statt, auf deren Markung der Nordbahnhof liegt, Gebühren erhebt, wodurch der Obsthandel sehr erschwert und verteuert wird. Nun soll, um diesem Uebelstande zu begegnen, der Mostobstmarkt Heuer auf den Westbahnhof Verlegt werden, der hinreichend erweitert worden ist, so daß der Platz selbst durchaus geeignet erscheint. Die Stuttgarter Straßenbahn will nun, um ihrerseits den Ab- und Zugang zum Westbahnhof zu erleichtern, was für den Obsthandel von großer Bedeutung ist, ihre Wagen bis zum Westbahnhof laufen lasten und eS sind auch schon alle Vorbereitungen in der Hauptsache fertig. Nun aber stellt sich ein sehr ärgerliches Hindernis für die baldige Eröffnung dieser Teilstrecke in den Weg. Verschiedene Neubauten an der Rvtenwalcstraße, die zum Westbahnhof führt, sind noch nicht fertig und zu allem hin werden auch Kanäle quer über die Straße gegraben. Unter diesen Umständen ist noch nicht abzusehen, ob die Straßenbahn ihre neue Linie noch in diesem Herbst rechtzeitig eröffnen kann.
Calw, 17. Septbr. Vom Kommandeur deS 3. Bat., Infanterie-Regiment Nr. 138, wurde dem hiesigen Sladtschullheißenamt heute folgendes Schreiben zugesandt:
Straßburg i. E., 15. Sept. 1899.
Dem Bürgermeisteramt Calw i. W.
Während der diesjährigen Kaisermanöver wurden dem diesseitigen Bataillon enge Quartiere in der dortigen Gemeinde zuge. wiesen. Die Aufnahme der Truppen war, trotz der schwierigen Verhältnisse und erheblichen Belastung der einzelnen Quartier- wirtc, eine so überaus zuvorkommende und und freundliche, daß ich nicht unterlosten möchte, dafür im Namen deS mir unterstellten Bataillons meinen besonderen Dank der Behörde und der Gemeinde auszusprechen.
Wagner, Major u. Bat.-Kommandeur.
(Calw. W )
Hrrreuberg, 20. Sept. Ein Glück war für die Gemeinde Oescheldronn unseres Bezirks die Einquartierung elsäßischer Artillerie, die vom Samstag auf Monntag dort lag. Denn bei einem infolge des Hopsentrocknens entstandenen Brand in der Nacht vom Samstag auf Sonntag hat nicht nur das ganze Militär mitsamt dem Herrn Major sich an den Löscharbeiten beteiligt, sondern vor allem hat ein Soldat, der im Zivilberuf Schieferdecker ist, in kühner und aufopfernder Weise eine Frau und 6 Kinder aus dem brennenden Hause gerettet, die ohne ihn sicher im Rauch erstickt wären. Auch der Retter selbst ist dem Rauch beinahe erlegen.
Mergentheim, 20. Sept. En gräßlicher UnglückSsall ereignete sich gestern Nachmittag in dem benachbarten badischen Orte Schwab- hausen. Der ca. 33 Jahre alte verheiratete Oekonom Ludwig Weber wurde von der Transmission der Dampfdreschmaschine erfaßt und der rechte Arm vom Leibe gerist n. Der Verunglückte wurde mit dem nächsten Zug in di« chirurg. Klinik nach Heidelberg de- sördcrt.
Ellwaugen, 22. Sept. Der Hilfsbahn. Wärter Wtlh. Heid von Giengen a d. Br., durch besten Fahrlässigkeit s. Z das schreckliche Unglück geschehen ist, wurde von der Strafkammer zu 4 Jahren Gefängnis und in die Kosten des Verfahrens verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 5 Jahre beantragt.
Redaktion,
Vom Bodensee, 22. Sept. Der Wein ist Heuer in der Bodenseegegend nicht schlecht geraten, angefangen vom „Ueberarger" bei Hemmighofen bis zum edlen MeerSburger am Unters«. Auch Rebberge auf der Insel Reichenau liefern eine gute Qualität. Wenn dem weiteren Gedeihen kein Hindernis mehr entgegentritt, so kann man auf ein erfreu, liches und gutes Herbsterträgnis hoffen; einzelne Gelände versprechen einen vollkommenen Ertrag. Durch die trockene Witterung und das eifrige Spritzen hat sich das Reblaub schön erhalten, was viel zu einer guten Qualität beiträgt.
Potsdam, 20. Sept. Heute vormittag hat die Taufe der jüngsten Tochter des Herzogs Albrecht von Württemberg in seiner Villa hier stattgefunden. Anwesend waren die Königin von Württemberg, die Herzogin Philipp von Württemberg und Prinz und Prinzessin Joh. Georg von Sachsen. Die junge Prinzessin erhielt den Rufnamen Maria Elisabeth.
Ein Berliner Restaurateur führt ein Getränk, dem er den Namen „Dreyfus- Thrüne" beigelegt hat. Wie auf der Etikette bemerkt ist, soll es der »unschuldigste- aller Schnäpse der Welt sein und werden dem Käufer bei Entnahme von 10 Flaschen »mildernde Umstände" in Form von Rabatt bewilligt.
Ein Elefant der Menagerie Berg in Nürnberg soff einen Kübel voll Bleiwnß- farbe aus. Das nahm sein Magen übel. Der Koloß endete unter entsetzlich anzusehenden Krämpfen.
Paris, 21. Sept. Um vier Uhr gestern Morgen schickte sich die Polizei unterstützt von Feuerwehr, Infanterie und Artillerie an, das HauS JuleS Guörin's zu stürmen. Gusrin, der gegenüber dem Deputierten Millevoye noch um Mitternacht es abgelehnt hatte, sich zu unterwerfen, gab der drohenden Lage nach und verließ das Haus, um sich mit seinen vierzehn Genossen verhaften zu lassen. Die letzteren wurden bald wieder freigelasten; Guärin selbst wurde nach der Polizei-Präfektur verbracht. Der Belagerungs- Zustand in der Rue de Chabrol ist nunmehr beendet.
Paris, 20. Sept. Der Präsident Unterzeichnete bereits die Begnadigung des Dreh fus, der vermutlich heute nacht das Gefängnis verläßt und sofort ins Ausland geht.
Paris, 20. Sept. Der „Figaro" beglückwünscht den Präsidenten Loulel und das Ministerium zur Begnadigung deS Dny- fuS. Es sei eine gute Thal, welche die Söhne desselben Vaterlandes wieder aUs- söhncn werde. Die „Lanterne" - sagt, die Leiden eines Menschen seien verringert, doch habe die Gerechtigkeit keinen Schritt vorwärts gethan. Dafür muß in Zukunft Sorge getragen werden. Das Blatt erfährt sodann, daß Dreyfus sich noch dem Süden Frankreichs begeben und dort seine Rehabilitierung abwarten werde. Die Zeitungen „Le Journal," „Echo de Paris" und „GanloiS" tadeln die Begnadigung Dreyfus in der heftigsten Weise. .Die Begnadigung, sagen sie, komme weder zur rechten Zeit noch unter den gewünschten Bcdingung-n. DreyfuS dürfe nicht allein begnadigt werden, sondern eine Amnestie müsse für alle mit Dr.yius in P-rbindung stehenden Angelegen-
Druck und Berlag von Bernh. Hofmann in
heilen, auch für die Komplotiaffaire gemacht werden.
Paris, 20. Septbr. Dreyfus hat heute früh 3 Uhr, von der Bevölkerung fast unbemerkt, Rennes verlassen und ist mit dem Zug nach Nanles gefahren.
Nantes, 21. Sept. Dreyfus traf gestern früh 8 Uhr hier ein, begleitet von seinem Bruder Matlhieu, dem Direktor des Sicherheitsdienstes Vigne und einem Polizeiagenten. In Nantes wußte man nichts von seiner Ankunft. Dreyfus bestieg dann den um 8.58 Uhr nach Bordeaux abgehenden Zug und ging, um Aufsehen zu vermeiden, in ein Kupee erster Klasse, in welchem mehrere Reifende saßen. Auf der nächsten Station stiegen Vigne und der Polizeiagent aus und ließen Dreyfus und seinen Bruder allein die Reise fortsetzen. Die beiden werden jedenfalls auf einer Zwischenstaiion aussteigen, wohin ste sich begeben, weiß bis jetzt niemand.
Paris, 21. Sept. DaS „Journal Offiziell" veröffentlicht das Dokument, betreffend die Begnadigung deS Dreyfus und den dazu gehörigen Bericht deS Kriegsministers Galli» fet an den Präsidenten Loubet. Der Bericht erinnert zuerst daran, daß Dreyfus schon 5 Jahre die Verbannung auSgestandcn habe und bemerkt, wenn er die zehn Jahre, zu denen er neulich verurteilt worden sei, zu verbüßen hätte, so würde er eine höhere Strafe erleiden, als die, zu der er lhatsäch- lich verurteilt worden sei. Ferner sei Dreyfus in seiner Gesundheit seSr geschwächt und würde eine länger dauernde Haft nicht ohne Gefahr ertragen. Die Regierung würde den Wünschen des Landes nicht entsprechen, wenn ste sich nicht bemühe, alle Spuren deS schmählichen Streites auSzulöschen. Es steht Ihnen zu, Herr Präsident, daS erste Unterpfand für daS Werk der Beruhigung zu geben, welches die öffentliche Meinung verlangt und daS Wohl der Regierung gebieterisch erheischt.
Paris, 21. Sept. Die „Aurore" veröffentlicht folgende von DreyfuS Unterzeichnete Erklärung: Die Regierung der Repub- lik gibt mir meine Freiheit wieder; sie ist nichts sür mich ohne die Ehre. Von heute an will ich sortfahren die Wiedergutmachung drö schrecklichen Irrtums zu betreiben, dessen Opfer ich bin. Ich will, daß ganz Frankreich durch ein endgültige« Urteil erfahre, daß ich unschuldig bin. Mein Herz wird erst dann ruhig fein, wenn eS nicht mehr einen einzigen Franzosen geben wird, der mir ein Verbrechen zumulet, das ein anderer begangen hat.
— Ein Familiendrama. In Penecy-les- FoegeS bei CharolleS hat ein furchtbares Familiendrama eine ungeheure Erregung unter der Bevölkerung hervorgerufen. Der 31jährige Schneidermeister Serwy ermordete in einem Eisersuchtsanfolle mit einer riesigen Eisenstange seine 26jährige Frau und feine beiden sieben- bezw- fünfjährigen Söhne. Die Leichname sind furchtbar zugertchtet, die Köpfe bilden nur noch unkenntliche Klumpen. Der Mörder wurde am nächsten Morgen erhängt gefunden.
„Sehen Sie die Engländerin da mit den großen Füßen! Die ist aus Preußen auSgewiesen worden.* ,Warum denn?* „Man fürchtete, ste würde daS linke Rhein- ufer abtreten."
WUdhgi».