Rundschau.

Ludwigs bürg, 23. März. Heute wurde hier ein Rekrut, gebürtig aus Asperg, gemustert, der das seltene Gewicht von 29'/, Kilo hatte.

U n t e r t ü r k h e i w, 25. März. Der Senior der württ. Volksschullehrer, Mack, ist hier im Alter von 92 Jahren gestorben.

Vom Fränkischen, 23. März. In der Station Zumhaus wurde ein Dienst­mädchen aus Dombühl vom Zug überfahren und war augenblicklich tot.

Calw, 26. März. Die vor zwei Jahren neuerbaute Kunstmüble von Adolf Lutz wurde bei dem gestrigen Verkauf von Privatier Völter und Handelsschuldirektor Spöhrer um 79 000 ^-8 angekauft. Der amtliche Schätz­ungswert betrug 150 000 ^ Zu der Ver­steigerung war nicht ein einziger auswärtiger Käufer erschienen.

Aus dem Oberamt Bibcrach, 23. März. Letzter Tage verunglückte der Schmiedmejster Beth in Untersulmettingen dadurch, daß demselben ein Stück Holz, das er an der Zirkularsäge der Dampfmaschine abschneiden wollte, durch Zurückschlagen mit aller Wucht an den Kopf flog und dem Mann baS Gesicht furchtbar zerschlug. Weil alles geschwollen war, konnte derselbe einige Tage keine Nahrung durch den Mund zu sich nehmen.

Friedrichshasen, 22. März. Ein eigen­artiges Treiben entwickelte sich heute hierauf dem alljährlichen Gesindemarkt der Tiroler Hütektnder. Obgleich dieselben dieses Jahr zahlreicher als sonst eingetroffen sind (über 400 Knaben und Mädchen), so war doch die Nachfrage aus dem Allgäu, der württem- belgischen und badischen Seegcgend noch Viel größer, so daß man sich förmlich um diese jungen Arbeitskräfte riß. Als Lohn für ihre bis zum Spätherbst dauernden Dinstleistungen Verlangten und erhielten die Hütekinder je nach Alter 50 bis 160 uud ein doppeltes Gewand.

Vom Bodensee, 25. März. Eine ge­lungene Offerte erhielt dieser Tage ein Gast­wirt in Konstanz von einer stellesuchenden Kellnerin. Dieselbe lautet wörtlich:Ich habe ihm Schwarzwälder ersehen, daß sie eine Kellnerin brauchen. Ich wehre gesunen bei ihnen etnzutreden ich bin 20 Jahre all ihn Bostduhr gut gewachsen selber wiel ich mtech nicht rehmen. Das Werk wird den Meister lopen habe schon mehr als Kellnerin frugierd. Achtungsfoll I. E." Die dienstbare Fee scheint mit Stil und Ortographic auf sehr gespanntem Fuße zu stehen.

Mühlacker, 23. März. DerUntcr- lehrer Keller in Dürren hat sich erschossen. Motiv noch unbekannt.

Eine Pforzheimer Notiz macht darauf aufmerksam, daß mit dem 31. März die österreichischen Vereinsthaler mit dem Dop­peladler einerseits und dem Bildnis des Kaisers Franz Joffph anderseits ihre Um­laufsfähigkeiten in Deutschland verlieren. Nach dem 31. März haben sie nur noch einen Metallwert von 1 40 -»f.

So eine ArtJack der Ausschlitzer" bringt die Bevölkerung von Ludwigshafen in Aufregung. Er überfällt unversehens Leute auf der Straße und versetzt ihnen Messer­stiche in den Unterleib. Bis jetzt kennt die Polizei 9 Gestochene, namentlich Frauen, die zum Teil recht schwer verletzt sind. Der

Stadtrat empfahl der Polizei, dem anscheinend geistesgestörten Uebelthäter noch größere Auf­merksamkeit zuzuwenden.

Ludwigshasen, 26. März. Der Unhold, der in den Straßen Mädchen anstel und durch Messerstiche verletzte, ist verhaftet. Es ist der Vtehtrciber Wilhelm Damian aus Böblingen.

Mutterglück im Souffleurkasten. In einem Vergnügungslokal zu Berlin feierte ein Theaterverein sein Stiftungsfest und führteHasemanns Töchter" auf. Das Amt der Souffleuse hatte die Gattin eines Kauf­manns B. Während des zweiten Aktes hörten die in den Vorderreihen Sitzenden plötzlich aus dem Innern des Souffleurkastens dumpfes Geschrei. Die Darsteller unterbrachen sich und starrten nach dem Blechkasten. Gleich darauf fiel der Vorhang. Des Publikums bemächtigte sich Schrecken, d» trat der Vor­sitzende vor den Vorhang und verkündete unter lautloser Stille, daß die Vorstellung abgebrochen werden müsse, weil die Souffleuse, Frau B-, soeben eines gesunden KnäbleinS genesen sei. Der nun losbrechende Lärm spottet jeder Beschreibung. Während Muttter und Kind in einem Krankenwagen wegge­schafft wurden, ließ man den soeben ange- langten Weltbürger ein über das anderemal hochleben und trug den glücklichen Vater aus den Schultern durch den Saal. Eine so­fort veranstaltete Sammlung ergab ein an­sehnlichesPotengeschenk", und der Vorstand des Vereins verpflichtete sich, dasTheater­kind" aus der Taufe zu heben.

Ein Landmann bei Schlettstadt sollte jüngst zu einer Taufe gehen. Der schwarze Schoßrock, die SonntagSbtnde, alles war an­gelegt und nun sollte noch der Cylinderhut an die Reihe kommen. Nichts ahnend holte der Landmann ihn hervor und stehe da ans demselben fielen fünf niedliche Kätz­chen. Die Hauskatze hatte nämlich den Cy- linderhut zum Familienheim gewählt und dort fünf Kätzchen das Leben geschenkt. Unser Landmann war nicht wenig erstaunt, aber mit dem Tröste, daß eben der Cylinderhut auch noch zu anderen Zwecken gut ist, setzte er denselben auf und gab bei dem großen Taufschmaus das Stücklein zum Besten.

Einen großen Schadenersatz für den Verlust von 2 Zehen erhielt ein dänischer Arbeiter, der in einem Eisenwerk in Brooklyn durch einen Unfall zwei Zehen verlor. Der Besitzer wurde dazu verurteilt, dem Arbeiter einen Schadenersatz von mehr als 40 000

zu bezahlen.

Schanghai, 26. März. Reutermeldung vom 25.: DieNordchtng Daily News" erfahren aus glaubwürdiger Quelle, daß der chinesische Hof dem chinesischen Gesandten in Petersburg dringende Weisungen übermittelte, in denen ihm verboten wird, das Mand­schureiabkommen zu unterzeichnen.

Peking, 26. März. Wenn die Chinesen das Mandschureiabkommen nicht bis Diens­tag unterzeichnen, werden die Russen die Verhandlungen abbrechen, die Mandschurei aber weiter besetzt halten.

Peking, 26. März. Reutermeldung vom 25. März. Die eingehende Erhebung, welche der Ausschuß der Gesandten über die finan­ziellen Hilfsquellen Chinas veranstaltet hat, haben, wie hier angenommen wird, ergeben, daß die Staatseinnahmen so erhöht und die Ausgaben so eingeschränkt werden, daß die

Zahlung der Entschädigung innerhalb 20 Jahren durchführbar sei.

Washington, 26. März. Es wird positiv behauset, die EntschädigungSforderungDeutsch« lands an China belaufe sich aus 65 Mill. Dollars. In diplomatischen Kreisen be­hauptet man, daß das Mandschurciabkommen heute oder morgen unterzeichnet wird, da die gegen dasselbe erhobenen Einwendungen nicht genügend seien, um die Unterzeichnung zu hindern.

KitchenerS Lügendepeschen werden von seinen eigenen Soldaten widerlegt. Ein eng­lischer Unterosfizicr schreibt aus Südafrika: Wir haben gerade nach langer Zeit wieder einmal einige Zeitungen von zu Hause be­kommen, die auch über unsere Gefechte mit den Buren in den Magalisbergen berichten und da steht man wieder einmal, wie wenig von den thatsächlichen Ereignissen nach drüben berichtet werden darf. In Wirklichkeit ver­lor Genera! Elements sein ganzes Lager, die ganze Bagage und sämtliche Vorräte, und das Gefecht stand für einige Zeit so kritisch, daß bereits Dynamitpatronen unter die Ge­schütze gelegt wurden, um diese lieber zu ver­nichten als in die Hände des Feindes fallen zu lassen. Wenn das behauptet wird, daß Clements sein ganzes» Korps, ohne Wider­stand zu finden, nach Kommandoeck brachte," so ist das einfach Schwindel; wir wurden von den Buren mehr als 15 Meilen weit geradezu wie eine Herde getrieben und muß­ten während der ganzen Zeit unsere Nach­hut verteidigen." Auch berichtet der Brief­schreiber, daß die englischen Soldaten manch­mal geradezu am Verhungern gewesen seien : Fch habe selbst gesehen, wie sich unsere Offiziere Mehl) und^Wasser mischten und den Teig ohne Fett und Salz über dem Feuer rösteten, um sich so ihre einzige Mahl­zeit während des ganzen Tages zu verschaffen."

London, 25. März. Lord Kitchener tele­graphiert aus Pretoria vom 25. ds.: Die Kolonne Babtngions griff westlich von Ven- lersdorp 1500 Buren unter Delarey an und schlug sie zurück. Er verfolgte sie rasch und erbeutete 2 Feldgeschütze, 320 Geschosse, 1 Pompongeschütz, 6 Moximgeschütze, 15,000 Kartätschen, 160 Flinten, 53 größere und 24 kleinere Wagen. 140 Buren wurden ge­fangen, viele getötet und verwundet. Unsere Verluste find gering.

Der Zar soll vor seiner nächsten Um­gebung nicht mehr sicher sein. An den Thüren des kaiserlichen Schlafzimmers und ebenso an denen des Arbcttskabinetls sind neuerdings die Mechanismen so geändert worden, daß nur zwei oder drei Personen wissen wie diese Thüren von außen zu öffnen sind, wenn sich der Zar in den genannten Zimmern befindet. In dem Arbeitskabinrtt sind fünf Schreib, tische aufgestellt, die der Zar abwechselud be­nutzen soll, so daß niemand genau weiß, an welchem Schreibtisch der Zar gerade arbeitet.

Der berühmte Erfinder des GaSglüh- lichtS, Ritter von Auer in Wien, hat eine neue Lampe kostruiert. Es ist ein elektrisches Glühlicht, das bei gleicher Helligkeit nur halb so viel elektrische Kraft braucht als die seit­herigen Lampen. Der Glühfaden, der seither aus Platin oder Kohle bestand, wird aus Osmium hergestellt, einem selten verkommen­den Metall, das teurer ist als Gold und erst bei 2500 Grad Celsius schmilzt. (Pla­tin schmilztschon" bei 1500 Grad).

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Redaktion, Druck u. Verlag von Bernh- Hofmann in Wildbad.