hatte, wurde vor 14 Tagen wegen Fahnenflucht ebenfalls verhaftet.
— Ein eigentümliches Stücklein, das die sibirischen VcrkehrSverhältnisse trefflich beleuchtet, erzählt die „Düna-Zeilung": Am Ende der Schifffahrtszeit dieses Jahres mußte der Dampfer „Djäduschka" die am Jenissei gelegene Ortschaft Kasatschinskoje berühren. Viele Reisende warteten am Ufer, um den Dampfer, der vielleicht die letzte Fahrt im Jahre machte, benutzen zu können. Aber siehe da, fährt der Dampfer, nachdem er einige Fahrgäste in einem Boot ausgesetzt, unter der Weigerung, weitere Fahrgäste aufzunehmen , vorüber. Allgemeines Staunen und gerechtfertigter Unwille bei den in ihrer Hoffnung getäuschten Leuten. Und woher dies seltsame Stückiein von eigenmächtig willkürlicher Abweichung von der gesetzlichen Fahrordnung? Unter den am Ufer wartenden Passagieren befand sich die Frau des Frie- densrichters zu KasatichinSkoje, der den Kapitän des „Djäduschka" seiner Zeit mit einer Geldstrafe belegt Halle, und an ihr rächte sich der biedere Kapitän nun, indem er es ihr unmöglich machte, die beabstchtiate Fahrt nach Kraßnojarök auözulühren. Und dazu
mußte nun das ganze ülrige völlig unschuldige Publikum um der Rache des Kapitäns willen mitbluten.
— Die Hose des Herrn Staatsanwalts. Aus Graz berichtet man Wiener Blättern von einem Galgenstrick, der Frechheit und Humor zu besitzen scheint. Der Mann war im Justizpalast mit Reinigungsarbeiten beschäftigt. Es war um die Mittagsstunde und die Beamten waren nach Hause gegangen. Der reinigende Sträfling aber langweilte sich sündhaft. Da kam er auf den ziemlich naheliegenden Einfall, daß es wo anders unterhaltender sein dürfte, als im Gerichtsgebäude. Es war Niemand da, ihm diese Idee auszu» rede» oder ihn gar an seiner Ausführung zu hindern. Er zog zunächst seine Sträflings- kleider.aus machte eingehend Toilette. Er zog die Unifoimhose eines Staatsanwaltes, den Rock eines anderen Beamten an und setzte sich den Hut eines dritten auf und verließ ungehindert das Gebäude. Die Hose des Herrn Staatsanwaltes samt ihrem gegenwärtigen gesetz- und bestimmungswidrigen Inhalt wird behördlicherseits eifrig gesucht.
— Sand als Ausbewahrungsmittel für 'Obst. Es wird feiner, trockener Sand als
vorzügliches AufbewahrungSmittel für Obst empfohlen. Man bettet das Obst darin ebenso ein, wie in Torfmull. ES steht außer Zweifel, daß die konservierende Eigenschaft des Sandes auf Obst gerade so groß ist wie sür Knollen und Zwiebeln jeglicher Art, für weiche Sand ja schon längst als Ausbewahr» ungsmittel angewendet wird.
— Wenn sich ein Kind .verschluckt," wenn ihm etwas in die falsche Kehle kommt, so soll man nicht auf den Rücken des Kindes klopfen, da dieS zwecklos ist. Es giebt vielmehr ein einfaches Mittel, welches sofort hilft. Mau faßt die beiden Hände des Kindes und hält die Arme gestreckt nach oben. Dadurch weitet sich die Brust so, daß das Nebel augenblicklich schwindet.
Sigmund Höchstetter
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Roman von I. Pia.
(Nachdruck verboten.)
2.
ES war am Abend.
Rosa hatte die Antwort auf Karstens Brief beendet; mit leicht geröteten Wangen und frohleuchtenden Augen wollte sie sich heimlich aus dem Hause schleichen, um dem bewußten Briefkasten ihr Briefchen anzuver- trauen; Sie ging vorher in ihr Schlafzimmer, um sich ein warmes Tuch zu holen, — was sie aber da erfahren mußte, ließ sie alsbald an ihren beabsichtigten Gang vergessen. Sie fand Röschen schon halb entkleidet auf dem Betlrand sitzen mit einem Medaillon, das sie an schmaler goldener Kette um den Hals trug, in der Hand.
Röschen bemerkte Rosa erst, als dieselbe dicht an den Tisch trat, um das Licht darauf zu setzen. Hastig verbarg jene das Medaillon auf ihrer Brust, dann griff sie schnell nach einem offenen Briefe, der auf dem Tische lag, jeroch nicht schnell genug, als daß Rosa nicht mit stockendem Alem die Handschrift des Geliebten in dem Schreiben erkannt hätte.
Diese Entdeckung rief eine solche Eifersucht in ihr wach, daß sie entschlossen war, der Sache erst auf den Grund zu gehen, bevor sie das bereits dem Papiere anvertraute Jawort abzusenden gedachte.
Ohne das Zimmer wieder zu verlassen, legte auch sie sich schlafen.
Alsbald verrieten ihr Röschens regelmäßige Atemzüge, daß dieselbe schlief, während sie sich ruhelos auf ihrem Lager htn- und herwaif-
Nach längerer Zeit stand sie behutsam auf, zündete ein Licht an, und dasselbe mit der Hand beschattend, damit es die Schlafende Nicht wecke, beugte sie sich über diese und zog leise das Medaillon hervor. Wie geisterhaft bleich erschienen ihre Züge, während sie das Bild betrachtete. Dann legte sie sich geräuschlos wieder nieder und preßte das jetzt glühend heiße Gesicht in die Kissen, um den Schrei
der Verzweiflung zu ersticken, der sich ihrer gequälten Brust entrang.
Der nächste Morgen fand Rosa in heftigem Fieber. Es bemächtigte sich ihrer eine schwere Krankheit, die dem Tode nahe brachte. Wochenlang blieb ihr Leben gefährdet, und selbst als die Krisis überstanden war, geraß sie nur sehr, sehr allmäliq.
Während Rosas Krankheit hatte Röschen sie in der Schule vertreten, und mit innerer Genugthuung vernahm die genesende Rosa, daß jene die einmal übernommenen Pflichten nur ungern wieder abtretcn würde. Sie selbst hatte nur einen Gedanken: fort, fort von hier, wo jeder Baum, jeder Stein, jede Blume sie an die Untreue des Geliebten erinnerte.
Eine Schwester ihres Vaters, die als Wittwe in der Residenzstadt lebte, hatte schon wiederholt den Wunsch geäußert, die einzige Tochter ihres Bruders bei sich zu sehen. Nach einigem Drängen gelang es Rosa, ihrer Tante Erlaubnis zu einem längeren Besuch bei jener zu erlangen.
4.
Gegen Abend eines trüben regnerischen Tages traf Rosa in der großen geräuschvollen Stadt ein.
Es sank ihr ein wenig der Muk, als der Kutscher, der ihm angegebenen Adresse folgend, in eine schmale Gasse einbog und vor einem erbärmlichen Hause hielt.
Rosa wußte nichts von der großen kürzlich stattgefundenen Umwandlung in Tante Katharines Verhältnissen: Dieselbe durch treulose Freunde um ihr bescheidenes Vermögen gekracht, mußte noch auf ihre alten Tage kennen lernen, was es heißt, mit Armut and Nahrungssorgen zu kämpfen.
Bei Rosas Eintritt saß die Tante Katharine in einem bequemen Armstuhl, nahe dem Oien. Sic wandte den Kopf und schaute die Eiulretende fragend an.
„Tantchen, kennst Du mich nicht mehr?" fragte diese und kniete vor der alten kränklichen Frau nieder.
„Das .... das ist doch nicht meine
kleine Rosa?" entgegnete diese mit halberstickter Stimme und schlang ihre Arme zärtlich um sie.
„Willst Du mich hier behalten, Tantchen ? Darf ich bei Dir bleiben und für Dich sorgen?"
Die alte Frau aber schüttelte wehmütig mit dem Kopfe.
„Do kommst zu spät, mein Kind," sprach sie traurig; „was willst Du jetzt hier? Kummer, Not und Sorgen mit mir teilen? Nein, meine Liebe, das ist jetzt kein Ort für Dich."
Aber so sehr die gute Alte wehrte, Rosa beharrte bei ihrem Vorsatz — sie blieb und fühlte sich nach wenigen Tagen schon völlig heimisch. Sie sorgte nach besten Kräften für die arme Kranke, sie wollte sich Schülerinnen suchen und Geld verdienen, um jener ihren letzten Lebensabend zu erleichtern — aber das blieb nur ein edler Wunsch. Tante Katharines Kräfte nahmen sichtlich ab, alsbald ward sie beltlägeiig, und vier Wochen später, nachdem Rosa zum ersten Mal das HauS betreten hatte, stand sie einsam trauernd am Sarge der oamen alten Frau.
5.
Dora, die Tochter des nebenanwohnenden Schuhmachers, steckte den Kops zu Thür herein, und fragte Rosa, ob sie noch einen Auftrag für sie habe.
„Nein," antwortete diese, „den Wies, den ich Dir heute Morgen gab, hast Du doch besorgt?"
„Ja, das heißt, der Herr — wissen Sie, jener Herr, welcher Sie neulich auf der Straße ansprach, — der erbot sich, als ich den Brief eben in den Kasten stecken wollte, ihn milzunehmen — er ginge direkt zur Post meinte er, da käme der Brief heute noch zur Ausgabe."
„Dies hättest Du nicht thun sollen." (Fortsetzung folgt.)
Merk'sl
Verrat spricht zierlich,
Treue rauh und schlicht.
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Ho fmann in Wildhgd,