Mo Sirene.

Novelle von F. von Limpurg.

2) (Nachdruck verboten.)

Ein Brautkranz, Jutta I Du wirst hei­raten im neuen Jahre," jubelte die übermütige Gesellschaft und Anna umschlang die Freun­din enthusiastisch, um ihr Glück zu wünschen.

Aber Kinder, seid doch nicht thöricht," lachte Jutta etwas verlegen,noch hat eS ja nur die Sylvesternacht prophezeit und über den Herrlichsten von Allen, für den ich den Myrtenkranz aufsetzen soll, schweigt daS Bleistückchen."

Halt, ich weiß etwas", rief Anna,Du mußt eine Apfelschale überden Kopf werfen, so kommt der Anfangsbuchstaben des Zu­künftigen heraus."

«Gut, gieb her", und gleich darauf schleuderte Jutta die Schale über ihr blondes Lockenköpfchen, daß sie weit hinein ins Zim­mer flog.

Ein K, Jutta, sieh doch; eS ist ganz unverkennbar" klang eS zu ihr hin, welche jetzt neben dem schweigenden Kandidaten stand, da die andren sämtlich zu dem Orakel hin- geeilt waren.

Konrads" schien es jetzt zu klingen. Hatte er sich getäuscht oder zitterte eS wirk­lich wie ein Hauch an sein Ohr, sein Herz; ihr Blick traf ihn von neuem und er meinte einen Seufzer zu vernehmen, der den rosigen Lippen entquoll. Dann schritt sie langsam graziös wie eine Elfe zu dem lachenden Mädchenkrei« hin, während Baumann sich hastig, ungesehen von den anderen, bückte, am Boden lag eine blaue Schleife und die Stelle in den blonden Locken Juttas, wo dieselbe vorhin gestickt, war leer. Armer Konrad, hottest Du denn noch niemals von Eirenen gehört, deren Blicke zu Tode ver­wunden können I

Die Thüren zum Eßzimmer öffneten sich und tiefaufatmend wandte sich der junge Forstmann zu Anna.Darf ich ste heute führen?" srug er leise, erregt,eS ist eine ernste Stunde, die wir anlreten, und ich möchte, daß wir ste gemeinsam verbringen."

Gerne, gerne Konrad", flüsterte ste weich und legte die kleine Hand aus seinen Arm,ich wollte, daß alle, alle Menschen mein Glück wüsten, welches Ihre Liebe mir bereitet."

Er schaute hinüber nach der strahlenden Jutta, und die blaue Schleife brannte wie Feuer auf seiner Brust, aber wie um die Versucherin abzuwehren, drückte er die kleine Hand, die auf seinem Arme lag, fester an sich und entgegnete feierlich:Sie sollen es bald erfahren, liebe Anna, ich will in den nächsten Tagen Ihre Eltern bitten, mir Ihr Glück und Ihre Zukunft anzuvertrauen."

Heller schienen die Lichter aufznflammen, lauter das Plaudern und Lachen der f> üb­lichen Gesellschaft zu klingen, wenigstens für Anna und ste neigte, demütig in reinstem Glück, das Köpfchen, während eine Thräne in ihren Schoß fiel.

Ich verdiene seine Liebe nicht", dachte sie bei sich,aber ich will'« ihm danken, daß er mich schlichtes Mädchen erwählte, danken mit meinem ganzen Leben, das nur für ihn geweiht sein soll."

Die Gläser stießen zusammen, auch Konrad Baumanns und Juttas, aber seine Hand halte dabei gebebt und ein Tropfen

purpurfarbenen Getränks fiel auf daS Dafel­tuch.

DaS bedeutet Herzeleid", raunte ein junges Mädchen am Ende der Tafel ihrer Nachbarin zu, dock schon übertönte Juttas Lachen die trübe Prophezeiung.

Sie find zerstreut, Herr Baumann I Denken Sie auch darüber nach, welches Glück Ihnen daS neue Jahr bringen soll? Wer weiß, welche Augen Ihnen soeben vor- schwcbten."

Er wogte nicht zu der Sprecherin hin­zusehen , denn eS waren ja ihre grauen Sterne, die ein verzehrendes Feuer in seinem Herzen angefacht hatten fast schien eS schon zu spät, dasselbe ouszuiöschen l Verwirrt wandte sich Anna ab, eine dunkle Röte färbte ihr Antlitz, denn ste meinte, die Freundin habe erraten, was in ihrem Innern ihres Nachbarn vorging. Und drüben wischte sich die gute Frau Amtmann eine Thräne aus dem Auge und seufzte bei sich:Gott behüte die Kinder und lasse sie recht glück­lich werden."

Nach dem Essen begann die junge Welt zu tanzen, während die Herren sich zu Karten­spiel und die Damen zu Häckelarbeiten zu­sammen setzten.

Anna", sagte Jutta, die Freundin in eine Fensternische ziehend, al» ste in einer Pause glühend und atemlos sich zurückzog, gtaubist Du an meinen Myrtenkranz?"

Weshalb nicht? Du bist schön, vor­nehm und klug, Jutta, Du findest wohl mehr wie einen Freier in der Welt."

Aber ich bin schon achtzehn Jahre alt und Mama hat mich zwei Saisons über im See­bad Norderney auSgesührt, ohne daß ich geheiratet habe."

Nun, ohne Liebe würdest Du doch auch keinen Gatten wählen."

Hm Nun wenn er reich und vornehm ist, muß man sich diePartie überlegen. Du weißt daß wir kein großes Vermögen haben, zudem bin ich keine sentimentale Natur, die nacheiner Hütte und seinem Herzen" verlangt. Ich denke darin sehr realistisch und wenn jener ,K" ein Wappen­schild und viel Gold besitzt, so bedenke ich mich nicht lange."

Jutta, mit solchen Grundsätzen wirst Du unglücklich werden; bedenke"

Ah bah, noch ist's nicht so weit! Jetzt tanzen und hoffen wir. Den nächsten Tanz habe ich mit deinem sentimentalen Herrn Kandidaten; bist du eifersüchtig, Anna?"

Nein," entgegnete Anna ruhig und blickte die Freundin mit feuchten Augen an, denn ich weiß, daß Konrad mich liebt. Du bist die erste, welche unser Geheimnis er­fährt, aber in nicht langer Zeit sollen eS alle Menschen wissen."

Er liebt Dich I" Deklamierte Jutta patetisch.Wie schwärmerisch das klingt, und wie meine schüchterne Anna noch auf dies Wort Felsen baut! Wer weiß! Der Herr Kandidat begegnet vielleicht noch einem anderen Weibe, dem er dann sagt:Ich liebe Dich."

O Jutta," rief Anna erschrocken und Thränen standen in den braunen Augen des armen Mädchens.Weshalb bist Du so herzlos und trübst mir mein Glück. Ich sehe dem neuen Jahr so herzensfroh ent­gegen."

Um den blossen ForstamtS-Kandidaten

beneide ich Dich auch keineswegs," fiel ihr Jutta herb ins Wort und drihte sich um, ah da kommt er, mich zur Francaise zu holen, auf Wiedersehen!"

Anna blieb zurück, noch zitterte eine Thräne an ihrer Wimp'r und da« Herz zuckte leise unter der Nachwirkung jener lieb­losen Worte.Und ich werde dennoch mit ihm glücklich sein," flüsterte ste vor sich hin, weil ich ihn liebe und nichts verlange, als seine Gegenliebe. Arme Jutta, mir bangt für deine Zukunft, denn sic ist auf Ehrgeiz und irdischen Vorleil gebaut, aber die Stunde kommt auch für Dich einmal, wo die Liebe heiß an Dein Herz pocht vielleicht wenn eS zu spät ist!"

(Fousetzing folgt.)

Verschiedenes.

Preusische Genauigkeit. Der Restau­rateur vom Dammthorbahnhof in Hamburg Peter Harms, erhielt vor Kurzem mit dem Stempel der Königl. Sitderkammer in Ber­lin eine Postanweisung über 10 um die Herr Harms sich für die Beköstigung des Kaisers und dessen Hofstaat bei seiner letzten Anwesenheit in Hamburg zu seinen Ungunsten verrechnet hatte. Herr Harms hat den be­treffenden Abschnitt der Postanweisung vom 2. November 1899 als historisches Andenken mitsamt dem von der Post ausgehändigten 10 ^s-Stück in feinem Nestaurationssaat an die Wand nageln lassen.

Ein seltsames Testament ist das des alten Frl. Edith Moore. Die Dame war seit Jahren an allen Gliedern gelähmt und unfähig zu sprechen. Ihr Zustand ver­schlimmerte sich, und ste konnte, nach dem Ausspruch der Aerzte, nur noch einige Tage leben. Wie sollte sie nun ihr Testament machen? Da kam ihr Notar auf einen Sinn­reichen Einsall. Er nahm zwei Spiele Kar­ten; auf die Rückseite des einen schrieb er: Schmuckfachen, Möbel, Silbergegenstände, und auf die Rückseite des anderen die Namen der nächsten Verwandten deS Fräuleins, Dann nahm er die Karten, worauf die Worte Schmucksachen u. s. w. standen, in die linke Hand und hielt ste der Sterbenden vor die Augen; mit der rechten Hand ließ er die Namen der Verwandten vorüberztehen. Be­merkte nun der Notar ein zustimmendes Augenzwinkern der Sterbenden, so schloß er earaus, daß das Fräulein den Gegenstand in der Linken der auf der Karte in der Rechten bezeichneten Person zu vermachen wünschte und schrieb daraus: die Juwelen >ür Frau L, die Silbersachen für Frau v. Z)., u. s. w. Die Hinterbliebenen fochien zwar, so erzählt dasJournal des DebatS" das Testament an, aber das Gericht entschied für seine Gültigkeit, ja eS beglückwünschte den Notar zu seinem sinnreichen Verfahren.

(Ungerechter Vorwurf.) Herr:... Das ist ein altes Sprichwort: Undank ist der Welt Lohn!" Dichterin:Das könnte ich nicht behauplen. Ich dichte schon seit zehn Jahren, bekomme aber meine Sachen immer mit bestem Dank zurück!"

(Bloß.) «Ist bei dem Brande Ihres Hauses und Hofeö auch irgend ein Leben vernichtet worden?" Bauer:Unser Vieh haben Wir alles retten können, nur a Som­merfrischler is verbrannt."

Redaktion, Druck und Verlag von Be r nh. Hofmann in Wildbad.