art, daß sich bald die Zeichen des Irrsinns bei ihm zeigten und es 24 Stunden lang nicht ein einziges Wort sprechen konnte. Der tragische Fall dürfte ihr den Verstand geraubt haben.
.'. (Ein Kapitel aus dem Ehelcben.) Ein wohlsituirler Handwerker, dessen Gattin die ersten Jugendjahre schon vor einem Dc- cenium hinter sich hatte, brachte in Erfahrung, daß ihm seine bessere Hälfte mit einem Kommis durchgehen wolle und alle Vorbereitungen getroffen habe. Was that er? Lauerte er rem N-benbuhler mit der Vilriol- flasche in der Hand auf? O nein? Er suchte ihn in seinem Geschäfte auf, bedankte sich für die Absicht, verehrte ihn, 100 ^ Reisegeld und bat ihn, sich mit seiner „Ollen" möglichst bald auf den Weg zu mache». Als die Gattin diese schnöde Hand lung erfuhr, erklärte sie, sie wolle einmal sehen, wer sie aus dem Hause jage, nun bleibe sie erst recht da. Der Gatte, der sich leichtsinnig sein Glück Verscherzt hak, soll untröstlich sein
(Wie Du mir, so ick Dir I) Schleicht sich da - die Geschichte spielt in Berlin — ein großer Luxnshund in das Schlacht-
KünstterbaHnen.
Novelle von F. Stöcke rt.
Nachdruck verboten.
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Ihr farbloser matter Teint erhielt erst durch Kunst jene samiimarligc Frischer zu tragen beliebte, künstlich gekräuselt.
Eveline trat jetzt mit ihrer Mutter und Waller auf den Weg heraus und Magnus eilte ihnen entgegen.
Nachdem er Frau von Bork und seinen Vetter begrüßt, stellte er die alten Freunde seinen Bekannten ans der Residenz vor. Frau von Bork unv Eveline traten mit jener ruhigen Sicherheit wirklich vornehmer Naturen, in den ihnen fremden Kreis, Walter benahm sich etwas unsicherer, u. kämpfte mit einigen Verlegenheiten, auch Magnus gegenüber.
Als die unterbrochene Wanderung wieder fortgesetzt wurde, blieb er ihm mit etwas zurück, ihm noch einmal die Hand reichend.
„Du wirst cs mir, Deinem alten Jugendfreund, nicht nacklragen Magnus," sagte er verlegen, „was damals an jenem traurigen heiligen Abend geschehen. —
„Nein, nein, g wiß nicht, Walter!" rief Magnus heiler. „Der Abend war ein Wendepunkt meines Lebens, ans diese oder jene Weise mußte derselbe eintreten, und als jetzt war es zu meinem Glück, daß Alles so kommen mußte, ich habe manches schon erreicht seitdem, und hoffe meine Juzend- träume noch alle zu verwirklichen I"
„Und dazu wünsche ich Dir von Herze» Glück Magnus. — M ine Träume waren ja immer m hr dem Realen zugeneigt, nun, und solche Träume verwirklichen sich wohl auch leichter. Jetzt bi» ich Volontär ans dem Brandt'jch » Gute, binnen Jahresfrist soll ich das Gut in imS Vaters übernehmen und wenn dann Eveline will, dann habe ich ja wohl All s erreicht, was ich je gehofft und gewünicht "
„Warum ioll sie nicht wollen, Walter, sie k nni j> wobl kaum andere Männer."
„Nu», si k nni Dick zum Beispiel, und
Haus eines in der N.Straße wohnenden Schlächtermeisters und Hanseigenlhümers und verschwindet unbemerkt mit einem ganzen Kalbsgeschlinge, welches er behaglich klirrend aut der Bodentreppe verzehrt. Als die leckere Mahlzeit des N.ro bald zu Ende, naht der Schlächtermeister zufällig, nachdem er soeben im Laden und im Schlachthanse einen .furchtbaren Skandal über das verschwundene Kalbsgeschlänge gemacht Hot Nero fletscht die Zahne und der Schlächtermeister verschwindet, hält aber in seiner Wohnung mit der schlauen Gattin KriegS- rat. Am Abend sehen wir den Schlächtermeister beim Besitzer des Hundes, einem Rechtsanwalt, wo er neben einer anderen Frage auch über den Diebstahl des Kalbsgeschlings fragt, ohne jedoch zu erwähnen, wem der räuberische Hund gehört. Als nun der Rechtsanwalt sagt, daß der Eigentümer des Hundes bezahlen muß, präsentiert unser Schlächtermeister eine Rechnung über 4 ^ für das entwendete Geschlinge. Einen Augenblick Schweigen. Dann macht der Rechtsanwalt eine Verbeugung und sagt: „Schön, und die Konsulation kostet 8 ^E.."
.'. (Ein zärtlicher Gatte.) Das Frei
singer Tagblait enthält folgendes Inserats, „Aufgcpaßt! Meine Frau ist mir entlaufen der sie mir znrückbringt, kann sich auf eine Trackt Prügel gefaßt machen, und w r ihr etwas borgt oder leiht, dajnr bin ich nickt haltbar. Schäfer, Hallbergmoos." .
Kin Hiebes HstÄhcben.
Ich möchte mit dem Schätzchen,
DaS ich in'ö Herz schloß ein,
Am einem sichern Plätzchen,
Gar gern zusammen siein.
Ich denke nicht an Schlösser Nicht an den grünen Waid,
Je kl-iner, um so besser Scheint mir der Aufenthalt.
Was ich dem Wunsch »erstatte,
Ist wen'ger als ein Baum;
Von einem kleinen Blatte Jst's nur ein kleiner Raum.
Ein ganz bescheid'nes Fleckchens Hab' ich mir auserseh'n:
Im Tageblatt das Eckchen,
Wo die Vermählten steh'n.
ein junger Künstler ist jedenfalls interessanter, als solch ein simpler Landwirt wie ich."
Magnus lachte. — „Ich, o ich — ich darf an Franenliebe jetzt nicht denken. Aber nun komm, wir dürfen u»s der Gesellschaft »ich: länger entziehen. Eveline wandte sich soeben schon sehnsüchtig um, wohl nach Dir, dem künftigen Gemahl."
Eveline hatte sich in der That schon einigemal nach den I, gendgespielen nmge- sckaut. Frau v. Schönborn halte sich z» ihr gesellt, aber das junge Mädchen empfand eine instinktive Abneigung gegen die schöne Frau, die auf die liebenswürdigste Weise ein Gespräch mit ihr angeknüpft, und sie dabei nach ihrer Heimat und nach Magnus' V r- wandten auszusorscheu suchte.
„Finden Sie nicht Ihren Jugendfreund sehr verändert? Ist er nicht ein ungemein schöner interessanter Manu geworden?" fragte Irene jetzt mit forschenden blicken Eveline» ,fixierend.
Magnus war schon als Knabe hübsch und interessant," erwiderte Eveline, ich sehe ihn noch mit seiner Geige im Park zu Felseneck sitzen, und Walter und mir etwas Vorspielen. Wie begeistert konnte er damals schon aussthen, die Augen strahlend und die Wangen dnnkelrot vor Erregung. Es war ein schönes Bild, wenn er so vor uns saß im Tannendunkcl."
„Ihre Kindheit muß ein wahres Jryll gewesen sein," lachte Irene, MagnuS erzählte mir schon davon, jetzt scheint ihm nun allerdings die Großstadt m hr zu behagen, und für seine Künstlersecle war es auch hohe Zeit, daß er hinaus kam aus den engen Kreisen, daß er mit der Vergangenheit abschloß , ein neues Leben begann, so nur konnte ein Künstler aus ihm werden. Sie sehen mich verwundert an, Sie verstehen das nicht, Sie hätten natürlich Magnus lieber für immer in ihrem stillen Dorf behalten, nicht wahr?"
„Warum soll ick das nickt verstehe», gnädige Frau!" rief Eveline mit blitzenden Augen. „Ich weiß es wohl, drß seine Künstlerseele ihn hinausirieb, aber ich weiß
auch, daß er trotzdem seine Heimat nie vergessen wird."
„So, sind Sie davon so fest überzeugt. Ich dachte ein Heim aus welchem man so unbarmherzig vertrieben wurde, ließe sich doch wohl leicht vergessen."
„Aber nicht die Kindheilslage, die unauslöschlichen Eindrücke ans jener glücklichen Zeit. Wer die vergesst» kann, ist kein guter Mensch."
„Sie urteilen da sehr schnell mein liebes Kind. — Haben Sie die Kindhntserinner- ungen wohl ststgehaltiN füc'ö ganze Leben?" wandte sich Irene jetzt an den Doktor Kant.
„Ich — Kindhcitserinnerungen, kaum" — erwiderte dieser. „Ich vergaß über ein großes allmächtiges Geiühl alles Andere!"
Ludenschafilich ruhte sein Blick auf Irene, j „Dann sind Sie aber ein ganz scklech- j ter Mensch, nach Frl. v. Bork's Ansichten," sentgegnete ironisch die schöne, junge Frau.
^ „O bitte!" rief Eveline verlegen und -errötete. „Magnus vergißt sie aber nicht, das weiß ich," setzte sie dann trotzig hinzu.
„Nein, mein liebes Fräulein, das glaube ich auch nicht," erwiderte Doktor Kant belustigt. Er gehört nicht zu jenen Unseligen vom Stamme ASra. Er ist eine glücklichere angelegte Natur, ihm wirb die Leidenschaft nie alles klare Denken und Erinnern rauben'"
Eveline sah ihn fragend an, der R de Sinn war ihr etwas dunkel.
Desto klarer aber war derselbe Irenen, ungeduldig zerstampfte sie mit den zierlich bekleideten Füßen das feine Moos des Wald- 'DdenS. „Und er soll es doch!" murmelte sie zwischen den Zähnen, „ich will eS, und wenn sich Himm-'l und Erde dagegen auf- lihnen lolllkn. Ich will den Traum verwirklichen und auch rinmal auf der Sonnenhöhe dcS L'benS stehen."
Leidenschaftlich flammte eS auf in ihren Augen; sie hatte keinen Blick für die wundervolle Fernsicht, die sich ihnen jetzt am Ziel ihrer Wanderung anfrhat.
(Fortsetzung folgt.)
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