Seine Schwester.

Erzählung aus der Gegenwart von Fanny S t ö ck e r t.

LI) (Nachdruck verboten.)

Und es ist wahr Caria?" .frug Fred Wie in großer Sertenangst.

Fred hatte den Arm der jungen Dame erfaßt und hielt ihn fest umklammert.

,O bitte, Sie thun mir weh!" rief diese.Es ging nicht anders Fred, einmal mußte der Traum ein Ende haben".

Traum! Traum! Mir ist als träume ich jetzt!" sagte er betroffen, und langsam lösten sich seine Finger von ihrem Arme, dann wandte er sich um und stürmte die Treppe hinunter.

Na Gottlob, daß er fort ist," sagte Herr Axhausen,der hätte sich nicht besonnen uns in Gegenwart Deines Bräutigams eine Scene zu machen."

Armer Junge," sagte Carla,daß er eS auch so ganz unvorbereitet erfahren mußte."

Ja warum hast Du ihn nicht vorbe­reitet! Doch nun komm, Dein Bräutigam wird sonst noch ungeduldig, daß wir ihn so lange allein lasten."

Seufzend folgte ihm Carla, sie mußte ihre ganze Willenskraft zusammennehmen, die Rolle der glücklichen Braui, die ihr vorhin gar nicht so schwer geworden, weiter zu spielen. Der Commerztenrat aber bemerkte in seinem Glück nichts von den Schatten, die hin und wieder über CarlaS Antlitz flogen, wenn FredS blasses, verstörtes Bild vor ihre Seele trat. Er würde auch wohl kaum eifersüchtig glworden sein, hätte er den Schluß­akt dieses Llevessptels mit erlebt. Eia armer Student, lächerlich, mochte er zehnmal jung und auch hüvsch sein, was wollte das be­sagen, gegen das was er seiner schönen Braut bieten konnte. Sie würde diese Jugend- schwärmeret bald vergessen in dem Leben einer reichen jungen Frau.

Fred irrte wie geistesabwesend durch die belebten Straßen, eS war der erste große Schmerz seines Lebens, der ihn da so jäh, so ganz urplötzlich gepackt. Wohin damit? Sollte er zu sei t er Mutter flüchten, den Kopf in ihrem Schovß bergen, wie er es als Knabe gelhan, wenn irgend ein Leid ihn betrosten. Sie hatte da immer die rechten Trostesworte für ihn gefunden, aber heute nein da konnte Niemand ihn trösten, auch die Müller nicht, solch ein Leid vetrug keines Menschen Stimme, das mutzte in die Ein­samkeit getragen werden. Wo aber war hier Einsamkeit zu finden in diesem Getriebe von Menschen, Wagen, Reitern. In seinem Planlosen Umherwandern war er jetzt nach dem Tiergarten gelangt, aber Einsamkeit fand er hier auch nicht, bald ein Reiier bald die Kindergärtnerinnen, die Bonnen mit ihren kleinen Pflegebefohlenen, nein Einsam­keit, Ruhr war m der Millionenstadt nicht zu finden.

Wie Heimweh erfaßte eS ihn nach den Wäldern und Bergen des schönen Thüringer Landes, wo man stundenweit gehen konnte ohne einem Menschen zu beg'gnen. Ach, einen Atemzug nur in freier Wald- und Berglust. Die große Stadt mit den himmel­hohen Bauten überall, kam chm auf einmal so eng so bedrückend vor, ein grauer un­

durchdringlicher Hebel lag darüber, man sah den Himmel nicht.

Heim rief eS endlich in ihm, besaß er doch noch ein Heim ein Mutterherz, das ihr mit unendlicher Liebe umschloß. Er bestieg eine Pferdebahn um so schnell wie möglich seine Wohnung zu erreichen.

Da saß sie die liebe alte Dame, und das Lampenlicht fiel auf ihren grauen welligen Scheitel.

Endlich" sagte siewarum bist Du nicht zum MittagS'sten zu Haus gekommen, es gab Dein Leidesten heute Sauerkohl und Erbsen."

Fred lachte Sauerkohl und Erbsen und seine Berzweifelung fein Liebesleid, das stimmte ja herrlich zusammen, ja die Welt ist aus Kontrasten zusammengesetzt.

Sein Lachen klang rauh, fast wild und die Frau Justizrätin sah befremdet zu ihm auf.Mein Gott was hast Du Fred, Du stehst ja s» blaß, so verändert aus, was ist denn geschehen?"

Was geschehen ist l o nichts weiter die alte Geschichte, Du kennst ja das Hetne'jche Lied wohl auch, desfin Schlußstrophe lautet:

Der Jüngling ist übel dran."

Nun der Jüngling weiter kam er nicht.

Als er in daS treue Mutterauge blickte ward eS ihm so eigen zu Sinn, Thränen wollten sich in seine Augen drängen.

O Mutter I Mutter!" Der lockige Kopf lag plötzlich in ihrem Schovß, sein ganzer Körper bebte im verhaltenen Schluch­zen.

Mein armer Junge, ich ahne den Grund Deines Kummers, weine Dich nur aus, wenn es auch Deine Mutter steht, das schadet nichts, sie verrät eS niemand." Eie strich über sein Haar, so leise und lind wie es eben nur eine Mutterhand versteht.

Und Fred schämte sich denn auch seiner Thränen nicht weiter, wenn sie auch eines moderne Menschenkindes recht unwürdig waren und das traurig rührende Bild von Mutier und Sohn gar nicht hinein paßte in die Großstadt, in den Rahmen dieses bunten so modern ausgestatteten Zimmers. Das dachte auch woht Carla Axhausen, die da fitzt leise etngetreten, wie daS Bild eines Romans aus alter Zeit erschien es ihr, kam sie doch direkt aus dem vollen, bewegten Großstadltreiben.

Mit ihrem Vater und ihrem Verlobten hatte sie in der Equipage deS letzteren eine Spazierfahrt gemacht, und in einem Hotel unter den Lind-n gespeist. Die beiden Herrn walen dann nach ihrem geliebten Club ge­gangen ; vor CarlaS Seele aber war plötzlich Freds blasses, verstörtes Bild getreten, sic war statt zu Haus Hierher geeilt und stand nun railoS verwirrt auf Mutter und Sohn starrend. All die schönen Worte, die sie letzterem zum Trost hatte sagen wollen, sie erschienen ihr nichtig, banal, inhaltsleer, sich dort neben ihm niederwerfen und weinen, weinen, das dünkte sie das einzige, richtige. Nie in ihrem Leben würde sie dteS Bild fi vergessen, diesen lockigen Kopf dort in dem Schovß der alten Frau. Welch ein Blick würde aus seinen thränenden Augen auf sie fallen, wenn er sie fitzt sah. Nein das durfte nicht geschehen, leise wie st- gekommen wollte sie sich fitzt wieder zmückziehen, und die Thür des CorridvrS, die sie osten ge­sunden, hinter sich schließen, Fred hatte das

vorhin ln seiner Aufregung versäumt. Der Vorhang mochte Herabrollen, daS Spiel war zu Ende.

Fräulein Carla!" rief da die Frau Justizrälin. Fred schnellte empor,Carla I Sie hier!" rief er und starrte mit irren Blicken aus die junge Dame im hochmoder­nen Costüm.

Ich habe wohl nur geträumt, einen langen, dunklen Traum, denn wäre eS Wahr­heit, wären Sir Braut eines andern, dann dann könnten Sie doch nicht hier stehn. Oder kamen Sie, um sich zu weiden an der Verzweiflung eines dummen, thörtchten Knaben der da noch geglaubt an die Macht der Liebe.!"

O Fred, wir beiden armen Hascherla eS ging doch nicht! mein lebenlang habe ich mit Not und Sorge zu kämpfen gehabt, können Sie eS mir »erdenken» daß ich cs endlich einmal besser haben wollte. ES war eine so schöne, selige Zeit, die letztver­gangene, aber ein Ende mußte sie nehmen."

Ein Ende mnßte sie nehmen", wieder­holte Fred wie mechanisch.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Weiße Zähne erhält man, wenn man sie mit Satz abrctvt, doch darf eS nicht zu oft geschehen, da sonst das Salz mit der Zeit die Glasur verletzt. Schwarzbrot- rtnde, welche man reibt und röstet und dann die Zähne damit putzt, macht diese auch schön weiß.

.'. (Mißtrauen).Da schau her, Alte, jetzt giebt's gar schon flüssige Lust!" Na ja, das ist halt wieder was für euch Männer; jetzt werdet ihr die Luft trinken, statt einatmenl""

(Ersatz).Hier ist's acber kalt im Zimmer, da hättet ihr doch eia bischen ein- yrtzen können." Schwiegermutter:Das ist vorläufig überflüssig ich Hab' mal ein Wort mit dir zu reden."

(Erhebendes Gefühl). A.: , . . . Also e<n Gärtchen haben Sie guch bei ihrer neuen Wohnung?" B.: (stolz)Selbst­verständlich ! Gestern Hab' ich bereits die ersten Leibschmerzen von selbstgezogenen Gurken gehabt!"

.'. (Berechtigte Frage ) Vater (zu seiner Frau und Tochter): Wo wäret ihr denn wieder so lange?Frau:O, wir haben uns nur im Kaffeekränzchen aufgehalten." Vater:So? Ueber wen denn?"

(Rücksichtslose Verwandtschaft.) Junger Zahnarzt (zu fiiner Frau):Jetzt find wir schon 5 Monate verheiratet, und noch nicht ein einziger von Deiner großen Ver­wandschaft hat sich einen Zahn bei mir ziehen lasten!

(Humor des Auslandes).Hast Du Dich gestern in der Oper gut unterhalten?" Gar nicht; eS war recht langweilig. Die Damen durften nur ohne Hut eintrrten, und so war kaum etwas Beachtenswertes zu sehen.

.-. (Zukünftiges Rendezvous).Haben Sie für Ihr Rendezvous ein recht heimliche» Plätzchen?" Don Juan:Gewiß in einem Unterseeboot."

.-. (Vor der Front). Feldwebel:Es ist schade, Kerl, daß man Ihre Dummheit ntcht dereinst in Spiritus aufbewahren kann!"

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