Sedan 1889.

Heute vor 19 Jahren fielen die ehernen Würfel welche Frankreich nach Gefangennahme seines Kaisers zur Republick führten und Deutschland seine alten

Provinzen Elsaß-Lothringen wieder zuführten. Ja groß und herrlich waren die Siege der Jahre 1870^71 und mit recht singt der Dichter:

Kannonendonner rollet durch die Lüfte,

Begleitet von der Freude Hellem Schall,

Laut donnerts wieder durch die Lüfte Und über heute neu geschmückte Grüfte,

Dringt der Trompete Heller Jubelschall!

Es pocht das Herz, die raschen Pulse fliegen Dem alten Krieger und sein Auge glüht,

Gedenkt er noch an jenes große Siegen,

Wo er gekämpft von Flammen ringsumsprüht."

Was die Väter lange erstrebt, haben die Söhne vollbracht und was die Söhne erkämmpst, werden die Enkel erhalten und wenn es gilt, mit dem letz­ten Tropfen Ihres Herzblutes vertheidigen. Einer der größten Paladine unseres hochseligen Kaisers

Wilhelm sprach im deutschen Reichstage die großen Worte:

Wir Deutsche fürchten Gott sonst Niemand auf der Welt" u. nichtswürdig ist -der deutsche Mann, der diese Worte zu Schanden zu machen sucht.

Der: WcrjornLsHerr:.

Novelle von F. von Limpurg.

Nachdruck verboten.

17.

Sie versteht Schleppe und Diamanten zu tragen wie eine geborene Fürstin."

Die neue Braut stand, nachdem sie mehrere von ihrem neuen Glück strahlende Briefe geschrieben, ebenfalls lange am offnen Fenster ihres ZimmerS, sinnend in die Nacht hinaus schauend und ein Name traf auf ihre Lippen, doch nicht der des Verlobten.

Albrecht!" seufzte sie. Ja, sie hatte den MajorotSherrn gewählt, obschou sie den Seeoffizier liebte, denn der bloße Gedanke an Entsagung und an ein Leben ohne Glanz und Reichtum ist schon furchtbarer für solch rin Wellkind wie Melanie, die der Prüf­ung des Lebens nicht offen ins Angesicht zu sehen vermochte.

Aber, der Würfel war gefallen, Me­lanie konnte und wollte nicht mehr zurück. Graf Kuno liebte sie, er würde sie mit allem Glanz und LnxuS umgeben, welcher nach Melanies Anschauung allein das Dasein an­genehm machle und mehr verlangte sie nicht.

Dort lag der Fächer, den ihr Graf Albrecht gesandt. Fast vorwurfsvoll glänzte das kostbare Ding zu ihr herüber. Sic zuckte leicht die Achseln.Nein, lieber gar nicht heiraten als so mit Not und Mühe I" dachte Melanie.

Und die Gräfin," murmelte sie vor sich hin,was wird die sagen? Ich glaube sie hat erkannt, daß Albrecht mir den Hof machte und wird zürnen, weil ich beiden Brüdern gefalle. Ah bah, die alte Dame mutz ihren Witwensitz anderwärts aufschla- gen, wenn wir Schloß Morenau bewohnen, denn mit der Schwiegermutter unter einem Dache zu leben, das kann Kuno von mir nicht verlangen I"

Am folgenden Morgen erfuhr die Grä­fin was geschehen sei unk faltete still dabei die Hände.

Herrgott im Himmel, so ist mein Alb- recht gerettet," dachte sie in demselben Augen­blick und in momentaner Befriedigung lächelte sie dem Brautpaar zu.Der Himmel segne Dich» mein liebes, neues Töchterchen. Möch-

" Verantwortlicher Redakteur: Brrn

tet Ihr nie diese Stunde vergessen, wo die Mutter segnend ihre Hand auf Euch legte!"

Erst volle acht Tage später und kurz vorher, ehe er zurückkehrcn durfte, erfuhr Graf Albrecht durch einen Brief der Mut­ter die Verlobung seines Bruders. Freudig riß Albrecht beim Anblick der thcuren Schrift­züge das Couvert ab, doch kaum hatte er die ersten Zeilen gelesen, da bedeckte Toden- blässe sein gebräuntes, männlich schönes Ant­litz und er wankte. Wie versteinert schaute er immer von Neuem auf den eleganten Briefbogen, aber die Buchstaben blieben un­barmherzig stehen Wie zuvor, er hatte sich nicht g.täuscht, die furchtbare Thatsache war kel» Jrrthum.

Endlich faltete er das Blatt zusammen, seine Zähne gruben sich tief in die Lippen, rin schweres Stöhne» entrang sich seiner breiten Brust, dann aber schlug er sich mit der Faust vor die Stirne.

Thor, der ich war," murmelte ei- schmerzlich,die Mutter hatte sie recht er­kannt, sie ist eine herzlose Ceguette, welche den reichen Majoratsherrn einem wenig be­güterten Seeoffizier vorzicht. O, warum mutzte ich sie lieben mit aller Kraft und Innigkeit meines Herzens, wie ich es nun nie, nie mehr können werd! Ja, es ist kein Märchen, wenn die Idealisten von einer einzige», großen Liebe sprechen; ich fühle, daß cs eine solche giebt, welche den ganzen Lebensinhalt ausmacht. O, Melanie!"

Zuckend griff seine Hand nach dem ge­ladenen Revolver, er spannte den Hahn und richtete sich die Mündung der Waffe auf die Stirn, doch gleich darauf ließ er die Hand wieder sinken und murmelte schwer- athmend:Nein, nicht so! Mein Herrgott im Himmel, ich will kein elender Selbst­mörder werden um jener Treulosen willen. Was würde meine Mutter sagen, welche mich so zärtlich liebt und Gleichen! Sie sind allerdings beide nicht so unglücklich wie ich ! Aber Muth, Albrecht, Du bist ein Sproß aus edlem Geschlechte und wärst der erste dem eine Feigheit nachgesagt würde."

Mechanisch nahm er den Brief wieder auf und überlas einen Teil desselben noch­mals :

hard Hofmann.) Druck und Verlag von B e

Die Hochzeit soll bereits anfangs Okto­ber stattfinden, Melanie kehrt zu ihrer Tante zurück, um erst mit dieser zur Feier hierher zu kommen, denn Kuno will mit seiner Gemahlin erst nach dem Süden reisen und dann in der Residenz den Kar­neval mitmachen."

So muß ich den Kelch denn bis zur Hefe leeren," murmelte der stattliche Offizier bitter,und der Hochzeit Melanies mit meittL«^ Bruder beiwohnen. Denn die Wunde blutet, ob »ah oder fern, und Me­lanie soll nicht denken, daß ich ihre Nähe scheue."

-Der Hochzeitstag Fräulein Me­lanies von Förster und Graf Kunos war herangekvmmen und auf Schloß Morenau war Alles auf's schönste geschmückt; Graf Kuno hatte die Vorbereitungen selbst be­stimmt und bis in alle Einzelnheiten über­wacht, denn seine Hochzeit sollte eine standes­gemäße, >sür die zahlreichen Gäste imponi- rcnde Feier werden, Tie Gräfin Mutter und Margarethe hielten sich völlig fern von diesem geräuschvollen Treiben, erstere, weil ihre jegliche Aufregung gesundheitlich schäd­lich war, und letztere, weil ihre Gedanken fern bei dem Geliebten und der eigenen Zu­kunft weilten.

Auch konnten beide der jungen Braut den Treubruch an Albrecht nicht vergeben, ohne natürlich Kuno gegenüber dies zu er­wähnen, und so blieben sie kühl und förm­lich dem jungen Paare gegenüber, den neuen Verhältnissen sich fügend.

Zwei Tage vor der Hochzeit kam Alb- recht, Margarethe fuhr zur Bahn, um ihn abzuholen; es war ein ernstes Wiedersehen und dem jungen Mädchen standen dabei die Thränen in die Auge».

Seit der Bruder damals so strahlend von dem väterlichen Schloß abrciste, hatten sie sich nicht gesehen; er war nach Ablauf jenes Kommandos bei verschiedenen Ver­wandten gewesen und kam erst zur Hochzeit Kunos nach Morenau. Wenige Tage nach derselben wollte er sich dann auf sein Schiff begeben, welches zu einer zweijährigen Dienst­reise bestimmt worden.

(Fortsetzung folgt.)

rnharb Hofmann in Wildbab.