Lokales.
Wildbad, 16. Sept. In der am verg. Mittwoch im wilden Mann stattgefundene» Versammlung des hiesigen Turnvereins wurde beschloss-«, am Sonntag den 24. September ein Aviurnen, verbunden mit Preisturnen für aktive Turner und Zöglinge auf dem Windhvs adzuhalten. Als Preise sind Gaben ausersehen.
— Auszeichnung. Auf der süddeutschen Photographen - Ausstellung in Stuttgart, welche vom 14. September bis 1. Oktober eröffnet ist, hat die Wildbader Trockenplattenfabrik einen erstenPreis (silberne Medaille) für vorzügliche Leistungen in der Photographie, Spezialität Trockenplatlen erhalten. Ein Beweis für die Leistungsfähigkeit der Fabrik.
Verschiedenes.
Berlin, 15, Septbr. In verschiedenen Berliner Zeitungen stand letzthin folgende Ankündigung: „Leichter Verdienst ohne Berufsstörung. Nachweis gegen 20 in Briefmarken. Berlin, Wcstend. 2., Daraufhin sandte auch einer von denen,
die „nicht alle" werden, die gewünschten 20 in Briefmarken ein und erhielt als Antwort einen Zettel folgenden lakonischen Inhalts: „Machen Sie es so wie ich!"
Berlin. Amtlicher Nachwcisung zufolge sind im Monat August auf den deutschen Münzstätten für 944 795,/E silberne Fünfmarkstücke, für 1 437 666 ^ Einmarkstücke, für 266136,75 ^ Fünfpfennig. stücke und für 36828,96 ^ Einpfennigstücke ausgeprägt worden.
Ein Gasthaus unter städtischer Leitung besteht in Grenoble in Frankreich. Die Bürgerschaft wählt einen Rat von Fünfzehn, der 100 Bürger zur Beaufsichtigung des Gasthauses ernennt. Es sind neun um einen großen Hof gelagerte Gebäude, in deren untern Räumen 400 Personen zum Essen Platz finden. Wer cs vorzieht, in dem mit Bäumen, Springbrunnen und Bildsäulen geschmückten Hofe sein Mahl zu verzehren, kann eS da thun. Viele nehmen sich das Essen nach Hause mit. Die Preise sind niedrig, z. 8. kostet ein Liter Suppe oder Gemüse 8 '/« Pfund Fleisch oder Fisch
15 ^f, '/i Liter Wein oder Dessert ebenfalls nur 8 Das Restaurant versorgt alle
Schulkinder der Stadt mit Mittagessen. Außerdem essen täglich durchschnittlich 1200 Erwachsene dort oder holen sich das Esten nach Hause. Aus den Jahresüberschüssen werden in teueren Zeiten die höheren Kosten bestritten, damit die festgesetzten billigen Preise niemals erhöht zu werden brauchen.
— Verwundete Matadore. Bei den letzten Stierkämpfen in Bayonne, deren Vorsitz der Marquis de San Carlo«, ein span. Grande, führte und die von 10 000 Personen besucht waren, wurden von den Matadoren Guerrita und Reverte sechs andalustsche Stiere getötet und von den letzteren sieben Pferde zerfleischt. Reverte, der vor einem Stiere, dem er den Gnadenstoß erteilen wollt-, hinkniete, wurde von dem Ti-re in die Luft geschleudert und liegt hoffnungslos darnieder. Eln Picador wurde von einem Stiere auS dem Sattel geworfen und siel kopfüber in die Arena, wo er bewußtlos liegen blieb.
.-.(StrengeErziehung) Tochter: „Papa, Alfred ist mir das Teuerste auf Erden, gib uns deine Einwilligung zur Heirat" — Vater: „Nichts da, du brauchst nicht immer da« Teuerste zu haben."
Die Ehre des Hauses.
Novelle.
Originalbearbeflung nach dem Englischen von Klara Rheinau.
5) (Nachdruck verboten.)
Sie hielt plötzlich inne und ließ sich wieder zurück auf ihren Sessel sinken, denn der Lakai hatte das Zimmer verlassen, während Frau Mervyn stolz und trotzig mit krampfhaft verschlungenen Händen und todtblassem Antlitz der Fremden gegen- überstand.
„Jetzt mag die Maske fallen, Adelheid," sagte diese spöttisch. „Es hat mich viel Mühe gekostet, soweit zu gelangen, obschon wir doch Schwestern sind."
„Schwestern I" wiederholte Frau Mervyn geringschätzig.
„Nun, ich kann dies Wort ja vermeiden, wenn cs Ihr Ohr beleidigt, Adelheid. UebrigenS rate ich Ihnen, sich niederzusetzen, denn wir werden einander viel zu sagen haben, da wir uns seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gesehen. Fast unglaublich, nicht wahr? Welch' treues Gedächtnis wir aber Beide besitzen I Sie erkannten mich sogleich, nicht wahr? und mir ging eS ebenso. Wie seltsam, daß wir einander nicht schon früher begegneten I Finden Sie mich sehr verändert, Adelheid?"
„Was führt Sie hierher?" war die kurze Gegenfrage.
„Der Wunsch, Sie zu sehen, natürlich; mich an ihrem Wohlergehen, Ihrem häuslichen Glück zu erfreuen. Sie wissen ja, wie lieb Sie mir stets waren, meine liebe Adelheid."
„Schweigen Siel" rief Frau Mervyn mit einer gebieterischen Geberde. „Sie haben bereits genug gesprochen, um mich zu überzeugen, daß Sie noch dieselbe herzlose Betrügerin sind, die Sie früher waren. Seit langem hofft- ich, Sie seien tobt, und ich brauchte ihren verhaßten Namen nie mehr zu hören."
„Und nun finden Sie, daß Sie im
Irrtum waren und fühlen sich bedeutend weniger sicher und behaglich, als seither", war die höhnische Erwiderung der frechen Person.
„Sie haben Recht," versetzte Frau Mervyn mit erzwungener Ruhe, „und da Sie mich einmal entdeckt haben, muß ich mir Ihr Schweigen erkaufen. WaS verlangen Sie? Antworten Sie mir rasch, ich möchte Ihrer Gegenwart baldmöglichst enthoben sein."
„Wiel" rief die Fremde, zornig auffahrend, „so leicht lasse ich mich nicht ab- schülteln, wenn man nicht höflicher mit mir redet. Ich bin des armseligen Lebens müv und will mir diese Gelegenheit, meine Lage zu verbessern, nicht entgehen lassen. Ich verlange, daß Sie mir eine bestimmte Stimme jährlich auszahlen."
„Genügt" rief Frau Mervyn mit blitzenden Augen, „nichts, gar nichts werden Sie von mir erhaltenI Drohen Sie mir, so viel Sie wollen, es wird keinen Eindruck aus mich machen. Sie glauben, mich Ihren Zwecken geneigt zu machen, wenn Sie mir sagen, daß Sie meinem Gatten Episoden aus meiner Jugendzeit erzählen wollen, die ihn überraschen und vielleicht veranlassen könnten, mich, als seiner Liebe unwürdig, von sich zu stoßen. Thun Sie es ruhig! Wie können Sie wissen, ob ich meinen Galten nicht längst in's Vertrauen gezogen? oder wenn dies nicht der Fall wäre, wie können Sie denken, daß er den Verleumdungen und Lügen einer Person, wie Sie eS sind, Glauben schenken würde?"
Frau Mervyn sprach mit solch vernichtender Geringschätzung, daß Ihr Gegenüber trotz seiner angeborenen Keckheit sich etwas eingeschüchtert fühlte. Aber der Triumph der Dame war nur von kurzer Dauer.
„Geben Sie mir fünfzig Thaler, dann will ich gehen," sagte die Frau in mürrischem Tone.
Im ersten Moment wollte Frau Mervyn dies Verlangen abschlagen, aber sie besann sich, zog ihre Börse und legte ein paar Goldstücke auf den Tisch.
„Hier ist die Hälfte dieser Summe," bemerkte sie, „Aus Mitleid mit Ihrer offenbaren Armut bekommen Sie dies, aber nicht mehr. Wenn Sie mir ihre Adresse nvtiren, so will ich Ihnen gelegentlich eine kleine Unterstützung senden, aber selbst dazu verpflichte ich mich nicht; merken Sie sich das wohl, Priscilla Füllen!"
„Diesen Namen führe ich nicht mehr," sagte die Frau, das Geld in ihr Taschentuch einknüpfend. „Ich ziehe den Namen „Braun" vor» das klingt kürzer und einfacher. Noch einen Augenblick, Adelheid, bitte," fuhr sie fort, als Frau Mervyn die Hand an den Klingelzug legte. „Also meinen Appell an Sie muß ich wohl als mißlungen betrachten?"
„Ganz entschieden."
„Nun denn, so bleibt mir nichts übrig, als meine letzte Karte auszuspielen und die Wahrheit eines Gerüchtes festzustellen, das mir in letzter Zeit mehrfach zu Ohren kam."
Frau Mervyn blickte mit kalter Gleichgültigkeit auf die Sprechende, während diese forlfuhr: „Man hört oft seltsame Geschichten von gescheiterten Schiffen und von Leuten, die wieder plötzlich auftauchen, obschon sie längst todt gesagt wurden."
Ein wilder Schrei, ein heftiger Griff nach ihrem Arme brachte sie endlich zum Schweigen.
„Nein, nein!" keuchte Frau Mcrvynr „das ist nicht wahr. Elendes Weibl Wie können — wie dürfen Sie es wagen, ein, solche Andeutung zu geben? O PrtScilla, wenn Sie noch einen Funken menschlichen Gefühles besitzen, so sageu Sie, daß eS nicht wahr ist!"
„Ich weiß nicht mehr, als ich bereits gesagt habe, Adelheid; aber ich kann bald ausfindig machen, ob jenes Gerücht wahr ist oder nicht."
„Und glauben Sie selbst daran, PriS- cilla Füllen?" fragte Frau Mervyn nun atemlos.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Bernh, Hosmann in Wildbad.