Verschiedenes.
— An den österreichischen Ministerpräsidenten wurde im Abgeordnetenhause eine heikle Frage gestellt. Derschatta interpellierte namens der „Deutschnationalen Vereinigung" de» Ministerpräsidenten wegen der Auflösung deS „Vereins deutscher Studenten ans Böhmen" in Graz, weil im Vereinslokale die Bildnisse der Kaiser Wilhelm und Friedrich, Bismarck's und Moltke's und eine Ansicht des Niederwald-Denkmals angebracht waren. Die Grazer Statthaltern dezeichnctc diesen Wandschmuck als politische Kundgebung, welche eine Überschreitung der Statuten bedinge. Derschatta fragte, ob das Ministerium diesen politischen Gesichtspunkt des steiermärkischen Statthalters teile, und wenn dieses der Fall sei, wie Graf Taaffe di'se Auffassung mit den bestehenden Gesetzen und dem dlUisch-österreichischen Bündnisse in Einklang bringe, und ob der Minister, falls er anderer Ansicht sei, derartige Vorfälle für die Zukunft unmöglich machen wolle? Hiermit erklärte Gras Taaffe, die Regierung werde die Interpellation Plener'S in einer der nächsten Sitzungen beantworten. Die Regierung habe stets nur das Ziel ge
habt, die Gleichberechtigung der Nationalitäten zu verwirklichen; sie handle niemals (?) aus Parteirücksichten, während die Opposition oft parteimäßig sei. Die Negierung werde sich durch keinen Angriff von dem bisher mit der Majorität verfolgten Wege abdrängen lassen.
St. Ingbert, 15. Dez. Auf der Versammlung sind 15.000 Bergleute anwesend, die' Inspektionen Dudweiler, v. d. Heydt, Sckwalbach, Louiscnthal, Gerhardt beginnen den Stricke morgen früh. Die übrigen Inspektionen warten bis Mittwoch.
— I» Eisenberg (Sachsen-Altenburg) ist ein lOjähriger Malcrlehrling auf gräßliche Weise ermordet und seines Wocheulohns von 6 ^ beraubt worden. Am Halse und im Genick, sowie am rechten Auge fanden sich klaffende Stichwunden und um den Hals war >in neuer, stst zusammengezogener Strick geschlungen. Der Verdacht fällt auf einen Mitlehrling des Ermordeten, der die That anscheinend mehr ans Neid wegen der dem Toten mehrfach erwiesenen Gunst des Arbeitgebers, als aus Raub und Mordlust begangen hat.
— Welches Geschlecht ist eitler, das
starke oder schwache? Zwei Herren in Frankfurt a. M. nahmen dieser Tage vor einem Vielbesuchten Laden Stellung und gaben genau Acht, wer von den Herauötretenden, Männlein oder Weiblein, sich etwa in dem dort angebrachten Spiegel betrachten würde. Das Ergebnis war ein der That überraschendes: Von 100 Damen beguckten sich nur 65, während 95 v. H. unter den Herren der Schöpfung den Spiegel befragten, (ölö. Beweist nichts! Die Damen sind von ihrer Schönheit so überzeugt, daß sie garnicht mehr in den Spiegel gucke», während den Herren immer wieder der Zweifel ankommt, den sie durch den Spiegel verjagen wollen.)
.'. (Dilemma.) Ehemann (betrunken, beim Nachhausegehen ipsi einem Blick auf seine Wohnung): „Jetzt weiß ich nicht, maßt sich meine Frau an, mehrere Lichter zu brennen, in welchem Fall ich nachher ganz schneidig auftrete, oder bin ich blos angesäuselt und es ist eines, in welchem Fall — sie nachher ganz schneidig auflritt!"
(Beim Arzt.) Mädchen: „I Hab' so'n Prickeln und Brennen im G'sicht, Herr Doktor; was soll i da machen 2" Der Arzt: „Sagen Sie Ihm, daß er sich besser rasier !"
WekeHrt.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
3.
„Zürnen Sie mir nicht, Herr Leonhard," begann Sie jetzt mit unsicherer Stimme, „ich kann aber meine Freiheit nicht ansge- beu, es sind doch immerhin Fesseln, die Sie mir auferlegen wollen, und viele mögen ja auch solche Fesseln der Ehe süß und leicht finden, ich aber kann cs nicht; mir erscheinen sie zentnerschwer und darum . .
„Bitte bemühen Sie sich nicht weiter," unterbrach Herr Leonhard zornig ihre Rede, „ich glaube Sie hinreichend verstanden zu haben und bedarf Ihrer Auseinandersetzungen nicht mehr. Allerdings könnte ich mancherlei cinwenden, und bin fest davon überzeugt, daß es nicht Abneigung gegen die Fesseln der Ehe sind, die mir diesen Korb von Ihnen verschafft haben. Ein anderer, hochstudierter Herr soll sich ja jetzt, und wie es heißt, nicht vergeblich um Ihre Gunst bemühen, da muß ich einfacher Landmannn dann wohl zurücktrelen, mir stehen solche gewandte Redensarten, womit sich jener in Ihrem Herzen eingeschmeichelt, nicht zu Gebote. Ob er es aber so ehrlich meint, wie ich, ist noch die Frage. Er sprach sich neulich wenigstens über die ganze Damenwelt in Ihrer Vaterstadt sehr verächtlich aus!"
Doras Augen flammten auf. „Wen meinen Sie?" rief sie zornig.
„O, Sie wissen es ganz genau, er hat einen schwarzen Bort und kohlschwarze Augen," entge^nete der junge Landwirt. „Der feine Hrir machte keine Ausnahme, Fräulein Dora' es wären Alle eitle Kleinstädterinnen, ohne Geist, ohne Geschmack in ihren Toiletten, langweilig uninteressant. Geistvolle und interessante Damen fände man überhaupt nur in großen Städten."
Dora bückte sich während dieser für sie so wenig schmeichelhaften Rede einigemal pflückte etwas ungestüm einzelne kleine Blumen, die dort am dem Wege standen,
" Brra»tw»rtlicher Redakteur: Bern
um sie dann in kleine Stücke zu zerreißen. Ein paarmal stampfte sie mit den zierlichen Füßen heftig auf dem weichen Haideboden auf, und als Leonhard nun schwieg und sie mit spähenden Blicken beobachtete, wandte sic ihm das Antlitz mit einer Miene grenzenloser Verachtung zp.^
„Es interessiert mich gar nicht , Herr Leonhard, was die Herren in ihren Bierkneipen verhandeln^, u»d ich finde, cs .durchaus nicht fein, dergleichen eirter jungen D. zu wiederholen."
Leonhard biß -sich auf die- Lippen, während eine dunkle Röte sein schönes Antlitz überflog. Verlegen zog er seine Uhr hervor.
„Es ist bereits,^Mittag," murmelte er dann, „und ich habe noch Geschäfte in der Stadt."
„O dann berauben Sie sich nickt länger Ihrer kostbaren Zeis einer simplen uninteressanten Kleinstädterin willen," rief Dora ironisch „adieu, mein Herr I"
Die junge Dame , machte eine graziöse Verbeugung und eilte den Haideweg hinunter. Leonhard blickie ihr sinnend nach, Wie sie in die sonnige, klare Luft dahin ging; gleich einer der rosigen Haideblumen, die im Spätsommer die ganze Haide überziehen, eben so zierlich, so biegsam. Es war aber nicht ein derartiger poetischer Vergleich welchen der abgewiesene Freier zwischen den Zähnen murmelte, es klang vielmehr: „Albernes, hochfahrendes Ding!" — Vielleicht hätte es ihm zur Genngthuung gereicht, hätte er, als er mit seinem Gespann wieder auf die Chaussee rollte, Dora beobachten können, wie sie auf dem Stein unter der alten Kiefer saß und bittere Thränen sich aus ihren Augen drängten. Ein Tropfen Gift war i» ihr sorglos glückliches Dasein gefallen. „Eine Kleinstädterin also! Ohne Geist, langweilig, geschmacklos," murmelte sie, „o, ich sehe ihn sitzen in der rauchigen Bierstube, ich höre jedes Wort, ich sehe die dunklen Augen, die so stolz und verächtlich blicken können — und er machte keine Ausnahme — keine. Und ick — ich — ich bin eine
har» Hofmann.) Druck und Verlag von B e
große Närrin und hätte wohl besser gethan, die Hand des biedern, schönen Leonhard anzunehmen und sein schönes Rittergut. Wir hat's mir die Tante Alles ungepriesen, und nun habe ich Alles verscherzt, und habe einen Feind mehr auf der Welt.
Aber bald flog cs über das Antlitz Doras schon wieder wie ein halbes Lächeln, sie lehnte den Kopf an den rauhen Stamm der Kiefer; die Bienen summten so einschläfernd um sie - herum, -schließlich chjelen ihr die Augen zu, und die Sonne küßte ihre schlummernden Wangen und lockte dunkle Röte darauf hervor. Als sie erwachte waren über anderthalb Stunden vergangen, und sie beeilte sich, um »ach Hauseizu gelangen. Man war hier derartige Epkrävakanzen schon von ihr gewohnt und nicht weiter beunruhigt gewesen über ihr langes Ausbleiben. Während sie mit gutem Appetit ihr Mittagsmahl verzehrte, berichtete sie der Tante offenherzig von ihrem Zusammentreffen mit Herrn Leonhard, daß sie ihm einen Korb gegeben, und es überhaupt wohl vorziehen werde, als alte Jungfer zu sterben; denn die Männer — sie brach plötzlich ab, verräterische Schatten flogen über das junge Gesicht und gaben demselben ein ganz melancholisches Ansehn, sodaß die Tante sie voller Staunen anblickte, da sic einen derartigen Austruck noch nie bei ihrer Nichte wargenommen.
„Werden Sie in diesem Jahre wieder verschmähen zu reisen?" fragte der Assesor Born Dora, einige Wochen nach dem oben geschilderten Morgen. Man befand sich auf einer Wasserpartie, leichte Kähne schaukelten auf dem blauen Strom, die Insassen derselben waren meistens junge Damen und Herren, die Mütter der jungen Mädchen hatten den Landweg vorgezogen, und wandelten langsam und genusseu am Ufer. „Ich werde diese alberne Mode, die jetzt epidemisch um sich greift, nie mit machen," er- wiederte Dora und warf verächtlich die Lippen auf, „da ich diese Rciscwut geradezu lächerlich finde."
Fortsetzung folgt.)
rnhard Ho fmann in Mldbrd.