Knaben „verheiratet", nun nach dem Tode der letzteren gemäß dem Gesetze des Landes Witwen geworden sind. Diese Unglücklichen dürfen sich niemals wieder verheiraten und sind verdammt, ihr Leben freudlos Hinzuschleppen, wie es die strengen Sitten der Hindus verlangen.
Perantwsrtlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Herlag von BernhardHofmann in Wildhad,