digung im Umlauf sind, die einiger Unter­lage nicht ganz entbehrten. Ferner wurde behauptet, Rußland stehe in Unterhandlungen mit anderen Mächten auf der Grundlage eines Fürstenwechsels in Bulgarien. Fürst Ferdinand solle gehen und ein Fürst solle gewählt werden, der entweder Prinz Leuchten­berg, der jüngst eine montenegrinische jPrin- zessin heiratete, oder der zweite Sohn des Königs von Schweden sein soll. Deutschland soll in völligem Einklänge mit Rußland in diesem Punkt stehen.

Es bestätigt sich, daß das auswärtige Amt in Paris Vorbehalte bezüglich des eng­lisch-deutschen Vortrages machen will.

Die Zeitungen in Paris behaupten beharrlich, cs bestünden noch geheime Ab­machungen zwischen England und Deutsch­land, welche einerseits Englands eventuellen Beistand gegen Rußland verbürgten.

Ohlau, 16. Juni. In Bulchau hiesigen Kreises wurde dieser Tage die Familie eines Bauergutsbesttzers von einem schweren Un­fall betroffen. In einer Kammer, in welcher die vier Kinder des Besitzers schliefen, war am Abend geheizt worden, und in der Nacht hatte der Wind den Rauch durch den Ofen

in das Zimmer zurückgedrückt. Am anderen Morgen fand man nun die vier Kinder durch die erstickende Atmosphäre betäubt vor. Einem schnell herbeigeholten Arzt gelang es, drei der Kinder ins Leben zurückzurufen; bei dem jüngsten waren jedoch alle Bemüh­ungen vergeblich.

Ein Telegramm aus Rom meldet dem B. T.", daß der Kassierer des dortigen städtischen Irrenhauses mit einer kolossalen Summe durchgegangen sei. In einem weiteren Telegramm wird der defraudierte Betrag auf 300 000 Lire angegeben. Der Kassierer, Advokat Dilegge, verließ Rom vor 6 Tagen.

(Die vorsichtige Braut.) In dem Städtchen Hope im Staate Indiana wollte jüngst ein Deutscher' Namens Otto Senfs die 17jährige Tochter des reichen Herrn Fran­sen entführen. Der Vater des Mädchens erwischte das Liebespaar und schoß, als Senfs sich gegen ihn wandte, seine Flinte ans ihn ab. Der junge Mann griff nun zur Ver­teidigung in die Hüftcntasche nach seinem Revolver und die beiden Männer wechselten Schüsse auf Schüsse. Während dieses Kampfes stand das junge Mädchen in der

Nähe ihres Geliebten und ein spöttisches Lächeln spielte um ihre Lippen, als jeder Schuß sein Ziel verfehlte. Es kam dann zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Männer, die aber ein plötzliches Ende erhielt, als Pearl, so heißt Fransonö Töchtcrchen, schelmisch lachend eingestand, daß sic am Abend vorher zur Vorsorge die scharfen Patronen im Gewehre und im Re­volver mit harmlosen Platzpatronen vertauscht hatte. Die beiden Männer haben sich zwar bis jetzt noch nicht versöhnt, aber man hofft, daß es bald zu einer fröhlichen Hochzeit kommen wird.

Toronto (Kanada), 18. Juni. Ein furchtbares Unglück ereignete sich heute Mor­gen auf der Kanadischen PacificrEisenbahn zwischen Clarcmonl und Myrtle. Während eine Lokomotive nebst Tender mit 5 Per­sonen mit rasender Schnelligkeit über eine Brücke fuhr, gab letztere nach und die Lo­komotive stürzte in den darunter fließenden Bach, in welchem sämtliche Insassen er­tranken. Die Pfeiler der Brücke waren durch eine Hochflut, verursacht durch den jüngsten heftigen Regen, geschwächt worden, was ihren Einsturz verursachte.

Der Kampsum eineMillitM.

Criminalnovelle von W. Roberts.

Nachdruck verboten.

3.

Allan Burns verließ das Zimmer und ließ Frau Lockwell, die wie nicdergeschmettert dastand> allein. Einen derartigen Mißer­folg hatte die ränkcvolle Danie in Bezug auf ihr Vorhaben bei dem reichen Vetter nicht crwartcrt, und es dauerte lange, che sie sich erhob und, die vollständige Zweck­losigkeit ihrer ferneren Anwesenheit in Allan BurnS Hause mischend, sich still und nieder­geschlagen ans demselben entfernte.

2. Kapitel.

DaS Verschwinden der Universalerben.

Wie ein wildes Tier raste Ralph Lock­well in dem Zimmer seiner Mutter umher, als ihm diese erzählt hatte, wie cs mit Nalph's Aussichten um die Millionenerbschaft des Vetters Burns stand. Erst jetzt sah der von Ehrgeiz und Habsucht erfüllte Ralph deutlich ein, wie weit sich seine hochfligen­den Pläne von der nackten Wirklichkeit ent­fernt hatten und wie lhöricht er gewesen war, die Abfassung des Testaments des Millionärs zu seinen Gunsten sich als eine verhältnis­mäßig leichte Sache vorzustellen. Alle List und Verschlagenheit seiner Mutter war also an dem geraden edeln Charakter von Allan BurnS zu Schanden geworden und Nalph's glänzende Zukunftsiräumc, welche er mit Hülfe des großen Reichtums des Vetters verwirklichen wollte, zerflossen wie Rauch und Dunst vor seinen Augen. Deshalb packle ihn Wut und Zorn, und ge­raume Zeit dauerte es, bis Madame Lock­well den Sohn durch die Erinnerung an seine eigenen Worte, daß man in allen Le- benlagen die Ruhe und kühle Berechnung nicht verlieren dürfe, einigermaßen in seiner aufgeregten Gemütsstimmung beschwichtigte.

Ueberlcge ruhig, was vielleicht in der Sache noch zu Deinen Gunsten geschehen kann," sagte Madame Lockwell jetzt wieder­

holt zu ihrem Sohne.Es ist dies der beste Rat, den ich Dir geben kann."

Da brauche ich mir nicht viel zu über­legen," meinte Ralph und ein teuflisches Lächeln erglänzte in seinem glatten, scharf- gezeichneten Gesichte.Der jetzige Univer­salerbe muß beseitigt werden, das rst die Hauptbedingung für die Wahrscheinlichkeit, das Testament des alten Narren zu meinen Gunsten zu ändern."

Aber um des Himmels willen, Ralph, Du denkst doch nicht etwa an eine Ermor­dung Richards?" frug Madame Lockwell mit leiser aber bebender Stimme und legte die zitternde Hand auf des Sohnes Schulter.

O, Mutter, beruhige Dich über meinen Plan in Bezug auf Johnsons Beseitigung, ich will ihn weder erstechen, noch vergiften, noch ertränken, er soll nur verschwinden und als Mitbewerber um die Millionenerbschaft unschädlich gemacht werden."

Aber wie willst Du das anfangen, Ralph? Willst Du Richard Johnson Zeit seines Lebrns in irgend einem verlassenen Winkel einspcrren, gefangen halten? Das wäre ja schlimmer wie der Tod für den le­benslustigen Mann, der die Freuden des Lebens in vollen Zügen zu genießen ge­wohnt ist."

O, dafür, wie ich Richard Johnson ver­schwinden zu lassen gedenke, da laß mich ganz allein sorgen, Mutter, es wird ihm dabei kein Leid geschehen, und er wird auch nicht wie ein Gefangener gehalten werden, ich habe dafür einen sehr guten Plan, aber derselbe muß ein Geheimnis bleiben."

Auch vor mir, Deiner Mutter, soll dieser Plan geheim bleiben, Ralph?"

Es muß sein, Klugheit und Vorsicht gebieten es," cntgegnete Ralph und seine Augen nahmen einen listigen Ausdruck an. Ein Geheimnis bleibt am besten nur kann bewahrt, wenn es die Meuschenseele, deren Lebensglück in der Wahrung des Geheim­nisses liegt, ganz allein für sich behält, und diese Meuschenseele bin in diesem Falle ich."

Aber könnte mein Vertrautsein mit Deinem Vorhaben Dir unter Umständen

Druck und Verlag von B e

nicht viel nützen? frug Madame Lockwell, die noch immer um den Plan 'des Sohnes sehr besorgt war.

Nein, nein, Du kannst mir in meinem Vorhaben, soweit es die Beseitigung Richard Johnson's anbetrifft, gar nichts helfen, son­dern nur schaden, denn wenn ich Dich zur Mitwisserin meines geheimen Planes mache, so kommst Du darüber in Sorge und Auf­regung und erschwerst mir die Ausführung meiner Absichten."

Vielleicht könnte ich Dir aber doch einen guten Rat dabei erteilen, zumal wenn die Ausführung Deines Vorhabens gefähr­lich und schwierig sein sollte. Hast Du Dir auch Alles reiflich überlegt, Ralph?"

Du mußt in dieser heikel» Sache mich schon ganz Allein gewähren lassen, liebe Mut­ter. Deine Fürsorge kann mir, wie ich schon sagte, dabei nichts nützen, sondern nur schaden. Ich werde mich nicht bei der Aus­führung meines Vorhabens überstürzen und es erst gehörig vorbcrciten, so klug darfst Du mich schon halten. Sehr schwierig ist es übrigens bei der Charakteranlage Richard Johnsons nicht und gefährlich für mich eigentlich gar nicht, denn man wird mir so leicht keine Schuld bcimcsseu köaum. Also beruhige Dich über die Sache vollständig und laß mich allein handeln I"

Nach der Art neugi riger Frauen und besorgter Mütter konnte sich Madame Lock­well über das seltsame und rätselhafte Vor­haben ihres Sohnes aber doch nicht beruhi­gen, und täglich machte sie zahlreiche Ver­suche, um hinter Nalph's Geheimnis zu kom­men oder sie sie suchte wenigstens aus seinen Gesichtszügen, aus seinem Kommen und Gehen und sonstigem Thun und Treiben Schlüsse auf sein geheimnisvolles Vorhaben und dessen Gelingen zu ziehen.

Aber Ralph blieb verschwiegen wie ein Stein und zeigt die Vorsicht eines Fuchses.

(Fortsetzung folgt.)

Gedankensplitter.

Die Faulheit geht so langsam, daß die Armut ihr leicht folgen kann.

rnhard Hvsmann in Wildbad. '

iversnlwsrtlicher Redakteur -Bernhard Hosmann.)