sind alle Bergbäche stark angeschwollcn. Der Rhein erreichte bei Reichenau seit 1872 nicht mehr die heute erreichte Höhe von 26 Fuß. Die den letzten Winter neu erbaute Brücke zwischen Bastrils und Landquart wurde ge­stern abend fortgerissen, eine Frau und ein Knabe sind umgekommm. Bei Churwalden wurde ebenfalls die Brücke fortgeschwemmt und der Verkehr unterbrochen.

Der DampferOneida" scheiterte an dem Felsen der Cokiufel; 75 Chinesen er­tranken.

In der Gemeinde Kuba (Haidner Komitat) brach bei Sturmwind ein heftiges Feuer aus; 40 Häuser wurden cingeäschert, zwei Person n sind umgekommen.

Der Marktflecken Tokai ist durch eine Feuersbrunst fast ganz zerstört worden; nur 12 Häuser blieben verschont

Nach eurer Meldung derKöln. Ztg." soll künftig der Aufenthalt in Peters­burg und Moskau nur den geprüften jüdi­schen Handwerkern gestaltet werden; olle Ansässige» müssen sich einer genauen Prüf­ung unterziehen. Wer sein Hantw rk nicht auSubt, wird auSgewiesen.

Der Pariser Figaro schreibt: Man

kündigt das bevorstehende Erscheinen einer deutschen Zeitung in Koustantinopel an. Diese Nachricht zeigt von neuem, wie groß die Bedeutung ist, zu welcher in letzter Zeit die deutsche Kolonie in der türkischen Haupt­stadt gelangt ist.

Paris, 27. Aug. Graf Villanova und sechs weitere Personen sind bei der Besteig­ung des Montblanc verschwunden.

Fünfzig Mann vom Pionierbataillon in Glogau sind an inflnenzaähnlichen Er­scheinungen erkrankt.

Die Influenza ist in Rudolsstadt wieder ausgetreten und in zunehmender Ver­breitung begriffen.

In Paris tritt die Influenza wieder mehrfach aus.

Boulanger veröffentlicht ein Schreiben, worin er de» Besuch beim Prinzen Jerome in Prongius mittelbar zugiebt, aber seine ehrlichen Absichten beteuert.

Der Ober-Eiffel. Der Riesenturm von London, der sogenannte Ober-Eiffel, wird, wie das Wochenblatt der Baukunde meldet, in ku>zem in Angriff genommen werden, dem die Jury in der Watkin-Turmbewerb- ung den ersten Preis (500 Pfd.) dem Ent­

wurf von Stewart, Mac Laren und Dünn (365 Meter hoch), den zweiten Preis (250 Pfd.) den Ingenieuren Webster und Haigh für einen Turm von 570 Meter Höhe zu- gesprochcn. Beide erinnern ziemlich lebhaft an ihr Vorbild in Paris, das sie offenbar zu übertrumpfen bestrebt sind.

(Unerwarteter Eindruck.) Professor: Sie haben den Dom zu Florenz mit eigenen Augen gesehen. Ist Ihnen beim Eintritt zu dieser, an baulichen Schönheiten ausge­zeichneten Kirche nichts besonderes ausge­fallen ?" Zögling:Gewiß, Herr Professor, eine junge, durch ihren edlen Körperbau be­strickende Engländerin !"

Hiesiges.

§ Im hiesigen Schlachthause wurden im Monat August geschlachtet:

41 St. Ochsen 2 St. Kühe

63 Schweine 215 Kälber

45 Sckafe.

Zusammen 366 Stück.

Von Auswärts eingebracktes Fleisch: 4507 Pfund.

Schlachthausverwaltung:

Vorstand F. Weber.

Schickscctswege.

Novelle von Th. Henipel.

Nachdruck verboten.

3.

Erschrocken fuhr sic plötzlich auf, Geräusch ließ sich in den vorher so stillen Räumen vernehmen, es erklangen rasche Schritte von mehreren Personen. Frau Walther eilte nach der Thür. Schnell kam der Graf über den Corridor daher, gemeinschaftlich mit einem Diener einen dichlvcrhüllten Gegen­stand tragend. Frau Walther Halle nur Blicke für den geliebten Pflegesohn, er stand ihr gesund gegenüber, nun war sie zufrieden.

Armes Mütterchen," begann er, ihr die Hand reichend,heute habe ich Ihrem guten sorgenden Herzen wohl recht Ichwer zu tragen gegeben, aber ich konnte es wahr­haftig nicht ändern, trotz des besten Willens, zur rechten Zeit heimzukehren. Dafür habe ich Ihnen etwas mitgebracht, eS ist aller­dings leicht möglich, daß eS Ihne» mehr Schrecken als Vergnügen einflößt."

Er wendete sich um. Der Diener schlug soeben sorgfältig die dicke, warme Decke aus­einander, und Frau Walther zeigte sich zu ihrem Erstaunen die leblose Gestalt eines Mädchens von ungefähr zwölf Jahren, welche Mit bleichem Gesicht und geschlossenen Augen vor ihr lag. Ihr Anzug bildete eigentlich nur eine Zusammensetzung von verschiedenen Lumpen, bas wirre Haar bedeckte zum Teil das nicht unschöne Antlitz.

Einen Augenblick schaute Frau Wallher das Kind an, bann rief sie tödlich erschrocken zurückfahrend:

Um Gotteswillcn, Her: Graf, was haben Sie gethan? Wie kamen Sie dazu, das Kind des bösen Matthias hierher auf Ihre Wsiyung zu bringen? Vergaßen Sie, daß er alle Bewohner des Schlosses mit glühendem Hasse verfolgt seit jener unglück­lichen Begebenheit. Nicht nur ihm selbst gingen wir stets sorgfältig aus dem Wege, denn seine bösen Blicke schienen zu sagen: Ihr Alle müßt noch zahle», wenn die Stunde dazu gekommen, sondern auch seiner Tochter

' Verantwortlicher Redakteur: Bern

mußten wir ausweichen, wollten wir vor Schiinpfrcden und Steinwürfe» sicher sei». Einmal nur wagte ich, auf daS unglückliche Kind durch freundliche Worte Einfluß aus­zuüben, ich versuchte es nie wieder, noch heute gellen mir ihr Spott und Hohn in den Ohren."

Und doch muß ich Sie bitten, das Kind zu behalten," erwiderte der Graf mit Ent­schiedenheit,es ist eine Waise wie ich," fügte er bewegt hinzu.Dem sterbende» Vater habe ich in die erkaltende Hand ge­lobt, sein Kind nicht verhungern und in Elend verderben zu lassen."

Frau Walther eulgegnete nichts mehr. Schon erwachte ihr Mitleid. Hülfsbereit wendete sie sich dem immer noch regungslos daliegenden Kinde zu.

Der Graf verließ das Zimmer, um seine vom Schnee durchnäßte» Kleider zu wechseln, während Frau Walther Martha, eine der Dienerinnen, herbcirief. Auch diese schlug erschrocken die Hände zusammen, als sie den ungewünschten Gast erblickte, welchen der Herr in das Haus gebracht. Frau Walther gönnte ihr nicht lange Zeit, ihren Gefühlen Luft z» machen, sondern nahm ihre Hülfe- leistungen ii' Anspruch.

Sie brachten das Kind in warme Hüllen, wozu einstweilen die eigene Garderobe aus- helfen mußte. Sie flößten ihr heißen Thee ein und nach und nach wich die Erstarrung. Der Körper bewegte sich, man bemerkte an ihr ein gewisses Behagen, welches nur zu schnell verschwand, als das Mädchen fragend eine Zeit lang in die Gesichter der neben ihm Stehenden geblickt. Es richtete sich auf schleuderte die Decken, womit die sorgsamen Hände eS weich und warm umhüllt, von sich und sprach erst leise, dann lauter, und rief zuletzt mit kreischender Stimme:

Wer hat mich hierhergebracht ? Ich will hier nicht bleiben, ich gehe zurück zu meinem Vater. Ihr seid die Bewohner des Schlos­ses, böse Menschen, die man hassen muß, daö hat er mir wohl gesagt."

Ihre wiederholten Versuche, ihr Lager zu verlassen, waren ohnmächtig, die 5 räfte

Harb Hojmann.) Druck und Verlag von B e

reichten nicht aus, so begnügte sie sich damit, ihre Wohlthäterin mit denhäßlichstenjSchimpf- worten zu überhäufen. Das Nähertreten deS Grafen, welcher seit einiger Zeit schon stummer Zuhörer gewesen, unterbrach diese Scene. Kaum erblickte ihn das Kind, als es mit dem ganzen Aufwand seiner schwachen Kräfte emporfuhr und dem ihm ihm noch fremden Grafen mit den Worten entgegen­eilte :Du bist der Manu, welcher bei meinem Vater war, führe mich zu ihm zu­rück, ich kann hier nicht bleiben bei den bösen Leuten im Schloß, mein Vater will es auch nicht, er nennt es eine Mörder­höhle.«

Mit den blosen Füßen auf dem glatten Parquet auSgeglitten. lag sie jetzt vor dem Grafen. Flehend hob sie die Hände zu ihm empor und ihre Stimme ward milder, als sie voll Angst bat:

Bring mich zu meinem Vater, er liegt draußen im dunkeln Walde ganz allein, der Schnee wird ihn zudecken und ich finde ihn nicht mehr, wen» ich noch länger hier warte. Laß mich zu ihm, ich muß ihn wiederfindeu, ich habe ihn so lieb, ach so lieb, wenn auch die bösen Menschen nichts von ihm wissen wollen." Ihre Kraft war zu Ende, der Kopf sank auf den Fußboden, der Graf trug sie auf ihr Lager zurück und stand un­schlüssig vor ihr. Der junge Mann fühlte sich plötzlich in eine ihm so völlig fremde Lage r ersetzt, aber im Gefühl seiner Ver­pflichtung als ihr Beschützer redete er ernst und ruhig die erregte an:Dein Vater ist nicht mehr im Walde, die Leute haben ihn in das Dorf gebracht."

Dann muß ich erst recht zu ihm, denn die Leute haben ihn alle nicht lieb, er sehnt sich gewiß nach mir."

Nein mein Kind, er bat mich, Dich mit mir zu nehme» uno für Dich zu sorgen, da er es selbst nicht mehr thun kann. Ich habe es ihm versprochen und werde mein Wort halten. Deinem Vater ist wohl, er ruht aus Von seinem traurigen Leben, er ist todt.«

(Fortsetzung folgt.) rnhard Hofmann in Mldbad.