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Ur. »8

Samstag, de« 38. April 191V.

34. Jahrgang

Kriegschronik 1916

2 8 April: Das englische Flaggschiff ..Russell" ist im Mitte "leer auf eine Mine gestoßen und gesunken.

In den - -'ipfen östlich von Bermelles wurden 46 Enc lander gefangen.

Der Staatssekretär des Reichsmarineamts. Admiral ro Capelle, ha« ^rch ms Gro^e Hauptquartier begeben.

2 8. April: Ein französischer Gegenstoß amToten Mann wurde zum Scheiter» gebracht.

Südlich des Naroc,-Sees wurden russisch« Stellungei genommen und 8680 Gefangene gemacht.

Kut-cl-Amara ist von den Türken eingenommen, 13 30» Engländer mußten sich ergeben.

Die Oesterrcicher warfen die Russen an der Ikwa zurück Arltl-e« erkämpfe an der küftenländifchen Front.

Die -rische» Aufständischen halten Dublin noch teilweist besetzt. ,

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I Sonntagsgedanken. H

Schritt für Schritt. ^

Jeder einzelne hat vor sich seinen Tag und me Last dieses Tages. Mit der Not. die uns zugeteilt i>t, wollen ivir's schon wagen. Aber übertriebene, ein­gebildete, eingeredete, zugeschwatzte Not gehört uns nicht. Lie gehört niemand. Ins Leere soll 'sie fallen, denn aus dem Leeren ist sie genommen. ' Traub. "

Mit seinem Gott und sich im Klaren sein, und stets bereit dem letzten Ruf und dann mit freud'ger Kraft seinTagiverk tun, als sollt inan ewig leben, für sich, für andere, für die Welt, für Gott. Denn Leben ist ein göttliches Geschäft."

N Wochenrundschau.

Tis Antwort -er Nor--. Allgemeinen Zeitung

.ms die Aufforderung von den verschiedensten Leiten,

Dietkelm von Vucbenberg.

Schwarzwälder Dorfgeschichte von Berthold Auerbach.

54) (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

Freude Und Trauer folgten auf dem Fuße. Am andern Tag ließ. T-iethelm die Ueberreste des Entseelten, die der Vater willig hergab, feierlich begraben, und die Menschen, die Diethelm immer als harten Mann gekannt hatten, lobten ihn sehr, weil er bei dem Begräbnisse so heftig weinte. ' ,

Tie volle Kraft war wieder über Diethelm gekom­men, er besuchte die Brandstätte und ordnete den Bau und fuhr oft mit seinen Rappen über Land. Draußen fühlte er sich erst recht Wohl. Zwar blieb es eine Widrig­keit, daß er von jeden: neu Begegnenden eine Beileids­bezeugung anhören und darauf mit einer schmerzvollen Miene, oder auch mit einem Ausruf der Trauer dankend wwideru mußte; war aber dies vorüber, hatte man hin and her den Heuchlerzoll bezahlt, dann überließ man sich )hne Scheu der Freude und dem Glückwünsche. Diese uimer wiederkehrende Wahrnehmung, wie lügnerisch die ganze Welt sei, da man Mitleid darlegte, wo man keines satte und im Gegenteil fast Neid empfand, da man illagen auspreßte, wo man. Freude vermuten mußte, steses ganze jämmerliche Possenspiel war für Diethelm .pst ein Labsal. Es war ihm recht, daß die ganze Welt chlecbt war und es keinen ehrlichen Menschen gibt.

Tie ganze Welt verachten, das ist im Bauernrock vie in der Galauniform das beste Mittel, um nicht zur .'ichtigen Schätzung seines eigenen Wertes zu gelangen.

Diethelm 'gewöhnte sich an das Bewußtsein seines Verbrechens, wie man sich an ein untilgbares körper- iches Leiden gewöhnt; anfangs will sich die gesunde kraft nicht drein fügen, immerdar eine Behinderung zu inden, nach und nach aber setzt sie sich damit zurecht. Wir sind allzumal gebrechlich und sündhaft, das lernt >er Stolz der übermütigeil Kraft einsehen, und es fragt ich nur noch um das Maß des notwendigen Mangels.

^ endlich klipp und tlar zu erklären, ob Scheweuiann uns ' die Sozialdemokratie bei ihrer Propaganda für denFrie­den ohne Sieg" ein Anrecht hätten, sich immer wie- .der auf die Absichten des Reichskanzler zu be­lesen, hat, soweit wir übersehen können, nirgends be­friedigt. Die Nordd. Allg. Zeitung geht tatsächlich der Beantwortung der gestellten Frage aus dein Wege, in­dem sie sagt, die Regierung könne über ihre Kriegs- ziele keine weiteren Erklärungen geben. Die feindlichen Regierungen haben aus ihren bekanntlich recht hoch gespannten Kriegszielen' von Anfang an kein Hehl ge­macht, von der feindlichen Presse ganz zu schweigen, und ihrem so laut knnögegebenen haßerfüllten Vernichtungs­willen hat das deutsche Volk bewußt und in seiner Gesamtheit die bekannten Ausnahmen sind ohne Be­deutung den starken Willen zum Aushalten entgegen­gesetzt. Wenn die deutsche Regierung dem üblen und im Grunde unklugen Beispiel der Widersacher nicht folgen will, wer wollte ihr das verdenken? Trotzdem iväre eine präzisere und klarere Fassung der Antwort zu wünschen gewesen, damit der -Unsicherheit und Be­unruhigung, die fraglos in weitesten Kreisen durch die Scheidemannsche Propaganda hervorgerufen worden ist und heute noch besteht, durch ein entschiedenes Wort ein Ende gemacht werden konnte.

Englands Absichten ans Calais bcfchätigten wieder die Gemüter der Einsichtigeren unter den Franzosen. Oeffentlich darf aus Furcht vor dem verbündeten Freunde in Frankreich nichts «geredet noch geschrieben werden, weshalb der Vvlkswirtschaftler Jo­seph Bertrourieux seine Schrift über diesen Gegenstand im vorigen Jahre in Genf drucken lasten maßte. Aber um so mehr dringt in Frankreich die Ueberzengung durch, daß die Englänocr Vas Pas de Calais, das sie schon von 13461o80, also über 200 Jahre in Besitz' hatten, freiwillig nicht wieder räumen werden. Tie Gründe sind bekannt. Anfangs 1886 veröffentlichte eine -königlich englische Kommission, unter Vorsitz des Her­zogs von Argyll, nach fünfjährigen genauen Unter­suchungen einen Bericht über den damaligen Ko hie n- oorrat Englands. Darin wurde festgestellt, daß die Kohlcnmenge unter Englands Boden damals nur noch > 146 500 Millionen Tonnen betrug, die bei der damaligen

Während Diethelm sich draußen tummelte, war Munde daheim viel beschäftigt und viel bewegt. Er war gerade in entgegengesetzter und doch nicht unähnlicher Lage wie Diethelm. Jedermann beglückwünschte ihm zu seiner so überaus günstigen Lebenswendung, und er wollte diese gutherzige Freude der Menschen nicht da­durch stören, daß er ihnen sagte, wie tief er den gräß­lichen Tod feines Bruder betraure, und daß ein so schwar­zer Fleck auf seinem Andenken ruhe, er glaubte, das nicht aussprechen zu dürfen, daß er, wie der Vater ihm täglich vorhielt, aus der Asche seines Bruders sich sein Glück erbaue. Munde war ein seltsamer Bräutigam: es freute ihn, daß Diethelm lvieder von Auswanderern ein stattliches Bauerngut zusammenkaufte, aber wenn er Diethelm dann so im Geld wühlen sah, war es ihm oft, als müsse er aus einer Bezauberung über alle Berge entfliehen, und ihm schauderte vor jedem Kreuzer, den er davon in die Hand nahm, als könnte er sich plötzlich in brennende Kohle verwandeln. Er half den Bau leiten. Im Frühlingstauen, das jetzt begann, wurden die Grund­mauern gegraben, und es schien in der Tat, daß Diet- helm nicht prahlte, wenn er sagte, daß er ein kleines Schloß baue.

Wenn Diethelm über Land fuhr, spannte ihm Munde ein, hielt ihm oft eine Stunde lang die Pferde vor­dem Hanse und benahm sich überhaupt wie ein Knecht, nicht aber wie der Sohn des Hauses. Darüber hatte er viel bei Franz auszustehen, die jetzt die ganze Schärfe ihres Wesens offenbarte; sie verlangte, daß er sich gegen den Vater ganz anders stelle, der müsse unterdncken und dürfe nicht mehr den Herrn spielen, das Sach' gehöre jetzt den jungen Leuten und nicht inehr den alten; wenn Munde nicht den Mut und das Geschick habe, solch ein großes Anwesen in die Hand zu bekommen, Hütte er davon bleiben sollen. Es gab oft die ärgerlichsten Auf­tritte zwischen Munde und Franz, und wenn dann Munde das Wasser in den Augen stand, lachte ihn Franz schel­misch aus, faßte ihn am Kopfe, küßte ihn wacker ab

Förderung von 164 Milt. Tonnen jährlich höchstens 105 Jahre, also bis 1988 reichen könnte. Inzwischen sind 31 Jahre verstrichen, die Frist ist also auf 71 ihre zusammengeschrumpft. Dabei hat aber die Jab- ressörderung in England schon im Jahre 1912 ist Höhe von 269,58 Millionen Tonnen erreicht und sie ist während des Krieges, wo England viele Auslands­zahlungen mit Kohlen begleichen muß, ohne Zweifel wieder erheblich gestiegen. England ist also gezwungen, sich nach anderen Ko hle »quellen in nächster Nähe andere kommen nicht in Betracht, da sonst die eng­lische Industrie wegen der hohen Transportkosten nicht mehr wettbewerbsfähig wäre. »umzusehen und da kann es sich nur um Nordfrankreich, Belgien und den deut­schen Ruhrbezirk handeln. England wollte sich durch den Krieg diese Kohlenbezirke sichern und Frank­reich und Belgien sollten ihm dazu behilflich sei«, nicht nur das deutsche Kohlengebiet in Besitz zu neh­men, sondern auch ihre eigenen Kohlenselder in irgend einer Form zu'erwerben. Es ist kein Zufall, ^ß die Engländer bei ihren Offensiven den Hauptstoß, auf Lens, das bedeutendste Kohlenbecken Frankreichs, ftll. ren, um von da über Namur nach Charleroi, dem bel­gischen Kohlenbezirk zu gelangen. Hätten sie sich erst einmal in Lens festgesetzt, so würden sie es ebenso mg freiwillig wieder herausgeben wie Calais.- sind die heimlichen Sorgen der Franzosen. Sie wissen- k' es um die Kohle geht, und darum wollen sie - Friedensverhandlungen sie glauben immer noch an ihren Sieg oder tun wenigstens so die Bedin­gung ausgenommen wissen, daß Deutschland einen Teil seiner Kohlenförderung zu einem bestimmten, natürlich sehr mäßigen Preise, an die Entents abzugeben habe. SS, nator Humbert verlangt gar im >,Journal" vom IS. April, daß Deutschland nicht nur eine Kriegsentschädi­gung zu zahlen, sondern auch umsonst Kohle, Ei­sen, Lokomotiven, Maschinen und Schiffe zu liefern habe.

und sagte:Munde, du hättest sollen ein Klosterfräuleir werden, du bist so windelweich; fluch einmal recht Wetter sich, ich glaub's gar nicht, daß du?s kannst. Sei froh daß du nicht in Krieg kommen bist, du hättest keinen er schossen. Mach, fluch einmal so recht mörderlich. Ick Hab' dich nachher noch einmal so lieb." In solcher Weis, zerrte Franz ihren Munde hin und her und machte aut

ihm, »vas sie wollte. Diethelm war oft jähzornig geger

ihn, weil er die Arbeitsleute beiin Baue nicht schar

genug anhielt; nur die Mutter war stets liebreich uni mild gegen ihn, und erfreute ihn oft durch Vorzeigunc der schönen Aussteuer, die sie für ihn und Franz bereiter ließ. »

Fränz hatte nicht nachgelassen, bis Münde eimua/ das Fuhrwerk für sich nahm und mit ihr eine Lustfahri »rach der Stadt machte.

Munde hatte sich nie dazu verstehen »vollen. Jetzt' aber ergab sich eine besondere Veranlassung; nicht Tiet- helm, sondern das junge Brautvaar stand Gevatter bei' dem Erstgeborenen des Zeugmachers Kübler in G.

Es war ein linder Morgen des ersten Frühlings, als' Münde mit seiner Braut dahinfuhr, er hatte an die« schwanke Spitze der Peitsche und die Messingrosen der i Pferdezäume rote Bänder geheftet als bescheidene und doch kenntliche Fahnen ihres bräutlichen Glückes. An seiner» väterlichen Hause wollte ihm der Paßauf folgen, aber der alte Schäserle pfiff ihm zornig, und er kehrte zu ihm zurück. Münde wüßk, daß sein Vater niemand ^ mehr ntni sich haben wollte, alZ den Hurid des verstorbenen Medard, mit dem er oft stundenlang sprach. Munde ( kümmerte sich des nicht mehr und fuhr wohlgemut hinaus in den frühsingsftmgen Tag. Tie Sonne staub nicht am, Himmel, nebelhaft Mrschwommene Wolken umzogen ihn, > und ein leiser Duft wob über den kaum ergrünenden, Feldern, daraus sich einzelne Lerchen noch zaghaft zwit-, scherud emporhoben, um bald »nieder uiederzüsinken. l

T ! ^Fortsetzung folgt.) j