Unweiter richtete im Fünfkirchener Komitate große Verheerungen an. Die ganze Wein» und Getreideernte ist vernichtet. In Szampa schlug der Blitz in das Wohnhaus eines Fleischhauers ein, tötete denselben und dessen Frau. Mehrere Personen wurden verletzt.
— Ein englisches Urteil über den Kaiser. Der bekannte englische Publizist W. T Stead summiert in einem Rückblicke auf die erste „Dekade des Kaisers" sein Urteil über ihn dahin: „Im ganzen hat er sich trefflich bewährt. Er ist der einzige Mann von Genie, der heute aus der Welt eine Krone trägt. Er ist ein berühmter Arbeiter, er hat Frieden gehalten und edel versucht, seine Pflicht zu thun. Er ist, wie ich immer gesagt habe, von Natur wie geboren zum Redakteur; alles interessiert ihn und es kitzelt ihn beständig, keinen Vorgang ohne Kommentar zu lassen. Aber als der Journalist im Purpur hat er einen viel größeren Erfolg errungen und viel weniger Fehler gemacht» als die meisten Leute vor zehn Jahren gedacht hätten.
— (Ein russischer Offizier über die deutsche Kavallerie.) Der „Grashdanin" erhält von einem russischen Kavallerie-Offizier Stoff zu einem Artikel, in dem die Bewunder
ung der deutschen Lanze einen Hauptbestandteil bildet. Er sagt u. a.: „Ohne dabei gewesen zu sein, kann man sich keine Vorstellung machen, bis zu welcher Vollkommenheit und Jongleurgewandtheit die Lanzenübungen in den Kavallerieregimentern unseres nächsten Rachbars gelangt sind. Der deutsche Kavallerist und die Lanze — das ist ein Ganzes. Sitzt der Mann einmal zu Pferd, so muß in seiner Rechten die Lanze sich befinden; das ganze Manegereiten, ob einzeln oder gemeinsam, alle Ausritte der preußischen Kavallerie geschehen nie anders als mit der Lanze in der Hand. Die deutsche Lanze besaht aus einem mit Papiermache gefüllten Stahlschaft, was einerseits eine wirksame Abwehr der Säbelhiebe möglich macht, andererseits die ungemeine Leichtigkeit in der Handhabung erklärt. Kaiser Wilhelm hat seine ganze Aufmerksamkeit der Entwicklung der Kavallerie zugewandt; gegenwärtig legen Kavallerie-Abteilungen in ununterbrochenem Galopp eine Strecke von 6 Werft zurück, woran vor einigen Jahren niemand zu glauben sich entschloß." — Dem russischen Offizier gefielen, nach dem „Grashdanin," die Pferde der deutschen Kavallerie außerordentlich gut.
Ein Hauptgewicht legt sein Gewährsmann auf den auffallend gleichartigen Typus der Pferde. Wohl bedurfte cS zur Erreichung dieses schwierigen Ergebnisses nahezu 17 Jahre, während welcher Z°it In Preuß n verschiedene Staatsgestüte angestrengt, sytte- matisch, Schritt vor Schritt, vorgingen, aber dafür muß man auch gestehen, daß das System der deutschen „langsam" und sicher die preußische Kavalerie dahin gebracht hat, daß sie hinfort auf einem starken, ausdauernde», jußfcsten Pferd sitzen wird.
— Aus dem Orient. Wie türkische Blätter aus Aidin in Kleinasten berichten, ist dort die Haremssklavin Turkieh Hanum im Alter von l30 Jahren verstorben. Eie wurde schon im 14. Jahre von ihr.» Eltern an einen türkischen Gutsbesitzer di-fer Stadt a>S Sklavin verkauft, der sie zu eimr Favoritin erhob. DaS wäre also im Jahre 1782 gewesen . . . Die Luft in den linkischen Harems muß recht gesund, oder die Leserwelt der türkischen Blätter sehr gläubig sein.
.'. (Verraten.) Tante: „Es scheint Du besuchst mich nur, wenn Du Geld brauchst." Neffe: „Aber, liebste Tante, noch häufiger kann ich nicht kommen!"
Der rechte Grbe.
Novelle von A. Nikola.
(Nachdruck ve boten.)
1 .
ES ist ein warmer Juni-Nachmittag.
Der GutShof liegt in Hellem Sonnenschein. Neugierig gucken die goldenen Strohseime und Heuschober über die Mauer nach den fetten Schweinen, den wohlgenährten Hennen und den flaumigen Küchlein hin. Die Kühe und Kälber schauen mit ihren braunen schläfrigen Augen behaglich um sich; das Blöcken und Grunzen, das Girren und Krähen, all' die ländlichen Laute passen herrlich zu dem warmen Sommerwetter und den noch ungemähten Wirsen voll Klee und Butterblumen.
Inmitten auf dem GutShof steht Röschen Lorring, die Herrin und Eigentümerin von dreihundert Acker Landes in der Runde. Sie streut den jungen Hühnern, die sich in großer Menge zu ihren Füßen schaaren, ihr Futter hin. Eie ist groß und schlank, und aus dem von der Sonne gebräunten hübschen Gesicht schauen ein Paar liebe veilchenblaue Augen heraus. Welch' allerliebstes Bild: die junge Maid in dem leichten Sommer- gewand, dem großen Strohhut mit blauem Bande und dem Kerb am Arm, aus dem sie die Hühner füttert! Dies junge edle Gesicht kennt noch keine Sorge; aus diesen sanften Augen, mit den langen Wimpern schaut nur froher Sinn heraus.
Der Herrin von Lorrtngshöh' ist das Leben noch leicht und süß; sie ist voll Kraft, Gesundheit und guten Muts, und Alles scheint zu gedeihen, was ihre Hand berührt.
Ein Flug weißer Tauben wetteifert mit den Küchlein um den gequetschten Mais. Nachdem Röschen ihnen die letzten Körner aus ihrem Korbe hingestreut, stattet sie den Kälbern einen Besuch ab und streichelt deren weiche Nasen mit ihrer kleinen braunen Hand.
Die schon im Untergehen begriffene Sonne scheint ihr voll in die dunkelblauen Augen, al« sie den Hof und die Tauben, die sie girrend umflatterten, verläßt und langsamen Schrittes
nach den duftenden Wiesen wandert, wo die Kühe, bis an die Kniee im hohen Grase, gemolkro werden.
Ein paar Augenblicke schau» Röschen zu, wie die schäumende Milch in die Eimer fli-ßt; dann schreitet sie dem Hause zu, einem alten, hochgiebeligen Bau, hinter Epheu, Rosen und Schlinggewächsen aller Art halb verborgen.
„Du liebes, altes Haus!" ruft Röschen laut, während ihr Auge auf den von der Sonne goldenblitzendrn Fenstern ruht. Ein alter Hühnerhund, der keuchend auf dem heißen Sande liegt, wedelt, als sie vorüberkommt, lebhaft mit dem Schwänze und schaut mit seinem treuen Auge blinzelnd zu ihr auf.
„Du armer Nimrod, Dir ist gewiß rechl warm!" spricht sie, indem sie sich zu ihm niederbeugt und liebkosend über sein schwarz- lockiges Fell streicht.
Nimrod scheint sie zu verstehen; langsam steht er auf, geht auf das Haus zu und beendet sein Schläfchen unter dem langen Schatten, den die Giebel über den Rasen werfen.
Röschen selbst begiebt sich in« Haus, in das Wohnzimmer, ein niedriges Gemach mit getäfeltem Fußboden, voll alter, halb vergilbter Möbel. Die Fenster sind weit geöffnet, und auf den Tischen und Schränken stehen allerhand antike, wertvolle Gefäße von Thon und Porzellan, gefüllt mit köstlich duftenden Rosen.
„Achtzehn junge Hühnchen sind heute ausgekrochen I Ist das nicht ncit, Lucy?" ruft sie mit Heller Stimme.
Lucy, Röschens Schwester, Hut wie diese blaue Augen und hellbraunes Haar; doch während die Eine kräftig und gesund ist, muß die Andere ihr ganzes Leben auf dem Sopha verbringen, eingehüllt in Decken und Kissen. Ihr Gesicht ist bleich und zart, aber der Ausdruck von Frieden und Geduld verleihen den traurigen Augen und dem noch traurigerem Munde einen besonderen Reiz.
„ES ist tüchtig heiß!" seufzt Röschen, indem sie ihren Hut auf den nächsten Stuhl wirft. „Ich bin aber überall gewesen: im
Hof, im Garten, in den Ställe» — überall! Es ist heul' ein köstlicher Tag! Du kannst Dir gar nicht denken, Lucy, wie schön es ist!"
Der Schwester Augen schweiften sinnend durch das weit geöffnete Fenster nach der Wiese, wohin die Sonne ihre schrägen Strahlen wirft, und dann weiter nach den purpurnen Spitzen der fernen Berge. Einst war auch sie kräftig und gesund; aber nie kann ste wieder die Freude eines freien thätigen Lebens genießen. „Gehen wird ste niemals wieder," lautete vor fünf Jahren der ärztliche Ausspruch. Seitdem ist der traurige Ausdruck nicht von ihrem Gesicht gewichen, und wird nicht eher schwinden, bis der Tod die tiefen Sorgenfalten glättet.
Lucy's Stuhl wird in das Speisezimmer gerollt, wo dicht am offenen Fenster das Abendessen ihrer harrt. Große Sträuße heirlicher Rosen schmücken den Tisch, denn Röschen trägt stets Sorge, daß der Schwester Buge nicht die Blumen vermißt, welche die Jahreszeit mit sich bringt. Die frische Butter ist daheim bereitet, ebenso das schwarze Brot; der goldene Honig kommt von den Bienenstöcken au« RöSchen's Garten und die frischen Eier aus dem Hühnerhof. Röschen läßt sich von diesem Allen schmecken, mit dem guten Appetit, den ihr Leben in der freien Luft mit sich bringt. Wie reizend schaut ste aus in dem leichten weißen Kleid, das nur eine einzige dunkelrote Rose schmückt! Eine Weile ruht der Schwester Blick voll Wohlgefallen auf den lieben Zügen.
„Bist Du auch ganz zufrieden hier?" frug sie alSdann und seufzte leise.
„Zufrieden?" ruft Röschen und schaut verwundert drein. „Nein, glücklich bin ich l völlig glücklich! Was fehlte mir wohl auch? Bin ich nicht meine eigene Herrin, und geht nicht alles gut? Ich glaube fast," setzte sie mit einem Blick nach dem friedlichen Bilde draußen hinzu, „viele Leute könnten mich um mein Glück beneiden."
Lächelnd schaut die Schwester in Röschens von Eifer leicht gerötetes Gesicht.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad.