Dämon Hol^ö.
Novelle von R. Sturm.
17) (Nachdruck verbotm.)
»Ich muß meine Brust von einem beklemmenden Gefühle befreien/ begann Gronau »Ich bin heute nicht nur zu ihren Eltern gekommen, Herr Doktor, um die gute Nachbarschaft, die ja immer zwischen uns be« stand, in eine Freundschaft umzuwandeln, sondern ich will auch gestehen, daß ich Ihnen voriges Jahr Unrecht Ihat. Können Sie mir verzeihen und AllcS vergessen, waS tL damals jagte."
Hellmuth blickte wie gebannt in die Augen des einst so stolzen Mannes, der jetzt so herzlich, so menschlich edel und Versöhnung suchend zu ihm sprach, aber er fand vor Erregung fast keine Antwort. Dann lösten sich aber aus einmal die Worte leicht von seiner Zunge: „Ach eS war ja auch eine Uebereilunq damals von mir, Herr Com- merzienrat," cntgegnele Hellmuth, „ich war ja noch gar nichts und kann mir jetzt Ihre damalige Haltung schon besser erklären. Jedenfalls will ich Alles vergessen und reiche Ihnen zur Versöhnung meine Hand/
,Von Herzen gern schlage ich ein, rief Gronau, Hellmuths Hand schüttelnd, „und sage ihnen schon jetzt, daß Sic als lieber Freund stets in meinem Hause willkommen sind. So alt ich auch voriges Jahr schon war, so will ich doch laut bekennen, daß mich mein Alter vor Thviheit nicht geschützt hat und daß ich erst tn den letzten Monaten die Menschen nach ihrem wirklichen Werte besser schätzen lernte. So gewann ich große Erfahrung und Sie erreichten Ihr wifsenschaft- lches Ziel in herrlicher Weise, Herr Doktor. Bereichert und geläutert stehen wir jetzt nach einem Prüfungsjahre voreinander und können nur mit hellerem Blicke vielleicht ein schönes Glück schmieden und ein größeres als wir früher geträumt/
»Das mag Gott geben l" rief Tante Dora und während sie triumphierend bald auf Gronau bald auf Doktor Jensen blickte schimmerte eine Freudenthräne in ihren Augen.
»Siehst Du, Ludwig, wie Dich die hochherzige Gesinnung und die gute Thal ganz umgewandelt haben," sagte sie dann auf dem Nachhausewege zu Gronau. »Ich habe Dich bewundert, als Du so taktvoll und schön zu Doktor Jensen sprachst. DaS hättest Du früher mit Deinem Mammonherzen nie fertig gebracht, da kamen immer das Geld und der Geldstolz und die Eitelkeit und der äußere Glanz zuerst und die wahren Güter des Lebens wurden verachtet. Nun bist Du aber auf dem rechten Wege, Ludwig/
Und ich werde darauf bleiben", erklärte Gronau mit scharfer Betonung. »WaS der Mensch sich mit so bitteren Erfahrungen und im Kampf gegen die Schlechtigkeit erworben verscherzt man sich so leicht nicht wieder. Ich war verblendet, ganz verblendet, fast un- zurechnungSsähig geworden, als ich die Menschen, nur nach Gold und Reichtum abschätzte. Ich habe aber daS Unheil der Goldsucht kennen gelernt und sage Dir heute ich will lieber ein kleines Vermögen hoben und im Herzen glücklich sein, als ein großes Vermögen besitzen und falschen Mammon nachjagen. Aber Freunde will mir mit dem
ungerechten Mammon maLen, wie eS unser Erlöser verlangt/
Schon am nächsten Sonntag erwiderten Apotheker Jensens nebst Hellmuth ihren Besuch bei GronauS und in den Augen der beiden Familien leuchtete es wie ein nahendes großes Glück. Und ehe ein Monat verflossen war, da verkündeten kunstvoll ausgestaltete Anzeigen und eine Anzahl Zeitungen, daß sich Hellmuth Jensen mit Elisabeth Gronau verlobt hatte. Auf Wunsch des Commerzien- rateS Gronau ließ sich Hellmuth denn auch in seiner Vaterstadt al« praktischer Arzt nieder und errichtete, unterstützt von Gronau und anderen edeldenkendcn Menschen neben seiner Praxis eine Klinik für unbemittelte Hals- und Lungenkranke, die bald einen großen Ruf erlangte.
Das nächste Jahr im Monat April fand dann auch Hellmuths und Elisabeths Hochzeit ohne großen Glanz und Pomp im trauten
Familien- und Freundeskreise statt.
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Für Leonhard Randow verlies daS Leben still und einförmig, aber nicht ohne gewisse Befriedigung, denn die unermüdliche Arbeit, Sparsamkeit und geschäftliche Tüchtigkeit verbesserten mehr und mehr seine ungünstigen VermögenSv-rdältnisse und vermehrten sein Ansehen bei seinen Mitmenschen und Geschäftsfreunden. Man sagte allgemein, daß der junge Randow allmählig die Scharte auSwetze, die die übermäßige Goldsucht und Speculationswut deS Vaters der Familie geschlagen.
Und eS war merkwürdig mit der Geisteskrankheit Carl Randows. Das wahnsinnige Leiben tobte sich langsam aus, die Rückfälle traten seltener und schwächer auf, und nach zwei Jahren konnte der Kranke aus der Irren-Anstalt in ein Nervenheil-Jnstitut überg-führt werden, da die Arrzle den Zustand Carl Randows jetzt nur noch als ein schweres Nervenübel bezeichnten. Es gelang daher der ärztlichen Kunst und der Ruhe und Pflege in der Anstalt, den kranken Carl Randow wieder zu einem halbwegs normale» vernünftigen Menschen zu machen. Seine einst so große geistige Kraft und sein glänzender Unternehmungsgeist waren freilich gebrochen er lebte still und matt dahin wie ein erschöpfter Greis, kaum noch ander Welt und ihren Interessen teilnehmend. Aber als Carl Randow tn Begleitung seiner Frau und seines Sohnes auch die Nervenheil-Anstalt dann nach sechs Monaten verlassen durfte und er erfuhr, daß nicht das ganze große Vermögen verloren war und Leonhard ein schönes Besitztum gerettet und durch Fleiß und Sparsamkeit vermehrt und verbessert Halle, da zog doch noch einmal ein Lichtstrahl in die Seele Carl Randows, er fühlte, daß die ollbarm- herzige Liebe Gottes auch ihm den großen Sünder und Verirrten und seinen Angehörigen noch leuchtete und ihn durch eine schwere Prüfung und einen tiefen Fall auf den rechten Weg leiten wollte.
„Nun ist ja Alles gut," ries Carl Randow lächelnd, als er gesehen, was Leonhard sein Eigen nennen durfte. „Ich bin von einem schweren Irrwahn kuriert, aber der schlimmste war nicht derjenige, der mich in der Verzweiflung befiel, der gefährlichste war der, tn dem ich tn den langen Jahren vorher lebte. Geld und Gold werden unsere größten Feinde, wenn wir nur deS Goldes
wegen nach ihnen trachten. Sie gewinnen erst Wert, durch die ehrenhafte und von Nächstenliebe zeugender Weise, wie man das Geld und Gut erwirbt, erhält und verwertet. Daß ich dies bei Dir, mein guter Leonhard, noch sehen und erleben konnte, ist der schönste Trost für meinen Lebensabend, denn ich bin kein Arbeiter und Schaffer mehr, sondern nur noch ein zufriedener Zuschauer und Beobachter/
(Schluß folgt.)
Verschiedenes.
— Ein merkwürdiger Pferdehandel wurde dieser Tage tn Heide abgeschlossen. Ein Gaul, der allerdings ein PraLtstück gewesen sein muß, wuihe zunächst für 20 geräucherte Bücklinge verkauft. Der nächste Besitzer erwarb ihn für 200 Kohlköpfe, dann ging er für 10 an den ersten Besitzer zurück. Dieser verkaufte ihn für 12 worauf er für einen neuen Anzug wieder seinen Besitzer wechselte. Von diesem erstand ihn ein am Markte wohnender Gastwirt für 10 und schließlich kauften ihn Zigeuner, die ihren Wagen selbst schoben und zogen, für eine Geige, eine silberne Uhrkettc und 2 ^
— Zwei Zentner Finanzen. Ans einem in Oberbayern liegenden Ort wird geschrieben: Kam da jüngst ein Reiseonkel in daS Geschäft eines hiesigen Krämers, um seine Artikel anzubieten. Der Krämer, der sich nicht durch Uebeifluß an Verstand auszeichnete, bestellte in der Hoffnung auf ein gutes Geschäft von Zucker, Reis re. überall einen Zentner. Der Geschäftsreisende war darüber natürlich sehr entzückt, doch kam noch die heikelste Frage. »Wie ist's denn mit den Finanzen?" fragte er den Krämer „Finanzen?" meinte dieser, „Na, meinetwegen, da können's mir glei 2 Zentner schicken!" Der Mann hatte mit diesem leider nicht auSgeführlen Auftrag recht gehabt, denn daß das sein nötigster Bedarf war, bewies der Umstand, daß er kurz darauf in Konkurs geriet.
— Der geholte Doktor. In der Zeitschrift „Niedersachfen" lesen wir folgende dort plattdeutsch erzählte Schnurre: In eine westhotstcinische Stadt kam im Winter ein Bauernknecht uns hielt vor dem Haufe des Dr. G. AtS der Doktor fragen ließ, was loS wäre, bekam er zur Antwort, ein Knecht tn Bickendorp habe sich mit dem Messer in die Hand geschnitten und sich eine schwere Verletzung bcigebracht. Dr. G. zog seinen dicksten Mantel an und fuhr mit dem Knecht draus los. Nach einundelnhalbstündtger Fahrt kamen sie in dem Dorf an; der Doktor stieg aus dem Wagen und ging in das HauS des Bauern. „Na, das ist gut, daß Sie da sind, Herr Doktor," sagte der Bauer, „wir haben -ihm zwar die Wunde verbunden und einen großen wollenen Handschuh darüber gezogen, indes kann man nicht wißen, was nachkommt.* — „Wo ist der Knecht ?" fragte der Doktor. „Ja", meinte der Bauer „der spannt eben das Pferd aus; er hat Sie ja hergeführl, Herr Doktor und wird wohl gleich hereinkommen."
M e r k' s.
Die Gnade mögt Ihr für Euch behalten, Gerechtigkeit soll im Lande walten.
Redaktion, Druck und Berta» oos Beruh. Hofmauu tu MU»bat>.