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Dem Beschlüsse der am 28. Okt. 1900 im Gasthof zum Bären in Neuenbürg stattgehabten Ver­sammlung von Männern verschiedener Berufsklassen und Erwerbsstände, sowie sonstiger an mich gestellter Ansuchen Folge gebend, habe ich mich entschlossen, eine Kandidatur für die bevorstehende Landtagswahl an­zunehmen, und bringe ich hiermit mein

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zur öffentlichen Kenntnis.

Ich würde eintreten:

1) für die ausgiebigste Wahrung der württemb. Sonderrechte als Bundesstaat des Deutschen Reichs, insbesondere auch für die Selbständigkeit der Eisenbahn und Post;

2) für die Beibehaltung des allgemeinen gleichen und geheimen Wahlrechts;

3) für die Wiedereinbringung der Berfaffnugs- revifio«, die bezweckt, unsere zweite Kammer in eine reine, aus der geheimen Wahl hervorgegangene Volksvertretung umzuwandeln, und die den Mit­gliedern der ersten Kammer das Stimmen-Ueber- tragungsrecht verbietet; ferner für die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher, unter Berücksichtigung der erworbenen Rechte der im Amte sich befindlichen, sowie für die periodische Wahl derselben;

4) für die alsbaldige Wiedereinbriuguug der Steuerreform im Sinne des gescheiterten Ent­wurfs, für die Einführung der progressiven Ein­kommensteuer, unter gänzlicher Freilassung der kleinen Einkommen, für Herabsetzung der Ertrags­steuern und Abzug der Schuldenzinse, für die Er­leichterung des Ackerfelds und Weinbergs beim Steueranschlag, für die Abschaffung des Umgelds der Wirte; als Ersatz dafür eine gerechte Ge- tränke-Einlagesteuer, sowie die höhere Besteuerung der ganz großen Vermögen, die weitere Ausdehn­ung der Erbschaftssteuer unter Heranziehung der Abkömmlinge bei großen Erbschaften, die höhere und durchgreifende Besteuerung der Waren- Häuser und Grotzbazare;

5) für die Wahrung der Rechte des Staates gegen­über der Kirche und Schule, für die Glaubens­und Gewissensfreiheit aller Religionen, für die fachmännische Schulaufsicht, für die Verbesserung der Ausbildung und Stellung der Lehrer;

6) für die wirtschaftlichen Interessen des Mittel­standes in Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, unter besonderer Berücksichtigung der kleinen Be­triebe, da ich in der Wohlfahrt dieses in unserem Vaterlande stark vertretenen Standes die Grund­lagen eines gesunden Volkslebens erblicke, zum Zweck der Hebung dieses Standes bin ich für die Errichtung einer Zentral-Genossenschaftsbank, die durch Gewährung von billigem Kredit die Lage desselben zu bessern hilft;

7) für die größtmögliche Abgabe von Waldstren, soweit es in forstwirtschaftlichen Interessen eben möglich ist, damit dem Kleinbauern wenigstens da­durch eine Erleichterung geschaffen wird, für die Uebernahme unserer Vizinalstraßen durch den Staat und für eine Revision unserer Bauordnung;

8) für die andauerndeBefferstelluug unserer Staats- Uuterbediensteten, damit ein zuverlässiger und tüchtiger Beamtenstaud dem Staate erhalten wer­den kann; für die Beibehaltung des Versamm- lungsrechts unserer Arbeiter, sowie für die Wei­terentwicklung unserer Arbeiterschutz-Gesetzgeb- ung.

Als unabhängiger Mann, frei nach oben wie nach unten, stehe ich, wie schon seit vielen Jahren, auch jetzt noch auf dem Boden der lieberalen beziehungsweise der deutschen Partei treu zu Kaiser u. Reich, besonders aber zu unserem König und unserem württembergischen Heimatlande.

Es sind dies meine hauptsächlichsten Anschauungen, von denen ich bei einer eventuellen Wahl mich leiten ließe, und daß ich diese auch halten und mit Uebezeugung vertreten würde, dafür glaube ich mit meinem Namen und meiner Person bürgen zu können.