beitrrfamilie durch einen Schuß in den Kopf getötet worden. Die Eltern des getötete» Kindes waren gerade bei der Hochzeit eines nahen Verwandten und während dessen kamen die beiden Burschen mit einer Zimmerbüchse in die Stube, machten damit allerlei Manipulationen und wollten schließlich die Waffe einander entreißen. Hiebei ging der Schuß los und traf den Knaben in die linke Schläfe, so daß er sofort niedersank und gleich darauf sein Leben aushauchte. Einer der Thäter ist sofort flüchtig geworden, der Andere wurde verhaftet.
Friedrichshasen, 18. Juni. Der Aufstieg des Zeppclin'schen Luftschiffes wird unwiderruflich in den letzten Tagen des Monats Juni oder Anfang Juli und zwar schon in den frühen Morgenstunden stattfindcn, so daß die Zuschauer gegen 8 Uhr vormittags an der Auffahrtsstelle bei Manzell eintreffen müßten. Wie verlautet, werden die Dampfschiffverwaltungen voraussichtlich Extrafahrten von deutschen und schweizerischen Uferorten nach der Luftschiffswerfte machen. An der ersten Fahrt in dem Luftschiff sollen sich beteiligen : der Erfinder Graf Zeppelin, sein Oberingenieur Kübler, Professor Dr. Hergesell aus Straßburg und 2 Monteure.
Vom Bodensee, 19. Juni. Laut den Kulturberichten aus den obstbautreibenden Gegenden der Schweiz ist der Fruchtansatz sowohl beim Beeren- als auch beim Kern- und Steinobst fast durchweg ein reichlicher. Der Schaden, deu die kritschen Tage Ende März und Mitte Mai zur Folge hatten, war verhälniSmäßig gering.
Pforzheim, 18. Juni. Heute früh versuchte der 33 Jahre alte Vorarbeiter am städtischen Gaswerk Wilh. Faas sich mit einem Rasiermesser den Hals abzuschneiden. Darauf wollte er sich von Haus entfernen, um sich in die Enz zu stürzen. Doch wurde er noch von einem Hausbewohner zurückgehalten. FaaS gab aber an, man solle ihn gehen lasten, er wolle sterben, denn seine Frau sei heute nacht plötzlich gestorben. In der That stellte sich heraus, daß die Frau FaaS tot in der Wohnung lag. Bei näherer Untersuchung stellte sich aber noch weiter heraus, daß die Frau augenscheinlich gewaltsam ums Leben gebracht wurde. Faas hatte gestern abend mit seiner Frau Streit und dabei scheint er sich in der Wut an seiner Frau schwer vergriffen zu haben. Die Sache wird sich jedenfalls heute aufklären. FaaS wurde vorläufig ins Krankenhaus verbracht
Mühlacker, 19. Juni. Im nahen Göbrichen wurde gestern früh die Frau des Landwirts Hofsäß während des Fütlerns ihres VieheS von einem Pferd derart an den Kopf geschlagen, daß sie sofort verschied.
Wilhelmshaven, 19. Juni. Der Kaiser befahl die Mobilmachung de- zweiten See- bataillonS zur Entsendung nach China. Das Bataillon besteh! aus 1200 Mann, hat seinen Standort in Wilhelmshafen. Kommandeur deS Bataillons ist Major v. Kronhclm.
Kiel, 19. Juni. Die Marine-Infanterie, bestehend aus dem ersten und zweiten Seebataillon , ist mobil gemacht und geht auf dem Dampfer „Fürst Bismarck" unter Generalmajor v. Hopfner in kürzester Frist nach China ab. Die Kriegsstärke dcS Bataillons zu sechs Kompagnien soll 1400 Mann betragen.
London, 19. Juni. (Reuiermeldung.)
Japan beschloß, sofort 3000 Mann nach China zu senden.
Simla, 19. Juni. (Reutermeldung.) Es ist beschlossen worden, nach China 6 Regimenter eingeborener Truppen, eine Kompagnie eingeborener Pioniere und eine Batterie Artillerie zu senden.
London, 20. Juni. „Daily Expreß" meldet aus Schanghai vom 19. ds.: Bei dem Kampfe um die Forts von Taku fielen 700 Chinesen in den Forts, 100 wurden im Lande bei ihrem Rückzug von deutschen und russischen Mannschaften gefangen genommen. Die Deutschen und Russen nahmen den chinesischen Dampfer „Haiyfang." In Schanghai verlautet, die russischen Entsatztruppen, die über zahlreiche Geschütze verfügen, seien Vor den Thoren Pekings ein- getroffen uud hätten die Stadt sofort von 2 Seiten angegriffen.
Berlin, 20. Juni. Auf Befehl des Kaisers werden beide Seebataillone durch Freiwillige aus der Armee auf Kriegsstärke gebracht und für den Transport nach China vorbeireitet. Außerdem soll das Personal für 6 bespannte Geschütze von Kiautschou gestellt und eine vollständige Batterie mit dem Personal des Außenbestandes der Armee abgegeben werden.
Berlin, 21. Juni. Als Tag der Abfahrt für die beiden für den Transport nach China gecharterten Dampfer „Wittekind" und „Stuttgart" ist der 3. Juli in Aussicht genommen. Der deutsche Kaiser hat b-foblen, daß auch ein Detachement Pioniere nach Maßgabe des verfügbaren Raumes In der Stärke von etwa 1 Compagnie eingeschifft wird.
— Der verlobungslnstige Ehemann. Als ein netter Ehemann erwies sich ein Friseur aus Leipzig, der sich in Delitzsch auf Arbeit befand. Dort knüpfte er mit einem jungen Mädchen ein Liebesverhältnis an, obgleich er in Leipzig eine Frau mit zwei Kindern besaß. Er trieb die Kühnheit soweit, sich mit dem Mädchen zu verloben und die stattgehabte Verlobung durch Anzeigen und in Z-ttungen seinen.Bekannten milzuteilen. Laut der Anzeige sollte der glückliche Bräutigam aus Baden sein. Doch erhielt seine Braut bald auf eigenartige Weise den Beweis, daß er aus Leipzig stammte. Die Gattin des Friseurs hatte nämlich Kunde von dem Streiche ihres Adolf erhalten. Sie machte sich sofort auf den Weg nach Delitzsch, und der Zufall wollte es, daß sie das junge Paar schon auf dem Bahnhof traf. Durch rne mitgebrachte Photographie konnte die Frau dem jungen Mädchen ihre älteren Ansprüche beweisen, denn auf dem Bilde prangte sie mit zwei Kindern neben dem — Neuverlobten.
— Die Rache der Ehefrau. Ein aufregender Vorfall spielte sich dieser Tage in dem belgischen Dorfe Nylen bei Antwepen ab und verursachte in der ganzen Umgegend großes Aufsehen. Eine Bäuerin Namens Urban, die seit wenigen Monaten Witwe ist, hatte intime Beziehungen mit einem ihrer Nachbarn, einem verheirateten Manne und Vater von 5 Kindern, angeknüpfi. Der Skandal, den daö Derhältniß hervorrief, bewog die Bäuerin zu dem Entschluß, da- Dorf zu verlassen und nach Antwerpen übrrznstedeln. Als nun der Umzug mit Hilfe deS Liebhabers bewerkstelligt werden sollte und die beiden eifrig mit Packen be-
t schäfiigt waren, erschien plötzlich die vernach« j lässigte Gattin des hilfsbereiten Verehrers. Ihr auf dem Fuße folgte eine Schaar von nahezu hundert Bauern, die zuerst über den ehebrecherischen Mann herfielen. Nachdem sie ihn halbtot geschlagen halten, begannen sie alles im Hause zu zertrümmern. Die Witwe verbarg sich in ihrer Angst hinter aufgtürmten Bettstücken und Matratzen. Man zog sie jedoch hervor, stieß sie die Treppe hinunter, knebelte sie und führte sie eine Stunde lang durch alle Dorfstraßen, in denen sich die Bewohner angesammelt hatten und ihr nach Herzenslust Beschimpfungen ongedeihen ließen. Vor jedem Wirtshaus« hielt der Trupp an, um sich zu stärken und Madame Urban wurde gezwungen, die Z-che zu bezahlen. Diese häufigen Erfrischungen veranlaßten eS natürlich, daß die Wut der Bauern bis zur Tollheit ausartetc. Die Betrunkenen rissen der Unglücklichen die Kleider vom Leibe, banden sie an einen Baum und peitschten sie bis aufs Blut. Dann wurde sie an einen Pflug gespannt, vor dem sie jedoch besinnungslos zusammensank. Das Nahen einiger Dorfgendarmen bewog die brutalen Lynchrichter endlich, ihr Opfer loszulassen. Es ist wenig Hoffnung vorhanden, die grausam Mißhandelte am Leben zu erhalten. Polizeibeamte aus Antwerpen haben sich nach Nylen begeben, um die Hauptschuldigen zu verhaften.
— Eine schwimmende Kirche. Zu dem schwimmenden Hotel und dem schwimmenden Theater gesellt sich eine schwimmende Kirche, die jetzt in England zu finden ist. DaS Kirchspiel Holms in der Diözese Ely hat sich infolge der Trockenlegung der Moore, besonders deS berühmten Whitffesea Mere, derartig ausgedehnt, daß etwa die Hälfte der Bevölkerung praktisch außerhalb des Bereiches der Kirchspiclkirche wohnt. Damit der Vikar aber auch zu diesen Pfarrkindern gelangen kann, benutzt er eine Art Hausboot, das von Ort zu Ort auf dem großen Moor- kanal, der drei Viertel dis Kirchspiels umzieht, bewegt werden kann. Die als Kirche ausgesjattete Barke ist mit einer kleinen amerikanischen Orgel, einer tragbaren Kanzel und einer Einrichtung für die Erteilung des Abendmahles u"d die Vollziehung der Taufe versehen. Der Platz reicht für 40 Personen. Bei s-önem Wetter können alle Fenster auf einer Seite g öffnet werden und andere Zuhörer vom Kanalufer aus am Gotlesdtknst tcilnehmen.
— Vom „alten Peter." Wieder „alte Peter" — so hieß der jetzt verstorbene Großherzog von Oldenburg im Lande allgemein — über Majestätsbeleidiguvg dachte, geht aus folgender Thatsache hervor. War da vor Jrhren ein Handwerksbursche wegen „Beleidigung" des Großherzogs angeklagt und zu mehreren Monaten verurteilt worden. Das hatte der Fürst aber kaum gelesen, als er auch schon den kategorischen Befehl gab: „Sofort laufen lassen; kann mich nicht be- leidigen I Wenns ihm im Oldenburger Lande nicht gefällt, mag er weiter gehen I" Der arme Teufel wurde alsbald in Freiheit gesetzt.
.'. (Scharfe Bewachung.) Herr: „Nur ein einz'geS Küßchcn, Fräulein I" — Fräulein : „Unmöglich! Sch'n Sie dort geben sechs Sieben achtl"
«L' Hiezu eine Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann i« Wtldbad.