de-Gendarmen Müller ist!" Sieben lange Wochen hat Kloih darauf im Gcrichtsgc- fängnis zu Köpenick verbracht. Die Zelle Nummer 7 mißt nur 23 Kubikmeter, und diesen engen Raum hatte er 14 Tage hindurch mit noch zwei anderen Gefangenen zu teilen. Am Freitagdcr vergangenen Woche wurde er endlich aus der Haft entlassen. „Was fange ich nun an?" frug er den Amtsrichter, der ihm die Freiheit wieder zurückgegeben hatte. Ein Achselzucken war die alleinige Antwort. Um die Not des entkräfteten, arbeitslos gewordenen Mannes zu lindern, hat das obenerwähnte Blatt eine Sammlung veranstaltet.
— In der Stadt EdgertvN (KausaS) wurden vor kurzem Frauen für die obersten städtischen Aemtcr gewählt. Die „Mütter der Stadt" haben inzwischen auf ihre Aem- ter verzichtet, weil die Männer so weit gingen, jede Amtshandlung der weiblichen Beamten zu kritisiren. Die Frauen von Edgerlon erklären jetzt, daß die Männer zu nievrig sind, um von anständigen Leuten regiert z» werden.
— 120,000 Francs sind in Paris am 12. dS. MtS. im Finanzministerium gestoh
len worden. Ein Ausläufer des Credit Lyonnais hatte diese Summe gegen 10 Uhr früh in Rentcncoupons zu erheben, da aber die Prüfung der letzteren viel Zeit beanspruchte, entfernte sich der Ausläufer, um cinstweileiz einige andere Einkassierungen vor- zunchme». Als er nach kurzer Zeit zürück- kehrte, waren die Coupons verschwunden und selbst die eingehendsten Nachforschnngensbrach- ten sie nicht wieder zur Stelle. Der Dieb muß ein sehr durchtriebenes, geschicktes und mit der Lokalität vertrautes Subjekt sein.
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.-. (Komödie der Irrungen.) Folgende ergötzliche Geschichte wird dem Iller-, Rolh- nnd Günzboten mitgeteilt: In einem nahen Jllerthaldorse setzten einige junge Burschen einem Mädchen statt eines Maibaumes einen ausgestopften Freier auf den First. Bei dieser Gelegenheit fielen einige Ziegel vom Dache; die Hausbewohner erwachten und schrien in der Meinung, eS seien Diebe im Hause, um Hilfe, so das ganze Dörfchen alarmierend. Die Burschen verließen so schnell wie möglich das Dach und mit ihnen fiel der ausgcstopfte Mann herunter mehrere unterdessen herbcigeeilte Männer hielten
diesen nun, als sie ihn daliegen sahen, für einen Dieb, der bereits das Genick gebrochen habe, meinten aber doch, Vorsicht sei hier am Platze, der Dieb könne noch leben, weshalb sie zuvor ans Leibeskräften auf den vermeintlichen Dieb losschlugen. Als sich jedoch derselbe nicht rührte, hielten sie ihn wirklich für tot, hoben ihn auf und sahen zu ihrem nicht geringen Erstaunen die ausgestopfte, durchgewalkte Puppe. Eiwas verblüfft, doch erleichterten Herzens zogen die Männer von dannen und begaben sich zur Ruhe.
— (Engelmacherinnen.) Aus Wilna in Westrnßland wird gemeldet: Im Banko- wskischen Hause in der Nvwogrodzkastraße wurden in der Abortgrube sechzehn Leichname neugeborener Kinder vorgefnnden. Man vermutet „Engelmacherci", wie kürzlich in jWar- schau. Die Polizei ist in reger Thätigkeit, um die Verbrecherinnen zu ermitteln.
Merk's!
Man sucht Keinen hinter dem Ofen,
- Wenn man nicht selbst dahinten war.
Aus Ruhmeshöhen.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
15.
„Wenn Hannah Deiner würdig wäre, ja, dann könnte ich mich vielleicht über Deinen Verlust trösten, aber sie ist es nicht, sie war stets falsch und kokett, ich kenne sie ja von Jugend auf, glaube cs mir doch. Bitte, bitte, laß es nur heute noch unentschieden sein, ich habe Dich ja nicht beleidigt, und habe Dich so lieb!"
Hoff befand sich in peinlicher Lage. Er hatte das Herz nicht dazu, das junge Mädchen, daS sich seine Braut nannte, und das so lcidenschaftlicheMorte zu ihm sprach, von sich zu stoßen.
„Elvira so nimm doch Vernunft an, es ist b sser für uns beide, wenn wir uns trennen," stammelte er endlich.
„Nein, ich will nicht, ich habe Dich so lieb!" erwiderte Elvira in größter Aufregung.
Nach einigen Anstrengungen gelang es Hoff wenigstens, sich von Elviras Armen frei zu machen. '
Beschwichtigend sagte dann Hoff:
„Ich sehe, Du bist zu aufgeregt, um mit Ruhe die Sache zu beurteilen. Ich habe übrigens auch keine Zeit mehr, da ich heute einen Termin habe."
„Du kommst aber doch heute Abend wieder? Berkos kommen!"
Bittend faßte sie seine Hand, und Hoff sagte zu, mit dem Gedanken an Hannah. Vielleicht gelang es ihm doch, ei» Wort des Verständnisses mit ihr anszutauschcn, und wenn nicht, dann war es ihm doch noch einmal vergönnt, das schöne geliebte Antlitz zu sehen, war es doch jedenfalls der letzte abend, den er hier verlebte. Wie es Weiler mit ihm werden sollte, wenn er das Bergschc HauS nicht mehr betrat, wie und wo er dann Hannah sehen und sprechen konnte, das war Hoff noch völlig unklar.
O warum war er nicht im Besitz des Reichtums, den die kleine unbedeutende Per
son, von der er sich soeben verabschiedete, in so reichem Maaße besaß, dann wäre ja in fein und Hannahs Schicksal eine rasche Wendung zum beiderseitigen Glücke wahrscheinlich gewesen. Was konnte er aber unter seinen jetzigen Verhältnissen Hannah bieten. Ein Heim, auSgestattet mit den alten wurmstichigen Möbeln seiner verstorbenen Eltern, eine Zukunft, über welche sich gar bald die dunklen jWolknr der Sorgen um daS Dasein breiten würden. — Und doch, die übergroße schöne, heilige Liebe, war sie cS nicht wert darüber alle kleineren Erdensorgen zu vergessen ? — Wenn er wieder zur Feder griff und ganz und gar Schriftsteller würde. Manche Schriftsteller sollen ja große Reich- tümer erwerben! Warum sollte der Genius, der in ihm schlummerte, nicht ebenso gut, so bedeutend sein, wie der Anderer, die ja jeden nur halbwegs klugen Gedanken in alle Welt hinaus verkünden, und sich jedcS ihrer geschriebenen Worte mit Gold aufwicgen lassen I
Rcichtümer erwerben mit Ruhmesthaten lind für Hannah, nur um ihr Leben damit zu schmücken! O kühner, berauschender Gedanke !
Der Abend kam. Der Salon bei Bergs war behaglich durchwärmt, die Theemaschinc summte und die Gaßkronen brannten. Elvira im blaue» Kleide, blaue Schleifen in dem blonden Haar, war noch allein und stand sinnend vor dem Spiegel.
War sie denn so gar nicht liebenswert? War es wirklich ihr Reichtum nur allein gewesen , der den geliebten Man» ihr zn- geführt? Und nun sollte sie ihn freigeben, Hannahs wegen? Nein nie und nimmer! dachte Elvira. Was in ihrer Macht stand, das Gefürchtete zu verhindern, das wollte sie lhun, und sollte sie mit den nieder» Waffen von Lug und Trug um ihr Lebensglück kämpfen I
„Ganz allein Elvira?" tönte da plötzlich Frau Lucie Berko's Stimme störend hinein in die Gedanken des jungen Mädchens. Sie wandte sich hastig um, die Freundiu zu begrüßen.
„Hoff ist noch nicht hier?" fragte Berko, der mit dem Amtsrat seiner Gattin folgte.
„Nein, er ist noch nicht hier, er hatte einen Termin, der mag etwas lange gedauert haben," erwiderte Elvira so unbefangen, als möglich und setzte sich dann mit Lucie in eine Plauderecke, um über alle Neuigkeiten zu plaudern. Auch über Hannah tauschten die Freundinnen ihre Gedanken aus, und kamen darin überein, daß die junge Dame eine ganz abgefeimte Kokette sei.
„Papa ist nun gänzlich in ihren Schlingen," teilte Elvira der Freundin mit, „und das will ich ja auch ruhig ertragen, aber auch mit Hans fängt sie jetzt zu kokettieren an, und wenn ich auch an seiner Liebe weht zweifle, aber der Eitelkeit der Männer schmeichelt ja dergleichen immer."
„Ja, die Männer," seufzte Frau Lucie, „wenn nur eine Dame hübsch und kokett ist, dann ziehen sie Alle einen Strang, auch Berko, so gut er sonst ist, leidet es nicht, daß man ein böses Wort über Hannah sagt. Die ist wirklich nur zu unserem Unheil hierher gekommen. Hätte ich sic doch nie Ungeladen, uns zu besuchen."
Die so liebenswürdig beurteilende Hannah war unterdes auch eingetreten, und stand fitzt a» der Theemaschinc, den Thec zu bereiten. Sie hatte ein Helles mit Spitzen besetztes Schürzchen über das dunkle Hauskleid gebunden, und der Commerzieurat fand Hannah so allerliebst und ganz wie eine sorgende Hausfrau ausschauend, daß er mit bewundernden Blicken jeder ihrer Bewegungen folgte, und dabei eine ziemlich zerstreute Unterhaltung mit Berko führte.
Noch zerstreuter war aber Hannah. Sie hatte soeben statt Thee eine Hand voll Zucker in die Theekanne gethan, und starrte nun ganz erschrocken darauf, als sie das Thee- wasfir auSgießen wollte. Wo war ihre Ruhe, ihre Gedankenklarheit geblieben, die schöne Harmonie ihres ganzeus Seins I
(Fortsetzung folgt.)
Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von Bernhard Hosmann in Wildbad.