suchte am Freitag morg. ein Sträfling zu ent­fliehe»; die Schildwache rief den Flüchtigen an und gab, als dieser nicht stand, einen scharfen Schuß auf den Flüchtling ab, so daß dieser zu Tode getroffen zusainmenstürzre.

Mailänder berichten über die Fest­nahme eines anscheinend Irrsinnigen, der sich als Juwelenhändler Leopold Landau von Berlin ansgcgebcn und mit kostbaren Dia- mantensplitter» in verschwenderischer Weise umgegangen war. Einem Arbeiter, der ihm einige Cigarren geholt, hatte er eine größere Zahl solcher Splitter gegeben; in einem Anfall von Wahnsinn hat er auch mehrere der Steinchen verschluckt, wobei er in pathe­tischer Weise das Wasser segnete. Das deutsche Konsulat in Como veranlaßt seine Ueberführung ins Irrenhaus; 152 Brill­anten im Gesamtwert von 80,000 Lire, die man noch bei thm fand, wurden vor­läufig in Verwahrung genommrn. Aus den Dokumenten, die er neben einer bedeutenden Geldsumme bei sich führte, geht hervor, daß er zuletzt in Pforzheim sich aufgehallen ha­ben muß. Sein Paß ist vom Berliner Polizeipräsidium ausgestellt, doch ist im Ber­liner Adreßbuch, wie das B. T- bemerkt,

KünstterbaHnen.

Novelle von F. Stock er t.

Nachdruck verboten.

18 .

Magnus war unterdeß langsam die Dorfstraße herunter gegangen. Heller Kinder­jubel schallte ans den Häuser», und wo keine Läden an den Fenstern waren, sah er die lichtergefchmücktcn Tannenbäume. Ueberall waren frohe glückliche Menschen beute ver­eint, und aller Haß und Zorn schwieg in dieser heiligen Stunde, wo dasFriede auf Erden" der Engel inahnend durch das Wel­tall tönte. Doppelt elend fühlte sich der, der heute einsam ist, ausgestoßen aus den Kreisen der Fröhlichen.

Schweren Herzens bog Magnus jetzt von der Dorsstraße ab in den Wald hinein. Thränen wollten sich ihm in die Augen drängen, als er jetzt zögernd stehen blieb, und sein Blick noch einmal über das Dorf schweifte, das im Hellen Mondenschein vor ihm lag.

Magnus I Magnus! tönte da plötzlich EvelinS Stimme. Er zuckte zusammen; kam sie, ihn zurückzurufen? Bereute der Onkel seine Härte, und sandte nun den lieblichen Versöhnungsboteu?

Athemlos mit glühenden Wange» stand das junge Mädchen jetzt vor ihm, und Magnus glaubte, sie noch nie so reizend gesehen zu haben, wie in diesem Augenblick, umwoben von den blassen Monbesstrahlen.

Das Tuch, was sie über den Kopf ge­worfen, war halb zurückgeiallen, und aus dem weißen, lustigen Gewebe desselben hob sich das junge Gesicht so überaus zart und blumenhatt ab, verschönt durch das blonde, verwirrte Haar und die dunklen ausdrucks­vollen Augen.

Kommst Du, mich zurückzurufen, Eve­line?" fragte MagnuS, und ein freudiger Strahl brach aus seinen Augen.

Nein, Magnus, nur Adieu will ich Dir sagen," erwiderte Eveliue traurig.

MagnuS lachte bitter auf.Wie konnte ich auch denken, daß mein unfehlbarer Herr

ein Landau als Juwelen- oder Diamanten­händler nicht verzeichnet.

Wien, 11. März. Die Schuldenlast des Exkönigs Milan ist folgende: Ein Wiener Bankgeschäft (offenbar die Länder­bank) hat für 260,000, deren Direkior per­sönlich 80,000, eine Budapester Bank 300,000, zwei Private daselbst 160,000 Francs Forderungen. Die Warcschuldcn in Wien belaufen sich auf 80,000 in Pest auf 40,000 Francs, im Pester Pfandlcih- amt waren Juwelen für 11,000 fl. hinter­legt, doch seien letztere schon vorige Woche ausgelöst worden.

DemB. T." wird aus London, 9. März, gemeldet: Die Hochfluihen im Westen Englands richten ungeheuere Ver­wüstungen an; das Wasser ist bis 15 Fuß über den Normalstand gestiegen. Das Land mit den Eisenbahnen steht meilenweit unter Wasser, und zahlloses Weidcvieh ist ertrun­ken. In hochaugeschwollenen Flüssen treiben überall Wirtschaftseinrichtunge», Gebälke, todte Pferde, Kühe und Schafe. Man hegt große Befürchtungen für das flache Land. Die Städte Bristol, Conventry, Stratford, Grantham, Bicester und andere sind über-

Onkel sein Wort bereuen und zurücknehmen würde! Aber es" ist freundlich von Dir Evcline, daß Du gekommen, und ich Deiu liebes, liebes Gesichtche» noch einmal sehen darf! Wollte Walter Dich nicht begleiten?"

Dein Onkel litt nicht, Magnus."

Aber Du kleine Tapfere wagtest ihm zu trotzen! Habe Dank dafür Eveliue." Er faßte ihre beiden Hände und zog sie an sich heran. Stumm und bewegt schaute er eine Weile in das errötende Antlitz des jungen Mädchens.Ich möchte mir Dein Bild recht fest einprägen, da ich Dich nun vielleicht lange Jahre nicht wiedersehe," sagte er traurig.

Um eins möchte ich Dich noch bitten, Magnus", begann Eveline jetzt, schüchtern zu ihm aufschauend.Solltest Du je in Not gerathen und Geld gebrauchen, dann bitte, wende Dich an mich, Du weißt ja, ich bin reich."

Magnus wurde dunkelrot, diese einfachen Worte Evelinens halten etwas Demütigendes für ihn, sein ganzer Stolz erwachte.

Ich bin allerdings sehr arm Eveliue," sagte er leise,aber ich denke"

O verzeih mir, daran wollte ich Dich nicht erinnern, unterbach ihn Eveline und Thränen stürzten aus ihren Augen.

Ich weiß es, es war nur gut gemeint von Dir und ich danke Dir dafür. Ah sieh da Troll, er will auch Abschied nehmen, scheint mir."

Troll ein graziöses Windspiel, kam mit mächtigen Sätzen angesprnngen, und schmiegte sich jetzt dicht an Magnus.

Ja, alter Freund, nun heißt es schei­den für immer," sagte dieser und es zuckte sehr wehmütig um seine Lippen, als er sich zu dem Hund herunlerbengte, das silbergraue Fell zu streicheln.

Wie traurig er mich ansieht, als ver­stünde er, um was es sich handelt- Ob ich ihn mitnehme?"

Warum nicht," erwiderte Eveliue,es ist ja Dein Hund, meine Mama Hai ihn Dir doch einst geschenkt."

So komm denn mit Troll, begleite

schwemmt, der Bahnvcrkehr ist großenteils unterbrochen. In Tauntou wurde iu letzter Nacht der Schrecken der Lage durch den Ausbruch einer großen Feuersbrnnst erhöbt, alle Bedrohte» wurden jeeoch aus den bren­nenden Häusern durch Boote gerettet. Die große Not der betroffenen Dsttnkte macht außergewöhnliche Hilfe wünschenswert-

Großen Durst muß in Frankfurt am Samstag ein Spitzbube gehabt haben, denn nicht zufrieden damit, daß er am Vor- mttg. in einer bekt. Wirtschaft in der Nähe des Schauspielhauses ei» Fäßchen Bier aus dem Hausgang mtgeh. hieß, erschien er am Nachmittag zum zweiten Maie, um den Coup zu wiederholen. Man hatte jedoch aufge­paßt und gerade als sich der Dieb, mit dem zweiten Fäßchen auf dem Buckel, entfernen wollte, wnrde er von starker Fanst gepackt und unter dem Halloh der Stammgäste und zahlreicher Neugieriger nach dem nächsten Revier in der Rothofstraße verbracht.

Merk ' s!

Auf Dummheit muß man spekulieren,

Will manF- rau Schand" mit Ehren zieren!

mich in das unsichere Leben, was meiner harrt."

Der Hund svrang fröhlich, als hätte er die Worte verstanden, an seinem Herrn in die Höhe.Und nun Eveline"-Mag­

nus Stimme zitterteSie wilden Dich zu Haus erwarten." Noch einmal umschloß sein Blick die liebliche Mädchenerscheinung.

Lebe wohl, sagte er dann leise.

Lebe wohl Magnus!" Eveline brachte kein Wort weiter über ihre bebenden Lippen.

Erst als sie allein die Dorfstraße her­unter ging, besann sie sich, daß sie dem Jugendfreund ja noch unendlich viel zu sagen gehabt, und auch Magnus dünkte cs, als hätte er die kostbaren unersetzlichen Augen­blicke nicht wahrgenommen, uno nur be­deutungslose Worte gesprochen, wo doch sein Herz ihm eine ganz andere Sprache dictirt haben würde.

An einen Baum gelehnt, schaute er Eve­line nach, bis sie seine» Blicken entschwun­den, dann wandte er sich einem Seufzer um und schritt rüstig weiter hinaus in die stille Winternacht. Nach einer Stunde hatte er die Bahnstation erreicht, der Nachtzng nach Berlin brauste soeben heran. Magnus löste schnell ein Bittet und befand sich nach weni­gen Minuten allein in einem Coups.

G-spensterhaft, vom blassen Mondlicht übergossen tanzten Häuser und Bäume an ihm vorüber. Da drüben in Waldesrunkel blitzte ein stilles Gewässer auf, einsam, un­beweglich stand dort ei» stolzer Edelhirsch, es war wie ein Bild der Einsamkeit. Jetzt kam die weite trostlose Ebene, nur unterbrochen durch einige Fichtengruppen, nud nun endlich wieder Häuier, erleuchtete Fenster, hinter welchen die Weihnachtslichter strahlten.

Magnus schloß die Augen, die Bilder trostloser Einsamkeit hatten mehr mit seinem Seelenznstand harmonirt, als diese freund­lichen Heimstätten glücklicher Menschen, die ihn nur daran mahnten, daß er ein Heimat­loser, daß man ihn von der Schwelle des Hauses gejagt, in welchem er doch auch ein Heimatsrecht zu haben geglaubt hatte. F. s.

Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard H ofmanv in Wttddsd.