Advent.

Unter den Sängern aus der Zeit der Freiheitskriege ist Friedrich Rückert der Ad. ventSherold. Cr begrüßt in der Unruhe der Völkerbewegung, wo Throne stürzten und neue Reiche entstanden, den König JesuS Christus, der ein ewiges Reiches hat, ob viele gleich von ihm nichts wissen noch ahnen:

O mächtiger Herrscher ohne Heere Gewalt'ger Kämpfer ohne Sperre,

O Friedrnsfürst von großer Macht.!

Oft wollten dir der Erde Herren Den Weg zu deinem Throne sperren, Doch du gewannst ihn ohne Schlacht.

So war es damals I Der lange verachtete König Jesus Christus ward in dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts wieder erkannt als das Heil der einzelnen Seelen wie der ganzen Völker. Doch ist in dem Kampfe zwischen Licht und Finsternis mir einem Siege nichts entschieden. Das Himmelreich ist in der Weltzeit ein kommendes. Es geht seiner Vollendung in der Welt- u. Menschen­geschichte erst entgegen. Daß es bereits eine Ställe und einen Anfang g nommen hat auf Erden, bezeugt alljährlich aufs Neue die Ad- ventskunde:Er kam in sein Eigentum" : damit es allmählich zu allen komme, ergeht immerdar wieder das freundliche Anerbieten : Siehe, Dein König kommt zu Dir I" Möch­ten alle, welche für daö liebe Christfest in Vieler Sorge und Mühe schaffen und Vor­bereiten, von diesem innerlichen Kommen und Nahen des Herrn einen Hauch und Gruß verspüren! Aber der Atvent Jesu ist auch eine Weissagung auf seine letzte der- einstige Wiederkunft, damit Gericht gehalten und Gerlchtigkeit aufgerichtet werde. Müssen olle wahren Christen noch immer mit heiligem Schmerz dessen Zeuge sein, wir seit zwei Jahren ein glauvensstarkes Volk um unge­rechten Mammons willen bekriegt wird bis zur Ausrottung, so verbürgt die AdventSzeil uns, daß die Weltgeschichte das Weltgericht in ihrem Schosste trägt. Wir au unserem Teil aber wollen uns mit Rükert in der Bitte vereinigen:

O, laß dein Licht aus Erden siegen Die Macht der Finsternis erliegen Und lösch der Zwietracht Feuer aus, Daß wir, die Völker und die Thronen, Vereint als Brüder wieder wohnen In deines großen Vaters HauS.

Rundschau.

Stuttgart, 26. Nov. Es verlautet, daß der Landtag wahrscheinlich schon kurz nach Neujahr zu einer voraussichtlich nicht sehr langen Tagung zusammentreten soll, um Stellung zu dem Nebenbahneneniwurs rc. zu nehmen. Die Steuerreform und die Ge- metndeordnung sollen erst später an die Reihe kommen.

Stuttgart, 26. Nov. Gestern nachmittag um 5 Uhr wurde in der Union, Verlags» anstatt, ein 16 alter Buchdruckerlehrling von einer Transmission erfaßt und sofort getötet. An dem schrecklich verstümmelten Leichnam sind beide Füße abgerissen, der Brustkorb und die Schädeldecke eingedrückt.

Unterhausen, 26. Nov. Im SSgwerk von Ulrich Nonnenmacher ereignete sich laut Generalanzeiger" gestern vormittag halb 12 Uhr ein entsetzlicher Unglücksfall. Die in den 20 r Jahren stehende Tochter kam

beim Oelen einer Transmission mit ihrem Schaltuch, welches sie um den Hals ge« schlungen hatte, der Welle zu nahe, wurde von ihr erfaßt und förmlich erdrosselt. Der Tot trat sofort ein.

Tübingen, 15. Nov. Professor Dr. r. Liebermeister, Vorstand der medizi­nischen Universitätsklinik, ist gestern vormit­tag nach längerem schweren Leiden infolge NterenkrebS verschieden. Liebermeister unter­zog sich vergangenen Freitag noch einer Ope­ration, welche ihm zwar momentan Linber- derung brachte, aber auch seinen Tod de. schleunigte. Mit ihm erleidet die Universi­tät, einen schweren, nicht leicht zu ersetzenden Verlust.

Heidenheim, 24. Nov. Gestern vor­mittag verunglückte in der I. M. Boilh'schcn Maschinenfabrik, der hier wohnhafte, von Schnaitheim gebürtige, 25 Jahre alte Maler Theilacker auf bedauerliche Weise. Derselbe hatte in der ZimmermannSwerkstätte Eisen­teile anzustreichen und führte die Arbeiten gegen dos ausdrückliche Verbot während de« Betriebes aus. Dabei wurden seine Kleider von einer Transmisstonswellc erfaßt und er schließlich 10 Meter weit fortgescheudert. Beim Ausfallen auf den betonierten Boden er­litt er einen Schädelbruch und so nstige le­bensgefährliche Verletzungen, denen er gestern obend im BezirkSkrankenhous erlag. Der Verunglückte hinterläßt eine Witwe mit einem Kind.

Ebingen, 25. Nov. Schwer heimgesucht wurde die Familie des Schmiedmeisters Joh. Schreyest in Hartheim, indem derselbe vor­gestern früh an den Folgen einer Blutver­giftung gestorben ist. Beim Schmieden näm­lich erhielt der junge und fleißige Mann einen Eisensplittcr an die Lchpe, die erhal­tene kleine Wunde bildete die Ursache der Blutvergiftung.

Freudenstadt, 24. Nov. Der Schrift­steller Joseph Jung von Stuttgart beabsich­tigt, dahier ein ständiges Kuriheater zu er­richten und hat er bei den bürgerlichen Kol­legien um unentgeltliche widerrufliche Ueber- lafsung eines städtischen Platzes für einen Theaterbau (einfacher sauberer Holzbau) für 3400 Personen nachgesucht.

In FriedrichSruh trafen am Samstag 22 Alldeutsche aus Oesterreich unter Führung des Reichstagsabgeordneten Schön­erer zu einem Besuche des Mausoleums ein. Sie wurden im Aufträge des Fürsten Herbert Bismark von testen Sekretär empfangen und in die Grusikapelle geführt, wo die österreich­ischen Herren Kränze und Palmzweigt nie- derlerlcgten. Bemerkenswerter Weise befand sich unter den Besucher auch der Arbei­terführer, Aba. Stein.

Berlin, 26. Nov. (In Sachen der Wahl deSStadtraisKauffmann) zum zweiten Bürgermeister ist dem Magist­rat folgender Bescheid des Ministers des Innern zugegangen:Die in dem Erlaste des Herrn Oberprästdentcn zu PotSdam vom 6. Oktober d. I. vertretene Auslegung des 8 33 der Städteordnung erachte ich auch nach Prüfung der Amtsführung des Magistrats für zutreffend. Sie entspricht dem Word laut wie dem Sinne und der bisherigen Handhabung der Gesetzesbestimmungen. Eine allerhöchste Entscheidung über das Ergebnis der Wahlverhandlung vom 12. September dS. Js. ist hiernach nicht hcrbeizuführen.

Den Stadtverordneten steht eS frei, die vor­geschriebene Neuwahl vorzunehmeu. Die Per­sonalakten des StadtralS Kauffmann sind wieder beigefügt.*

Kiel, 25 Nov. Bei der Rekrutrnver» eidigung hielt der Kaiser eine längere An­sprache, in welcher er auf die Bedeutung dcS Eides hinwies und zu treuerer Pflichter­füllung aufforderte. Da er für die Thaten jedes Einzelnen dem Volke verantwortlich sei, so kenne er seine Pflichten genau und wolle sie treu erfüllen. Er erwarte dasselbe von den Mannschaften.

Augsburg. Die Revision im Prozeß Kneißl wurde am verflossenen SamStag durch den Verteidiger Kneißl'S Dr. v. Pannwitz, eingereicht.

Bei Köuigswinter kam cs am Donners­tag abenv gegen 7 Uhr auf dem Rhein zu einem Zusammenstoß zwischen einem mit 12 Fahrgästen besetzten Motorboot und einem thalabwärtS fahrenden Schrouben-Dampfer. Elfteres rannte in der Dunkelheit gegen den Dampfer, wodurch die Pastagiere nach vorne geworfen wurden. Als in das Boot Master kindrang, ertönte ein entsetzliches Hilsege- schrei. Glücklicherweise erfaßte der Anker des Dampfers das Gestänge des Motor­bootes, wodurch dieses vor dem Untergang bewahrt blieb und mit Hilfe des Dampfers ans Land bugsiert werden konnte. Nur durch diesen glücklichen Zufall blieb ein Dutzend Menschen vor dem Tode bewahrt.

Hochwasser-Nachrichten. Meldungen aus Braunschweig zusolge ist die Aller bet BorSfelde über ihre Ufer getreten. Das Mertbal ist überflutet, der Verkehr teilweise unterbrochen. Auch auf der Saale ist Hoch­wasser eing'treten, die Niederungen sind teil» weise überschwemmt. Bvm Oberlauf wird ein weiteres rapides Steigen deS WasserS signalisiert. Wegen des Hochwassers ist der Betrieb auf der Süd-Harz-Eisenbahn und zwar zwischen Belkenried und Biede eingestellt worden.

London, 25. Nov. Kitchener gesteht jetzt offiziell zu, daß der gemeldete angebliche Steg über Grobelaar bet Villiersdorp am 20. Nov. thatsächlich eine englische Niederlage war. Major Fischer, 2 Offiziere und 15 Mann sind tot, viele Verwundete, 5 Offiziere, 120 Mann und 200 Pferde gefangen.

Chamberlein amtsmüde ? Der Lon­doner Korrespondent ein Sheffteldrr Blattes berichtet demselben, wie ein Privat-Telegramm meldet, ein Freund Chamberlains habe ihm erzählt, Letzterer habe im Lauf einer Unter­haltung geäußert, er sei amlsmüde und würde sich von der Politik zurückziehen, wenn er damit zur ehrenvollen Beilegung des süd­afrikanischen Krieges beitragen würde.

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