Die Schachermühle.

Eine bayerische Dorfgeschichte von Fr. Dolch- 3) (Nachdruck verboten.)

Inzwischen war eS völlig Nacht gewor­den. Als Walpi sich der Mühle, aus deren Fenster roter Lichtschein in die Dunkelheit fiel, näherte, rannte ihr der große Hofhund mit gewaltigen Sätzen entgegen und sprang freudig winselnd an ihr empor.Bist da, TiraS?" rief das Mädchen halblaut, den struppigen Kopf deS Tieres streichelnd.Hast Zeistang g'habt nach mir, gel'? Und Hunger wirstauch hab'n, du armer Kerl! Na wart', du kriegst jetzt nachher gleich dein Fressen! Die Andern schau'n ja doch net nach dir!"

Sie schob den Karren in den Stadel und schlüpfte in den daneben liegenden Knh- stall. Die magere Kuh, die in demselben stand, empfing sie mit freudigem Gebrumm und fiel dann gierig über das GraS her, das das Mädchen in die leere Krippe warf. Nachdem sie auch nock den Hofhund mit Futter versorgt, begab sie sich ins Haus, und trat in die Küche. Ein stämmiges, verwahrlost aussehendes Weib stand am Herde, grell beleuchtet von den lodernden Flammen.No, kommst dengerst (doch) »mal?" rief sie der Eintretenden unwillig entgegen.Du brauchst weiter net lang zu so ein'm lumpigen Füderl GraS! In der Zeit hält' ich die Arbeit zwanzigmal gelhan. Mach' weiter, rühr Dich a bist! Trag's Geschirr hinein in d'Stub'n und deck' auf. Die Andern drin warten schon lang auf d' Suppen!"

Walpi gehorchte stillschweigend dem Be­fehle und trat in die Wohnstube. Auf dem alten Eichentische in der einen Ecke stand rin Helles Oellämpchen und warf seinen röt­lichen Schein auf das gefurchte Antlitz eines alten Mannes, dir am Tische saß und finster in dir Flamme starrte. Neben dem großen Kachelofen aber, der wie ein kleines Häus­chen sich in der andern Ecke breit machte, kauerte ein junger Bursche, der das sechs- zehnte Lebensjahr wohl noch nicht erreicht haben mochte. Sein Gesicht war auffallend hübsch, aber um den roten Mund lagerteein trotziger Zug, und die dunklen Augen blick­ten keck unter der schwarzen Zipp-lmütze, dir er tief in die Stirne gezogen hatte, hervor. Er war eisrig beschäftigt, den Lauf eines Ge­wehres, das an der Ofenbank lehnte, einzu- -len, und mit einem Lappen zu reinigen.

WaS ist's jetzt mit der Kocheret?' brummte der Alte mürrisch, während das Mädchen ein grobes Tuch über den Tisch breitete.Kann man bald ebbaS z'sih'n krleg'n? Es iS doch schon zum Teufelhslrn, alle Tag' schter nix anders mehr als a auf- g'schmalzene Wassersupp'a und Erdäpfel! Das iS a Fressen für d' Säu' und net sür ein' hungrigen Menschen. Und der HieSl laßt sich auch wieder amal net srhn'n I Wo iS er denn eigenst,'?"

Wo er net sein sollt'," sagte das Mäd­chen kurz.Wildschteß'n iS er 'gangen. Wtrst's seh'n Vater, das treibt er so lang, bis er amal nimmer heimkommt!"

Da iS mer net bang," knurrte der Müller.Der Bub' hat Augen wie a Luchs und schießt bessir wie d' Jager, der laßt sich s» leicht nicht übertölpeln. Und er macht mir doch alleweil noch lieber ein Wildschütz, als ein Dieb"

Der Vater hat's ja net zugeb'n woll'n," mischte sich jetzt de: junge Bursche inS Ge­spräch,daß wir zum Schafstehl'n gehen. Der Hiesl hat sich die G'schicht so schön auSg'studiert g'habt, daß gar keine G'sahr dabei g'wesen wär."

Da hat der Vater recht g'habt," sagte das Mädchen scharf.Der Hiesl iS ein nixnutziger Bursch und Du sollst Dich net alleweil von ihm verführ'n lassen, Allst"

In diesem Augenblicke trat die Müllerin mit der Abendsuppe in die Stube.Was giebt's da scho' wieder für ein Disputat," sagte sie, während sie die Schüssel auf den Tisch stellte.Dem Vater g'schicht ganz Recht, wenn er nix ander's als a Wassir- supp'n und Erdäpfel aus'm Tisch find't. Er will's net besser .hab'n I Meinst denn viel­leicht, die 'bratenen Tauben flteg'n Dir nur g'rad' so in's Maul? Wenn Du so a zartes G'wisse hast wie a Heiliger, nachher mußt schon auch, wie die Heiligen, mit Wasser und Brod z'frieden sein. Häil'st die Buben fortgeh'n lassen, nachher könnt'st jetzt ein fetten Hammelbraten verarbeiten statt die Feld­hendl da."

Sie brach in ein höhnische- Lachen aus, der Alte aber machte sich fluchend über das magere Gericht her. Mürrisch kam der junge Bursche näher und nahm neben der Schwe­ster auf der Bank Platz. Während des Essens herrschte Stillschweig; Niemand schien Lust zu haben, das vorige Gespräch wieder aufzunehmen.

Plötzlich ließ sich draußen vor dem Hause ein seltsamer Laut vernehmen.Der Hans," schrie Allst und warf den Löffel auf den T'sch. Habt's die Nachteul' 'ghört? Der Hans kommt I" Rasch sprang er empor und etlte hinaus in's Freie.

Bald darauf vernahmen die Zurückbleib­enden schwere Tritte und lachende Stimmen in der Hausflur, die Thüre öffnete sich und eine lange Gestalt schob sich in die Stube. Der Ankömmling war hochgewachsen aber ungemein mager; aus dem scharfgschnittenen Gesicht ragte eine Geternase hervor, stechende Augen lauerten unter buschigen Brauen, und die dünnen, blutlosen Lippen verzogen sich fortwährend zu einem grinsenden Lächeln. Er trug ein blaues Swudh-md, die Beine steckten in ledernen Gamaschen, und auf seinem fahldlonden Haar saß eine graue ge­strickte Mütze. Rasch sitzt« er den ansehn­lichen Holzkasten, den er als Rückenbürde trug, auf die Ofenbank nieder und warf den dicken, mit einer Eisinspitze versehenen Stock in den Winkel.

So, da wär' ich wieder, guten Abend beieinander," sagte er und schüttelte der Müllerin, die zu ihm getreten war, derb die Hand.Sakra noch amal, auf der Letzc' wär's mir jetzt bald z' dumm worden I Der verfluchte Kasten hält' mir bald das Kreuz abdruckt, und mein Buckel muß ganz grün und blau sein auf und auf. Ich geh' so­bald net wieder als Kraxmtrager auf die Wanderschaft. Aber gute G'tchäften Hab'ich g'macht, Kreuzfoxen noch amal, da kann ich net klag'n. Ich werd' euch nachher schon alles erzähl'n, z'erst muß ich aber doch die Präsenter austetlen, die ich mitgebrachl Hab'. Ich Hab' mich g'wiß net lumpen lassen, schaul's nur her!"

Er öffnete einige Schiebfächer seines Ka­stens und zog allerlei bunten Tand aus

demselben hervor; verschiedene Päckchen Ta­bak und buntgemalte Pfeiffen, grellfarbige Tücher, goldene Ringe, Halskettchen und sonstige kleine Sächelchen. Schmunzelnd nahmen die Männer die Pfeifen in Empfang, die Müllerin aber musterte mit strahlenden Blicken die ausgelegten Herrlichkeiten. Das Aufleuchten in den Augen des Weibes verriet, daß die Habsucht in ihr wohnte, und daß trotz Alter und Häßlichkeit die Putzsucht und Eitelkeit noch nicht von ihr gewichen war. Sie zog das Halstuch zurecht und strich vor dem Spiegel dos verworrene Haar glatt, dann nahm sie ein Ohrgehänge, hielt es ans Ohr und besah sich von allen Seiten.Teufel, wie das blitzt," sagte sie halblaut.Ich mein', Hans, das müßt mir gar net schlecht an- stch'n, wenn ich mich a bist z'samm' ge­richtet Hab'"

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Eine Dewey-Anekdote erzählt ein amerikanisches Blatt. AlS der jetzt so ge­feierte Admiral Kommandeur desKolorado" war, wurden zwei Matrosen wegen eines Vergehens in das Schiffsgefängnis gesteckt. Eines Tages machte Dewcy seine regelmäßige Jnspeklionstour auf dem Schiff; da hörte ec einen der Gefangenen sagen:Ich habe noch ein paar Streichhölzer in der Tasche, die bei der Inspektion übersehen wurden, ich werde den alten Kasten in Brand stecken." Dewey sagte nichts, sondern ging auf Deck und läutete die Feuerglocke. Die Mann­schaft eilte sofort herbei und erhielt die Ordre: Feuer imSchiffsgcfängniS." Sofort drangen vier Wasserstrahlen durch die Löcher in der Thür. Nur ein paar Momente vergingen, und die beiden Gefangenen, durch die un­vermutete Situation zu Tode erschreckt, schrien nach Hilfe, sie wären in Gefahr zu ertrinken. Als Dewey meinte, daß sie genug Wasser gekriegt hätten, befahl er:Feuer aus!" und bemerkte beim Weggehen zu den Beiden : Inzwischen werden die Streichhölzer wohl genügend durchweicht sein."

Welchen Wert hat ein Schnurrbart - Ein Guisbesitzer aus dem Kreise Lötzen be­fand sich vor einigen Tagen im Gasthause deS Dorfes und war wegen großer Müdig­keit am Biertisch eingcjchlasen. Diesen Zu­stand benußte der Schn deS Wirtes, um mit der brennenden Zigarre dem Gast seinen üppig gewachsenen Schnurrbart abzusengen. Als der Gast hierdurch erwachte, schlug er Lärm über denScherz" und erlichte so­fort, daß er Schadenersatz verlange. Der Wirtssohn lachte zwar zuerst hierüber; doch der Gutsbesitzer begab sich schnurstracks zum Rechtsanwalt und trug ihm die Sache vor. Dieser riet, er solle 500, ^!l Schadenersatz verlangen, worauf der Gutsbesitzer eine Klage über diesen Betrag gegen den WirtSsoha einrcichte. Es kam jedoch nicht zum Pro­zeß sondern die Parteien verglichen sich da­hin, daß der Wirtssohn das Sümmchen von 150 ^ sür den abgesengten Schnurrbart zahlte.

Nichts nachgegeben. Emmy (Lehrers- tochier):Mama, des Bäckers Gertrud hat gesagt, mein Vater sei ein Bücherwurm!" Mutter:Und was hast Du darauf erwidert?" Emmi:Dann sei ihr Vater ein Mehlwurm."

Vebakttou, Dprck> Verla« von Beruh. Hosylann in Wtltzbab.