Seine Schwester.
Erzählung aus der Gegenwart von Fanny S t ö ck e r t.
32) (Nachdruck verboten.)
„Ich muß gehen, meine Frau ist nicht wohl/ mit diesen Worten erhob sich Fred jetzt.
„Ach, eS ist doch nichts Ernstliche»?" fragte Carla, ihm daS Geleit gebend, „ich werde ihr einen Roßenstrauß mitsenden.*
Sie schnitt ein paar weiße Rosen von den Rosenstöcken.
„Heute nachmittag um fünf Uhr bin ich auf der Insel der Seligen," sagte sie dann leise, „wo die Weidenröschen so schön blühen Eie kennen ja das Jnselchrn."
„ES lag etwas Verhängnisvolle» in diesen Worten für Fred, gleich einem SchicksalS- fpruch, vor welchem es kein Entrinnen gab, tönten sie an seine Ohren.
„Sie werden doch kommen I* frug Carla als Fred nicht antwortete und berückend ruhte ihr Blick auf ihn. Er vermochte nicht nein zu sagen um die ganze Welt nicht, er lag im Banne dieser dunklen Augen und war wie willenlos.
„Ich komme," murmelte er. Dann eilte er davon.
16
Die Insel der Seligen wo die Weidenröschen blühen! Immerfort hörte er diese Worte, klangen noch Fred in die Ohren als er die sonnige Straße seiner Wohnung zu- fchritt. Dann trat er an FloraS Lager, die weißen Rosen in der Hand.
„Die Rosen schickt Dir Carla,* sagte er, ihr den Strauß reichend.
„Weiße Rosen, sind das nicht Friedhofs« blumcn" cntgegncte Flora erschreckt — ich will aber doch nicht sterben, versetzte Flora, leben will ich, leben für unser Kind. Ach Fred, ich wollte eS wäre erst alles vorüber und hier neben mir in der geschnitzten Wiege da läge das süße, kleine Geschöpf. Mir ist cs, Fred, als müßtest Du mich, die Mutter unseres Kindes, dann lieber haben I"
Ein glückliches Lächeln spielte um ihre Lippen, ja dann würde alles anders werden. Eie würde das Kind unsäglich lieben, und er auch, die Liebe zu ihrem Kind, die würde ihre Herzen enger verbinden wie zuvor.
Fred hatte ihren Puls gefaßt und sagte: „Du hast Fieber ich muß Dir etwa» verschreiben."
,O ich habe immer leicht gefiebert wenn ich erregt war schon als Mädchen," meinte Flora sorglos. „Melitta hat mir manch« mal kalte Umschläge schon gemacht, sie hatte eine so leichte Hand, vielleicht schickst Du nach ihr, wenn e» schlimmer werben sollte." —
„DaS kann gleich geschehen" entgegnet« Fred „nach der Apotheke müssen wir ohne, dies schicken."
„Es ist roch gut, wenn man einen Arzt zum Mann hat, „da weiß man, daß nichts versäumt wird."
Fred aber sah nicht den warmen vrr- trauensvollen Blick den die junge Frau bei diesen Worten auf ihn richtete. Ein anderes berückendes Bild trat vor seine Seele, frisch blühend, lebenSsprühend und während er das Rezept ausschrieb zählte er die Stunden bis er wieder in jene Augen htnetnschauen durfte jene dunklen Sterne, Schicksalssterne, die
sein Leben so jäh bestimmen konnten. Melitta kam und auch die Frau Justizrätin.
„Es hat doch nichts weiter zu sagen" fragte die letztere ihren Sohn, „daS Fieber will mir garnicht gefallen".
„O nein, eS ist nickt bedenklich, das Fieber hat sckon nachgelassen, ick hoffe eS wird ganz vorübergehen," sagte Fred und er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
ES war eine so drückende, schwüle Luft in dem Krankenzimmer.
O, wie er sich hinauSsehnte, dorthin, wo die Weidenroseu blühten. Wie mit tausend lockenden Stimmen schien eS ihn zu rufen. Durfte er folgen? war e» nicht seine heilige Pflicht als Gatte und als Arzt, hier zu bleiben an dem Krankenbette seiner Frau. Es konnte jeden Augenblick eine Veränderung in ihrem Zustand eintreten, dir seine Gegenwart notwendig mochte. Seine Blicke streiften fast scheu za Flora hinüber, daS Fieber schien etwas nachgelassen zu haben, aber nun sah man erst die fast geisterhafte Bläste des schmalen, von den blonden Haarwcllen umrahmten Gesichts.
„Nein ich darf nicht gehen, und wenn alle Seligkeiten deS Himmels und der Erde meiner warteten, ich muß hier ausharren in der schwülen bedrückenden Luft des Krankenzimmers, das todtenbloste Gesicht beobachten daS war seine Pflicht als Arzt, als Gatte und das wiederholte er sich immer und immer wieder von neuem. Wir einen auswendig gelernten Spruch sprach er es vor sich hin, während er am Fenster stand.
Dort drüben blaute die Ser, lockend, glückverheißend, und er erschien sich wie ein Gefangener, der schließlich nur auf Mittel sann, seine Kelten zu sprengen. Immer unruhiger wurde eS je näher die Stunde des verabredeten Stelldicheins auf der Insel heranrückte. Jetzt bestieg sic vielleicht das Boot, mit dem Gedanken an ihn, deutlich sah er sie vor sich, in dem blaßdlauen Kleide, dem großen weißen Slrohhut. Wenn er jetzt nach dem Strand hinunterging, traf er sie wohl noch, und konnte ihr sagen, daß eö ihm unmöglich sei mitzukommen.-—
Flora war jetzt eing'schlofen, ober e» war kein gesunder Schlaf, kalter Schweiß stand thr auf der Stirn. Ein Schauer durchrieselte Frev, als ec j-tzt herantrat an ihr Lager, diese fahle Blässe. Sah Flora nicht au« wie eine Gestorbene, und neben ihr Melitta, so blühend, so rosig, in den Zügen jenen Ausdruck festen unwandelbaren Glückes, da» draufgebaut ist auf dem Grund einer reinen, großen Liebe und so leicht nicht zerstört werden konnte. Er dagegen I Sein Glück! Auf verbotenen Wegen nur fand er eS noch, die Schatten der Schuld lagen darüber, aber auch rin geheimnisvoller, dämonischer Zauber, der unwiderstehlich lockte; auch j-tzl zu dieser Stunde hieltS ihn dennoch wie in festen Schlingen. Nur sie einen Augenblick sehen, das .ist doch kein Unrecht flüsterte die lockende Stimme. Es war ja seine Pflicht als Cavalier Carla nicht allein nach der Insel fahren zu lasten, und dort vergeblich seiner zu harren. ES war dann aber auch die höchste Zeit, daß er nach dem Strand hinunterging, um Carla wenigstens zu sagen, daß er nicht kommen könnte. „Ich bin in einigen Minuten wieder hier," sagte er leise zu Melitta, indem er das Zimmer verli ß.
Wie wohl die frische Seeluft ihm that, als er nun unten am Strande stand. Aber von Carla war nichts zu sehen, so viel er auch seine Blicke herumschweifcn ließ. Die Sek war nur wenig bewegt. Ein S-gelboot glitt über die weite, blaue Wastermajse, es schien von der Insel zu kommen. Sollte Carla schon dort sein? Als das Boot näher kam erkannte er den Fischer, mit dem Carla zu fahren pflegte, den schwarzlocktgen, hübschen Bengel, mit den verschmitzten braunen Augen, dessen Wiege auch wohl wo ander« gestanden halte als hier an dieser Küste, mit ihren blonden, blauäugigen Bewohnern.
„Haben Sie Frau Commerzienrat Del- mut nach der Insel hinüber gefahren?" fragte er ihn.
„Ja Herr Doktor!" erwiderte der Bursche, und sah dabei so durchtrieben aus, als wüßte er ganz genau um waS eS sich hier handelte.
„Wie schade, ich hoffte sie hier zu treffen, da ich ihr notwendig etwas zu sagen habe."
,O ich fahre Sie in fünf Minuten hinüber, Herr Doktor, der Wind ist günstig."
Fred blickte unschlüssig und doch wieder voll Sehnsucht nach der Insel hinüber. Nein d)S wollte er ja nicht, sich ein rsnäss vouo geben, wo seine Frau zu Hau- krank lag, nein und tausendmal nein, er war kein schlechter Mensch, er hatte noch Ehre und Gewissen!
„In fünf Minuten, Herr Doktor, sind wir drüben," sagte Toni, so hieß der Schiffer, und plätscherte mit seinem Ruder im Wasser.
Fünf Minuten und in drei Minuten war er bet den Weidenröschen, in höchsten» zwanzig Minuten konnte er wieder zurück sein, rechnete Fred aus. Zwanzig Minuten, was galten sie im Daseinstauf I Wie schnell > sind sie versunken im Meer der Zeit. Freilich es giebt auch Schicksalsminuten, die immer wieder aufleuchlen mit strahlenden Lichtern, die nie erlöschen, mögen auch Jahre darüber hinrauschm. (Forts, folgt.)
Kumoristisches.
.'. (Ausrede). „Sie haben mich angeführt, das von Ihnen gekaufte Tier ist gar keine echte Angorakatze!" — „Ach wissen Sie, — alle Katzen sind falsch I"
/. (Die Werbung). Er: „Bevor ich Sie kennen lernte, Fräulein Rosa, war da» Leben eine dunkle Nacht für mich! — Sie: „Darum sind Sie auch eine solche Schlaf- mütze geblieben."
(Mutter: „Nun, Fritz kannst du nicht antworten, wenn man dich fragt?" „Aber Mutter, hörst du denn nicht, daß ich den Kopf schüttle?"
.'. (Taxierung.) „Vaterleaen, wer war denn eigentlich Goethe ?" — „Ae — ä besserer Klassiker.»
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