Das Opfer des Kerzens.

Novelle von H. v. Limpurg.

(Schluß.)

So bist Du nun die neue Besitzerin, nach Vincenz Testa­ment, deS Hartmannschen Anwesens, Walpurga," fuhr der alte Herr freundlich fort,er hat Dir bis aus den letzten Heller Alles vermacht, denn seine einzige Schwester ist in der Stadt reich verheiratet und bedarf das Geld nicht, Du wirst von jetzt an nicht mehr dienen brauchen, sondern nur Dein Eigentum zu verwalten habe»; ist eS Dir so recht, mein Kind?"

Nein, Herr Pfarrer, nein," schrie sic erschütternd auf,ich Habs nimmer verdient und ich dars'S nicht nehmen."

Doch, Walpurga," sagte der Pfarrer, tröstend seine Hand auf ihr Haupt legend,Du mußt es sogar, denn eines Sterben­den Wunsch und Bitte ist heilig, wenn diese fromm und gut waren."

O Vincenz, armer Vincenz, ich war so undankbar gegen ihn."

Der andere Wunsch, den der Verstorbene hat," fuhr der Pfarrer ablenkcnd fort,betrifft seine Grabstätte und zwar hat er sich dazu die stille Alpenkapelle auserschen. Er schreibt:Mein Herz ist bei der heiligen Jungfrau droben und so soll auch mein Leib in ihrem Schutze ruhen- Gewährt mir diesen letzten Wunsch ..."

Und er soll ihm werden," rief das Mädchen feierlich und sollte ick mit meinen eigenen Händen sein Grab graben."

So wäre diese Angelegenheit erledigt, die ich gern bis nach dem Begräbnis des Vincenz verschoben hätte, wenn in seinem Testamente nicht die Art seines Begräbnisses gestanden hätte. Eine schwere Aufgabe bleibt mir leider noch," sagte der greise Pfarrer.Heute Abend kommt die Frau Geheimrat Schröder. Die Mutter des unglückseligen Herrn Hauptmaun. Heute früh traf das an den Herrn Sohn adressierte Telegramm ein, welches die Ankunft der Frau Geheimrat meldet."

Die arme Mutter," hauchte Walpurga, totenbleich und mit zuckenden Lippen,Gott steh ihr bei" und sie verließ bebenden Herzens das Pfarrhaus.-

Und es war in der That ein herzergreifendes, furchtbares Wiedersehen, als am Abend dieses Tages die hohe, trotz ihrer Jahre noch stattliche Dame vor die Leiche des einzigen Sohnes trat.

Pfarrer Meißner halte, sie auf daö Schrecklichste vorbe­reitend, ihr noch ein zweites Mal telegraphiert und so zitterte das Muttecherz allerdings dem Schlimmsten entgegen.

Als die Personcnpost anlangte und der ehrwürdige Pfarrer ihr tiefernst entgegentrat wußte die Geheimrälin Alles und vermochte nur tonlos zu stammeln:Ist er schon tot? Sagen Sie mir die Wahrheit, Ehrwürden."

Aber die volle Wahrheit, daß Georg Schröder selbst den Revolver an die Schläfen gesetzt und sein edles Dasein im Augenblick der Verzweiflung beendet, sagte man ihr aus Mitleid nicht, es wäre zu grausam für die arme Mutter gewesen.

Mit stiller Verzweiflung sank die arme Frau an dem Sarge des Vielgeliebten nieder; sie hatte ihn geliebt, gehegt und gepflegt als ihr kostbarstes Kleinod im Leben und nun wars ihr nicht vergönnt gewesen, i» der Todesstunde bei ihm zu fein und feine Augen znzudrücken.

Hier in der Fremde fand sie ihn wieder zum letzten Wieder­sehen, kalt und lodeSslill, ohne ein Wort oder ein Lächeln für sie.

Es waren schwere Kämpfe, welche die bleiche Frau hier schweigend, aber unter strömenden Thränen durchrang. Der alte Pfarrer hatte sich ins Nebengemach zurückgezogen, damit die un­glückliche Mutter mit ihren Schmerzen ganz allein sein konnte.

Aber endlich vermochte die Frau Geheimrat, sich doch wieder auszurichten. Sie nahm das Kreuz, welches man dem Toten mitten unter blühenden Alpenrosen aufs Herz gelegt, preßte cs an die Lippen und sagte ganz leise:Es ist Gottes Wille, es muß ertragen werden. Lebe wohl, Georg, mein einziger, teurer Sohn!"

In langem, schmerzlichem Kusse berührten die zuckenden Lippen der Mutter die marmorkalte Stirn des toten Sohnes,

dann schritt sie schwankenden Trittes ins Nebengemach zu dem Pfarrer, um auch von ihm Tröstung zu empfangen und seine Ratschläge zu hören.

Hauptmann Schröder sollte mit dem braven Vincenz Hart­mann zusammen, droben au der Alpenkapelle schlummern, so hatte cs die Frau Geheimrat am andern Tage beschlossen, und war so dicht am Abgrund, soweit es der felsige Boden gestattete, ein Doppelgrab gegraben, welches förmlich in Blumen verschwano. Ein jeder Dorfbewohner wollte einen Strauß oder einen Kranz bringen und auch die beiden nebeneinander stehenden Särge waren über und über mit Blumen bedeckt.

Die Sonne stand bereits tief im Westen, als der Trauerzug sich in Bewegung setzte, und als man droben ankam, da glühten und flammten die Berge ringsum im herrlichsten Purpurgold, als wollten sie den beiden Entschlafenen noch einmal ihre Grüße senden und sie Willkommen heißen, hier droben, in der letzten Ruhestätte, unterm Schutze des Allmächtigen, der über allen Bergen thront.

Frau Geheimrat Schröder wollte ihr Herzeleid hier unter diesen treuherzigen Menschenkindern langsam auskämpfen, und so kam cs auch, daß neben ihr Walpurga kniete, als mau die beiden Särge in die Gräber niederließ und der Herr Pfarrer Segen und Gebet sprach.

Beider Liebstes ward da hinabgeseukt zur ewigen Ruhe ach und Beider Thränen flössen doch zumeist um denselben Toten, während der treue, arme Vincenz erst in zweiter Linie betrauert ward-

Die Särge sanken hinab, polternd fielen die Erdschollen auf dieselben und über den Bergen erlosch der letzte Schein des herrlichen Alpglühens als Wahrzeichen für ein Wiedersehen, ein Wiedersehen in einer besseren Welt!

Die Gräber drobe an der Alpenkapelle sind im Sommer stets wundervoll c usgescl nückt.

Die Frau Echeimr t Schröder, welche einen vollen Monat in der Erlau um ihren Sohn trauerte, kommt jeden Sommer in die herrliche Gegend und hat nicht allein ihrem Sohne, son­dern auch Vincenz Hartmann eine Grabtafel aus Marmor fer­tigen lassen, und die Walpurga geht im Sommer fast täglich zu bestimmler Stunde hinauf auf die Berge, um die Grabhügel zu gießen, zu bepflanzen und an denselben zu beten und im Winter bedauert sie es, wenn Schnee und Eis ihr den Gang nach den Gräbern verwehren.

Die Frau Geheimrat Schröder wohnt immer im Hause der Walpurga, da diese auf das Drängen des Pfarrers doch endlich die Erbschaft angenommen.

^ *

Von Gräfin Arloff hat man nichts mehr gehört; sie soll eine sehr bekannte Persönlichkeit in den Spielsälen von Monaco geworden und später sehr heruntergekommen.

Nina ist zu' ihrem Großvater gekommen undsfhat die Mutter bald genug vergessen, denn die entartete Mutter hatte dem Kinde keine Liebe eingepflanzt.

Und so steht denn noch heute die stille Alpcnkapelle droben über der Erlau, Wind und Wolken ziehen über sie hin, Sonne und Mond lassen ihre Strahlen durch die engen Scheibe» zu dem Marienbilde fluten, vor welcher noch immer Wachskerzen geopfert werden, damit sie bestürmte Herzen unglücklich Liebender heile und die beiden müden Wanderer, welche mau zu ihren Füßen einst bettete, schlummern sanft und traumlos der Ewigkeit entgegen »ach all dem Leid und Weh, welches sie einst durch- ringen mußten.

E n de.

Kurnoaristifches.

(Jnstanzeuzng.) Gast:Kellner, das Beefsteak ist jah so zäh, daß man es kaum schneiden kann." Kellner (achselzuckend): Ja, mein Herr, da müssen Sie sich beim Ochsen selbst be­schweren." Gast:Gut, rufen Sie mir den Wirt."

(Auch ein Grund.) A.:Sagen Sie mal, Herr Meyer, ich hätte mir auch einen andern Schwiegersohn ausgesucht, als deu langen Assessor." M.:Nun, wissen Sie, er paßt mir gerade; so ist doch einer in der Familie, der den Regulator aus­ziehe» kann, ohne auf den Stuhl zu steigen."

Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard Hosmann in Wildbad,