Rundschau.

Wer von Hausierern neue Kalender kauft, sehe genau noch, ob der Kalender wirklich einer für l900 ist. Es werde - nämlich von umb rziehenden Händler», alte Kalender mit neuen Umschlägen seilgeboien. So wurde irgnidwo rin Kalen.er für 1L00 verkauft, dessen Titelblatt auch diese Jahres­zahl trug. Bei näherem Besehen stellte sich aber heraus, daß man einen Klenoer vom Jahre 1897 vor sich hatte.

Stuttgart, 9. Dez. DicF-.age der Ab­schaffung der Wuwrnkassenbclträze hat nun­mehr auch in Baden aktuelle Bedeutung er­halten, insofern die nationalliberale Kammer­fraktion in den letzten Tagen einen auf Be­seitigung dieser Beiträge abzielenden Antrag bei der Kammer eingedrachl hat. Im König­reich Bay rn hat der Landtag de» Wegfall dieser Beiträge bekanntlich bereits beschlossen. Unter diesen Umständen wird Württemberg wohl auch nicht mehr länger warten können, zumal hier ja bekanntlich ganz unverhält- ntSmäß g hohe Beiträge den Beamten auf- erlegt sind.

Wangen OL. Cannstatt, 8. Dez. Zur Vorsicht m l d m Schnhwerk mahnt folgendes Vorkommnis. Eine hiesige, junge Frau er­hielt durch einen die Schuhsohle durckst-ck- enden N-gel eine Verletzung auf der Fuß­sohle. Es trat Blutvergiftung ein und am dritten Tage erlag die BedauernSw-rte dem Wundstarrkrampf.

Eßlingen, 8. Dez. Der Famulus an der hiesigen Knabenvolksschule machte vor einigen Tagen in der Frühe die unange­nehme Entdeckung, daß ihm in seinem Ge- flügelstall von den dort befindlichen ea. 10 Enten und einer Gans d e Köpfe abze- fchnitlen waren. Die Leiber der Tiere halten der oder die Diebe liegen gelassen. Von den Thälern h t man noch k-ine Spur.

Aus dem Ermsthal, 9. Dezbr. Eine Wilddieberei macht z. Z. vieles von sich reden. Die Landjägermannschoft sondiert in ver­schiedenen Gasthöfen nach R-Hbraten. AtS sehr auffallend erschien in einem Blatt die Annonce einesGaisbock-Essevs" am Tage der Gem>i deratöwahl.

Neuenbürg. 8. Dez. Eine Seltenheit ist in dem 620 Meter hoch zwischen Enz und Aib gelegenen Torfe Dennach zu sehen. Tor! zieht ein in voller Pracht blühendes R-psfcld viele B> schauer aus der Umg'gend an. Während in den letzten Tagen düstere Nebel die Thäler cinhüllten, erfreuten sich die Höhenbewohner deS herrlichsten Sonnen­scheins.

Bitkeuseld 7. Dez. Unter den 82 Lo­kalvereinen dcö Würilem! ecgisch, n Krttger- bundes, die in diesem Jahre die vom König von Württemberg gestifteten Ennnerurgs- Medaille 1870/95 erhatten, d-findet sich auch der hi.stge Veteranen-Verein. Weitcre Ver­eine dev Enz- und Nagoldtbales,' die rhre Fahnen mri dj.sir Medaille schmücken können, sind der Bezirks-Veteranen-Verein Feldren- nach und der Krieger-Verein Unlerreichen- bach-Dennjächt.

Altenstcig, 10. Dez. Die wachsende Un- zufcietenhnt mit der vom Abgeordneten Schrempf dem Bezirk aufgedrungencn Kan­didatur Schaible hat zu einer Einigung der liberalen Wähler in Siadl und Land geführt. Zur allgemeinen Befriedigung ist es ge­lungen, eine hervorragende Kraft in dem seil 12 Zähren im Bezirk ansässigen Prostssor

Wetzel aus Nagold einen Gegenkandidaten zu gewinnen.

Dornhan, 8. Dez. Hier wurde gestern ein junger Mann beerdigt. Derselbe lief in dunkler Morgenfrühe in größter Eile einem Postwagen nach und übersah dabei ein Fuhrwerk, das ihm entgegenkam. Die Deichsel des letzteren drang ihm in den Unter­leib und nach zwei Tagen starb der Mann an den e>halten Verletzungen

Vom Schwarzwald, 5. Dez. wirr g'schrnbe»: Der Verein Sckwarzwäldcr

Gastwirte, welcher sich über die hervorragen- sten Kurorte des badischen und württemb, Schwarzwattes erstreckt und ca. 250 Mit­glieder zählt, beschäftigt sich zur Z-it mit den Vorarbeien für die Pariser Weltaus­stellung d. h den bezüglichen Vorbereitungen welche auf Hebung und Förderung des Fremdenverkehrs im Schwarzwalde in kom­mender Saison binzielen.

Pforzheim, 8. Dez. Eine Frau wollte ihre Lampe durch den Cylinder herunter aus- blascn, dadurch wurde tie Flamme in das Bassin g trieben, wodurch das Petroleum -x- plodierie und die Frau so gefährliche Brand­wunden erlitt, daß an ihrem Auskommen ge- zweifelt wird.

Ein bestialisches Weib, die 32,ädrige Marie All von Ditzingen, wohnhaft in Eut­ingen, stand dieser Tage vor dem Pforz» Helmer Schöffengericht und zwar wegen fort- ges tzter Mißhandlung ihres 5jährigen Soh­nes Albert. Eine Z-ugi» erzählte, daß die Frau einmal wie wahnsinnig den Buben ge­schlagen, ihn auf den Boden geworfen und mit den Füßen getreten habe, weil ein kleiner Leiterwagen, in dem rin jüngeres Kind lag, umgefallcn war. E-n anderes Mal habe die Angeklagte de» Knaben in unmtnschlichrr Weise mit einem Hoizprügel m ßhandclt, weil er, als er einen Karren zum Hotzholen in den Wald bringen sollte, bet d>r Turn­halle vor Schwäche eingeschlafen sei. Ein «ri'.teS mal Habeste beobachtet, wie die Mut­ter das Kind an den Ohren genommen und an die Wand geworfen habe. DeS weiteren berichtete die Z ugin, baß das Kinv fast den ganz n vorigen Winter ohne Schuhe unv Strümpse herumlaufe» maßte. In aller Frühe sei eS auf den Speicher geschickt wor­den , um Holz zu brechen. Im Sommer mußte daS Kind auf dem Speicher schlafen, jetzt schiafe es auf einem auf dem Boden der Stube liegenden Sttohsack. Als die Hausbewohner einmal den erschöpften Kna­ben auf sein Lager brachte», war c: am gan­ze» Körp r mit Spuren der Mißhandlungen betecki. Andere Zeuginnen, welche die rohe Mutter auch öfiees zur Rede stellten, be­stätigten die obigen Angaben. Zu einer Frau äußerte das entmenschte Weib einmal, wenn der Bude nicht so schlecht wäre, so wäie er schon lange .... Eines Tages warf sie den schwächlichen Knaben zur Thür auf den gepflasterte» Hrusflur hinaus und ver­setzte ihm wiederum Fußtritte. Das bestia­lische Weid leugnete, ihren Knaben in so barbarischer Weise mißhaiueli zu haben, sie sagte, ste habe ihn so gern wie ihre übrigen Kinder. Düs aber verhält sich durchaus nicht so, sondern es liegen sonderbare Gründe vor. Als die Eheleute Alt von Schwieber­dingen nach Eutingen zogen, ii'ßn ste in elfterem Orte den kleinen Knaben in Pflege zu>ück. In demselben Hause war ein gleich­altriger Knabe, der später starb. Frau Alt

aloubte nun, daß bas gestorbene Kind daS ihrige und daS andere ihr unterschoben sei. Diese Einbildung veranlaßt dann daS Weib, das Kind fortgesetzt zu mißhandeln. Der Herr Amtsanwait führte aus, daß die einzel­nen e wiesenen Vorfälle sckon genügten, die Angeklagte als eine Rabenmutter schlimmster Sorte zu kennzeichnen; er beantrage eine mehrmonatige Gefängnisstrafe. DaS Gericht erkannte auf eine Gefängnisstrafe von 10 Wochen. Der Vormundschaftsbchörde sollen o>c Akien zur Einleitung weiterer Schritte übergeben werden. Wundern muß man sich, daß die Mißhandlung des armen Kindes forlges-tzt gesch-hen konnte, ohne daß der Ehemann kingriff und ohne daß die Behörde Abhilfe schaffte. Eutingen ist doch nicht so groß, daß eS nicht bald allgemein bekannt würde, w nn ein verroht s Weib ihr eigenes Kind fortgesetzt auf daS grausamste miß­handelt.

Neustadt a. d. H., 5. Dez. Nach einer imPfälz. Kur." veröffentlichten Zusammm- ittllnng giebt eS in derPerle der Pfalz" nicht weniger als 160 Vereine und Ver­einigungen. Ebenso viele Wirtschaften sind Vier ohne die etwa 25 Straußwirlschafteu Oogenannie Deicheln) in denen nur das Eigengewächs des Winzers verabreicht werden oarf. Bei 16 000 Einwohnern kämen also auf elwa 100 Einwohner ein Verein und. eine Wirtschaft. Das genügt wohl vorder­hand.

Berlin, 8. Dez. Die Enthüllung des Bismarck Denkmals vor dem Reichstagsge- bäudr ist auf den 1. April 1901 angesetzt.

Von einer Unsumme menschlichen Elends in der Weltstadt Berlin gievt der Polizeibericht vom vorigen Samstag Kunde. An diesem einzigen Tage begingen 10 Men­schen Selbstmord. Als letzter erschoß sich abends 10 Uhr in einer Restauralion ein Student Neuland.

Die Stadt Berlin hält 1200 Stra­ßenreiniger. Diese haben im Jahre 1898 30 000 Besen für je 1 20 ^ gebraucht.

Insgesamt kosteten die Straß nkehrergerät- 'ck asten 86 000 ^ Die täglich zu reinigende Siraßenfläche umfaßt 3 Millionen Quad­ratmeter.

Es werden Unteroffiziere durch Z itungS-Juserate gesucht, nicht etwa für die englischen Truppen in Südafrika oder für d,e französische F emdcnlegion, sodern für die königlich bayerische Armee. Nun, wird Mancher sagen, das ist nichts so arges, solche Fälle kenne ich mehrere. Gewiß, Bezirks- kommandos sucht» ab und zu Schreibt» Unteroifiziereauf desem nicht mehr unge­wöhnlichen Wege," MustkkorpS suchen Ho­bo-sten und Trompeter, aber daß Truppen- Unterojftzierr durch die Z iiung gesucht werden, das dürste bei uns, demVolk in Waffen" , doch ein Unikum sein. Die 1. Kompagnie des k. b. 16. Jnfanterie-Regi« menig in Landshut braucht zwei Unteroffizier« zu sofortigem Eintritt, was ste durch die Zeitung bekannt giebt. Unteroffiziere die "icht unter 1,70 Meter groß sind, tadellos« Rührung aufzuweisen haben u. gute Schützen sind, wöaen sich melden.

Fürst Herbeet Bismarck leidet so schwer an Gicht und Rheumatismus, daß er die rauhe deutsche Winttreufl nicht vertrage» kann. Er ist zu längerem Aufenthalte nach dem Süden abgsreist. Vor einigen Wochen war er erst aus SüdsrankrriH hümgekehrs,