Entdeckt.
Kriminal-Erzählung von C. V. Wolsshagen 6) (Nachdruck verboten.)
Stephan Mixin ging ergrimmt davon, schwur aber bei allem, was ihm heilig, daß er nicht rasten noch ruhen wolle, bis er das Dunkel gelichtet, den Bruder gerächt habe.
Er reiste nach Warschau zurück, engagierte sich aber einen Privatdetektiven, der die Sache in die Hand nehmen sollte.
Inzwischen hatte Frau Senta ihr Geschäft verkauft und zog mit ihrem Gelbe noch Wien. Vor ihr hatte Domodesf die Rheinstadt verlassen, wohin er gegangen, wußte niemand. Er war aber ebenfalls nach Wien gereist.
Stephan Mixin hatte sich, da er das Geld als reicher Mann nicht sparen brauchte, in der Person des Detektiven Schubin Po- pitsch den geschicktesten Spürhund engagiert. Popitsch reiste selbst nach der Rheinstadt, quartierte sich bei Fräulein Babette Häubchen ein und suchte hier die ersten Fäden deS dunklen Geheimnisses auszurollen. Es war vergeblich. Die Alte war stumm. Da kam Kempin ins HauS, mit dem Popitsch sich in Verbindung gesetzt. Zum ersten Male redete jetzt die Alte:
„Herr Ruschke" — so nannte sich der Detektive hier — sagte sie, „nehmen Sie sich in acht, jener Mensch, glaube ich, gehört zur Geheimpolizei!"
Popitsch lachte:
„Warum meinen Sie das?"
„Herr," entzegnete die Alte, „sein Lauern in der Straße galt gewiß der Sängerin Ada Mislow; sie ward später auch auf einer nicht ganz korrekten Sache ertappt und mußte springen, indem sie von der Theater-Direktion entlassen ward!"
„Das ist mir interessant! Nein, ich habe nichts zu verbergen; gesetzt, daß jener Herr, Kempin ist sein Name, zur Geheimpolizei gehöre, was ich bezweifele, wäre es mir gleich, ich will mit ihm, einem g'wieg- ten Goldschmiede, Geschäfte verabreden. Ich bin Juwelenhändler I"
„Ach so! Fräulein Jllona glaubte es aber!"
„Wer ist Fräulein Jllona?"
„Eine Gesellschafterin und Freundin der Sängerin Mislow!"
„Kenne beide Damen nicht, will mich aber dem Herrn Kempin gegenüber hüten!"
„So ist es recht!"
Popitsch war ein Stück weiter gekommen; er wußte jetzt, daß Fräulein Jllona, Frau Sentas Gesellschafterin, hier verkehrt hatte; wußte nun auch, wie er diese Jllona vielleicht aufspüren könne.
Er reiste bald hernach ab und machte sich auf die Suche nach der Mislow.
Diese war mit Hilfe der Theaterzeitungen bald in Graz entdeckt.
Eines Tages trat Popitsch bei ihr ein.
„Sie verzeihen mein Fräulein, ich habe im Aufträge der Familie PintaS bei Ihnen eine Erkundigung rinzuziehen: korrespondieren Sie vielleicht noch mit einem Fräulein Jllona PintaS?"
Die Sängerin sah ihn groß an.
„Allerdings mein Herr!"
„Sie verzeihen, mein Name ist Schubin Ruschke; ich bin Großkaufmann und mit
dem kürzlich verstorbenen Herrn PintaS befreundet gewesen!"
„Herr PintaS tot? Es wird die arme Jllona erschrecken! Sollte sie die Ihrigen ohne Nachricht gelassen haben?
„Es muß doch wohl der FSll sein!"
„Sie ist wieder Gesellschafterin der Frau Senta Domodesf I"
Herr Schubtn Ruschke zog sein Notizbuch :
„Darf ich um die Adresse bitten?"
„Sehr gerne! Ringstraße 2l6! Wien!"
„Ich danke Ihnen und empfehle mich gehorsamst!" Ada Mislow neigte sich Abschied nehmend.
Popitsch triumphiertet
„Sie hat also doch diesen Domodesf geheiratet? Kein Zweifel: sie hat ihn schon vorher gekannt, und er ist der Thät-r gewesen I Aber wie nur? — Ich muß sie überfallen, ihr ein kompromittierendes Wort entreißen I"
Er reiste nach Wien, streckte seine Fühlsehr vorsichtig aus und erfuhr durch Lieferanten Frau Sentas, daß diese mit ihrem jungen Galten nach Italien gereist sei, daß die Gesellschafterin aber allein im Hause weile.
„Das ist gut so!" lachte Popitsch.
Er ließ sich melden. Fräulein Jllona PintaS sah ihn verwundert an und sagte:
„Womit könnte ich Ihnen dienen mein Herr?"
Popitsch lächelte:
„Ich bin der Polizei-Geheim-Agent Ruschke aus — er nannte die rheinische Stadt — und hergeschickt — an Sie einige Fragen zu stellen!"
Fräulein Jllona erschrak auf den Tod.
„An mich, mein Herr?"
„Ja wohl, in Betreff eines Herrn Domo- deff!"
„Meines jetzigen Herrn?"
„Allerdings, denn Fräulein Babette Häubchen hat uns gesagt, daß —I"
Ich weiß von dem Tode des Juweliers nichts, mein Herr, ich war damals bereits fort l" crwiederte Jllona in fürchterlicher Angst.
„Wissen wir bereits I Aber Sie waren Vorher Frau Sentas Gesellschafterin, verkehrten mit ihr in Fräulein Häubchens Hause, wo auch Herr Domodesf —I"
„Mag sein, aber in der Mordsache weiß ich nichts!"
„Sollen Sie auch nicht I Es soll nur festgestellt werden, ob Herrn Kempin Auslage wahr ist, daß Herr Domodesf im Händchen gewesen, ist I"
„Bin ich zu der Aussage verpflichtet?"
„Wenn Sie nicht verhaftet sein wollen, ja?"
Jllona zitterte merklich:
„Nun, ja denn!"
„Oester, mein Fräulein?"
„Ja, ja wohl I Oester, mein Herr I"
Sie stand unter dem Einflüsse der Augen des Detektiven wie im Banne einer Schlange.
„Er war also Frau Sentas Liebhaber ?"
„Das weiß ich nicht! Aber er war vor ihrer ersten Ehe ihr Verlobter und ist jetzt ihr Gatte l"
„Wohl die Sache ist ja völlig unschuldiger Natur! Schweigen wir ganz darüber! Sie wußten nicht, was zwischen den beiden verging, Sie waren nicht dabei?"
„Niemals!" Verzeihen Sie die Störung! Empfehle mich!"
Er ging, Jllona fiel ein Stein vom Herzen. Nach und nach ward sie nun ruhiger und zuletzt ward sie nun ruhiger und sah zuletzt klar ein, daß ihr eine Falle gelegt worden war. Sie legte deshalb ein volles Sündenbekenntnis in einem Briefe ab, den sie nach Rom an Frau Senta adressierte.
Bald kam die Antwort zurück: Jllona habe eine Dummheit begangen, die aber nichts weiter auf sich habe. Sie brauche nur im Falle einer Vernehmung die volle Wahrheit zu sagen, das könne Niemand Schaden lhun, am allerwenigsten aber, Senta, oder ihrem Gatten.
Nun ward Jllona völlig ruhig.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Ein bekannter Münchener Rechtsanwalt erließ kürzlich eine Anzeige, in der er für Stenographie und Schreibmaschine eine junge Dame suchte. Er bestellte alle Bewerberinnen an einem bestimmten Tage nm dieselbe Zeit in seine Schreibstube. Der Anwalt, der eine tüchtige Kraft suchte, erklärte den anwesenden 30 Damen, er könne bei der großen Zahl der Bewerberinnen nur schwer die Wahl treffen, er bitte daher diejenigen Damen, welche für monallich 80 ^ arbeiten wollten, auf die linke Seite zu treten. Die weitaus größie Hälfte der Damen that dies. Hierauf sagte der Anwalt, daß er mit Dank auf ihre Hilfe verzichte, da er ein wirklich tüchtiges Mädchen suche, das er aber für 30 schwerlich bekommen dürfte. Dann nahm er mit den übrigen Bewerberinnen eine Prüfung vor und stellte schließlich die Tochter einer armen Wtlwe mit einem Gehalt von 85 an.
— Eine solide Stadt. Die solideste Kindt der Weit ist sicher das kleine Woen- schrecht in der Provinz Brabant. Da entschied sich jüngst auf ein Rundfrage-Schreiben des Magistrats hin ein Drittelt der Bürger für einen „Zehn-Uhr-Schluß" der Restaurants, zum Schrecken der Gastwirte.
— In England gtebt es mehr Säufer als in Rußland. Allein in London wurden im vorigen Jahre 10 685 betrunkene Frauenspersonen in den Straßen anfgelesen und zur Polizei gebracht. Unter ihnen befanden sich 3311 Gewohnheitslrtnkerinnen, d. h. solche, die bereits mehr als sechsmal wegen Trunken» heit bestraft worden waren. Wegen der lückenhaften Gesetzgebung konnten nur 76 der Verkommenen in Trinker-Asylen untergebracht werden.
(Annonce.) Bitte meiner Frau nichts mehr zu borgen, sondern mir, da ich für nichts aufkomme.
— Eine graphische Darstellung der Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen ist von Bauamtswcrkmeister Hammer in Stuttgart hcrausgegeben worden. Sie rubriziert die einzelnen Wahlbezirke und ihre Vertreter unter die im Landtage vertretenen Parteien, so daß die Stärke der letzteren sofort ersichtlich ist. Ergänzt wird die Liste du^ch Tabellen über den Wahlausfall in d'cn vier Kreisen Württemberg und die Gefamisttm- mmabgabe für die einzelnen Parteien, sowie durch Auszählung der Privilegierten.' Preis 20 Zu haben bei G. Riexmger, Buchbinder.
Redaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hosmann in Wtldbad.