des Grafen Julius Andrassy fielen auf. Während der Leichenfeier in der Kapuzincr- kirche hielten sich die Kaiserin, die Kron­prinzessin und die Erzherzogin Marie Vale­rie in ver JofefSkapelle der Hofburg auf. Trotz des ungeheueren Andranges des Publikums wurde durch die auSgcrückic Gar^ »ison und Wache die Ordnung ausrechter- halte», so daß nur unbedeutende Unglücks- fällc, zumeist Ohnmächten, vorkamen.

Der Wiener Gnneinocrat beschloß, ein Porträt des Kronprnizcn durch einen bewährten Künstler für die Stadt anserligen zu lassen.

Wien, 4. Febr. Gestern Nacht wurden hinter Niepolomice in Galizien durch eine ungeheure Erderschütterung die 5 Meter hohen Weichseldämme durchbrochen.

Brüssel, 5. Febr. Das Bahnunglück von Grönendacl ist viel schrecklicher, als ursprünglich angenommen wurde. Von 217 Reisenden blieben nur 50 unversehrt. Die Verhaftung zweier höheren Eisenbahnbeamten Heht bevor.

Die Londoner Ausgabe desNew- AorkHerald" ist am Sonnabend zum ersten Male erschienen. Eine Eigentümlichkeit der

neuen Zeitung ist, daß sie an allen sieben Tagen der Woche erscheint, dm Sonntag nicht ausgenommen. DiePall Mall Ga­zette" erhebt dagegen Einspruch, daß dem Redaktions- und Expeditionspersonale des Hcrald" nicht ein einziger Tag der Ruhe gegönnt wird. Sie richtet an alle Zeitungen Großbritanniens die dringende Mahnung, gegen diese amerikanische Neuerung auf das Entschiedenste zu protcstiren.

London, 2. Febr. Das königliche Kol­legium der Aerzle in England bcfchloß ein­stimmig einen Tavelausdruck gegen Morell Mackenzie.

Sonntag nacht stieß im Kanal das Dampfschiff Nereid mit dem eisernen Schiffe Killschan zusammen. Beide sanken binnen 15 Minuten, und nur dem Umstande, daß der Schlepper Red Rose in der Nähe war, ist es zuznschreiben, daß wenigstens ein Teil der Mannschaften gerettet werden konnte, von 42 Personen sind jedoch 23 ertrunken.

Die deutsche Barke Theodor ist am Samstag bei Noordergronden verunglückt. Von der Besatzung sind 4 gerettet, 10 er­trunken.

(Freilich.) Student (zu seinem Schnei­

der): Aber, Mann, wenn Sie so oft » ah­nen, muß man ja ganz die Lust am Cchul- dcnmachen verlieren!

(Schauderhaft zu denken.) Professor: Aber, Müller, Sie begreifen auch gar nichts von der matemattjche» Geographie. Denken Sie sich einmal, Galilei halte Ihren Ver­stand gehabt! Es ist schauderhaft, nur da­ran zu denken! Mensch, die Erde würde sich ja heute noch nicht bewegen.

.-. (Zurechtweisung.) Richter : Sic soll­ten sich doch schämen. Jetzt stehen Sie dieses Jahr schon zum süniten Mal wegen Diebstahls . . . , Dieb: Nur nicht so grob, Herr Gerichtshof, Sie sind unsertwegen da, nicht wir Ihretwegen.

.'. (Universalmittel.) Arzt: Es ist schwer, Ihrer Tochter zu helfen, sie hat einen innerlichen Kummer Mutter: Herr Doktor, sollte da nicht Massage gut ihun?

Merk' S!

Den hochnäsigen Jungen Mit frevelnden Zungen Beschere zur Stelle Die kräftigst' Maul-Trompete!

Künstterbcrhnen.

Novelle von Stöcke rt.

Nachdruck verboten.

4.

Der alte Schäfer liebte den Aufenthalt auf den Wiesen nicht sonderlich, sie waren größtenteils sumpfig, und er hatte in dieser Zeit stets mit allerhand gichtischen Beschwer­den zu kämpfen.

Seine Geige nahm er nie mit nach den Wiese» heraus es war ihm dort nicht ein­sam genug. Die Dorfkinder trieben sich in dieser Jahreszeit auf den Wiesen herum, und für diese dünkte ihm doch sein Geigen­spiel zu gut.

Magnus suchte seinen alten Lehrer auch hier nicht auf und schlich sich nur bisweilen verstohlen des Abends nach dem Häuschen des Schäfers, aber oft verstrichen Wochen, ehe es Magnus einmal möglich war, diese seine heimlichen Wege zu gehen, und seine Studien fortzusetzen.

Die Tage wurden immer kürzer, und die melodische Physiognomie des Herbstes, mit ihren welken Blättern, ihrem Nebel lag über der Landschaft. Weiße, dichte Nebel­schleier ruhten des Morgen aus den Wiese». Der alte Janko konnte es von siinem Häus­chen aus sehen, welches er seil mehrere» Tagen nicht verlassen hatte, da die Gicht ihn am Gehen verhinderte. Ein halbwüchsiger Junge trieb jetzt an seiner Stelle die Schafe hinaus auf die Wiesen.

Die Haide, wo Tanke sonst in den war­men Sommertagcn gesessen, Halle ihr braun­rotes Herbslgewand angelegt, und nur hie und da blühte noch verloren eine rote Erica, die den Herbsrstürmen getrotzt hatte.

Der Wind rauschte in den Ginsterbüschen und graue Wolken jagten darüber hin; es war jetzt unheimlich einsam hier draußen auf der Haide. Trotzdem war alles Denken und Sehnen des alten Janko nach der Haide gerichtet. Er sehnte sich nach den stillen Sommertagen zurück, wo die heißen Sonnenstrahlen über die weite Fläche zitter­ten, wo die Haidelerche sang und die Grillen

zirpten. Wenn dann neben ihm der schöne, dunkellockige Magnus, sein Liebling, ge­sessen, und die wilden Zigeunerweisen durch die stille Luft erklangen, war es des alten Janko höchstes Glück gewesen! Es war vor­über für alle Zeiten dieses bescheidene Glück des alten Schäfers, denn nie sollte er wieder die Schafe nach der Haide führen.

Der Doctor, der ihn heute besucht, hatte ihm gesagt, daß die Gicht sich bei ihm auf innere Teile geworfen hätte, und Janko fühlte nur zu gut, daß es kaum eine Rett­ung für ihn gab, daß seine Tage gezählt waren.

Der Doctor, der aus der Stadt gekom­men, war auf dem Schlosse abgestiegen, und kehrte jetzt in der Dämmerstunde von seinen Besucher im Dorfe aus das Schloß zurück.

Die Schloßbewohner saßen in dem durch­wärmten Wohnzimmer, draußen fiel der erste Schnee, und Magnus und Walter be­obachteten vom Fenster aus das Fallen der Flocken. Der alle Docier hatte es stch's auf dem Sopha bepucm gemacht, u. schlürfte behaglich eine Tasse Thee, während Frau von Senden sich teilnehmend nach einzelnen Kranken im Dorfe bei ihm erkundigie.

Mit dem allen Janko geht es auch zu Ende," berichtete er jetzt, ahnungslos, daß er mit dielen Worten eine junge Menscheu­seele aufs tiefste erschütterte.

Mit schreckensbleichem Gesicht hatte sich Magnus umgewandt, und starrte den ge­fühllosen Doctor a», der da so kaltblütig von dem Tode seines Lehrers und liebste» Freundes sprechen konnte.

Leise schlich sich MagnuS dann hinaus aus dem Zimmer und eilte hinunter nach der verschneiten stillen Dorfstraße.

Große Thränen standen in seinen Augen, hing doch sein ganzes Herz au dem alten Zigeuner, und nun sollte dieser sterben.

Magnus war alt genug, um zu wissen, was es zu bedeuten hat, wenn der Tod seine kalte Hand nach einem theuren Menschen­leben ausstreckt. Hatte er doch schon ein­mal als kleiner Knabe an solchem Sterbe­bette gestanden, und hatte das thränenüber-

strömte Gesicht über eine kalte Todtenhand gebeugt, eine zarte, kleine Hand, die ihn so oft geliebkost. Man hatte ihm damals ge­sagt, daß seine Mama Tod sei, nnd hatte daun die zarte thcure Gestalt in einen schwarzen Sarg gelegt. Das waren Alles nur noch dunkle traumhafte Erinnerungen aus seiner frühesten Kindheit. Heule an diesem Späthcrbstabend, als er hineintral in das elende Stübchen des alten Schäfers, hatte Magnus schon ein tieferes Empfinden für den tragischen Begriff Tod, der da jedes Menschendasein endet, und zwischen dem Er- denlebm und dem Jenseits jenen dunklen undurchdringlichen Vorhang zieht.

Viele hoffe» ja hinter diesem Vorhang wunderbare Seligkeiten einst zu schaue», während andere giaubenSarme Menschen nur ein weites, ödes trostloses Nicht's dahinter vermuten.

Janko war ein gläubiger Christ und ge­hörte zu de» Ersteren. Seine reiche Phan­tasie zauberte ihm im Angesichte des Todes Helle bunte Bilder aus dem dunklen Jen­seits hervor. Der große Gott zu dem seine unstäteu, wanderlustigen Vorfahren gegangen, woute ihn auch in seine glänzenden Säle, seine zauberhaften Gärten zur ewigen Selig­keit aufnkhmen.

Ich werde keine Schafe mehr zu hüten brauchen dort oben," tagte Janko mit einem fast kindlichen Lächeln zu Magnus, der jetzt zitternd und tief bewegt an d-s alten Schäfers dürltigeni Lager stand.Ob ich die Geige da oben spiele» darf, weiß ich auch nicht. Sie mögen wohl andere bessere Instrumente dort haben. Meine alte Geige! Vo» ihr und von Dir, Magnus, da wird mir der Abschied am schwersten. Ich will noch ein­mal versuchen darauf zu spielen, ein Ab- fchiedslied, eine süße Melodie, meine Mut­ter hat sie gesungen, und auch die Annita, mit den langen schwarzen Zöpfen, konnte das Lied singe». ES ist lange her, ich war damals noch jung."

(Fortsetzung folgt.)

Nrdsktion, Hruck und Verlag von Bernhard H afmann tn Wldlmv.