strn in der Reparationskommissian als Folge der Antwort der l französischen Regierung auf seinen Vorschlag. Deutschland ein Moratorium zu gewähren. Bradbury sei überzeugt, daß die Ab­lehnung seines Vorschlags und die Annahme der französischen Gegenvorschläge so katastrophale Folgen für ganz Europa haben würde, daß er sich verpflichtet fühle, nachdrücklich jede Verant­wortung für das was dadurch bewirkt würde, abzulehnen..

London, 21. Okt. DieTimes" schreibt in ihrem Leitartikel, die neue Regierung müsse das retten, was noch von den Ergeb­nissen des Sieges übriggeblirben sei, und die Politik des bri­tischen Reiches auf dieser Grundlage führen. Der nächste Ver­bündete Englands sei Frankreich gewesen. England müsse, da es mit Frankreich den Krieg gewonnen habe, auch mit Frank­reich den Sieg gewinnen. Deutschland und seine Nachbarländer befänden sich in einer ernsten Wirtschaftskrise, deren Auswir­kungen weit über Europas Grenzen hinaus gespürt würden. Wenn Europas selbständige politische und wirtschaftliche Einheit wiederhergestellt werden solle, so könne dies nur geschehen durch eine vereinte Aktion Englands und Frankreichs.

Paris, 23. Okt. Wie Havas mitteilt, wird die Reparations­kommission heute nachmittag in offiziöser Sitzung die Verhand­lungen über das französische und englisch« Memorandum, ins­besondere über die Vorschläge Barthous zur Kontrolle der deut­schen Finanzen, fortsetzen. Nach demTemps" hätte es den An­schein, als ob Bradbruy, wenn er auch das zweijährige Mora­torium für unerläßlich erachte, sich der französischen Auffassung hinsichtlich der Schärfe der sofort durchzuführenden Kontrolle an- schlieHen werde. (!) Wie immer.

Besprechungen in der Reparalionskommisiion.

Pari», 24. Okt. Die Reparationskommisfion besprach gestern in amtlicher Sitzung den französischen Vorschlag betreffend die Einrichtung einer Kontrolle überdie deutschen Finanzen. Barthou verteidigte die fran­zösische Denkschrift und antwortete besonders auf die sach­lichen Einwendungen Bradburys. Die Reparationskom­misston wird heute die Maßregeln prüfen, die geeignet sind, den Sturz der Mark aufzuhalten.

Die englische Kabinettskrisis.

, Die Wahlrede Lloyd George's in Leeds.

London, 21. Okt. Lloyd George ertärte in einer Rede vor der Versammlung der Koalitionsliberalen in Leeds, in der er die Politik seiner Regierung im Kriege, beim und nach dem Friedensschlüsse rechtfertigte, und das Land vor den Gefahren einer entremkonservativen Regierung warnte, u. a.: Zm Carlton-Club wurde das Banner der Parteikämpfe gehißt. Die Kombination, die zum Siege im Kriege verhals und die aus den Schwierigkeiten her­aus allmählich aber sicher zum Frieden führte, ist beendet, weil die Partei nicht genug dabei herausschlagen konnte. Das englische Volk muß entscheiden, ab die Partei oder die ' Nation an erster Stelle kommt. Ich trete für das Volk ein. Ich arbeitete nie so schwer wie in den letzten sechs Jahren. Jetzt habe ich mehr Zeit, da ich zu den Erwerbslosen ge­höre. Ich bin bereit das Volk entscheiden zu lasten, ob ich ihm gut gedient habe oder nicht. Zm Kriege hat die Re­gierung alles getan was sie tun konnte, wenn die Heimat den Mut vrliert, so wiederspiegelt sich das Bild auf dem Schlachtfeld. Das was im Inlands gesagt wird, wirkt auf die Soldaten im Felde zurück. Das ist einer der Gründe weshalb Deutschland zusammengebrochen ist. Die Deutschen waren tapfere Soldaten, das mutz anerkannt werden; aber die deutschen Soldaten haben Berichte über Hunger, Ent­behrung und Elend zu Hause erhalten. Das hat ihren Geist und ihren Mut untergraben. Es war von vitaler Bedeutung für die englischen Minister, den Geist zu erhal­ten, welcher dem Frieden den Weg ebnete. Die Regierung hat im Kriege ihr Bestes getan, um die Einigkeit im Lande und unter den Streitkräften zu fördern. Lloyd George er­klärte sodann, auch im Frieden habe er etwas geleistet. Der Vertrag von Versailles sei heute die Fre'cheitsurkunde für Millionen von Menschen geworden. Die ersten Bestim­mungen des Versailler Vertrages hätten den Völkerbund errichtet. Eine Militürdienstpflicht in Mitteleuropa be­stehe nicht mehr. Das Niesenheer, wohl das größte in der Welt, das den Horizont in Europa wie eine Gewitterwolke verdunkelt habe und Europa unterwühlte, sei verschwunden. Obwohl Europa noch nicht ganz von den Lasten der Rüstun­gen befreit sei, so sei doch der Versailler Friedensvertrag der erste Aft in dem großen Drama des Friedens. Die Denwkratien der anderen Länder würden nicht fortfahren die Lasten der großen Rüstungen zu tragen, wenn sie Mit­teleuropa von diesem Drucke befreit sehen. Wenn der Ver­trag von Versailles auch Unvollkommenheiten und Kom­promisse enthalte, die unvermeidlich seien, weil man so viele Rasten und Nationen berücksichtigen mußte, so sei er doch ein großes menschliches Dokument, das in seinen Wir­kungen reichen Gewinn bringen werde, nicht nur für Euro­pa, sondern auch für die menschlichen Rasten der gesamten Welt. In der Industrie herrsche jetzt Frieden. Wenn hier die Lage nicht sorgfältig angesaßt worden wäre, hätte alles mögliche geschehen können. Die Regierung habe die Wiederherstellung des nationalen Kredites an die Hand ge­nommen und England bleibe das einzige Land in Europa, das sein Budget vollkommen ausgleiche. England beginne eben dem Dollar auf gleichem Fuße ins Auge zu sehen und England werde den Geldmarkt der Welt wieder gewinnen. Der englische Kredit sei so gut wie je und bester. England sei wieder hochgekomen. Dies sei in großem Maße dem Standpunkt von Männern wie Chamberlain und Horne zu verdanken. Die Zerstörung der Kombination, die den Handel und den Kredit Englands in der ganzen Welt wieder hoch brachte, sei ein Verbrechen gegen die Nation. Wenn Balsour nicht zu einem RUstungsabkommeu mit den

Bereinigten Staaten gelangt wäre, so wäre ein Rüstungs­wettbewerb entstanden und mit ihm eine riesige Vermeh­rung der Steuern, die erdrückend geworden wären. Die Regierung beschloß den Frieden mit der irischen Raste. Seine Anschauungen seien demokratisch und fortschrittlich, das finde jedoch bei gewissen Leuten keinen Anklang. Bo- nar Law habe sich in die Lage einos Reiters gebracht, der das Pferd nicht am Zügel, sondern am Schwänze halte. Alle erfahrenen Männer seien der Ansicht, daß, bis die Nation die Schwierigkeiten überwunden habe, es bester sei, daß alle stetigen Männer ohne Unterschied der Partei- färbung Zusammenhalten müßten, bis die Schwierigkeiten vorüber sind. Das Zusammenhalten sei jetzt vorsätzlich be­endet, trotz des Rates aller jener großen Männer wie Balfour, Chamberlain und Horne. Die reaktionären Meu­terer, die im Carltonclub dominierten, würden, wenn sie bei den Wahlen die Stimmenmehrheit erhielten, und er sei ernstlich besorgt wegen des Ergebnisses der Wahlen, wenn sie erst einmal bester im Sattel säßen, ohne Rücksicht darauf, was sie vor den Wahlen sagten, ihr extremes Pro­gramm durchführen wollen. Dies würde zu einer Stärkung der auf den Umsturz gerichteten Elemente führen und könnte katastrophale Folgen nach sich ziehen. Lloyd George schloß, er trete stets für einen geordneten Fortschritt ein und verspreche dem englischen Volke, daß er keine Rolle spielen werde, die des Vertrauens, das in ihn gesetzt worden sei, unwürdig sei.

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London, 24. Okt.Evening Standard" berichtet, man erwarte, daß Lloyd George noch im Laufe dieser Woche ein Manifest an die Nation richten werde. Lloyd George hatte gestern mittag eine Audienz beim König, um sich offiziell zu verabschieden. Am Mittwoch vormittag wird er ene Ansprache an die nationalliberalen Anhänger in London halten und dabei seine Anordnungen für den Wahlfeldzug zu den kommenden Wahlen Mitteilen.

Bonar Law über sein Programm.

London, 24. Okt. Die gestrige Konferenz der Konser­vativen im Hotel Eecil, nach deren Beendigung Bonar Law erklärte, daß er die Aufgabe der Regierungsbildung übernehme, begann mit einer Rede Sir George Poungers, der die Wahl Bonar Laws zum Führer der konservativen Partei wirksam befürwortete. Auch von Lord Curzon wurde die Wahl Bonar Laws vorgeschlagen und von Stan­ley Baldwin unterstützt. Die Wahl erfolgte einstimmig. Bonar Law erklärte, die Aerzte hätten ihm gesagt, daß er die Last des Amtes des Premierministers übernehmen könne. Seine Politik legte er nur kurz dar. Als führende Punkte bezeichnete er: Welliger Abenteuer in den verschie­denen Teilen der Welt und größeres Zusammenwirken mit den Alliierten. Bonar Law sagte noch, anscheinend bezug­nehmend auf die Tarifreform, es sei jetzt nicht die Zeit, große Pläne auszuarbeite», di>e fiir das Reich förderlich sein könnten, wenn sie ihm auch noch so sehr am Herzen lägen. Man müsse eine Periode der Ruhe, statt heftiger Streitigkeiten anstreben. Die Einzelheiten seines Pro­gramms werde er erst am Samstag in Glasgow mitteilen. An der Konferenzahm keiner der unionistischen Füh­rer teil, die Lloyd George unterstützt haben. Bonar Law drückte jedoch die Hoffnung aus, daß die Unionisten, die in der Sitzung im Carltonclub für die Koalition stimmten, sich mit den unionistischen Brüdern zusamme»schließen und als vereinigte Partei vor das Volk treten werden. Er appellierte an alle Richtungen, die Konservative Partei zusammenzuhalten, und erklärte, sie habe gute Aussichten, bei den nächsten Wahlen eine beträchtliche Mehrheit da­vonzutragen.

Voraussichtlich baldige Auslösung des englischen Parlaments.

London. 24. Okt. Der König empfing gestern vormittag Bonar Law, der den Auftrag zur Kabinettsbildung formell übernahm. Reuter zufolge hat Bonar Law den König ge­beten, das Parlament aufzulösen. Die Auflösung wird voraussichtlich am Donnerstag verkündet. In politischen Kreisen geht das Gerücht um. daß die Wahlen am Ist. No­vember stattfinden.

Die Ausgaben des neuen Kabinetts.

London, 23. Okt. Earvin schreibt imObserver", die erste Aufgabe der Regierung sei die Regelung der von der Koalitionsregierung in einem ernsten Zustand zurückge- lastenen auswärtigen Angelegenheiten. Die Beziehungen zu Rußland, der Türkei und vor allem mit Frankreich müß­ten endgültig gebessert werden. Earvin fordert volle poli­tische Anerkennung der Sowjetregierung. (!) Eine Rege­lung mit Frankreich sei die weitaus größte und drmgendste Aufgabe.

Starker Optimismus der englischen Arbeiterpartei bezüglich der Wahlen.

London, 22. Okt. Der Arbeiterführer Chynes sagte in einer Rede in Bristol, daß das Ansehen der Arbeiter­partei noch niemals so groß und die Furcht ihrer Gegner noch niemals so stark gewesen sei wie jetzt. Die Arbeiter­schaft trete nunmehr in den Wettbewerb um die Regie­rungsgewalt ein.

Die Frage des Termins der Orientkonfereuz.

Paris, 22. Okt. (Havas.) Die Verhandlungen zwischen London.Paris und Nom über die Einberufung der Orient­konferenz nach Lausanne sind nahezu abgeschlossen. Die Frage der Meerengen soll getrennt behandelt und Ruß­land, Bulgarien und die Ukraine sollen zu diesem Teil der im übrigen zwischen Großbritannien, Frankreich, Ita­lien, Japan. Rumänien. Eüdslawien. Griechenland und

I der Türkei stattfindenden Konferenz mit eingeladen wev den.

Vermischtes.

Diewohltätigen" Amerikaner.

Paris, 23. Okt. Nach derChicago Tribüne" haben die Leiter des Auslandskomitees des amerikanischen Roten Kreuzes, Dr. Eogghill und Konteradmiral Mc Growan, die sich zurzeit in Paris aushalten, gestern aus Washing­ton die Mitteilung erhalten, daß die Vereinigten Staaten sofort für Ausreise und Wohnung von 800000 Flüchtlin­gen aus Kleinasien und Thrazien Sorge tragen werdem Auf der einen Seite raubt man die Völker aus, auf der anderen erweist man ihnenWohltaten".

Die russische Rot.

Paris, 22. Okt. Wie dieChicago Tribuns" aus Mos­kau berichtet, müssen di^M Winter 3 Millionen Russen unL terstützt werden. Für 3 Millionen erbat die Sowjetregie^ rung die Hilfe des amerikanischen Hilfskomitees.

Ueberbietuug des deutschen Gleitslugrekords durch Frankreich.

London, 22. Okt. Den Preis von 1000 Pfund Sterling, den dieDaily Mail" auf den längsten Gleitflug ausge­setzt hatte, gewann der Franzose Waneyrolle mit einer Flugdauer von 3 Stunden 21 Minuten. Damit ist der deutsche Rekord um 15 Minuten überboten.

Deutschland.

Ein Ruhegehalt für den Reichspräsidenten.

Berlin, 23. Okt. Der Reichsrat hat die Gewährung eines Ruhegehalts für den Reichspräsidenten beschlossen und zwar im ersten Jahr nach seinem Ausscheiden, im so­genannten Uebergangsjahr, drei Viertel seiner Bezüge mit Ausnahme der Repräsentatiousgelder, weiterhin die Hälfte der Bezüge. Die Bezüge der Hinterbliebenen wer­de» nach dem Veamtenhinterbliebenengesetz geregelt.

Der Entwurf eines neue« Schankgesetzes.

Berlin, 23. Okt. Im Reichswirtschastsministerium wurde nach derDeutschen Allgemeinen Zeitung" der Entwurf des Schankgesetzes ausgearbeitet und den Inter« essentenverbänden zugesandt. Nach dem Entwurf soll der Bedürfnisnachwcis allgemein für alle East- m»d Schank- Wirtschaften sowie für den Kleinhandel mit Branntwein eingeführt werden. Bei der Eenehmigungserteilung sollen die Gemeinden oder Vereine zur Bekämpfung ds Alkohol­mißbrauches das Vorzugsrecht gegenüber den anderen Bewerbern genießen. Nach dem Entwurf soll ferner durch ein Landesgesstz angeordnet werden können, daß auf Ver»' langen von mindestens einem Zehntel der wahlberechtig­ten Gemeindcmitglieder eine Abstimmung darüber stattzu- sindn hat, ob in der Gemeinde die Erlaubnis zum Betriebe neuer Schankstätten geistiger Getränke noch erteilt wer­den darf. Weiter soll eine Abstimmung über die Frage möglich sein, ob in der Gemeinde der Branntweinausschank überhaupt verboten werden soll. Schließlich enthält der Entwurf eine Reihe polizeilicher Vorschriften, insbeson­dere über die Schlutzstunde. Es ist auch vorgesehen, daß durch eine Abordnung der Landesregierung die Polizei- vorschriften ganz oder teilweise auf Vereine und geschlos­sene Gesellschaften in öffentlichen Schankstätten ausgedehnt wrden können.

Entschädigung" für die Ermordung eines deutschen Mädchens im besetzten Gebiet.

Mainz, 23. Okt. Die französischen Besatzungsbehörden haben den Angehörigen der am 12. Juni ds. Js. von einem afrika­nischen Soldaten der französischen Rheinarmee ermordeten Frida Guckes aus Idstein eine vorläufige Entschädigung von 60 000 Mark zuteil werden lassen. Das Todesurteil gegen den Mörder wird in aller Kürze durch Erschießen vollstreckt.

Um das Bismarckdrama Emil Ludwigs.

Berlin, 23. Okt. DieB. Z. am Mittag" meldet: Das Kam­mergericht erkannte in dem Prozeß Welheims H. gegen Emil Ludwig, den Verfasser des BismarckdramasDie Entlassung", das Recht des Dichters auf Dramatisierung zeitgeschichtlicher Persönlichkeiten an, hob das Urteil des Landgerichts auf und gestattete dis Verbreitung des Buches und die Aufführung des Dramas.

Streik der Hamburger Bankangestellten.

Drlin, 23. Okt. Die Hamburger Bankangestellten sind heute nachmittag in den Ueberstundenstreik eingetreten, um die Aufbesserung der Oktobergehälter über den Schieds­spruch hinaus zu erzwingen. Der Streikparote wird von dem größten Teil der Angestellten Folge geleistet. Trotz der Schwierigkeiten bleiben die Banken bemüht, solange als möglich die Büros für den Verkehr offen zu halten. Sie lehnen bis auf weiteres die Vermittelung von Giroüber- weisungcn unter je 100 000 ab.

Eittbruchsdiebstahl.

München, 23. Okt. Bei einem Einbruch in eine Villa am Nikolatplatz wurden Silbersachen, Wäsche und Schuhe im Ge­samtwert von 3 Millionen Mark gestohlen.

Bilderdiebstahl.

Berlin, 23. Okt. Einem amerikanischen Antiquitäten, und Bilderhündler, der kostbare Bilder, Antiquitäten, Schmuckgegenstände usw. in Deutschland ausgekauft hatte, wurden gestern aus seinem Hotelzimmer in Berlin, das er für kurze Zeit verlassen hatte, 12 der wertvollsten Bil­der, meist Werke von Meistern aus dem 16. und 17. Jahr­hundert, gestohlen, die einen Wert von über 30 Millionen Mark haben.