irgend woher sich ein Messer und wahrscheinlich auch ein Stück Blech zu verschaffen gewußt. Damit fielen sic nun im Eiscubahn- koupe über die nichts ahnenden beiden Gendarmen her und brachlen denselben, bis diese zu ihren Seitengewehren gelangen konnten, eine Anzahl größere, aber nicht lebensgefährliche Stiche im Gesicht und am Halse bei. Die Gendarmen griffen zum Säbel; einer der Sträflings erhielt einen Säbelhieb ans den Kopf, der ihm denselben im oberen Teile spaltete und der den Tod nach sich zachen dürfte, während der andere Sträfling durch Säbelhiebe auch arg, aber nicht lebensgefährlich verwundet wurde. Da an dem Coupe eine Notleine nicht angebracht war, konnten die Gendarme» eine Hilfe nicht erhalten. AlS endlich die Station erreicht war und das Coupe geöffnet wurde, bot sich der Anblick von 4 Menschen, die über und über mit noch heftig fließendem Blute bedeckt waren. Beim Verbringen derselben aus dem Zuge wurde auch der Perron mit Blutlachen bedeckt.
Verschiedenes.
— Schnurrbart-Wette. Man schreibt aus der Pfalz: Kürzlich saßen in einer Stadt
der Pfalz in weinseliger Stimmung mehrere Bürger zusammen, und einer derselben, Kaufmann W., neckte seinen Nachbar, de» Schmied Z., seines langen Schnurrbarts wegen. Letzterer meinte, er gäbe seinen Bart nicht um eine Million. Als aber W. ihm 100 ^ dafür bot, schlug er doch ein. Der sofort herbeigerufene Friseur mußte den Schnurrbart sauber abrasteren, der dem W. überreicht wurde, und der Wirt war gefällig genug, für diesen, der nicht so viel Geld bei sich hatte, einstweilen die 100 «/A dem Sch. einzuhändigen. Schwer bezecht verließen alle nach Mitternacht das Wirtshaus, und Z. wurde von seinen geführten heimbegleitet. Aber kaum war der Schmid in seiner Wohnung, so erhob sich ein ganz furchtbarer Skandal in derselben. Z. war von seiner Frau des fehlenden Schnurrbarts halber nicht erkannt worden, diese halte um Hilfe gerufen, und Gesellen, wie Dienstmagd prügelten den Meister, den sie für einen Eindringling hielten, windelweich. Nicht viel besser erging es dem Kaufmann W. des andern Tages, als d-ssen Gattin — von dem Schnurrbart und den verlorenen 100 ^ vernahm.
— Ein reitender Gesangverein. Bisher kannte man nur den „fahrenden Säuger",
welcher Stadt und Land durchstreifte, um seine Melodien erklingen zu lassen. Nicht lange wird cs w hren und man wird auch von „reitenden Sängern" sprechen und sich erzählen können. Mitglieder des Gesangvereins Concordia in Milwauke sind ernstlich willens, demnächst einen Club unter dem Namen „Concordia Reil-Klub" zu organisieren. Die Reitübungen der Mitglieder finden bereits jeden Donnerstag abend und Sonntag morgen statt. In der Absicht derselben liegt es ferner, sich egale Neitanzüge, kleine Hüte, Sackröcke, enge Hosen und Stulpenstiefel, zu beschaffen. Die Organisation und Beamtenwahl des Reil-Klubs wird in Kürze erfolgen. Die deutschen Brüder in Amerika sind unseren Sängern in der Erfindung neuer Reiz- und Konkurrcnzmittel augenscheinlich überlegen.
.'. (VvlksMMld.) Z» einem Orte des Zabergäus wurde anläßlich der Farrenschau der dortige Eberhalter von dem Vorstand der Farrenschaubchördc um den Stand der Schweinezucht befragt, woraus dieser laut Zaberbote nachstehende klassische Antwort erteilte : „Mir hent 200 Bürger hier und do dürfet Sc kecklich 100 Säu ci'trage!"
Aus Ruhmeshöhen.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
22 .
die Seele. Sie stand am Fenster und ihre Blicke schweiften über die vergoldeten Kuppeln der Kirchen, die Zinnen der Paläste, ihr war so wohl gewesen in dieser Welt deS Schönen da draußen, mit jugendlicher Begeisterung hatte sie sich in den Anblick der Kunstwerke versenkt, und darüber des alternden Gefährten neben sich vergessen, der weder Sinn noch Verständnis halte für göttliche Kunst, und nun war er zusammeiigcbrochen, Und sie trug Schuld daran. Seufzend wandte sie sich von dem im Glanz der Abendsonne bestrahlten wunderbaren Bilde.
Der Doktor verabschiedete sich.
„Ich möchte Ihnen doch raten, die betreffende Dame noch heute zu benachrichtigen, sagte er leise an der Thüre zu ihr.
Hannah sah ihn angstvoll an u. flüsterte: „Es hat doch keine Gefahr mit der Krankheit meines Mannes?"
Der Doktor zuckte die Schultern und sagte: „Wir wollen das Beste hoffen."
Einige Tage sind vergangen. Elvira ist angelangt und hat die Krankenpflege fast gänzlich übernommen. Ihre Hand ist leicht und sicher, ihr Schritt so geräuschlos, dabei versteh: sie so nett zu plaudern, sie untei- .hält den Kranken von allen kleinen Tagesereignissen aus der Heimal, und diesem ist unendlich wohl, nicht mehr von Rom und seinen Kunstjchätzen zu hören und zu sehen.
„Wenn ich nur einmal erst wieder in der Heimat mein Bier trinken und mit den alte» Freunden ein Spielchen machen könnte," seufzte er heute, als Elvira ihm die kleine deutsche Stadt wieder so lebendig vor Augen geführt. Rom ist fürchterlich mit seinen lausend Sehenswürdigkeiten, dieses Herumlaufen überall, hat mich allein krank gemacht."
„Aber warum hast Du Dich auch nicht mehr geschont, Papachen I" erwiderte Elvira.
ipkraittworuicher Redakteur: Bern
»Za Hannah —" er verstummte, denn die junge Frau trat soeben mit einem Teller mit Erfrischungen zur Thür herein. Elviras haßerfüllten Blicke schweiften zu ihr herüber.
„Natürlich Hannah kennt keine Rücksichten, durch nicht einmal gegen Diejenigen, denen sie und ihre ganze heruntergekommene Familie doch Alles verdankt," sagte aber jetzt Elvira schonungslos.
Die Gläser auf dem Teller in Hannahs Händen klirrten heftig.
„Bitte Elvira, nur nicht hier am Krankenbette Deines Vaters solche bittern Worte."
„Ja gerade hier, hier sollst Du es hören, wie ich Dich durchschaue," stieß die erregte junge Dame ijetzt heftig heraus. „Dich und Hoff!"
„Hoff?" fragte ihr Vater werwundert, „Dein Verlobter?"
„Er ist es nicht mehr, und daß Du es endlich weißt, hier Deine schöne junge Frau ist au Allem schuld. Sie hat mit Hoff intriguiert und kokettiert, o Du mußt eS ja auch gesehen haben, bis ssein Herz sich von mir abgewendet. Dich hat sie dann geheiratet des Geldes wegen, und nun warten sie wohl beide — bis — o ich mag cs nicht aussprechen, es ist zu schändlich, mein armer betrogener Papa."
„Elvira Du lügst I" stammelte Hannah mit totenblassen Lippen. „Ich — o Gottl" — Sie war auf eine» Stuhl gesunken, es wurde ihr dunkel vor den Augen ; welche unseligen Gedanken stürmten da jäh auf Hannah ein. Hoff war frei, getrennt für immer von Elvira und dort lag ihr Mann krank! — Um Goties willen nicht weiter, nicht weiter. Nein für sie gab es nichts mehr zu erhoffe», zu ersehnen, sie halte die Rechte ihres Herzens verkauft, verloren für immer.
„Ick lüge nicht!" tonnte da Elviras gellende Stimme. „Kannst Du es leugnen, daß Hans Dich geküßt hat. Jbm Halle ich es verziehen, ich habe ihn ja so unsäglich lieb gehabt, um mir ihn und seine Liebe zu erhalten betrieb ich Eure Verbindung, und
hard Hofmann.) Druck und Verlag von B t
nun ihn doch zu verlieren." Sie brach plötzlich in ein krampfhaftes Schluchzen aus und bemerkte nicht das tiefe Stöhnen d.S Kranken, sah nicht die jähe Veränderung, die mit seinen Zügen vorging. Wasser! ich will trinken!" rief er jetzt. Hannah beeilte sich ihm von der Eislimonadc zu geben, die sie selbst bereitet, aber als sie an sein Lager trat, stieß er ihre Hand hinweg.
„Nein, nicht von Dir, Du willst ja meinen Tod !" Mit wilden fiebernde» Augen sah erste an. „Geh weg, wo ist Elvira, mein armes Kind."
Elvira sprang auf und nahm das Glas aus Hannahs bebenden Fingern.
„O warum konntest Du nicht wenigstens ihn schonen," sagte diese mit leisem Vorwurf.
„Hast Du ihn denn geschont! Du allein hast es so weit gebracht, daß er hier krank liegt!" gab Elvira scharf zurück.
Hannah wandte sich schweigend hinweg. Macht- und wortlos stand sie Elvira gegenüber, eö war doch nur verlorene Mühe hier dem Kranke», der jetzt zu phantasieren begann, ihre Unschuld beweise» zu wollen.
„Bring mich fort Elvira, fort von dieser Frau dort !" rief er. „Sie ist jung und schön, und ich bi» ein alter Narr und soll sterben, aber ich will nicht sterben, hier nicht, laß uns zu Hause fahren Elvira, fort von dieser Schlange, sie will mich wieder hin- schleppen nach den Sälen, zu den kalten Marmorbilderu, aber ich kann nicht, ich bin sterbcnsmüde."
„Geh lieber hinaus," wandte sich Elvira an Hannah, „Dein Anblick regt ihn nur auf I"
Die junge Frau verließ das Zimmer, drausin warf sie einen weiten Mantel um und ging hinunter auf die Straße. Welch ein Coulrast mit dem stillen Krankenzimmer bot sich ihre» Blicken, ein berauschendes Bild südländischen Lebens wogte hier auf dem Platz Barbarin! an ihr vorüber, Musik ertönte, junge selige Liebespaare wantelten auf und ab, Alles getaucht in die eigentümliche Beleuchtung des südl. Abcndhimmels. F. f.
rnhard Hofmann in Wildbad.