In der Gemeinde Avanto in Frankreich starb letzter Tage ein LOjähriger Bettler NamenS Balle. Die Leichenschau ergab, daß der Mann verhungert war. In der elenden Hütte, die er bewohnte, fand man 145000 Franken in Baargeld und ein Testament, wodurch der verstorbene sein Vermögen der Stadt Poitiers vermacht.
— .Guten Tag — gestern bin ich gestorben!" Mit diesen Worten, die eine geradezu verblüffende Wirkung ausübten, trat kürzlich der alte dänische Schauspieler Peter Nielsen in das Bureau einer Lebensversicherungs-Gesellschaft in Christiania. „Gestern bin ich gestorben, und nun möchte ich um mein Geld bitten," sagte der alte Ehrenmann. Vom Gesichtspunkte dcS Lebensver- flcherungSwesens hatte es völlig recht; denn für die Gesellschaft war er tot, weil gewisse Besicherungsinstitute die nur sür den Todesfall ausgestellte Police auch nach Zurück- legung des 90. Lebensjahres zur Auszahlung gelangen lassen. Da Nielsen in der selten glücklichen Lage war, trotz seines hohen Alters das Geld selbst einzuziehen, erregte sein Erscheinen begreifliches Aufsehen.
Kesselexplosiou. I» Mzensk im Orel-
schen Gouvernement, (Rußland) fand in einer EpirituSbrenncrei eine furchtbare Kessel- explofion statt. Im umkreise von 5 Werst war die Detonation hörbar. Einzelne Kesset- stücke wurten beinahe eine Weist weit ge schleudert, 5 Arbeiter sind tot, eine große Anzahl schwer verwundet. Einem der Unglücklichen wurden beide Hände fortgerissen, er lief noch eine kurze Stecke davon und brach darauf tot gusammen.
— Hunderttausend gefrorene Hammelleichen dringt eine amerikanische Exportfirma in einem Monat zum Versand. Es handelt sich um die Leistung der größten Faktorei der Welt auf diesem Gebiete, welche sich nach einer zugegangenen diesbezüglichen Mitteilung des Patent- und technischen Bureaus von Richard Lüders in Görlitz in BarrocaS in Buenos-AyreS befindet. Die Höchstleistung dieser neumodischen Leichenkonservierungs- Anstalt beträgt etwa das Gesrierenlassen von 3500 Schafen täglich. Der Gefrierraum dieser Anstalt umfaßt 2830 Kubikmeter und ist im stände, 6000 erstarrte Schafe aufzunehmen. Der Lagerraum, in welchem das Schasfleisch in gefrorenem Zustande bis zur Verschiffung aufbewahrt wird, hat einen In
halt von 4245 Kubikmeter und gewährt 50 000 „kaltgestellten" Schafen Aufnahme.
— Ein neuer elektrischer Heizkörper soll nach einer Mitteilung der französischen Fachzeitschrift „L'Energie" kürzlich hergestellt worden sein, der sehr billig ist und auch im Betrieb wesentlich bessere Ergebnisse liefert, als die bis jetzt hergestellten. Zweifellos ist das elektrische Kochen noch viel angenehmer, als das Kochen mit Gas, denn man braucht keinerlei Rücksicht auf die Platte, auf der gekocht wird, zu nehmen, sondern kann z. B. die elektrische Pfanne ganz ruhig auf einen Salontisch stellen und ein Beesfsteak darin braten, ohne der Politur zu schaden. Auch die Thatsache, daß keine offene Flamme vorhanden ist, fällt sehr ins Gewicht, wie auch die Möglichkeit, eine ganz genaue bestimmte Temperatur einzuhalten; aber einen großen Fehler hatte das elektrische Kochen bisher noch immer — es war viel zu teuer. Hoffentlich bestätigt sich nun die Nachricht von dem neu erfundenen billigen Heizkörper.
.-. (Höchster Grad.) „Die Frau Schulze hat ihren Mann wohl gründlich unter dem Pantoffel?" — Und ob I Der hat keinen Hausschlüssel und ist doch ein Schlosser l"
Um Mauz und Ruhm.
Novelle von F. Sntan.
(Nachdruck verboten.)
14.
„Ich weiß eS, ich fühle eS, Georg ist ernstlich krank," sagte die Generalin zu Hildegard, welche schreibend am Fenster saß. — „Er war immer mein Angstkind, und nichts, nichts kann ich für ihn thun l" Ein Thränen- strom brach aus ihren Augen.
„Mama, beste Mama, beruhige Dich," bat Hildegard, „Du weißt, wie schädlich Deinen schwachen Augen dieThränen sind."
„Ich werde ihn nicht Wiedersehen, meinen Liebling," jammerte die Generalin, ohne auf Hildegards Etnwurf zu achten. „Der Tod streckt seine kalte dürre Hand nach ihm aus. Die Zukunft liegt vor mir wie ein schwarzes Leichentuch. — Auch Du, Hildegard, mein armes Kind, glaube an kein Glück mehr. Wen das Glück einmal verlassen, zu dem kehrt es nie, nie wieder zurück I"
Seufzend siegelte Hildegard den Brief zu, in welchem sie Luise so schonend wie möglich mitgetetlt, daß von dem Vater jetzt nichts zu erlangen wäre, der liebe Gott würde ihnen ja Helsen und Georg wieder gesund machen.
Und der sonnige Frühlingstag ging zu Ende. Der lichte Strahl aber, der da in die Herzen der einsamen Bewohner von Waldfelde gefallen, er war erloschen wie das Sonnenlicht.
9.
In B. dicht vor der Stadt lag ein kleines Birkengehölz. Durch das zarte junge Grün der schlanken Bäume leuchtete goldenes Sonnenlicht; eine Nachtigall flötete dort in leisen klagenden Tönen. Hand in Hand lauschte ein junges Menschenpaar dem schmelzenden Gesang. Es ist Georg und Luise. Ersterer Hot sich aus die junge blühende Frau gestützt, ein fieberhafter Glanz leuchtete in seinen Augen, seine Brust war eingefallen und die Wangen find seltsam gerötet.
„Die erste Nachtigall, die ich in diesem
Frühjahr höre," sagte er mit matter Stimme. „Welche Poesie liegt doch in ihrem Gesang, ach, wie ruft er die Erinnerung wach an Jugend und Glück, und läßt uns momentan das Erdenleid vergessen. Denkst Du noch daran, Luise, als wir vor Jahren im Tiergarten in Berlin den Nachtigallen lauschten? O Gott, was ist seitdem aus mir geworden! Dein fröhlicher, lebenslustiger Georg ist krank und lebensmüde. — Doch Du hast mir noch gar nicht erzählt, was Hildegard uns geschrieben hat. Sind es gute Nach, richten? Wird der Vater endlich Geld Herausrücken? Ach, Luise, wenn wir nach dem Süden reisen und ohne Sorgen eine Zeit lang dort leben könnten, ich glaube sicher, der alte Lebensmut würde zurückkehlen, ich würde genesen. In banger Frage blickte er in das Antlitz seiner jungen Frau, in deren Augen eS feucht glänzte.
„Es ist nichts von dem Vater zu erhoffen, Georg," erwicderte sie dann traurig. „Deine Mutter hat darum gebeten, aber vergebens. Hildegard schreibt tief verstimmt."
Georg war leichenblaß geworden. „Also nichts, keine Hoffnung, keine! Dann Luise — dann —" düster, fast verzweifelt blickte er auf die geliebte Frau — „Und das Leben war doch so schön an Deiner Seile, es ist furchtbar hart, grausam!" — Plötzlich flammte es auf in seinen Augen und er sagte streng: „Versprich mir, Luise, nie wieder eine Bitte an meinen Vater zu richten! Und nie, hörst Du, niemals mit dem Kinde nach Waldfelde zu gehen, so lange mein Vater dort ist, er, der Zerstörer unseres Glückes. Du sollst Dein Leben dort nicht vertrauern, wir die arme Hildegard, Dir kommen, das hoffe ich gewiß, einst wieder schönere Tage!"
/ „Schönere Tage, gewiß, ich hoffe es auch, aber nur an Deiner Seile Georg," sagte Luise erregt.
„Dir bleibt immer unser Kind," erklärte Georg ergeben in sein schweres Loos.
„Nein, nein, Georg, Du wirst mich nicht verlassen, ich vermag eS nicht auszudenke» das Schreckliche, Trostlose —" rief sie mit thränenden Augen.
„Denke nicht daran, mein holdes Lieb," sagte Georg mit innigem Ton. „Laß uns jeden dieser schönen Frühlingstagen als ein Geschenk des Himmels ansehen."
Er hatte die Arme um sie geschlungen, schaute ihr tief in die Augen und sagte: „Fühlst Lu das leise Frühlingswehen, hörst Du die Nachtigall schlagen und überall ein Duften und ein Blühen! Ach, Luise, nur dieser Augenblick ist unser, und der Augenblick ist schön, ist reich! Genießen wir ihn ungetrübt,!"
Es lag etwas von dem früheren sorglosen Klag in seinen Worten, und übte den alten Zauber aus auf Luisen; sie tächelte ihn an unter Thränen.
Und so wandelten sie dahin in dem Hellen Frühlingssonnenschein, und süßer dufteten die Blumen, lieblicher sang die Nachtigall; wie leises Friedenswehen rauschte es in den Zweigen der Birken. Galt cs doch zwei trauernde Menschenherzen zu trösten, zu erfreuen, sie hinwegzutragen über alles Erden- teid, und ihnen eine kurze Stunde selige» Glückes zu verschaffen.
An demselben Abend hatte Georg noch ein ernstes Gespräch mit seinem Arzt. Sie waren beide allein im Wohnzimmer; Luise brachte nebenan leise singend ihren Knaben zur Ruhe.
„Es geht zu Ende mit mir, nicht wahr, Herr Doktor?" wandte sich Georg fragend an den noch jungen Arzt. „Es sind sicher nur noch wenige Wochen, die wir beisammen sein können, meine Frau ich und das Kind ? Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit. Darf lch noch hoffen? Ist noch Rettung, Heilung möglich, auch ohne die teure Badereise?"
Die großen, glänzenden Augen des Kranken blickten fieberhaft erregt in das ernste, bekümmerte Antlitz des Arztes.
Einen Augenblick war es todenstill im Zimmer. Der Doktor faßte die Hände Georgs, und schaute ihn an mit einem unsäglich traurigen Blick.
(Fortsetzung folgt.)
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