August vormittags gemeldet: Die Pcch- fackclfabrik und Roßhaarspinnerei von Peter Joseph Enkels steht in Flammen.

Ostcnde, 7. Aug. Die Verlobung des italienischen Kronprinzen mit der Prinzessin Klementine von Belgien steht unmittelbar bevor.

Rom, 7. Aug. Für die Anwesenheit des Kaisers von Deutschland werden hier glänzende Feste vorbereitet, u. a. eine große Aufführung im Tcatro Argentina, ein histo­rischer Festzuz vom Kolosseum nach dem ForumSomanum und Kapitol. Der Kaiser und König Humbert werden an Bord eines savoyischen Kreuzers nach Neapel gehen, um eine Revue über das dort versammelte italienische Geschwader abzunehmen.

Paris. 7. Aug. Zwischen den gegen­wärtig streikenden Erdarbeitern und der Polizei kam eS gestern zu wiederholten Zu­sammenstößen, da die Streikenden die Nicht­streikenden am Arbeiten hindern wollten. Rücksichtlich der gestern beabsichtigten Kund­gebung der Kaffcehauskellner sind auf den Boulevards besondere Vorsichtsmaßregeln ge­troffen, Die Streikenden beschlossen, Mitt­woch am Leichenbegängnis des Generals

Endes teilzunehmen. Aus Laon wird ge­meldet, daß die bei dem Tunnelbau in Broye beschäftigten französischen Arbeiter von be­waffneten Italienern angegriffen wurden; ein Italiener wurde getötet, vier verwundet.

Paris, 7. Aug. Nach der gestrigen Versammlung der Streikenden zog eine Schaar KaffeehanSkellncr ins OpernhauS- nnd Börsenviertel und drohten, die dortigen Kaffeehäuser zu plündern und zu demolieren. Die Polizei zerstreute die Streikenden.

In der Irrenanstalt Hofheim (drei Stunden von Darmstadt) hat ein mit Gra­ben beschäftigter Irrsinniger in einem Wut­anfall einen Wächter schwer verletzt und einem andern zu Hilfe eilenden Irren, nach­dem er denselben zu Boden geworfen, den Kopf vom Rumpfe getrennt.

Nach eingegangeneu Berichten aus Neuseeland über den am 13. Juli erfolgten Untergang des brittischeu Schiffes Star of Greece in Aldinga Bah, unweit Adelaide, sind einschließlich des Kapitäns 17 Perso­nen dabei ertrunken.

-- Durch Explosion von Benzin ent­stand in einem neben der Bowery in New- Jork gelegenen, namentlich von jüdischen

Schneidern bewohnten sechs Stock hohen Micthause eine Feuersbrunst, bei welcher etwa 20 Menschen ums Leben kamen. Das Feuer entstand im Keller und verbreitete sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit über die oberen Stockwerke. Die Treppen brannten bald lichterloh, und auch mittels der eisernen Treppen, welche an jedem hochstöckigen Hause gesetzlich angebracht sind, war kein Entkom­men möglich, da die Flammen zu den Fen­ster» hinauSschlngen. Die Feuerwehr konnte nur von den Dächern der Nachbarhäuser ihre Wasserstrahlen auf das brennende Ge­bäude richten. Eine Anzahl Bewohner des­selben wurden vom benachbarten Volkslhealer aus gerettet, dessen Angestellte eine Leiter hinüberschlugen, welche als eine Art Brücke diente. Viele der Unglücklichen sprangen in Verzweiflung aus den Fenstern, kamen aber durch den Sturz meistens ums Leben- Es hätten vielleicht die meisten gerettet werden können, wenn sie nicht zu sehr um Rettung ihrer geringen Habe besorgt gewesen wären. Nachdem das Feuer gelöscht war, wurden 11 verkohlte Leichname aus den Trümmern hervorgezvgen.

Seeben-Abel'.

Novelle von Th. Hempel.

Nachdruck verboten.

2 .

Es war gut gemeint von unsrer Nach­barin, mir das Billet zu schenken, weil sie weiß, daß ich sonst nicht in's Theater komme, aber ich nehme es nicht wieder an. Ick hatte keinen Genuß von dem Theaterbesuche, nur bitteren, kaum überwundenen Kummer weckte er in meinem Herzen. Als ich hoch oben, zwischen all den fremden Menschen, meinen bescheidenen Platz eingenommen, fiel mein Blick herunter auf eine der ersten Rang­logen, die Inhaber derselben gehörten gewiß zusammen, sie plauderten und lachten ver­gnügt. Es war dieselbe Loge, die einst uns gehörte. Auch wir saßen einst so vergnügt dort. Ich war noch ein Kind von vierzehn Jahren, hatte nur mit vielen Bitten die Er­laubnis von der Mutter erlangt, das Theater besuchen zu dürfen. Stolz nahm ich im weißen Kleid weinen Platz zwischen den Eltern ein, während Du es vorzogst, mit Deinem Bräutigam im Hintergrund der Loge zu bleiben. Wie entzückten mich die glänzenden Gestalten, welche auf der Bühne ersckienen, die herrliche Musik, alle Pracht der Umgebung. Fünf Jahre sind seitdem verflossen, wir betraten das Theater nicht wieder, wenige Wochen später brach ja das Unglück von allen Seiten über uns herein. Alle die schmerzlichen Bilder zogen an meiner Seele vorüber; die düstere Stimmung im Elternhause, welcke mir damals noch Unver­ständlich war, dann der furchtbare Abend, als man des Vaters Leiche mit der bluten­den Stirnwunde in's Haus brachte, die traurige Zerrüttung aller Verhältnisse, die Ueberzcugung, daß wii ganz verarmt seien, endlich der Mutter Krankheit und Tod, deren zarter Körper all das schwere Leid nicht zu überstehen vermochte."

Helene hatte halb laut, wie zu sich selbst gesprochen, plvtzlick, der Schwester immer tieferes Erbleichen bemerkend, rief sie er­schrocken aus:

Ach vergicb Marie, wie bin ich doch so unbedacht mit meinen Aeußerungen I Warum riß ich all die Wunden wiederauf, die kaum vernarbt sind. Du arme gute Marie hast ja von uns Allen am meisten verloren und getragen und doch mit über-- menschlicher Kraft unsere Verhältnisse ge­ordnet, uns eine neue, wenn auch bescheidene, doch friedliche Heimat gegründet, Du unser liebes, treues Pflegemütterchen."

Laut schluchzend schlang Helene die Arme um die geliebte Schwester, welche ihr be­ruhigend entgegnete:

Armes Kind, es thnt mir von Herzen Leid, daß Du, statt des Vergnügens, welches ich Dir so sehr gewünscht hatte, nur schmerz­liche Eindrücke mit heimbringst. Mache Dir keine Vorwürfe auö Deinen Worten, denn was wir erlebten, läßt sich nie vergessen. Trauriger war es auch gewiß nicht für mich, als für Euch. Daß der Mann mein da­maliger Bräutigam, welcher mir Liebe rmd Treue geschworen, mich verließ, als das Un­glück über uns kam, öffnete mir schnell die Augen und bewahrte mich davor, an der Hand eines Herzlosen durch das Leben zu gehen. Wenn ich die Macht besäße, Dir, meine liebe Helene eine glückliche, sorglose Jugend zu bereiten, Dir elterliche Fürsorge zu widmen, dies würde mich beglücken, aber die Verhältnisse binden mir die Hände."

Bitte' Marie sprich nicht so, Du opferst Dich für uns, arbeitest über Deine Kräfte, Paul und ich erkennen cs voll Dank. Ich bin zufrieden und danke Gott, daß ich durch meiner Hände Arbeit auch einen Teil zur Bestreitung unseres Haushalts beitragen kann."

Tein schönes Talent zum Zeichnen wird Dir gewiß noch bessere Einnahmen zuführen, nock liegt ja die Zeit des LernenS kaum hinter Dir."

Da kommt Paul," rief Helene, sein rascher Schritt auf der Treppe ist un­verkennbar. Er darf aber nicht erfahren, daß wir die Köpfe ein wenig hingen ließen, er hat so viel guten Mut, unser armer

Bruder, und hat doch auch mit einem har­ten Loose zu kämpfen."

Helene sprang jetzt hinaus, um dem Bruder die Thür zu öffnen. Bald trat sie mit dem Erwarteten, einem hübschen, schlanken jungen Mann, ein, welcher der jüngeren Schwester sehr ähnlich aussah. Marien die Hand reichend, rief er:

Guten Abend, liebe Schwester! Das wird ein spätes Abendbrod, Hunger genug bringe ich mit. Aber auch ihr habt, wie es scheint, noch nicht gegessen, und es ist fast zehn Uhr. Wir wollen uns gleich an den Tisch setzen."

Bald saßen die Geschwister, gemütlich plaudernd, bei ihrem einfachen Abendbrod, dem Marie, das sparsame Hausmütterchen, durch den gespendeten Thee einen besonderen Glanz verlieh. Paul warf stolz einige Gold­stücke auf das Tischtuch und rief fröhlich aus:

Hier mein Honorar für die Sprach- stunden, welche ich dem Kaufmann erteile. Leicht ist es nicht, die freien Abende hinzu­geben, weit lieber widmete ich sie dem eigenen Studium, aber was kaun's helfen, man dehnt den Abend etwas aus, die gute Einnahme ist es wert. Mein Schüler macht mir auch Freude, er hat Luft am Lernen, und ich be­wundere seine Energie zu arbeiten, anstatt den Aden d im geselligen Verkehr mit seinen Freunden zu verbringen."

Das Abendbrod war bald verzehrt, der Tisch von Helenens flinken Händen schnell abgeräumt und Jedes griff zur Arbeit.

Wollt Ihr auch noch fleißig sein, liebe Schwestern?" frug fast erschrocken Paul.

Marie entgegnete:

Ick habe nur noch ein Mannscript durchzusehen, welches ich morgen dem Ver­leger schicken möchte."

Hast Du wieder die Kinderwelt mit einem reizenden Märchen erfreut, welche Du, trotz aller Sorgen, trotz aller Anforderungen des täglichen Lebens so hübsch erzählst?"

(Fortsetzung folgt.)

n Wldbad.

Aedaktiou, Druck und Verlag aon Bernhard Hysmann