Rundschau.

Nagold, 30. August. Für den Bau

der Eisenbahn von Nagold uack Alteusteig eine Eisenbahnbausektion mit dem Sitze in Nagold errichtet und mit der Vorstaud- schaft AbteilungSiugenicur Kubier betraut worden.

Simmersfeld, OA. Nagold, 2. Septbr. Gestern nachmittag schlug der Blitz in das Gasthaus zum Löwen, infolgedessen das An­wesen ein Raub der Flammen wurde.

Oehnugeu, l. Sept. Heute morgen

um 8 Uhr brach in dem Wohnhaus von Bierbrauer Kollmar Feuer aus. Da das Hans auf drei Seiten freisteht, so gelang es der Feuerwehr, in einer Stunde den Brand zu bewältigen, wobei jedoch nahezu das ganze Dach abgedcckt werden mußte. Ein Fuhr- knecht wurde als der fahrlässigen Brand­stiftung verdächtig verhaftet,

Heidenhcim, 1. Sept. Nachdem heute

mittag mehrere Gewitter über unsere Stadt gezogen, hellte sich der Himmel von 4 Uhr an vollständig ans. Da kam bei schönstem Sonnenschein das Stubenthal herab Hoch­wasser, das 10 Meter breit und '/s Meter tief durch unsere Stadt strömte. Der Ver­kehr zwischen der untern und ober» Stadt war 1'is Stunden lang vollständig unter­brochen. Eine Menge Zuschauer bewunder­ten auf beiden Ufern des schmutzig-gelben Strom die seltene Erscheinung, die man sonst nur im Winter bei raschem Tauwetter beobachten kann. Allem nach ist in der Umgegend ein Wolkenbruch niedergegangen.

Ulm, 1. Sept, Ein in vergangener Nacht in einer Straße der Stadt liegender, bis zur Bewußtlosigkeit betrunkener junger Müllergeselle, Namens Fadenbauer aus Langenau, war im Besitz von 79 ^., über deren Erwerb er verschiedene Angaben machte. Derselbe wurde vorläufig fcstgcnommen und cs ergaben die angestellten Erhebungen, daß derselbe gestern nachmittag von seinem Dienst­herr» einen 100-Markscheiv erhalten hatte, um wechseln zu lassen, mit demselben aber verschwunden war.

Ehingen, 30. August. Der sogenannte Svldatenkirchhof mitten in einem Buchen­wald? zwischen Unterkochen und Obermarch­thal ist im Sommer der Anziehungspunkt vieler Touristen. Tapfere Krieger aus Deutsch­land, Oesterreich, Rußland und Frankreich, die zu Anfang dieses Jahrhunderts auf diesen Gefilden gegen einander kämpften, liegen hier in Massengräbern bei einander. Einzelne schwarz angestrichene Kreuze, etwa 50, sieht man auf diesem Friedhof, in dessen Mitte ein 4 Meter hohes Denkmal sich erhebt. Die Gräber sind mit Blumen geschmückt. Die Gegend ringsumher ist herrlich zu nennen, besonders ist die Aussicht auf die schwäbische Alb reizend.

Michelstadt (im Odenwald), 29. Aug. Ein höchst betrübender Todesfall ereignete sich dieser Tage in unserem Orte. Die 20- jährige Tochter des Apothekers Heß litt an Zahnweh. Um die Schmerzen zu lindern, wandte der Vater Chloroform au. Das Mädchen verfiel infolge dessen in Schlum­mer, aus dem cS nicht wieder erwachte. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.

Frankfurt a. M., 2. Sept. Die Frank­furter Zeitung meldet aus Paris: Bou- langcr wird vor ein Kriegsgericht geladen unter Zusicherung freien Geleits für seine politische Verurteilung, so daß er, falls er

von gemeinrechtlichen Vergehen frei'gesprochen wird, ungchindr t ins Ausland zurückkehren kann.

Auf der Zeche Rheinpreußen ent­zündeten sich am 31. v. M. schlagende Wet­ter, wodurch 2 Mann (Schlesier) getötet und einer schwer verwundet wurde.

Während eines starken Gewitters schlug der Blitz in den Eiffelturm nick, fuhr nut mächtigem Klirren durch Eisenwerk herab, ohne einen Schaden anzurichten. Alle Per­sonen, die sich um jene Zeit aus dem Turm befanden, cs war 9 Uhr 45 Min., erklären, daß sic das Geräusch eines heftigen Stoßes vernommen haben. Der Chef der elektri­schen Beleuchtung, Herr Taussat, der sich bei den Projektoren befand, sah mehrere Tropfen flüssigen Metalls niedcrfallen, die von der Kupferspitze eines Blitzableiters herrühren dürsten. Der Wächter des Leuchtturmes wurde von einer weißlichen Wolke während einiger Minuten eingehüllt, welche das Licht des Leuchtturmcs ziemlich stark reflektierte. Die Ingenieure des Turmes werden die Daten sammeln, um diese Erscheinungen ge­nauer zu prüfen.

Eine Liebcstragödie mit dem Titel Die Rache des Buckligen" hat sich dieser Tage in Neapel abgespielt.Die Ehegatten Lauzctta, ehrsame Leute, die eine kleine Fa­brik in Neapel in der Straße Amiceri be­triebe», halten, da sie kinderlos waren, vor zwanzig Jahren ein Findelkind adoptiert. Der Knabe war nicht schön, -im Gegenteil er war mißgestaltig und bucklig, aber gerade deswegen erregte er das Mitleid des würdi­gen Paares. Er hieß Franz Favillante und heute, wo er 21 Jahre zählt, ist er nicht viel größer als ein Meter; dafür ist er geschickt und verständig, und leitet seit meh­reren Jahren die Fabrik zur besonderen Zu­friedenheit seiner Ziehelt-rn- In dem Ge­schäfte waren auch drei junge Mädchen be­schäftigt, von denen eine, Carmen Molinart, ein sechzehnjähriges Mädchen, von bestricken­dem Liebreiz war. Der arme Bucklige hatte sich wahnsinnig in sie verliebt, so daß er ganz auf Essen und Trinken vergaß und seine Arbeit nur mechanisch that. Er hatte niemals den Mut gefunden, der schönen Carmen seine Liebe zu gestehen, und be­gnügte sich damit, ihr tausend kleine Auf­merksamkeiten zu erweisen. Zum Unglück für ihn hatte Carmen jetzt andere Dinge in ihrem kleinen Kopf, sie war in einen hübschen Burschen verliebt, der um ihre Hand bei ihren Eltern angehalten und die­selbe auch zugesagt erhalten hatte. Der Buck­lige war wüthend, als er davon erfuhr, und brach wiederholt in Drohungen gegen das Mädchen aus, die aber nicht beachtet wurden. Letzten Mittwoch überraschte er Carmen, als sie mit ihrem Bräutigam zärtlich that, und kehrte rachcbrütend in sein Zimmer zurück. Er blieb stundenlang daselbst, und da er es versäumte, wie alltäglich die Ar­beit anszutcilen, so begab sich Carmen in das Zimmer um ihn um Arbeit zu ersuchen. Kaum hatte das Mädchen das Zimmer betreten, als er zitternd vor Zorn aufschrie: Du sollst weder mir, noch einem Anderen gehören." Nach diesen Worten ergriff er einen Revolver und schoß die Kugel drang der unglücklichen Carmen in den Kopf und das Mädchen stürzte sofort todt zusammen. Sofort geriet das ganze

Viertel in große Aufrcguug. Der Mörder versuchte zu entfliehen, aber die Menge ver­folgte ihn und hätte ihn gelyncht, wenn nicht die Polizei den Buckligen geschützt hätte. Jetzt versuchte er zu leugnen und rief, der Revolver sei von selbst losgegan- geu, aber die Menge schrie ihm zu, daß er schon längst den Tod der schönen Carmen beschlossen, und überhäufte ihn mit Schmäh­ungen. Mit großer Mühe konnte man den buckligen Mörder in's Gefängnis bringen."

Verschiedenes.

In einem Dorfe im Kreise Tagan- rog gerieten kürzlich zwei Knechte in Streit, wobei der eine dem andern ein Ohr abbiß, welches ein daneben stehender Hund sofort aufsing und verschluckte. Der Verletzte war erst sehr erregt, dann bot er jedoch seinem Gegner die Versöhnung durch einen Bru« derknß an. - Bei dieser Gelegenheit aber biß er ihm die ganze Oberlippe weg und verschluckte dieselbe! Nun waren beide tat­sächlich auSgesöhnt. So erzählt der in Taganrvg erscheinendeListok."

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Die Neugier eines Dienstmädchens, rer 18jährigen Anna Heister, die bei einen! Schlächtermeister in Berlin in Diensten stand, ist schwer bestraft worden. Das Mädchen hatte die Untugend, überall und wo es nur anging, zu horche». Mittwoch Nachmittag hatte der Schlächtermeister mit seiner Frau im Wohnzimmer eine längere Unterhaltung. Anfangs hatte man nicht gewahr!, daß die Thüre ein wenig aufstaud. Plötzlich sah dies der Slächtermeister und schlug die Thür zu. Ein lauter Schrei ertönte und als der Schlächtermeister hinzueilte, sah er das Dienst­mädchen mit total abgequelschter Nase am Boden liegen- Die Neugierige hatte wieder gehorcht und dabei die Nase in die Thürspalte gesteckt. Diese Unart muß sie jetzt schwer büßen.

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.-. (Auch ein Hnndefreimd.) Der Böhme Wenzel Boskowitz in New-Aork wurde bei der Sanitätsbehörde angezeigt, weil er in seinem Wohnzimmer in einer Mietskaserne sieben Hunde hielt. Er erhielt vom Ge­sundheitsrate die peremtorische Weisung zu­gestellt, wenigstens sechs von den sieben Hunden zu entfernen. Er befolgte diese Aufforderung jedoch nicht, wurde verhaftet und vor den Polizeirichter gebracht. Da der Böhme kein Wort englisch verstand, so redete der Richter ihn auf deutsch an, und es entspann sich folgendes Gespräch :Wem gehören die sieben Hunde, die sich in Ihrem Zimmer befinden?"Das seins holt's Hunde meiniges." Sind Sie ein so gro­ßer Hundefreund?"Hob's holt's Hun­derl recht lieb, besonder wenn sie sein holt's a bisserl fett."Haben Sie denn soviel Geld, daß Sie sieben Hunde zu dessen Be­wachung brauchen?"Dös nit, aber Weiberl nnd Kinder meir.iges essens holt gar zu gern." Der Richter ließ sich schnell ein Glas Eiswasser von dem Ge­richtsdiener bringen und trunk es halb leer, dann fuhr er weiter fort:Wissen Sie nicht, daß Sie für die sieben Hunde ein­undzwanzig Dollars Steuer zu zahlen ha­ben, und ferner, daß cs Ihnen nicht erlaubt ist, eine solche Anzahl von Hunden in einem Hause zu haben? Ich gebe