Auf Schusters Wappen
cr froh will zieh'» irs Land hinaus,
Der reit' auf Schusters Rappen —
Doch, sucht er sich die Rößlein aus,
So wähl' cr nicht die knappen —
Er wähle weit sie und bequem,
Dann wandert er wohl angenehm,
Muß jammern nicht und johlen: Schuster, dich soll der Kuckuck holen! —
Seit ich die herrliche Natur Betracht' durch Hühneraugen —
Seitdem will Berg und Wald und Flur Zur Freud' mir nimmer taugen.
Bei jedem Schritte kommt mir's vor,
Als heult' ein ganzer Höllenchor In gräßlichen Triolen:
Schuster, dich soll der Kuckuck holen! —
Wie schön und thaufrisch liegt die Welt Im Glanz der Morgensonne!"
Nur der verdammte Schuh vergällt Mir heut' des Wanderns Wonne — Kaum acht' ich, wie die Lerche singt, Wie'S Bächlein von den Bergen springt, Ich schreite wie auf Kohlen —
Schnster, dich soll der Kuckuck holen! —
O Schnster, hält' ich dich allhie,
Ich wollt' dir Prügel geben,
Ich wollt' dich bläuen, wie du nie Gebläut noch wardst im Leben.
Ich wollt' dich klopfen windelweich,
Noch weicher, als mit deinem Streich Du je geklopft die Sohlen —
Schuster, dich soll der Kuckuck holen! —
JigeunerbLut.
Novelle von H. von Ziegler.
(Nachdruck verboten.)
11 .
Aber da stand derselbe ganz entfernt von Maria, die er eben mit „gnädige Comteß" bei einer ganz gleichgiltigeu Sache anredetc. Landry glaubte beruhigt sein zu können, denn von der Seite stand nichts für seinen Hciratsplan zu befürchten.
Wie langsam die Zeit dahin schlich! Welheim und Maria empfanden es als eine Qual ohne gleichen, sich so stumm und gleichgiltig gegenübcrzusitzen, den Trennungsschmerz in der Seele und das leichte Wort der geselligen Conversation auf den Lippen. Endlich rollte unten vor dem Schloßportale der Wagen vor und der Graf ging mit Welheim hinaus, um nach dessen Gepäck zu sehen, doch eine Minute später, als Maria gerade in wortlosem Weh die beiden Hände vors Antlitz gepreßt hatte, stand Emmerich wieder vor ihr und öffnete schweigend die Arme. Sie sank hinein mit einem dumpfen Wehlaut und cr preßte sie an sein Herz, ihre weiße Stirn küssend.
„Meine liebe Maria, Gott segne Dich! Du wirst auch ferner mein Sonnenstrahl im Leben sein, ich werde Dich nie, — niemals vergessen. Lebe wohl! Vielleicht giebt es für uns später ein glückliches Wiedersehen!"
Hastig riß sich darauf Welheim von der bebenden Comteß los und stürmte hinaus. Bald darauf rollte der Wage» mit Welheim davon und in dem Zimmer Marias ward der Riegel vorgeschoben. Vor Schmerz halb ohnmächtig sank Maria auf ein Sopha nieder. Der selige Traum ihres Mädchenlebens war Vorüber, war grausam zerstört.
Es war am Nachmittage desselben Tages, als Graf Landry seine Tochter zu sich rufen ließ. Eine Minute schwankte Maria, ob sie Unwohlsein vorschützen oder doch gehen solle, dann entschied sie sich mutig für das letztere.
Der Graf saß an seinem Schreibtisch, eine Cigarette in der Hand und ging seiner Tochter freundlich entgegen, als sie eintrat. Verstohlen beobachtete diese des Vaters Mienen, doch sie zeigten die kühle Freundlichkeit wie immer und nichts Besonderes war in des Grafen Antlitz zu lesen.
„Wie geht es Dir, liebes Kind?" frug Graf Landry, seiner Tochter einen niederen Fouteuil hinrollend, „Du siehst noch immer nicht wohl aus aus und ich will nur hoffen, daß Dein Unwohlsein bis morgen wieder vorüber ist. Ist Deine Toilette zu unsrem großen Diner schon in Ordnung?"
„Ja, Papa."
„Was willst Du tragen?" Du weißt, ich möchte cs gern vorher wissen, denn ich liebe die Pracht und den Luxus am rechten Platze."
„Ich denke, mein achöfarbencs Kleid zu tragen und dazu Rosen," bemerkte Mari mit erzwungenem Lächeln.
„Ah, ich erinnere , ich, Du erschienst in dieser Toilette vor einigen Wochen bei dem Ständefest in der Stadt; sie sah vorzüglich aus und ich werde Dich sehr gerne nochmals darin bewundern."
„Was wünschtest Dn noch von mir, Papa?"
„Ei, eine Kleinigkeit, mein Kind," cnlgeguete der Graf, einen jovialen Ton anschlagend, den ernsten, traurigen Angen Marias gegenüber schien es dem egoistischen Vater gegenüber schien eö dem egoistischen Vater indessen doch nicht so sehr leicht zn werden, die rechten Worte für die kleine Bitte zn finden, denn er stockte, ehe er weiter fortfuhr: „Wolfs möchte gerne heute aus Deinem eigenen Munde die Bestätigung unseres Familienplanes hören, nämlich, daß Du seine Gemahlin werden willst."
„Das ist insofern unrichtig, als ich keineswegs „will", sondern höchstens nur dazu gezwungen werden kann, Wolff's Gemahlin zu werden. Ich liebe Vetter Wolfs nicht und werde es niemais lernen," entgegnete Maria entschlossen.
„Nun, das ist ja auch schließlich ganz gleichgiltig, liebe Maria, ob Du Wolfs liebst oder nicht, oder ob Du ihn freiwillig heiratest oder nicht, denn daß es überhaupt geschieht — dafür sorge ich als Vater. Eine Gräfin Landry wird vermählt wie die Fürstinnen souveräner Häuser, welche auch nicht gefragt werden, ob sie den Erwählten lieben können. Das findet sich, wir müssen so heiraten, wie es die Interessen unseres Standes gebieten."
„So meinst Dn, dürfte eine Aristokratin kein — Herz haben und nicht das Verlangen, glücklich zu werden?"
„Warum solltest Du denn unglücklich an Wolffs Seite werden? Er ist hübsch, reich, liebenswürdig, macht ein großes Haus, ist bei Hofe beliebt und angesehen. Was verlangst Du noch?"
„Nichts von Wolfs," entgegnete sie schneidend und erhob sich, „Bitte lasse ihn rufen, Papa, ich will ihm hier in Deiner Gegenwart mitleilen, daß ich ihn nicht lieben kann, daß mein Herz —"
Sic kam nicht weiter, denn des Grafen Hand legte sich schwer auf ihre Schulter, und er ergänzte ihre Rede:
„— dem stattlichen Rittmeister Welheim gehört. Willst Du Wolfs das auch sagen, Maria? —"
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Lildbad.