der trotz Abmahnungen die Tour bei dem schlechten Wetter doch unternahm, nun eingefroren sei.
— Als am Sonntag zwei Damen, die 63jährige Frau Davidson, die Gattin eines schottischen Kirchcnältcsten, und ihre Tochter, Frau Handbury, ans derbyterianischen Kapelle in Brondcsbury, dem N. W. Distrikte Londons, traten, schritt der Gatte der Letztgenannten, Leonhard Handbury, aus sie zu und feuerte einen Rcvolverschuß zuerst ans die jüngere, dann auf die ältere Dame ab, rannte in die Mitle der Straße und schoß sich in die rechte Schläfe. Beide Damen wurden in die rechte Kinnlade getroffen; der Zustand der älteren ist kritisch; Frau Handbury wird genesen, da die Kugel im Munde stecken blieb, ohne edlere Teile zu Verletzen. Handbury selbst ist nur leicht verwundet. Als Grund dieser Familien- tragödie wird angegeben, daß Frau Handbury Schritte gcthan hatte, um eine gesetzliche Trennung von ihrem Mann, der sich dem Trunk ergeben hatte, zu erlangen.
— Ans Luxemburg, 29. Juli, wird berichtet: Der langjährige Neistude des Hauses Neddermann in Straßburg, Georg Vorchers
(ein Stiefsohn des Opernsängers Heine in Frankfurt a. M.) , ist gestern auf einer Zweiradfahrt von Fels nach Diekirch gestürzt und war sofort tot. Er muß mit dem Rade in das Geleise der Sekundärbahn Fels-Kruchten und so zu Fall gekommen sein.
— In der Nähe des Dorfes Hoog- straeten flüchtete sich ein Bauer, der mit seiner Frau und Kindern auf dem Felde arbeitete, mit diesen während eines schweren Gewitters unter die dichte Krone des höchsten Baumes eines nahe gelegenen Tannen- gehölzcs. Der Blitz schlug in den Baum ein, tötete drei Söhne und eine Tochter dis Bauern und betäubte diesen selbst derart, daß man an seinem Aufkommen zweifelt. Nur die Mutter, die ihre beiden jüngsten Kinder auf dem Arme hielt, ist verschont geblieben.
Paris, 29>Juli. Loulanger ist gewählt u. a. in Bordeaux, Amiens, Tours, Rennes, Nancy und Boulogne; unterlegen ist er dagegen z B. in Marseille, Lille, Montpellier, Toulouse, Sens, Bourges, Reims, Rouen, Havre, ClermonteFerrand, Caen, Troyeö, Orlean und Bcsantzvn. In mehreren Kan
tonen kommt er in Stichwahl. Bemerkenswert ist seine Niederlage in den Departements Nord, Aisne, Charente inferienre und Cordogne, wo er bei den Deputiertciiwahle» gesiegt hatte. Wilson ist unterlegen, ebenso Le-Hsrisss gegen den Royalisten De la Feste. — Bei den gestrigen Straßenkund- gebungeu sind 53 Personen verhaftet, von denen noch keiner entlassen worden ist.
Die Vaterländische Vich-Bersichcrimgs- Gesellschaft erläßt in heutiger Nummer unseres Blattes ein Agenten-Gesuch, auf welches wir besonders aufmerksam machen wollen.
Die von der Gesellschaft eingesührlen Neuerungen sind für den Landwirt und Viehbesitzcr überhaupt, von nicht zu unterschätzendem Werte und ist namentlich anzn- erkennen, daß die Vaterländische die Entschädigungsverbindlichkeit auch auf Verluste durch dauernden Mindcrwert in Folge von Huf- und Beinleiden bei Pferden ausgedehnt und so einem lange bestandenen Uebcl- stande abgeholfen hat.
Die Gesellschaft entwickelt sich anscheinend trotz der vielfachen durch Concurrcnzneid veranlaßtcn Angisse recht günstig.
Hoffnung: „Wenn Melanie nur bald versorgt wäre!"
„Armes Kind ! So haben Sie Niemand, der Sie mit Liebe durchs Leben führte?"
„Nein," gab das junge Mädchen herb zurück, „aber da ich nie daran gewöhnt war, vermisse ich sie auch weniger, denn ich bin gar nicht so gut wie Margarethe."
^ „Melanie, das dürfte außer ihnen Niemand gegen mich erwähnen —"
In diesem Augenblicke rief Margarethe ganz in der Nähe: „Melanie, Melanie, komme doch hierher, sieh diese köstliche Rose! Soll ich Sie für Dich brechen?"
Albrecht atmete tief auf und erhob sich hastig; die Störung kam zu rechter Zeit, er hätte beinahe alles vergessen, dieser Stimme und diesen Auge» Melanies gegenüber.
„Ah, da bist Du ja auch schon, Bruder," rief Margarethe heiter, „das ist bübsch, so können wir vielleicht den Roman die „Irrlichter" noch zu Ende lesen, denn heute Nachmittag wollen Berkos und — einige Offiziere kommen."
„Jawohl," lachte Melanie wieder so lustig wie zuvor, „Rittmeister von Wengden muß sein Vielliebchen an mich verlieren, ich werde alles anfbieten, daß es geschieht, und dann wünsche ich mir etwas scbr Schönes."
„Und was wäre das Fräulein, von Förster ? frug Albrecht verbindlich, eine junge Dame Hai so vielerlei Liebhabereien, und vielleicht kann ich dem R. einen Wink geben."
„Ah, vor allem Anderen würde ich mir einen eleganten Fächer wünschen. Herr von Wcngdeu hat an Elli von Berko neulich einen wunderschönen gesandt und solch ähnlichen mag er für mich wählen, wenn er sein Vielliebchen an mich verloren hat."
Margarethe saß schweigend dabei; der Mann, dessen bloßer Name ihren Atem schneller fliegen ließ, konnte mit anderen Mädchen diese tändelnden Spielereien treiben und dennoch sie allein lieben? Nein, es war nicht möglich, sie wollte nicht mehr an ihn denken und dies Gefühl, welches sie weinen und aufjupeln ließ, Herausreißen aus der Brust I(Fortsetzung folgt.)
rnhard Hofmann in Wildhad,
Der McrzorclLsHerr.
Novelle von F. von Limpnrg.
Nachdruck verboten.
4.
Liebster Albrecht, warte noch einige Monat', ehe Du das entscheidende Wort sprichst und Dich für immer bindest, laß mich in der Zwischenzeit für Dich beobachten voll treuer Mutterliebe."
Angstvoll schaute die ehrwürdige Dame in AlbrechlS schönes, ernstes Gesicht; es ihat ihr bitter weh, so reden z» müssen, doch cs war ihre Pflicht, sie bewahrte ihn viel! icht vor schwerem Unheil. Eine lange Pause trat ein, der schlanke Marineoffizier kämpste schwer mit sich, doch dem Flehen dieser treuen Mutteraugen ließ sich nicht widerstehen, seufzend zog er die Hand der Gräfin an seine Lippen.
„Wie Du es wünschest, Mama! Ich wollic allerdings vor meiner Abreise mein Glück sichern, doch Du magst recht h ben und ich füge mich. Aber, Mutter, g-he nicht zu streng um mit dem lieben Mädchen, sei gü'-ig und nachsichtig gegen sie und schreibe mir oft wie alles geht. Die Prüfezeit wird ja auch verfließen und dann — wirst Du uns Deinen Segen nicht verweigern."
„Nein, mein Albrecht, sobald ich sehe, daß ihre Liebe treu und rein ist, führe ich selbst sie Dir zu. Und nun geh in den Park, ich habe Dein Wort und will ruhig dem Höchsten und der Zukunft alles anheim stellen."
Noch eine innige Umarmung, bann schritt der junge Mann hinaus und tiefbewegt schauten ihm die treuen Mutteraugen »ach.
„Albrecht, Albrecht, nur das nicht," murmelte sie leise und seufzend, „sie paßt nicht für Dich, der Schmetterling für dies edle Gemüt. Sie will eine gute Partie machen, und das, was er unter Liebe versteht, ist ihr fremd. Aber noch bin ich da, seine Mutter; er soll nicht elend werden durch die Mädchen, nein sicher nicht!"
An d r verabredeten Stelle im Park fand Gras Aeveeebt indeß nur Melanie
Schwester war nicht da; eine Viertelstunde früher hätte dies Zusammentreffen ihn entzückt, jetzt hielt er einen Moment zögernd inne, als er nur das Blondköpfchen da vor sich erblickte, doch lachend winkte sie ihm mit der Hand und sein Herz siegte über den Verstand, in wenigen Schritten stand er neben ihr.
„So allein, Fräulein Melanie?" srug er, sich zu ihr beugend, weshalb hat Margarethe Sic verlassen?"
„Sie wollte das Buch holen, aber das schadet nichts, Graf Albrecht, setzen sie sich nur zu mir; wir werden uns einstweilen allein zusammen unterhalten."
„Gnädiges Fräulein, haben Sie kein Wort für mich und mein Mißgeschick mit dem Kommando, welches mir die Hälfte meines Urlaubs raubt."
Sic spielte mit den Quasten ihres Kleides und schaute koqnett unter den langen Augenwimpern hervor zu ihm auf. „Soll ich Ihnen in der That Beileid erweisen, Herr Lieutenant? Ich denke eö ist eine Auszeichnung."
Sein Blick leuchtete wärmer, sein Aiem flog und fast hätte er das Versprechen an .seine Mutter vergessen.
„Eine dienstliche Auszeichnung ist eS wohl, doch in diesem Falle gilt sie mir nichts gegen meine baldige Abwesenheit Von hier—"
„Sie, glücklicher, Sie sind gerne daheim," murmelte Melanie träumerisch, „ich kenne dies Empfinden nicht, denn ich habe keine Eltern mehr."
Sie ließ ihm halb unbewußt die kleine Hand, welche er ergriffen und fuhr trübe fort: „Meine Eltern starben beide schon vor Jahren, und hinterließen mir, ihrem einzigen Kinde, kein Vermögen, sondern nur eine Tante, welche mich erzog, und bei der ich nun lebe fast seit ich zu denken vermag."
„Ist sie nicht lieb und gut zu Ihnen, Melanie?" frug Albrecht fast zärtlich sich noch weiter vorneigend.
„Nein," das ist sie nicht, sie hat mich gequält, so lange ich mich erinnere, und all ihr Thun nnd Lassen gipfelt in der einen
seine
Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag vonU?