Weißnachten!

Nun schweigt der Welt verworren Tosen, Ein stiller Friede ist genaht,

Er schüttelt lächelnd seine Rosen Auf unsern rauhen Pilgerpfad

Es flieht des Tages lärmend Hasten^

Jetzt vor des Festes Zaubermacht Wohl, laßt uns in dem Schatten rasten Der hochgewcihten hcil'gen Nacht I

Von Neuem glänzt mit seinen Kerzen Uns nun der duft'ge Tannenbaum,

Und wiederum steigt in den Herzen Herauf der Kindheit gold'ner Traum Es bringt des Festes Strahlenschimmer Ein süß' Gedenken uns zurück

Noch einmal winkt in seinem Flimmer Uns ein, ach, längst entschwundnes Glück!

Und wieder schlingt aus Jugendtagen Zu uns sich heut' ein holdes Band Es will des Festes Glanz uns tragen Noch einmal in das Märchenland Jn's Land, aus dem sind abgeschieden So blut'ger Haß wie grimmer Streit, In dem der Kindheit reiner Frieden Erstrahlt in voller Herrlichkeit I

Wohlan, so laßt uns heute finden Nun wiederum dies seel'ge Reich Des Tannenbaumes Lichter künden Den Weg zu ihm ja allsogleich

Wir alle wollen Dorthin ziehen,

Wie auch des Lebens Woge tost

Es soll zu Christi Fest erblühen, Jedwedem neuer Lebenstrost I

Durch Kumps zum Glück.

Roman von I- Pia.

(Nachdruck verboten.)

11 .

Der Hausierer nahm hinter seinem schlech­ten Deutsch seine Zuflucht und stotterte ein paar unverständliche Worte, dann wandte er sich znm Gehen. Richard von Dorneck be­gleitete ihn bis zur Thür, bemüht, etwas mehr aus dem Mann« herauszubringen, aber um­sonst; selbst durch Geldspenden ließ derselbe sich nicht zu freierer Rede herbei.

Der Mensch flößt wenig Vertrauen ein, Richard," mesnte Karsten, als Jener in das Zimmer zurückkehxte,Sie thäten gut ihn nicht wieder ins Haus zu lasten."

Ich wünschte, ich hätte ihn überhaupt nicht hereingelastm/ entgegnete Dorneck ver­stimmt.

12 .

Am folgenden Tage wehte ein heftiger Nordwind und dichte Schneeflocken trieben dzirch die Luft; so waren die jungen Leute in Dorneck darauf angewiesen, ihre Unter­haltung im Hause zu suchen.

Rosa hatte sich in ihr Zimmer zurück- gezogen. Pie finster gerunzelte Stirn in der aufgestytzten Hand ruhend, grübelte sie vergebens darüber nach, was der geheimnis­volle Besuch des anscheinenden Hausierers wohl zu bedeuten habe. Trotz seiner Ver­kleidung hatte sie nämlich in ihn sofort als den verhaßten unbekannten Späher erkannt, der nup seit Monaten ihre Ruhe störte.

WaS wollte er von ihr? Was hatte sie von ihm zu fürchten? Er hatte ihr Rache geschworen, wenn sie sich nochmals weigerte, ihm Gehör zu schenken. WaS hatte er vor? Würde er seine Drohung auS- führen, ihren Ruf untergraben und sie um ihre jetzige Existenz als Erzieherin im Dorn- eck'fchen Hanse bringen? Wie, wenn sie es dahin nicht kommen ließ, wenn sie nach Scbendorf zurückkehrte und sich dem Schutze und der Hilfe ihrer Tante anvertraute? Aber ihr jungfräulicher Stolz bäumte sich dagegen auf.

Nein, nie, nimmermehr!" stieß sie hef. tig hervor und sah starren Auges in die helllodcrnden Flammen des Kamins. Leises

Klopfen an der Thür ließ sie heftig zusam­menschrecken.

Der Diener war es mit einem Briefchen. Mit zitternden Händen öffnete sie dasselbe; es enthielt nur einen zärtlichen Gruß von Richard von Dorneck mit der Bitte, ihm nur für wenige Minuten ihre Gesellschaft zu gönnen.

Leicht seufzend trat sie a» den Kamin, wärmte ihre eistgkalten Finger und begab sich in das in halbem Dämmerlicht liegende Schlafzimmer.

War es nur die im Zimmer herrschende Kälte, die sie erbeben mache, als der bald dort eintrctende junge Offizier ihre Hände ergriff und ihr abwechselnd lcidenschafiiiche Ltebcsworte und zärtliche Vorwürfe zuflüsterte, während er sie neben sich zu dem Sopha zog? Die Leidenschaft, die heiße Liebe, die Dorneck für die schöne Erzieherin empfand, verlieh seinen Worten, seinen Vorstellungen, seinen Bitten eine solche Wärme, daß Rosa, ohne recht zu wissen, was sie that, mit einem Gefühl halber Verzweiflung endlich seinen Liebesschwürcn Gehör gab. Ja, sie wollte die Seine werden, wollte ihn heiraten, bald, bevor es zu neuen Enttäuschungen in ihrem viel geprüften Leben kam.

Erst als die Glocke zu Tisch läutete, ließ Richard ihre Hand frei und eilends kreuzte sie den jetzt hell erleuchteten Corridor. In demselben Augenblicke kam ihr Stephanie ent­gegen, die sie zwar liebenswürdig, aber mit neugierigem Blicke anlächelte, als sie an ihr vorüberging, und drei Schritte weiter stand sie Hauptmann Bellst Aug' im Auge gegen­über, dem sie das Erstaunen ansah, warum sie noch nicht in Mittagstoilette war und sich in ihr Zimmer, anstatt zu Tische begab. Und es durchschauerte sie, als sie an die heitere Tafelrunde dachte, an Stephanie Cterambeou, die jetzt ihren festen Platz an Karstens Seite hatte, an Mallen und Bellot, die ihr in ihrer höhnisch mißtrauischen Weise mit einer Höflichkeit begegneten, die beleidigender für Rosa war, als wenn sie dieselbe ganz unbe­achtet gelassen hätten, an Sophie von Mal­ten mit ihren verhaßten Augen. Und vor Allem fürchtete sie Richards Blick, dem sie doch jetzt gern hätte begegnen sollen-

Unruhig und erregt ging Rosa mehr­mals in ihrem Zimmer auf und ab, aber

die hier herrschende Kühle und Dunkelheit drohten sie zu ersticken, und nach ihrem Leuch­ter greifend, ging sie auf den Coiridor, um ihr Licht dort an der Gasflamme anzuzün­den. Vorsichtig schaute sie sich erst nach allen Seiten um, ob sie auch allein sei, denn es beherrschte sie eine unbestimmte Angst, jener ihr verhaßte Mann könne ihr irgend eine Botschaft senden oder vielleicht gar plötz­lich in eigener Person erscheinen. Sie näherte sich der Gasflamme und war eben im Be­griff, ihr Licht anzuzünden, als sie hinter sich eine Thür schließen und leise Schritte sich nähern hörte. Unwillkürlich schreckte sie zusammen, und das Licht entfiel ihrer Hand. Hastig wandte sie sich um; es war Karsten, der aus seinem Zimmer kam. Dunkle Röte ergoß sich über ihre Züge, als sie seinem Blick begegnet. Was mochte er wohl von ihrer Erregung denken? Auch er war offenbar erregt, und seine Hand zitterte ein wenig, als er das Licht aufhob und es ihr anzündete.

Sie sah nicht wieder zu ihm auf hätte sie es gethan, wer weiß, ob ein Blick in feine Augen dem Lauf ihres Lebens nicht eine Wendung gegeben, und sie vor dem Schicksale gerettet hätte, dem sie blindlings entgegeneilie. Aber schweigend reichte er ihr das Licht und ein Paar unverständliche Worte des Dankes murmelnd, wandte sie sich von ihm ab.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

(Beseitigung des Schimmelgeruchs beim Wein.) Wie die deutsche landwirtschaftliche Presse mitteilt, hat Dr. P. Kalisch-Leisenheim Gelegen­heit gehabt, ein Mittel zur Beseitigung von Schim­melgeschmack und Schimmelgeruch aus Wein mehr­fach zu erproben, welches er einem erfahrenen Weinmann verdankt, und welches sicherer wirkt, als die bisher angewendeten Methoden. Es ist längst bekannt, daß gepulvert- Holzkohle, sog. Filtrierkohle fehleihaste GcschmackSstosfe dem Weine entzieht, leider den Wein auch außerordentlich an­greift und leicht einen gewissen Beigeschmack dem Weine hintertäßt, Letztere Fehler zeigt nach Ka- lisch die Holzkohle nicht, wenn man dieselbe in Form von etwa haselnußgroßen Stücken anwendet. Die Kohle wird mit dem Wein im Faß vermischt und bleibt dort 68 Wochen uno wird etwa wöchentlich einmal mit einer Latte umgerührt. Nach dieser Zeit hat die Kohle reinigend gewirkt und der Wein kann «bestochen werden.

Redaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hosmann in Wiidboö.