Gt«»detb«ch s tktzronik d?e Stadt Wilddad

Vom 27, Juni - 3 Juli .903.

Geburten.

24. Juni. Schmid, Albert Friedrich, Heizer hier, 1 Sohn

29. Juni. Schmid, Christian Wilhelm,Zimmer- man hier, 1 Tochter

29. Juni. Klaus, Karl Friedrich, Wegwart

hier, 1 Sohn.

Eheschließungen.

30. Juni. Bechstett, Otto Hugo, Musiker hier

u. Grimm, Maria Anna, Nätherin hier.

Gestört ene.

1. Juli. Müller, Karl Johann, Säger hier, Sohn des verstorbenen Holzhauers Johann Georg Müller, 32 Jahre alt.

V»s Ltadt ««d Urngebuna.

Neuenbürg. Kommenden Samstag den 11. Juli feiert die hiesige Sensenfabrik Ihr Hundertjähriges Bestehen, welches von den Be­sitzern Angestellte und Arbeiter festlich begangen wird. Mittags von halb 3 Uhr ab ist Musik auf dem Marienplatz an welchen sich ein Festball abends 8 Uhr in der Turnhalle anschließt.

Neuenbürg. Das Konkursverfahren über das Vermögen der Magdalena Huber, geb. Herling, früheren Pächterin des Gasth. z. „Grafen Eberhard" in Wildbad, zuletzt in Dill-Weißen­stein wohnhaft, nunmehr,mit unbekannten Aüfent- halt abwesend, ist nach Abhaltung des Schluß­termins und Vollzug der Schlußverteilung durch Gerichtsbeschluß vom Heutigen aufgehoben worden.

Pforzheim, 4. Juli. Vergangene Nacht brannten Scheuer und Stallung des Bauern A. Alt total nieder. Brandstiftung wird vermutet.

U»udschau.

Ulm, 4. Juli. Ein hiesiger Wirt wurde von seinen Nachbarn eingeklagt, weil diese in­folge der Benützung der Kegelbahn bis ziemlich tief in die Nacht hinein um einen Teil der

Die Blüte des Bagno.

Roman von Goron und Emilie Gautier.

26) Nachdruck verboten

Der Gelehrte seufzte schmerzlich.

„Leider haben die Jahrhunderte der Knecht­schaft so tiefen Eindruck auf die Menschen ge­macht. Sie sind noch nicht reif, um die Schön­heit unserer Principien zu verstehen.

Dann fuhr er, die traurigen Gedanke^ ver­jagend fort:

„Nun schließlich, Ihr seid glücklich und ge­sund zurückgekehrt. Hier seid Ihr in Sicherheit. Das ist für den Augenblick die Hauptsache. Wenn schon alle' Unglücklichen ein Recht auf meine Sympathie und Hilfe haben, meineGlaubens- genoffen find für mich Brüder. Meine Börse, mein Haus und mein Einfluß stehen ganz zu Eurer Verfügung.,

kJ „Wir wissen", antwortete Rozen, daß Ihr Edelmut nur seinesgleichen findet in Ihrer Ge­nialität".

Obwohl die Genossen die Gewohnheit hatten, sich zu duzen, bediente sich Gaston absichtlich nicht dieser Vertraulichkeit,um sich von dem gelehrten Russen durch eine gewisse aufschauende Jünger- demUt zu unterscheiden. Er hatte dabei seinen Platt; wollte er doch, indem er sich unterwürfig stellte, sich hinterrücks einen absoluten Einfluß auf diese einfache Natur verschaffen.

„Aber bringe doch den Bürger Sokolow nicht mit Deinen Complirnenten um, die ihn, dessen bin ich sicher, anwidern", versetzte Bastien in anmaßendem Ton, der mit der Demut Bastiens in scharfem Contrast stand. „Wir sind verfolgt, Unglücklich, ohne einen Heller --- ein Kamerad aiebt uns Gastfreundschaft und teilt mit uns sein Geld — was giebts Natürlicheres? Sokolow kennt seinen Katechismus und, was mehr wert ist für uns, er hat ihn jeden Augenblick reich und offen angewandt."

„Der Genosse Bastien hat recht", bestätigte

Nachtruhe kamen. Das kgl. Oberlandesgericht Stuttgart hat nun als Berufungsinstanz das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und ange­ordnet, daß der übermäßige Lärm von 9 Uhr abends an bei Strafvermeidung aufzuhören habe. Dem Wirte wurden sämtliche Kosten aufgebürdet.

Schornd ors, 3.Juli. Vergangenen Montag biß der Gemeinderat B. in Buhlbronn während Streithändeln dem Bauern Wahl einen Finger durch, so daß Blutvergiftung zu befürchten steht und der Finger amputiert werden mußte.

Wäldenbronn bei Eßlingen. Am 29. Juni 1903 waren es 100 Jahre, daß^einer der Vor­fahren des jetzigen Schultheißen, Joh. Georg Seitz, vom damaligen Landesherrn, dem Kur­fürsten von Württemberg ins Amt eingesetzt wurde. Seit dieser Zeit ist genanntes Amt ununterbrochen in der gleichen Familie verblieben.

Fellbach, 3. Juli. In der gestrigen Generalversammlung des Gewerbevereins wurde auf Grund eines von Oberlehrer Eppinger er­statteten Referats u. a. der Wunsch ausgesprochen, bezw. die Resolution angenommen, die bürger­lichen Kollegien möchten für die Entwicklung unserer in nächster Nähe der Städte Cannstatt und Stuttgart so günstig gelegenen großen Ge­meinde für jeden zeitgemäßen Fortschritt ein- treten namentlich elektrisches Licht und elektrische Kraft in Bälde zur Einführung Ibringen und energisch für eine elektrische Straßenbahnver­bindung mit obigen Städten eintreten.

Würzburg, 3. Juli. Der Kassierer der hiesigen Filiale der bayrischen Bank, Feineis, ist ist nach Unterschlagung von 30,000 Mk. flüchtig gegangen. Da die Verwandten sich zur Schadens­deckung verpflichteten, wird die Bank voraus­sichtlich kein Verlust treffen.

— Neue Männer. Unter den gewählten 397 Reichstagsabgeordneten befinden sich nicht weniger als 130 parlamentarische Neulinge. Die konservative Partei zählt deren 17, davon sind in der Hauptwahl 7, in der Stichwahl 10 gewählt; die Reichspartei 1 (v. Dircksen, Stich­wahl), das Zentrum 24 (Hauptwahl 20, Stich­wahl 4), die Nationalliberalen 23 (Hauptwahl 3 Stichwahl 20), die Freisinnige Volkspartei 7 (Stichwahl), die Freisinnige Vereinigung 3 (Stich- j wahl), die Sozialdemokraten 29 (Hauptwahl 13

der Ingenieur. „Ich hasse Schmeicheleien und verachte die Heuchler".

„Wenn wir frühstücken werden,", schlug Dulac vor.

„Das ist wahr", erwiderte Sokolow, „früh­stücken wir zuerst, „dann läßt sich's besser plaudern".

Er ging ihnen nach dem Speisezimmer vor­aus, und die neuen Freunde nahmen am Tisch Platz.

„Ich effe nie Fleisch und trinke niemals Wein", bemerkte der Slave, „aber haltet Euch deshalb nicht aus Höflichkeit für verpflichtet einem Beispiel zu folgen, das Euch nicht ge­fällt. Für jedes Temprament eine besondere Nahrung. Eßt und trinkt was Ihr wollt. Ihr seid hier ganz bei Euch zu Hause.

„Ja, das ist sie, die Anarchie — so ist sie", rief Macaron aus, indem er kräftig beim appe­titlichen wottoo ottop zulangte. „Der sGenoffe Sokolow futtert Kartoffelsalat und begießt sich die Gurgelgasse mit Wein aus dein Frvschteich, aber er stellt's den Gästen frei, sich wie's be­liebt zu behammeln und Versiegelten zu kneipen soviel reingeht. Jeder ist unabhängig, nicht wahr?"

Sokolow lächelte milde. „Mach, was Du willst, ist doch in der Tat die Quintessenz unsere Lehre".

Beim Dessert und ganz ausnahmsweise füllte sich der Russe ein halbes Gläschen mit Cocnag und stieß mit dem Gläschen seiner Freunde an.

„Dulae hat mir nur in großen Zügen Eure Abenteuer erzählt," begann Sokolow sodann, zu Rozen gewandt/ „Wollt Ihr mir freundlichst etwas mehr Einzelheiten berichten?"

„Aber sehr gern", antwortete Gasion.

Mit ruhiger Stimme, in sicheren farben­reichen Worten, baute Let ehemalige Sträfling wieder einen ganzen, für sich sehr vorteilhaften Roman auf. Er erzählte von dem Complott aus der Königsinsel, das er ersonnen und da-

Stichwahl 16), die Antisemiten bei 8 Mitgliedern 5 (Stichwahl), die Deutsche Volkspartei 5 (Stich­wahl) die Wilden 5 (3 Hauptwahl, 2 Stichwahl), die Welfen 1 (Colshorn, Stichwahl), der Bauern­bund 2 (Stichwahl, der Bund der Landwirte 1 (Hauptwahl), die Polen 6 (Hauptwahl 4, Stichwahl 2).

Im neuen Reichstage werden 173 Land­tagsabgeordnete der Einzelstaaten sitzen. Es gehören dem preußischen Herrenhause 12, dem Abgeordnetenhause 100 an bayerische Abgeordnete sind 24, württembergische und elsaß-lothringische je 6, badische 9, hessische 5. Von den Land­tagen der größeren und mittleren Staaten ist nur der sächsische unvertreten, der im alten Reichstage noch 3 Mitglieder zählte. Bisher waren 202 Reichstagsabgeordnete Doppelman­datare.

84 Doppelmandatare sind unter den neu in den Reichstag gewählten Abgeordneten. Das Zentrum hat in seiner Mitte 34, die Konser­vativen 21, die Nationalliberalen 9, die Reichs­partei 8, die freisinnige Volkspartei 5, die Polen 4, die freisinnige Vereinigung 1 (Gothein) die Antisemiten 1 (Werner) und die Dänen 1 (Jessen ) .

Tages-Rachrichte«.

Bozen, 4. Juli. Dr. Paasche aus München stürzte beim Abstieg vom Grantkofel ab. Die Leiche ist gesunden worden.

Posen, 4. Juli. Wegen Teilnahme an den im Februar d. I. in der Vorstadt Wersitz gelegentlich eines Brandes begangenen Aus­schreitungen verurteilte das hiesige Schwurgericht nach dreitägiger Verhandlung die Angeklagten zu Gefängnisstrafen von 3 Jahren bis 2 Mon. Sechs Angeklagte wurden freigesprochen. Die Geschworenen hatten sämtlichen Angeklagten mildernde Umstände zugebilligt.

London, 2. Juli. Bei der heute statt- findenden Automobilwettsahrt um den Gordon Bennet-Preis, deren Ausgang und Endpunkt Ballyshannon in Irland ist, hatten um halb 6 Uhr nachmittags die englischen amerikanischen Teilnehmer infolge von Maschinenunfällen und anderen Zwischenfällen keine Aussichten mehr, während die deutschen und französischen sich noch in voller Kraft befinden.

Paris, 3. Juli. Prin,m Arsen Karage-

wegen des Verrats eines falschen Bruders so tragisch scheitern mußte.

Weiter berichtete er von ihrer Flucht und übertrieb mit vortrefflich gespielten Bescheiden­heit den Mut des Genossen Bastien.

Macaron unterbrach ihn von Zeit zu Zeit, um die Tatsachen richtigzustellen, wie, er sagte, und um Rozen die Verdienste aufzubürden, die dieser ihm zuschob.

Dieses Kampfspiel von Edelmnt zwischen den Gevattern übte einen guten und günstigen Ein­druck auf den guten und naiven Sokolow aus.

Dieser Mann hatte trotz seiner Gelehrsam­keit die Leichtgläubigkeit eines Kindes bewahrt. Während cr der von Gaston so hübsch zurecht­geputzten Geschichte zu hörte und die warme, sympathische Stimme auf sich wirken ließ, traten ihm Tränen in die Augen.

„Vergessen wir die Leiden und Gefahren schlimmer Tage", sagte Sokolow, „und da ein glücklicher Zufall uns befreit hat, verbinden wir uns, stellen wir alles in den Dienst unserer Sache, materielle Hilfsmittel, intellektuelle und moralische Fähigkeiten, über die wir verfügen und gehen wir aus die Eroberung der Freiheit und Gleichheit furchtlos und ohne Schwäche aus."

„Ohne Schwäche, seufzte Dulac, „was so viel heißen will: Genossen, ahmt den Namen Dulac nach, der nicht aus seinem Herzen das Andenken einer unwürdigen Frau Herausreißen kann, die ihn verraten hat."

„Ach was," schrie Bastien, während er sich sin neues Gläschen Cognac einschettktt, „eint Verlorene, zehn Neugefundene! 'sfehlt doch wahr­haftig nicht an Frauen! ^ Verflixtes Cog« nagchen aber auch!"

Er schnalzte mit KenttetMge und führ datttt in etwas feinerem Tone fort.

„Daß ein Mensch wie Dulae, von seinem Weibe verraten und ruiniert, sich zu uns gesellt, das verstehe ich, aber was ich nicht verstehe, ist, daß ein „Aristo" wie Sokolow, ein Vor-