Am 14. d. M. ist in Stuttgart der als Dichter weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Prälat Dr. K. V. Gerok gestorben. Wohl die letzte dichterische Leistung desselben dürfte das Gedicht auf die verstorbene Kaiserin Augusta sein, welches die neueste Nummer vonlieber Land und Meer" (herauögegebcn von Prof. Jos. Kürschner, redigiert von O. Baisch, Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt) veröffentlicht.

Es wird unsere Leser gewiß freuen, dieses stimmungsvolle Poem kennen zu lernen, und drucken wir es daher nachstehend mit Erlaubnis der Redaktion des genannten Blattes ab.

Kaiserin Augusta

Von

Karl Gerok.

Und nun auch Du! Die letzte der Genossen, Beschließe den erlauchten Totenzng!

Nun erst ist ganz die große Zeit verflossen,

Seit man auch Dich zur Ruhekammer trug.

Noch schimmerte von glorreich schönen Tagen Auf Deiner Stirn ein blasser Widerschein;

Die Herzen, die den Toten einst geschlagen.

Als edles Erbteil nanntest Du sic Dein!

Nach einmal steigen die verklärten Schatten An Deiner Bahre rührend uns herauf:

Die Lichtgestalt deS ruhmgckrönten Galten,

Dem Du verschönt den strengen Heldenlauf; Der tapfere Sohn voll milder Huld und Güte, Der ritterlich den Kelch der Leiben trank;

Der Enkel, der in reiner Jugendblüte Vom Sturm geknickt aufs Totenlager sank.

Du warst gebenedeit vor tausend Frauen Und warst geprüft in namenlosem Weh.

Als Jubelbraut im goldnen Kranz zu schauen, Und auch als Schmerzensmutter Niobe;

Ein fürstlich Bild an Deines Helden Arme,

Als noch Dein Weg mit Rosen war besät,

Doch größer noch in Deinem Witwenharme In Deines Schmerzes stiller Majestät.

Und doch Du hielst im segensreichen Walten Als tapfre Frau treu bis zum Ende aus! Hinsank der Leib, der Geist hat standgchalten, Wie'S Pflicht und Brauch im Hohcnzollernhans; Bis Du die greise Heldcntafelrundc Zum letztenmal an Deinem Tisch begrüßt,

Zum letztenmal dem frommen Schwesterbunde Den ernsten Dienst mit holdem Wort versüßt I

Die Glocken tönen. Zeuch denn hin im Frieden, Das Banner mit dem roten Kreuz voran, Barmherzigkeit sei ewig Dir beschiedcn,

Dieweil Du hier Barmherzigkeit gethan.

Zeuch hin und melde den verklärten Lieben,

Daß ihrer fromm ein dankbar Volk gedenkt,

Und daß das Reich bis heute stark geblieben, Vom Enkel fest wie einst vom Ahn gelenkt.

W e k e H r L.

Novelle von F. Stöckelt.

Nachdruck verboten.

12 .

In daS anstoßende Schlafgemach war der Rauch bis jetzt noch weniger cinge- drungcn, mit einem schwachen Hoffnungs­strahl begab sich das junge Mädchen dort­hin. Sie hoffte inzwischen, daß die Spritzen das Feuer bewältigen, denn der Gedanke, daß ihr Leben wirklich gefährdet, schien ihr trotz der sichtlichen großen Gefahr unfaßbar, Rettung mußte ihr doch jeden Augenblick werden, standen dort unten auf der Straße doch Hunderte von Menschen. Aber warum geschah nur immer noch nichts für das junge Mädchen, warum regte sich noch keine Hand zu ihrer Rettung? Entsetzliche Se­kunden durchlebte Dora jetzt. Niemand schien wegen des Qualms sie oben an dem offenen Fenster zu bemerken, auch ihr Hülfcruf ver­hallte ungehört in dem Geschrei der Menge und dem Lärm krachender Balken u. Steine, die von dem brennenden Hause herunter stürzten.

Verzweiflungsvoll sank Dora auf ihre Kuiee.Gott, großer Gott im Himmel!" rief sie nüt bebender Stimm ;laß mich hier in diesem Flammenmeere nicht elend um­kommen ! Barmherziger Gott, rette mich vom Tode!" /

Als Antwort auf ihr Flehen, schlug eine Flamme jetzt hell in das Zimmer; und mit einem gellenden Schrei der Todesangst sprang sie wieder au das Fenster. Man schien sie jetzt endlich von unten zu bemerken. Rufe dcö Schreckens und Entsetzens drangen her­

auf zu ihr. Ihr Onkel, jder mit Energie und Umsicht bis jetzt daS Löschen der FeuerS- brunst geleitet und seine Nichte noch auf dem Balle wähnte, stand plötzlich wie er­starrt, mit weit aufgeriffenen Augen zu ihr empor blickend.

Dora! Du! Du! Nein, es kann ja nicht sein, sie war ja noch nicht vom Ball zurück I"

Ich bin es Onkel, ich bin pS I" jam­merte aber Dora zurück nnd beseitigte so jeden Zweifel.Um Gottes willen, Onkel, schaffe Hülfe! Hülfe I"

Ratlos lief der alte Mann hin u. her, die Leitern die jetzt herbei geholt wurden, reichten nicht herauf bis zn dem zweiten Stockwerck, dabei drohten die Wände jeden Moment einzustürzen.

Auch die Ballgesellschaft hatte sich jetzt unter die Menge gemischt, da der Fcuer- lärm dem Tanzvergnügen ein jähes Ende bereitet hattc.^ Das Läuten der Sturmglocken war plötzlich schaurig zu den Tanzweiscn ge­klungen, und während Alles sich in Be­stürzung aufgelöst, war eine alte Frau in den Saal gestürzt und hatte nach Dora ge­fragt. Viele der Anwesenden hatten deren Weggang gar nicht bemerkt, man suchte und forschte nach ihr. Einige Herren, die Dora engagiert gehabt, versicherten, daß sic längst zu Hause sein müsse, da man sie seit einer Stunde hier nicht mehr gesehen habe. Mit lauicn Jammer war die Alte dann wieder davon geeilt. Assessor Born, der den gan­zen Vorgang erschrocken mit angesehen, Mar­der alten Frau auf dem Fuß nachgefolgt, und erreichte mit ihr zu gleicher Zeit die Feuerstätte.

Großer Gott, da steht sie, am Fenster ihrer Schlafstube," rief die alte Frau jetzt händeringend,mein Kind, mein Herzbcätt- chen, ich habe sie groß gezogen, meinen Hän­den vertraute ihre sterbende Mutter sie an, und nun soll ich sie elendiglich umkommen sehen I"

Geistcrbleich blickte Born zum Fenster hinaus, er sah daS gelbe Atlaökleid, in wel­chem Dora noch vor wenige» Stunden im Tanz dahin geschwebt, im Hellen Feuerschein glitzern und schimmern, man konnte sogar die Garnitur der roten Rosen deutlich er- erkennen, und die Brillanten, die gauze Strahlen des roten Lichts auffingen, und wundersam funkelten. All dieser strahlende schimmernde Putz, bildete einen grausigen Conträst zu der schreckeusvollen Situation. Jetzt streifte Dora den Brillantschmuck von Hals und Armen, und warf ihn hinunter in die zu ihr aufschauende Menschenmenge.

Rettet mich! Rettet mich I" rief sie in den herzzerreißendsten Tönen, aber nur schreckensbleiche Gesichter starrten zu ihr her­auf, Niemand bückte sich, um die Brillan­ten aufznhebcn, und für diesen Lohn sein Leben zu wagen.

Es ist nicht möglich" sagte einer der Arbcitsleute, die bei dem Feuer thätigwaren, zu deni alten Herrn Schmidt und dabei standen ihm die Hellen Thränen in den Augen.

(Fortsetzung folgt.)

Scherzfrage.

Wer kann alle Sprachen reden?

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ÄeraniNwrtt'-hcr Nedakrcur;BcrnharoHolm,u n.) Druck und Vertag von Bernhard Hofmann in Wildbad,