Seine Schwester.
Erzählung aus der Gegenwart von Fanny S t ö ck e r t.
S) (Nachdruck verboten.)
Wie schin, wie strahlend, wie übermütig er aussah bei diesen Worten, seine Mutter blickte ganz begeistert zu ihm auf, und auch Melitta war besiegt, diesem lieben guten Jungen mußte man doch jedes Opfer bringen können. Sie gehörte überhaupt nicht zu den Naturen, die sich leicht vom Schlckial überwinden lassen, ihr ganzes Wesen atmete Energie und Thatkraft, auch den Stolz solcher Naturen, sich gegen olle Wohlthaten aufzulehnen.
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Mit dem festen Willen sich auf dem Gute ihres OnkelS, nützlich zu machen, so viel sie konnte, trat sie nach einigen Tagen die Reise an.
Aus dem Bahnhof der kleinen Uniderst« tätSstadt stand sie mit Mutter und Bruder auf den Zug wartend, der sie inS Weite führen sollte; als derselbe schon heranbrauste nahte noch mit langen Schrillen Martin Harden, einige Blumen in den Händen, die er Melitta reichte.
„Ein Adschiedsgruß,« sagteer mit einem warmSN Blick der ehrlichen grauen Augen, „ich wußte ja garnicht, daß Sie heute schon reisen würden. Warum sagten sie mir nichts davon, Fred?" wandte er sich jetzt vorwurfsvoll an diesen, „wir sprachen unS doch vorgestern erst. Ich wollte Ihnen heule die versprochenen Bücher bringen, da erfahre ich von ihrem Wirt, der wie immer an der Hausthür lehnte, von der Abreise Fräulein Melitta's!«
Fred sah ein wenig verlegen aus, hatte er doch absichtlich Martin gegenüber geschwiegen, denn dieser hatte neulich von einem schwesterlichen Opfer gesprochen, als er ihm die guten Aussichten, die sich ihm eröffnet mitgetellt, und es auch für Melitta als ein Glück gepriesen hatte, daß sie aus den engen Verhältnissen hier herauskämt. .
„Um in Unabhängigkeit zu treten I" war da Martin ausgebraust. „DaS ist ein großes Opfer für ihren stolzen, unabhängigen Sinn, daran ist nicht zu rütteln Fred. Sie war glücklich in diesen engen Verhältnissen hier, wie sie dieselben nennen. Ich für meine Person kenne kein trautere- Heim als das Ihre!«
Fred erwiderte etwas kleinlaut, daß er eben kein Uebermenjch sei wie Martin Harden, der ja freilich alles aus eigener Kraft erzwinge. Er könnte das nicht und müsse solche Opfer annehmen. Bewundernd war sein Blick bei diesen Worten, über hie hohe kräftige Gestalt mit dem energischen Kopf geglitten, war doch Martin Harden der einzige Mensch zu dem er aufschaute und dem gegenüber er sich bisweilen klein und unbedeutend vorkam. Auch in diesem Moment dem stammenden Blick Haidens gegenüber mußte er sich sagen, daß eS eine kleinliche Handlung gewesen, ihm die Abreise Melittas zu verheimlichen. Dabei konnte er sich aber doch nicht einer gewissen Genugthu- ung erwehren, als er den stattlichen Mann jetzt so erregt, fast fassungslos sah, eS war doch elwaS wie eine Schwäche, die er da an ihm zu entdecken glaubte.
Melitta dankte herzlich für die Blumen,
und als sie dabei zu Harden aufschaute und seinem Leidenschaftlichen Blick begegnete, da ging eS wie ein jäheS freudiges erschrecken durch ihr Innerstes. War eS denn möglich Harden, Martin Harden , den sogar Fred einen Uebermenschen nannte, und zu dem sie stets voll scheuer Ehrfurcht aufgrschaut — er war so anders heute, so mehr wie ein gewöhnlicher Sterblicher, aber eS kleidete ihn so gut — so gut. — Ach und nun fort, nun wo eS durch ihre Seele wie ein Ahnen großen kommenden Glücks zog, wo auch ihrem bescheidenen Dasein ein Blütentag aufgehen sollte. — Ihr war r«, als ob sie jetzt erst das wahre Abschiedsweh empfände, bei diesem ersten Scheiden aus der Heimat und sie mußte ihre ganze Willenskraft auf- bieten, um nicht noch in diesem letzten Moment in Thränen auSzubrcchen. Ewstetgen I rief der Schaffner, nun noch ein flüchtiges Lebewohl, und der Zug setzte sich in Bewegung, der letzte Blick der jungen Reisenden aber haftete wie magnetisch angezogeo auf Martin Harden, und dieser hielt den Blick fist wie ein teures Gut, als wären cs Sonnenstrahl der fortan über seinem Leben leuchten sollte.
Und dennoch Hab ich starker Mann
Dir Ltele wohl gespürt. — summte Fred leise den Refrain des alten Siebenbürger-LiedeS, als man den Rückweg angetrrten.
Verstohlen blickte er dabet in das Gesicht des Freundes, dieser aber hatte seine Ruhe schon wieder gefunden. Seine groß angelegte Natur pflegte mit dem Schicksal nicht zu hadern und die Dinge gelassen hin» zunehmen. Vorläufig durfte er ja doch solchen Gedanken und Träumen, wie sie oft genug schon in Melittas Nähe in ihm aus- gestiegen waren, nicht nachhängen. ES galt seine ganze Kraft daran zu setzen, die ,gesteckten Ziele zu erreichen, ober dann — dann — sollte für ihn hoffentlich auch einmal, nach ernstem Ringen und Kämpfen eine Zeit kommen, wo außer dem Dornenreis der Pflicht ihm auch Blumen auf seinem Lebensweg erstanden.
AiS mar, die Stadt erreicht, lud ihn die Frau Justizrätin ein, den Thec bei ihr zu trinken. Er folgte der Einladung und nahm seinen alten Platz am Theelifch rin, ihm gegenüber aber der kleine Sessel, aus welchem Melitta zu fitzen pflegte, blieb unbesetzt. -- Das Beste fehlte heute an dem gemütlichen Thcetisch und würde lange, lange Zeit fehlen.
Ein jeder von den dreien hatte wohl solche Gedanken, die Unterhaltung wollte nicht recht in Fluß kommen.
„Mein Gott, das ist ja wie einLeichen- maht,« rief Fred jetzt, indem er den S-ssel ärgerlich beiseite schob.
„Ein so leerer Platz ist ja freilich immer etwas Trauriges, aber man gewöhnt sich daran, die paar Jahre werden schnell genug vergehen, und dann sitzt Melitta wieder unter uns. Also taffen wir die Köpfe Nicht länger hängen. Die Kleine wird eS schon gut haben bet den reichen Verwandten und bann liegt ja Rügen nicht aus der Welt, tm Sommer kann man vielleicht einmal eine Spritztour dahin unternehmen. Was meinen Sie Harden, würden Sie mit von der Partie lein?« Ersah ihn schelmisch an, in HacdenS Gesicht stieg eine Blutwelle, halte er sich
wirklich verraten, und durfte nun Fred mit kecker Hand an das bis jetzt sorgfältig ge- hütetete Geheimnis rühren.
„Nun macht er schon wieder Pläne für den Sommer«, meinte die Frau Justlzrä- tin lächelnd, „daS ist so recht die Art meines lieben, alten Junge, immer frohen Auges in die Zukunft schauen. Vorläufig haben wir jetzt den langen Winter vor uns, der unS diesmal ohne Melitta wohl noch länger werden wird, wie sonst.«
„O, mach Dir keine Sorgen Mütterchen, ich werde Dich schon gut unterhalten mit all den lustigen Studentenstreichen, die der lange Winter zeitigen wird. Und dann kommen Briese von Melitta, lange, liebe Briefe, Sie sollen Sie auch lesen, Harden«, wandte er sich nun wieder neckend an diesen.
Harden dachte an die langen trüben Wintertage, an einsame Waldwege, die er wandern würde, an stille Abendstunden, wo er sich in seine Bücher vergraben würde, aber mochte er noch so lang und einförmig werden der Minier, seinem Ziel würde er ihn näher bringen, Arbeit, angestrengte Arbeit sollte wie schon so manches Jahr im Leben seine beste Trösterin werden, (Fortsetzung folgt.)!
Verschiedenes.
— Man mnß sich zn helfen wissen. Von Erins grüner Insel erzählt ein englisches Blatt die nachstehende heitere Geschichte. Ein armes junges Paar kommt zum Priester und will getraut sein, reich an Liebe aber arm an Geld. Die nötigen Silberlinge zur Entlohnung des KopulalvrS halten sie nicht bei sich, und der Mann der ohne dessen Segen ihren Ehestand nicht beginnen wollte, war hart wie die Berner Ratsherrn- „Kein Geld, keine Hochzeit«, daS waren seine Worte. „Lassen Sir Mich nach Haus- gehen, ehrwürdiger Vater,« Hub die irische Maid nach kurzem Nachstnnen an, „ich werde das Geld beschaffen.« Der Urlaub wurde gewährt, und die Braut enteilte. Bald kehrte sie mit einigen Schillingen zurück und die Zeremonie wurde sodann zur beiderseitigen Zufriedenheit vollzogen. „Kann nun niemand mehr unsere Trauung aniechlea, ehrwürdiger Vater,« fragte die Tochter Ectnö den Gvtteö- mann. „Nein, Katharina«, erwiderte dieser .niemand«. „Auch Sie nicht mehr, hoch- würdiger Herr?« „Nein junge Frau, Sie sind mir nunmehr enirückt.« „Gott segne Euer Hochwürden. Hier ist der Pfandschein für ihren Hut und Ueberrock, die ich vorhin aus der Sakristei mitgenommen und versetzt habe.
.'. (.Verwöhnt.) „Jetzt sind Sie mir bereits für ein halbes Jahr die Miete schuldig und die beiden ersten Monate haben Sie doch so prompt bezahlt!« — Studiosus: „Ja, da hav'n S' recht, Frau Stamperl, vas hält' ich nicht thun sollen!«
.-. (Moderne Jngend). „ . - - Ein
Fahrrad rönnen wir dir wirklich nicht kaufen, Junge!« — das erlauben unsere Mittel nicht!« — „Ach geh' Mama .... ich Hab' mich doch tm Auskunstsvureau über Euch erkundigt l«
(Schon versorgt.) Hausierer: „Lieder Herr, kaufen Sie mir doch einen Brieföffner ab«. — Herr: „Danke! Den Hab' ich schon — ich bin verheiratet!«
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