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Stuttgart, 17. Sept. DemDeutsch. Volksbl." wird gemeldet: Wie wir aus sicherer Quelle erfahren, hat sich Oberbürger­meister Hegelmaier nach dem Befinden des verhafteten Bankdirektors Fuchs erkundigt, um hiemit eine alte Schuld abzutragen. Fuchs hat nämlich vor nicht zu langer Zeit an den ReichstagSabg. Gröber ein Telegramm nach Berlin gesandt mit der Anfrage, ob Hegel- maier in der That auch den Sitzungen des Reichstags anwohne. Gröber gab dieses Tele­gramm Hegelmaier, der hierauf an Fuchs zurücktelegraphierte:Danke für die gütige Nachfrage!" Ob nun Fuchs auch so ant­wortete, entzieh! sich unserer Kenntnis.

Heilbronn, 17. Sept. Nach der Heilbr. Ztg. hat der Aufsichtsrat der Gewerbebank beschlossen, den Rechtsanwalt Mögling zum Generalbevollmächtigten der Bank zu bestellen. An der Stuttgarter Effektenbörse werden die Aktien der Heilbronner Gewerbebank seil 14. Mai 1901 nicht mehr gehandelt. lieber den verhafteten Direktor Grmeinderat Fuchs berichtet das S. C. B-, derselbe habe durch Vorspiegelungen mittelbegüterte Leute zur Unterzeichnung von Wechseln veranlaß', deren Betrag ihre Kräfte weitaus übersteigt. Diese Opfer einer gewissenlosen GeschäslS- grbahrung werden nun bettelarm und deren Familien befinden sich in Verzweiflung. Nach der Mitteilung der Franks. Ztg. vom 16. gestaltet sich die Lage der Heilbronner Gewerbcbank immer trostloser. Nach dem neuesten Stand ist der Konkurs unabwend­bar. Nebel vermerkt wird die am Samstag erfolgte teilweise Befriedigung von Gläubigern. Prokurist Krug wurde nunmehr auch ver­haftet. Das Bankhaus Herlich in Heilbronn stellte 100 000 ^ zur Verfügung, womit zwischen 3 und 5 Uhr sofort fällige kleinste Forderungen zur Hälfte auSbezahlt wurden. Der AufstchlSrat strebt eine außergerichtliche Liquidation an; die Vertreter reisen ab, um mit auswärtigen Verbindungen zu verhandeln. Der Vorstand der Bank besteht aus den Herren Wilhelm Fuchs und Gotthilf Keefer, während sich der Aufstchtsrat aus den Herren I. Sihler, Fr. Bauer, Fr. Hanth, Fr. Knittel jr., Rechtsanwalt Mögling, Eugen Bezner, C. Eckert, Oberamtsbaumeister Eckert, W. Gervck, Karl Haas und Fr. Heck, sämt­lich zu Heilbronn, zusammengesetzt.

Besigheim, 16. Sept. (Aufgefundener Leichnam.) Am unteren Enzwehr blieb heute nachmittag gegenüber dem Turnplatz ein männ­licher Leichnam hängen, der ans Land geschafft wurde. Aus der Kleidung, wie aus einer Tätowierung am linken Arm, wurde die Per­sönlichkeit des Toten festgestellt als der aus dem Arbeitshaus in Vaihingen a. E. ent­wiche Wilh. Hcllmann. Vor 8 Tagen halte ein Landjäger den Hellmalin zwischen hier und Bietigheim, nahe der Kammgarnspinnerei angetrvffen. Beim Nohen des Landjägers hatte der Entwichene eiligst die Flucht er­griffen und war der nahen Enz zugeeilk, wo vom Landjäger nur noch der Kittel des Verschwundenen am Ufer aufgefunden wurde.

Pforzheim, 17. Sept. Hier zirkulierte heute früh das beunruhigende Gerücht, die Bankfirma Winter Engler und Co. sei in Konkurs geraten. Dies bestätigt sich nicht. Die momentane Zahlungöschwierigkeit ist durch die Intervention einer hiesigen Bankfirma aufgehoben, so daß niemand geschädigt ist.

Berlin, 16. Sept. Ebenso wie die in Münster lebende Mutter des ermordeten deut­schen -Gesandten Freiherr» von Ketteler hat jetzt auch seine zur Zeit in Jlsenburg wei^ lende Witwe den angebotenen Besuch des Prinzen Tschun abgelehnt.

Berlin, 16. Sept. Dem Kleinen Jour­nal wird aus N-wyork gemeldet: Präsident Roosevelt hat die Absicht, sofort Maßregeln zur Ausrottung des Anarchismus zu ergreifen. Vor allem soll der polizeiliche Geheimdienst von Grund aus reformiert werden.

Unsere Chinakrieger scheinen reich mit Kunstschätzen hetmgekchrt zu sein. In Hessen ist cs mehrfach vorgekommen, daß die Chinakrieger so viel Schätze mitgebracht haben, daß sie Ausstellung davon veranstalten. In einem Provinzblatte heißt es;Einer dieser Krieger hat eine große Anzahl sehr sehenswerter Gegenstände mitgebracht, die zeigen, welcher Kunstsinn und Kunstfleiß dem Volke eigen ist." Die Gegenstände sind zur allgemeinen Besichtigung in einer Wirtschaft ausgestellt. Wir wollen annehmen, daß die Soldaten diegroße Anzahl von Kunstgegen­ständen" in China gekauft haben.

Ein Greis als Kindesmörder. Auf bestialische Weife hat in T-plitz der 73 Jahre alte, verkrüppelte Taglöhner Franz Nowak die zehn Jahre alte ArbciterStochter Anna Holons ermordet. Er überfiel das Mädchen, als es an der Moldau Kinderwäjche ein­weichte und stieß eS in Fluß. Das Kind arbeitete sich wieder ans Ufer. Der Greis aber warf es von neuem ins Wasser zurück und hielt es so lange unter dem Wasser­spiegel, bis es kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Der 73jährige Mörder, welcher die That aus Rache begangen haben will, wurde verhaftet.

Ein heiteres Paar. Eine im Fraum- zuchthauS in Delitzsch sitzende Strafgefangene erhielt, wie derNat.-Zkg." geschrieben wird, vor einigen Tagen eine Ansichtspostkarte mit folgendem Wortlaut:Olle! Nächsten Frei­tag komme ich nach Delitzsch und werde Dir ein Ständchen bringen. Wenn Du einen Leierkasten hörst, so denke daran, daß cs Dein Dich liebender Mann ist." Der musi­kalische galante Ehemann erschien auch pünkt­lich, die AnstaitSverwallung ließ ihn jedoch alsbald entfernen.

Braunschweig, 14. Sept. Das Ober­kriegsgericht Verurteilte, derFrkf. Zig." zu­folge, den Unteroffizür Brandes von der 6. Kompagnie des 91. Infanterie Regiments in Oldenburg wegen fortgesetzter Soidaten- mtßhandlung zu l'/r Jahren Gefängnis und Degredation. Der Komandcur der 19. Di­vision hatte als Gerichtsherr gegen das auf ein Jahr lauteude Urteil des Kriegsgerichts Berufung eingelegt, weil es zu milde sei.

Der Präsidentenmörder. Aus Buffalo wird gemeldet: Das Vorgehen gegen Czol- gosz ist jetzt einfach. Die Verteidigung, daß Mac Kinliy infolge ärztlicher Behandlung starb ist unzulässig- Die einzige mögliche Verteidigung der Unzurechnungsfähigkeit fällt vor dem Zeugnis der Aerzte. Eine Woche Frist wird für die wahrscheinlich morgen etnzureichende Klage gelassen. Ungefähr vier­zehn Tage nach dem Verbrechen dürften alle für die elektrische Hinrichtung erforderlichen Vorbereitungen beendet sein.

Washington, 17. Sept. Bei der Ueber- führung der sterblichen Hülle Mae Kivleyö

von dem Weißen Hause nach dem Kapitol und bei dem in der Rotunde desselben ab» gehaltenen Gottesdienste waren sämtliche hies. Botschafter und Gesandtschaften vertreten. Um 9 Uhr wurde der Sarg aus dem Weißen Hause herausgebracht, geleitet von regulären Truppen, Matrosen und Seesoldaten sowie von Veteranen. Im Zuge befanden sich Präsident Roosevelt, Vertreter aller Zweige der Bundesregierung, eine Anzahl Gouver­neure mit ihren Beamten und Vertreter zahl» reicher Zivilkörperschaften. Frau Mac Ktn- leiy blieb im Weißen Hause zurück. Der Sarg wurde in dem weiten Raum unter der Kuppel der Rotunde um '/»II Uhr ausge­stellt. Der Gottesdienst begann nm 11 Uhr. Während der Ueberführung waren die Straßen ungeachtet des Regens von einer dichten Men­schenmenge besetzt.

Washington, 17. Sept. Mac Kinleys Vermögen beträgt 200 000 Doll., die Hälfte in Obligationen. Seine Lebensversicherung beträgt 60 000 Doll., der Grundbesitz 40000. Er hat alles seiner Gemahlin vermacht.

London, 17. Sept. DerDaily Mail" wird aus Kapstadt gemeldet: K'tchener schlug vor, di- ganze Kapkoionie unter Kriegsgesetz zu stellen. Der Gouverneur der Kapkoionie, Hely-Hutchinson, unterstützt den Vorschlag. Das ganze Kabinett der Kolonie und die ganze Einwohnerschaft mit Ausnahme einiger Fanatiker sind aber dem Plane entgegen. Das Kabinett will eher einer ernsten Krisis gegenübertreten, als zulassen, daß Kapstadt unter Kriegsgesetze kommt.

Petersburg, 16. Sept. Bei einer Feuer» brunst auf dem Gute Pletnawki bei der Stadt Welsk verbrannten 5 Knechte und 4 Mägde. Mehrere andere Personen erlitten schwere Brandwunden.

Der Ausruf des Rechtsanwalt Horn in Gumbinnen zu einer Sammlung für die Unteroffizier, mit denen wegen ihrer Zmgen- aussage im Mordprozß Krosigk nicht mehr kapliuliert worden ist, hat einen bedeutenden Erfolg gehabt. Es find in der kurzen Zeit über 2000 eingegangen und jede Post bringt neue Beträge. Im Aufträge wohl» habender Bayern sucht ein Münchener Detek- tivbureau in Gumbinnen Klarheit über die Mordsache zu gewinnen. Der Kaiser soll, nach Entgegennahme des bereits angekündig­ten Vortrags über den Prozeß erklärt haben, es müsse alles gethan werden, um den wirk­lich Schuldigen seiner Strafe zuzuführen. Man glaubt daraus schließen zu dürfen, daß der Kaiser event. durch einen Gnadenakt die Möglichkeit geben werde, auch nachträglich noch einen etwaigen Rechtsirrtum gut zu machen. Den gemaßregelten Unteroffizieren sind von den verschiedensten Seiten Stellen angeboren worden, so daß ste vor jeder Nähr- ungSsorge geschützt sind.

Hochwasser verursachte in Mittel-und Obersteicrmark unermeßlichen Schaden und forderte auch Menschenleben. In Turau er­tranken bei den Rettungsarbeiten an der Nach­barmühle durch Wehrbruch zwei Brüder, die Stützen hochbetagter Eltern. Der Bohnver- kehr zwischen Wien und Triest, zwischen Mar­burg und Cilli ist ganz eingestellt. Auch vaS Umstetgen ist unmöglich. Der letzte Eilzug aus dein Norden ging nur bis Graz, aus dem Süden nur dis Marburg. Die Ernte ist vernichtet, die Brücken weggerissen, Men­schen werden vermißt.

Strtaktto», Druck und «erlag von Beruh. H os ma « n in Wildbad. HikZU eiM Beilage.