das in ihrem eigenen Hause wohnhafte Frl. Therese Schiller ermordet. Soviel man bis jetzt ermitteln konnte liegt ein Raubmord vor.
— Ermordet wurde i» Stockerau bei Wien, wie schon erwähnt, vor einigen Tagen die Hausbesitzerin Therese Schiller. Die Unglückliche führte eine äußerst kärgliche und sparsame Lebensweise. Um so mehr wundert man sich jetzt darüber, daß unter altem Gerümpel nicht weniger als 151 000 fl auf- gkfunden worden sind und zwar in Obligationen, Sparkassenbüchern und Baargeld. Ta k>in Testament vorgcsunden wurde, werden sich die 18 vorhandenen Erben darin teilen.
— Nach einer Meldung des N>nen Wiener Tagblatts wurden in Wien drei Fälle von „Nona" konstatiert, jener kürzlich in der Umgebung von Mantua aufgetancbte» Krankheit, welche die von ihr Befallenen in einen langen lethargischen Schlaf versetzt, Mit Lähmungserscheinungen verbunden ist und zumeist tödlich verläuft.
— Die Influenza rafft eine Menge Mensche» in Canada hin. Die 800 J> d a- ner der St. Peter's Nd servativeu bei Winnipeg sind fast alle an der Influenza gestor
ben. Da sie keine gehörige ärztliche Pflege hatten, erlagen sie der Krankheit schnell. In den meisten Fällen entwickelten sich aus der Grippe Lungenentzündungen, wozu die Indianer ohnehin besonders geneigt sein sollen.
— Aus Hamburg, 25. Februar, wird gemeldet: Ein angeblich aus Berlin stammender Oekonom versuchte heute durch Revolverschüsse zunächst seine Geliebte, die 18 Jahre alte Anna Blästng, welche zum Corps de Ballet der Liliputancrtrnppe gehört, und dann sich selbst zu töten, Beide sind so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird.
— Zwischen Fiearazzelli und Palermo erstiegen am 26. ds. 4 Individuen den Gepäckwagen des Eisenbahnzuges, knebelten 2 Beamte, raubten 8000 Fr. Bargeld und Gepäck und Versicherungswerte von 4000 Fr. und entflohen. Zahlreiche Verhaftungen sind erfolgt.
— Ans London wird gemeldet: Ta die Grundbesitzer im nördlichen England eine Lohnerhöhung verweigern, steht ein Streik von 350 000 Grubenarbeitern in Aussicht.
— Bulgarien. Der „Kölnischen Zeit
ung" zufolg sind in dem Prozesse Panitza Beweise erbracht worden, daß die bulgarischen Verschwörer um die Entsendung eines russischen Generals gebeten haben, der nach dem Sturz des Prinzen Ferdinand die Regie, ung übernehmen sollte. Der General war bereits unterwegs und ist als Verschwörer verhaftet worden.
— lieber San Francisco wird gemeldet, daß an der chinesischen Küste Ende Januar furchtbare Orkane gOvüte! haben. 1000 Fischerboote wurden in die See getrieben und eine große Zahl ging unter. 3000 Fischer ertranken. Ganze Dörfer an der Küste sind in Trauer versetzt.
Werteste Weich-richten.
Reichstagswahl. Stuttgart, 28. Febr. Bei der heute stattgehabten Stichwahl erhielt:
Gustav Siegle 13548 Stimmen. Karl Klotz 12059
Somit ist Herr Gustav Siegle gewählt.
Die Zahlen ans dem Amt stehen noch ans, ändern aber das Endergebnis schwerlich mehr.
SoLödtenttebe.
Erzählung aus dem Kriegsjahre 1870j71 von Carl Cassan.
Nachdruck verboten.
E r st e s Kapitel,
Ein altes Schloß mit Park, mit Thor und dunklen Hallen,
Mit Erkern und mit Thurm, sollt' mir schon recht gefalle» !
Zwei Reiter trabten den staubige» Feldweg hinauf, beide in der knapp-u, kleidsamen Uniform der roten Husaren. Der vordere, ein etwa zweiundzwanzigjähriger schmucker Lieutenant, von einer auffallenden männlichen Schönheit, lenkte seinen feurig'» Rappe» spielend, daß selbst der Bursche hinter ihm, ein ebenfalls geschickter Reiter mit intelligen- ten Züge» sich eines stolzen Lächelns über „seinen Lieutenant" nicht enthalten konnte. Dann sah er sich nach dem Wegzeichen um und rief, als er Baumwipfel über den Haideberg ragen sah:
„Hier, Herr Lieutenant, hier muß es sein ! Ja, das ist Langenhausen I"
„Gott sei Dank, Konrad," erwiderte der Lieutenant. „Eiv Sand liegt hier, der demjenigen in der Nenmark, der Streusandbüchse des heiligen römischen Reiches, durchaus nicht nachsteh: I"
Die Rosse liefen schnell weiter und bald lag der schattige Herrensitz von Langenhau- sen vor ihnen. Davor standen hohe Kastanien mit einem sauberen weißen Gitter ringsum. Dahinter sah man helllenchtende Kiesw-ge, zwischen grünnr Rasenplätzen und dunklen Bosqncts. Ja, das war Langenhansen!
Als Knabe war der Lieutenant einmal dagewesen, und verändert halte sich seit der Zeit im Ganzen wenig. Dort lagen die Wirtschaftsgebäude, hier das Schloß mit dem dunklen Schieferdach.
Im Schalten uralter hoher Linden stiegen die Reiter ab, wobei ihnen aus dem Portale heraus eine alte Dame neugierig zn- schaute.
„Guten Morgen!" rief dann die Dame dem Offizier zu. „Wünschen Sie vielleicht
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den Freiherrn zu sprechen? — Ei, du mein Gott, Sie sind wohl gar der Junker, entschuldigen Sie, der Herr Lieutenant, wollte ich sagen, der —"
„Ja, Madame, ich bin Arthur von Busch!" entgegnete der junge Offizier lächelnd.
„Ach, du mein lieber Gott, und der Freiherr sind nicht zu Hause und eben auf's Feld hinansgegangen I Martin ! Martin I"
Ein Bedienter erschien, dem die alte D. eiligst znrief:
„Martin, hole doch gleich den Freiherrn zurück; sage der Herr Lieutenant feien angekommen ! Dietrich! Dietrich!"
Ein Knecht kam jetzt herbei.
„Nimm doch den Herren die Pferde ab! — — So, nun kommen Sie ins kühle Haus, Herr Lieutenant! Hier links sind Ihre Zimmer bereit I"
„Gut, Madame Zorn, Nicht wahr, so heißen Sic 2"
Sie knixte nach altfränkischer Art.
„Zu dienen, Herr Lieutenant!"
„Und wo soll mein Bursche wohnen?" frng der Lieutenant-
„Gerade gegenüber! Hier, sehen Sie!"
„Schön, Madame Zorn!"
Er verschwand in den Zimmern, um sich vom Staub der Landstraße zu säubern. Nicht lange danach aber kam Arthur vom Busch in bequemem Rocke zurück, die Cigarre im Munde und besah sich das Schloß. Es war ein großer Corridor, auf den die Zimmer mündeten, an dessen Wänden hohe, alte Oeigemälde neben großen Hirschgeweihen und alten Waffen hingen. Schloß Langenhansen war uralt, das war klar.
I tzt erschien auch wieder Madame Zorn, des Frcihcrrn Wirtschafterin.
„Ein Glas Wein gefällig, Herr Lieutenant, oder ein GlaS Bier oder ein Glas Milch'? Es ist heiß und bei einem solchen Ritt wird man durstig I Uebrigens ist der Frühstückslisch unter der Linde gedeckt!
„Danke, Madame Zorn, hat Zeit bis der Onkel kommt!" erwiderte der Offizier verbindlich lächelnd und schleuderte gemäch-
baro Hofmann.) Druck und Verlag von B e
lich in den Garten hinein. Da stand er an der Hinterwand des Schlosses. Große weiße Mauern, mit Epheu und wildem Wein nm- rankt, lagen vor ihm. Dort war ein verstümmeltes und verwittertes Bild von Sandstein cingemauert, offenbar ein weibliches Portrait, darunter aber war ein Vers cin- gemeißclt. Der Lieutenant entzifferte müsam:
„Willst Du Dein Herz mir schenken
So sei's für mich auch ganz allein;
Ich will mich d'rein versenken
Und bin für Ewigkeiten Dein!"
Er lachte.
„Gott sei Dank, daß ich davon noch nichts verstehe! Mir gehört noch die ganze Welt, und ich brauche Niemanden allein anzugehören."
Er blies den blauen Dampf der Cigarre in die klare Luft und schaute lächelnd umher. Dort die kleine Grotte mit den wunderlichen Figuren zog nun feine Aufmerksamkeit auf sich. Hier stand er lange sinnend und träumend. Woran dachte er?
Plötzlich verdunkelte sich der Helle Kiesweg. Der Freiherr, eine hohe martialische, jetzt allerdings etwas vcrwetterte Gestalt mit wohlwollendem Gesicht und langem Bart, stand vor dem jungen Offizier.
„Willkommen, Arthur!" erklang plötzlich des Freiherrn Stimme.
Arthur flog dem Onkel in die Arme. Dieser betrachtete den stattlichen Neffen mit Wohlgefallen.
Warum hast Du mir, das Vergnügen, Dick zu sehen, nicht eher gegönnt, Arthur? Du weißt doch, wie ich mich nach Dir gesehnt habe!"
Arthur erwiderte:
„Ja, lieber Onkel, der Dienst, der leidige, Du weißt ja, was das heißt."
»Jo, ja, Junge, das kenne ich! Doch komm, bas Frühstück ist bereit!"
Unter der Veranda im Schutze der großen Linden am Seitenflügel des Schlosses hatte Madame Zoen den Frühstückstisch vermöge ihrer kulinarischen Geschicklichkeit artig besetzt, so daß einem Hungrigen daö Herz gelacht hätte. (Forts, folgt.)
rnhard Hofmann in Wildbad.