Die Leiche ist gräßlich zugerichtet. Der Mörder entfloh, wurde aber in Rade vorm Wald ergriffen und verhaftet.

Der Dank eines Begnadigten. Im Jahre 1848 wurde der damalige Hofmar- fwall des wrstorbenen Herzogs Bernhard von Sachsen-Meiningen, Frhr. v. Minutoli von seinem Diener aus Eifersucht erschossen. W. hatte seinen Herrn vor dessen Wohnung in Meiningen aufgelauert und durch einen wohlgeziclten Schuß aus dem eigenen Jagd­gewehr des Freiherrn diesen tot niedergestreckt. Für diese That wurde W. zu lebensläng­lichem Zuchthaus verurteilt, nach 18jähriger Haft aber vom Herzog Georg anläßlich dessen Regierungsantrittes im Jahre 1866 wegen seiner tadellosen Führung in der Strafan­stalt begnadigt. Bald nach seiner Frei­lassung wanderte W. nach Amerika aus, gründete sich in Baltimore ein eigenes Heim und hat es im Laufe der Jahre dort zu einem angesehenen und reichen Manne gebracht. Der jetzt 71 Jahre alte, noch sehr rüstige ehemalige Diener ist nun vor kurzem in Meiningen cingetroffen, um seine deutsche Heimat wiederzusehen und bei dieser Gelegen­heit vor allem dem Herzog Georg, der ihm

einst die Freiheit wiedergab, seinen Dank ab­zustatten. Der Herzog hat ihm auch dieser Tage die zu diesem Behufe erbetene Audienz gewährt. Im Verlaufe derselben drückte der Fürst seine Freude darüber aus, daß er vor nunmehr 33 Jahren anscheinend keinen Un­würdigen begnadigt habe, auch gab er seiner Gmugthuung Ausdruck, daß W. in der neuen Welt durch eigene Kraft sich eine so hervor­ragende Existenz gegründet habe.

Splenniger Amerikaner. Mr. John Norden, ein reicher Viehzüchter aus Mon­tana, ist nach Newyork auf die Brautschau gekommen. Er hat angezeigt, daß er einem einfachen, praktischen jungen Frauenzimmer das ihn heiraten wolle, 40000 Lst. zu geben beabsichtigte. Sein Hotel wurde Mittwoch derart von Frauen belagert, daß ihn der Besitzer aufforderte, das Haus zu räumen. Jetzt hat der heiratslustige Herr eine große Halle im Bowery-Distrikte gemietet, wo er die Kandidatinnen prüfen will.

Das wirkungslose Pflaster. Ein älterer Mann ging zum Arzt, um sich gegen Rückenschmerzen etwas verschreiben zu lassen. Der Arzt gab dem Manne, der in seinem Leben noch nie krank gewesen, das Rezept

mit dem Bemerken, er solle bas Pflaster auf den Rücken legen. Eine Woche verging, daS Pflaster half nichts; der Biedermann ging wieder zum Doktor, klagt ihm seinen Mißerfolg. Als ihm der Doktor ein wei­teres Rezept zumEinreiben" gab, frägt der Neuling nun, was er mit dem Papier machen soll. Als der.Dr. zur Antwort gab, er solle dies, wie das letzte auch» in der Apotheke machen lassen, stellte sich heraus, daß der Patiennt daö Rezept auf dem Rücken trug und dies selbst für das Pflaster angesehen hatte.

Frauen-Erwerb. Als ein Beitrag zur Lösung der Frauenfrage darf folgende Annonce in derHagener Zeitung* betrach­tet werden:Ein junges Mädchen, welches Lust bat, die Rind- und Schweinemetzgcrei zu erlernen, findet angenehme Stelle bei Aug. Sommerlatk, Hagen, Bahnhof.*

Wer nach Pforzheim kommt, sollte nicht versäumen das Schuhfabriklager von Leo Mändle, am Marktplatz Ecke Deimlingstraße zu besuchen. Alles Schuhwerk wird dort garantirt und ist noch selten ein Geschäft für gute Ware und billige Preise so schnell bc» kannt geworden.

Im Banne -es Wahns.

Novelle von H. von Limpurg.

(Nachdruck verboten.)

16.

Frau Bertha und Fuentos standen am Fenster des Salons und sahen sie kommen.

Gnädige Frau,* stieß der Spanier ent­setzt hervor,da ist eine Gefahr im Ent­stehen begriffen! Sehen Sie das schöne Paar. Wie, wenn der noch immer stattliche Freiherr mir ins Gehege käme?*

Die Dame richtete sich unwillig empor. Nicht doch," sagte sie kalt,habe ich Ihnen denn nicht oft genug angedeutet, daß mein Vetter schon feit Jahren nur an mich denkt?*

Hm, der Blick, welcher aus Fräulein Hertha ruht, spricht immerhin eine ganz eigene Sprache, jagte der Spanier und trat zurück. Das schöne Paar schien ihm wenig zu gefallen.

Am folgenden Morgen erschien Frau v. Schönerbeck lächelnd am Frühstückstisch, und als man sich späier erhob, legte sie ihrem Beiter die kleine Hand auf den Arm.

Haben Sie einige Augenblicke für mich Übrig, lnber Albrecht?* frug sie schmeichelnd, ich mnß Ihnen etwas zeigen.*

Hertha war schon in den Garten geeilt, FuenwS halte eine Zeitung genommen und las anscheinend eifrig, so konnte der Frei­herr denn nicht anders, als der schönen Wittwe hinaus auf die Veranda folgen.

Sehen Sie nur, Albrecht, was ich heute vor Heriha's Thür gefunden habe. Ich bin so «regt, ich we>ß gar nicht, was ich thun soll.*

Und sie reichte ihm rin rosenfarbeneS Billet, welches nur wenige Zeilen, offenbar mit verstellter Hand geschrieben, enthielt.

Die Gesellschaft ist Sonnabend. Ver­giß nicht zum Beginn des Feuerwerks in der Muschelgrotte zu sein.*

Wie betäubt starrte Schönerbeck auf das Billet. War's denn möglich, daß Fuentos r» an Hertha, fein liebliches, unschuldiges

Mündel gerichtet, daß er mit ihr bereits einverstanden war."

Sie irren sich, gnädige Frau,* sagte dann aber Albrecht schroff,dies Briefchen geht Hertha nichts an."

Ja, das habe ich mir erst auch gesagt, doch ich fand es vor ihrer Thür und nahm es deshalb auch an, daß Fuentos es ihr ge­geben, sie es aber später wieder hat fallen lassen. Sie sehen doch, ich habe Recht ge­habt, als ich Ihnen versicherte, sie liebe ihn."

Er biß die Zähne zusammen und lachte bitter auf.

O ja, Ihr Frauen seit ja immer und alle Zeilen ein Buch mit sieben Siegeln ge­wesen,* murmelte er dann.

Nur ich nicht. Albrecht, ich bin stets offen zu Ihnenvielleicht nur zu offen."

Die schöne Frau blickte ihn schmachtend an, er sah es kaum, denn er kämpfte das herbe Weh hinunter welches sein Inneres erfüllte. Sollte er sich in seines Onkels Kind getäuscht haben? War sie eine eben­so gewandte Schauspielerin wie die Mutter?

Ich will gleich heute die Einladungen blsorgen,* wandte er sich dann kalt zu Frau Bertha,was dies Billet betrifft, so handeln Sie wohl am besten ganz nach eigenem Er­messen."

Dann ging er hinaus, als er jedoch Herthas Helles Kleid durch die Büsche schim­mern sah, wandte er sich ab.

Er konnte sie jetzt nicht sehen, und eS war wohl auch besser.

Hertha", rief Frau Bertha und eilte leichtfüßig wie ein Mädchen von achtzehn Jahren der Tochter entgegen, welche mit nachdenklicher Miene sich näherte,komm her Kind, ich muß Dir etwas zeigen, um Dich Teil nehmen zu lassen an meiner Freude."

Nun, Mama, und was ist's?"

Frau von Schönerbeck zog glückstrahlend das rosafarbene Billet aus der Tasche, um eS der Tochter hinzuhalten.

Weißt Du ahnst Du von wem es ist?" frug sie und nicht das leiseste Gefühl der Reue erfüllte ihr Herz, trotzdem daß sie

wußte, daß sie mit kalter Grausamkeit den Dolch in dies zuckende Menschenherz stieß.

Nein, schüttelte Hertha den Kopf,diese Handschrift kenne ich nicht."

Nun, sie ist ja auch verstellt, aber ich will Dir auf die Spur helfen Sie ist von Onkel Albrecht!"

Nein," schrie Hertha da mit einem Male auf wie ein zu Tode getroffenes Wild,das ist nicht wahr, Mutter, ich werde ihn selbst fragen."

Frau Bertha erblaßte.

Das wirst Du nicht, Mädchen, oder willst Du Deine Mutter beschimpfen? Habe ich das an Dir verdient?"

Mama," klagte Hertha und rang ver­zweifelnd die Hände,es kann ja nicht sein, es ist ein Irrtum. Und wenn alles wahr wäre, dann soll Fuentos noch heule mein Jawort haben. Dann lohnt es auch mir nicht, noch ferner hier zu leben."

Warte den Sonnabend ab, dann läßt sich die Verlobung gleich vor der Welt ver­öffentlichen."

Und kaltblütig schritt die schöne Frau an dem Mädchen vorüber, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken beim Anblick des liefen Jammers, der in dem süße» Gestcht- chen zuckle.

Hertha flog vorwärts, wohin wußte sie selbst nicht, ihr wars auch gleichgültig.

Weshalb war sie hierher gekommen? Um elend zu werden, um sich das zuckende Herz aus der Brust reißen zu lassen.

So war's denn doch wahr, daß Onkel Albrecht die Mutter liebte und sie, die Thö- rin, hatte schon zu hoffen gewagt, daß er sie Aber still, auch in Gedanken nicht mehr dies Wort gedacht, eS war Alles aus wozu noch länger diese Luft atmen?

Vor Hertha lag schimmernd und grüßend der silberne Wasserspiegel des Teiches. O, wie süß und friedlich mußte es sich dort unten schlummern, dann durfte sie doch an ihn denken und konnte dem verhaßten Fuen­tos entfliehen!

(Fortsetzung folgt.)

Nedskiton, Druck und Verlag von Bernh. Hofm » nnin tchildbad.