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Stuttgart, 27. März. Wie derS. M." erfährt, ist zum Führer der anläßlich des Kaisermanöoers zu bildenden Kavallcrie- diviston, bestehend aus den vier württ. Regi­mentern, dem brandenburg. Ul.-Rgt. Nr. II, dem jchleswig-holstein. Ul.-Rgt. Nr. 15 und der reitenden Abteilung des Feldartillerie- RgtS. Nr. 15, Generalmajor Frhr. v. Scheele bestimmt. Die große Parade des württ. Armeekorps findet voraussichtlich auf dem großen Exerzierplatz bei Cannstatt statt.

Stuttgart, 29. März. Die württemb. Staatsschuld beträgt nach dem Stand am I. April 1899: 485,230,000 ^1; näher- hin allgemeine Schuld: 34,920,661 Eisenbahnschuld: 450,309,339^! Die Ver­zinsung dieser Summe verursacht einen Auf­wand von 16,638,905 ^!>

Stuttgart, 28. März. Heute mittag um halb 12 Uhr fand unter außerordentlich großer Beteiligung der Behörden und der Bürgerschaft die Beisetzung der Aschenreste des Oberbürgermeisters Rümelin auf dem Pragfriedhof statt. Am Grabe sprachen Professor Weitbrecht, Vertreter der bürgerlichen Kollegien, sowie Zahlreiche Ab­gesandte von Vereine» u. s. w. Die Geist­lichkeit hatte ihre Beteiligung an dem Trauer- okte abgelehnt.

Crailsheim, 27. März. Der Leichtsinn eines FuhrkncchtS hat vorgestern abend das Leben eines 1ljährigen Mädchens in große Gefahr gebracht. Derselbe spannte auf einem freien, etwas abschüssigen Platze einen schweren Wagen aus, ohne denselben zu sperren. Auf einmal setzte sich der Wagen in Bewegung, die feststehende Deichsel gegen die Fenster eines nur einige Schritte entfernten Hauses gerichtet. Vor demselben stand obiges Mäd­chen, welches, die Gefahr erkennend, die Deichsel bei Seite drücken wollte. DaS ge­lang dem Mädchen insofern, als nur das Fenster nicht eingestoßen wurde, dafür er­hielt eS aber einen Stoß in die rechte Seite, daß eS bewußtlos weggctragen und in ärzt ltche Behandlung gegeben werden mußte. Ob schwere innere Verletzungen vorliegen, konnte der Arzt noch nicht feststellen.

Ravensburg, 27. März. Von de» drei ersten Gewinnen der Stuttgarter Marien- anstalts-Lotterie, die in die Kollekte des Uhr­machers Leimgruber hier fielen, ist Hirfch- wirt Kramer in Liebenau der glückliche Be­sitzer des ersten Loses jmit 35 000 ^! Ge­winn. Der zweite Gewinn fällt zwei Per­sonen in Ebcrsbach, O-A. Saulgau, zu, und der dritte kommt nach Göppingen an einen Wirt.

Wenden, 25. März. Eine sehr schwere Verletzung zog sich heule morgen der Bauer Hartman» bei Handhabung der Futterschneid­maschine zu. Während des Gangs des Gipprls brachte er die rechte Hand in die Maschine, und sämtliche Finger derselben wurden ihm abgeschnitten. Auch die linke Hand wurde verletzt, so daß der bedauerns­werte zeitlebens erst seil einem Jahr ver­heiratete Mann verkrüppelte Hände behalten wird.

Ein schreckliches Familiendrama hat sich am Samstag in Gutach im Schwarz «ald abgespielt. Unter den erwachsenen Söhnen beS Martinsbauers Blum im Unter­thal war ein Streit entstanden, in welchem der 23jähr. Konrad Blum von dem 37 Jahre

alten Bruder Johann erschossen wurde. Die beiden Brüder Johann und Christian Blum gerieten in Wortwechsel, der schließlich zu Thäflichkeiten ausartete, wobei Johann Blum von seinem Bruder Christian, sowie von seinem vermittelnden Vater und Konrad übel zuge- richtet wurde. In der Wut holte er das scharf geladene Jagdgewehr seines VatcrS und schoß im Dunkeln dem ihm zunächst stehen­den Konrad so unglücklich in die Brust, daß er sofort entseelt niedersank. Der Mörder stellte sich der Gendarmerie.

Lahr, 27. März. Heute Nacht gegen 3 Uhr brach im Stalle der bekannten Säge­werke von August Zimber im benachbarten Kuhbach auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise Feuer aus. Das ganze Sägewerk wurde zerstört. Der Feuerwehr aus Lahr gelang es, das Maschinenhaus, das Wohn­haus und einen entfernteren Vorratsschuppen zu retten. Zwei Pferde und eine Kuh sind mit verbrannt. Das Sägewerk lieferte haupt­sächlich Gewehrschäfte aus Nußbaumholz.

Anläßlich des Inkrafttretens des neuen bürgerlichen Gesetzbuchs am 1. Jan. 1900 wird auch das deutsche Handelsgesetz­buch eine wichtige Abänderung bekommen, auf die wir wiederholt aufmerksam machen wollen. Von genanntem Termin an sind nämlich Gewerbetreibende, die einen offenen Laden haben oder Gast- oder Schankwirt- schaft betreiben, verpflichtet, ihren Familien­namen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an der Außenseite oder am Ein­gänge des Ladens oder der Wirtschaft in deutlich lesbarer Schrift anzubringen.

Die bei der Einführung der grauen Mäntel den Offizieren vom Kaiser bewilligte Frist zum Austragen der schwarzen Mäntel ist am 1. April abqelaufen. Von diesem Tage an haben die Offiziere nur die grauen Mäntel zu tragen.

Kaiser und König. DerReichs­bote" meldet den Austausch folgender Grüße zwischen dem Kaiser und dem König von Sachsen nach der Einweihung der Erlöser- kirchc zu Jerusalem: Kaiser Wilhelm tele­graphierte:Du wirst Dich freuen mit Mir, daß Ich heute an heiliger Stätte die Er- löferkirche eingeweiht habe. Mein Glaube ruht allein auf Jesus Christus, welcher ist der Erlöser und der Heiland der Welt!" Die Antwort König Alberts lautete:Dein Glaube ist mein Glaube, denn in Christo ruht auch für mich das Heil für Zeit und Ewigkeit!"

(Das sächsische Königshaus ist bekannt­lich katholisch, so daß die Antwort des Königs Albert eine Bedeutung hat.)

Brünn, 28. März. Ein Brand ver­nichtete die zwei Stunden von Brünn ent­fernte Priesenitzer Spinnerei. Zwei Arbeiter verbrannten.

Eine Megäre. Ein schauerliches Drama hat sich, wie aus Ratlbor geschrieben wird, dort abgespielt. Gegen die Frau dcS Arbeiters Kipka ist ein Verfahren wegen Meineids eingeleitet worden. Deshalb kam es zu Zwistigkeiten zwischen den beiden Ehe­gatten. Gegen 4 Uhr nachts stand die Frau auf, zünde» Licht an und schlich sich an das Bett ihres ManneS, der in tiefem Schlaf lag. Sodann holte die Frau eine Holzaxt und versetzte dem Manne mit der Schärfe der Axt zwei wuchtige Hiebe auf den Kopf. Entsetzt fuhr der Mann aus dem Schlafe

auf und faßte nach seinem Kopse, da sauste auch schon ein dritter Hieb hernieder und trennte dem Manne zwei Finger von der linken Hand ab. Auf die Hilferufe des Schwerverwundeten wachten die im Neben­zimmer schlafenden Kinder, ein 16jähriger Sohn und eine 13jährige Tochter, auf, wor­auf sie die Mutter an weiteren Gewalt- thätigkeiten gegen den Vater hinderten. Nach­dem die Mutter geflüchtet, holten die Kinder schleunigst ärztliche Hilfe herbei. Es soll Aussicht vorhanden sein, den tötlich ver­wundeten Mann am Leben zu erhalten. Die Megäre wurde in einem Versteck beim Gar- nisonslazaret ausgefunden und verhaftet.

An den Folgen einer eigenartigen Blutvergiftung gestorben ist in Caschow bei Grimmen (Pommern) der frühere Hofbesitzer, jetzige Rentier Homeyer. Der in den acht- ziger Jahren stehende alte Herr streichelte seinem kleinen Enkel, der soeben gestorben war, die Wangen. Vermutlich hatte er hie­bei eine Wunde an der Hand, die er ihrer Geringfügigkeit halber nicht weiter berück­sichtigte und in die dann Leichengift gekom­men ist. Bald darauf schwollen Hand und Arme an und trotz sofortiger ärztlicher Hilfe ist der Bedauernswerte jetzt verschieden.

Eisenbahnunglück. Aus Petersburg wird gemeldet: Bet Aschabab ist ein Zug der transkaspischen Bahn infolge falscher Wnchenstellung entgleist und von einer Brücke hinabgcstürzt. Die Lokomotive und 6 Wagen wurden völlig zertrümmert. 5 Bahnbedienstete und acht Reisende wurden gelötet, 3 andere Personen schwer verwundet.

Die Untersuchung des dem ameri­kanischen Heere gelieferten schlechten Büchsen­fleisches fördert ungeheuerliches zu Tage. Ein lanjähriger Werkmeister des bekannten Armourfchen Schlachthofes in Chicago sagte unter seinem Eide aus, daß während seiner jehnjährigen Thäligkeil bei Armour die amt­liche Fleischbeschau nur eine Komödie ge- wejen sei, daß kranke Rinder zu Tausenden geschlachtet wurden und ihr Fleisch in den Verkehr gebracht worden sei. Und der ehe­malige Gouverneur von Illinois, Altgeld, muß bestätigen, daß zu der Zeit, als er Gouverneur war, die Vieh- und Fleischbe­schau in Chicago umgangen wurde, krankes Vieh ohne Schwierigkeit in die Schlachthöfe gelangte und selbst Fleisch von solchem Vieh, das von den Beschauern nur als zur Her­stellung von Seife, Leim und Dung taug­lich gekennzeichnet war, zum Genuß für Menschen auf den Markt gebracht wurde.

Wieder ein Brand in einem ameri­kanischen Riesenhause. Ein Telegramm aus Omaha meldet, daß im dritten Stockwerk des Patterson-Gebäudes Feuer ausbroch. Die Flammen griffen so schnell um sich, daß viele Leute im oberen Teile des Gebäudes genötigt wurden vom Dache oder von den Fenstern herabzuspringen, um dem Flammentode zu entgehen. Soweit bekannt, ist eine Dame tot, eine andere tödlich verletzt und 20 haben Verletzungen davongetragen. Die Toten und Verletzten sind alle Damen, Mitglieder eines Fraueu-Ordens, der gerade eine Sitzung in dem Gebäude abhielt.

.'.(Präzis.) Backfischerl:Was ist denn eine Fensterpromenade? I" Vater:Eine ganz vorübergehende Huldigung!"

»S' Hiezu eine Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosmann in Wildbad.