Räder, die Ihm die beiden Beine abfchnitten. Keiner der Passagiere, kein Kondukteur sah ihn abspringen. Niemand hörte auch sein Jam­mergeschrei, hilflos blieb er liegen- Während einer Stunde fuhren zwei Schnellzüge und ein Personenzug an ihm vorüber, doch keiner der Lokomotivführer bemerkte den neben dem Ge­leise Liegenden, obgleich er fortwährend um Hilfe rief. Endlich vom Lokomotivführer des 4 . Zuges wurde der Unglückliche gehört und in den Wagen ausgenommen. Er wird schwer­lich am Leben erhalten bleiben. Die Unter­suchung wurde sofort eingeleitet und das Per­sonal des Vorortzuges vom Dienste sus­pendiert.

Ein Orden und sein Wert. Aus Berlin wird berichtet: Gegen das Kadinet der Kaiserin gedenkt der Portier Reichert in der Genthinerstraße eine Klage anzustrengen. Er hatte am 1. Juni v. I. auf dem Parade- selde einen Orden gefunden, welchen die Kai­serin verloren hatte. Er erhielt hierauf einen Finderlohn von 150 ^ Seinen Einwend­ungen, daß die Belohnung zu niedrig sei, wurde seitens des Oberhofmeisteramts der Kaiserin mit dem Hinweise begegnet, daß der Orden einen Wert von 1000 Mark habe.

Der gesetzmäßige Finderlohn betrage lOpCl; eS seien mithin bereits 50 Mark über den­selben bezahlt worden. Der Finder bemängelte sedoch die Taxierung des Ordens. Er ist der Ansicht, daß das mit Brillanten besetzte Schmuckstück, das als Mittclbild die Porträts der Königin von England und des Prinz- Gemahls enthalte, einen wesentlich höheren Kunstwert, als seitens des Kabinets ange­nommen wird, haben müsse.

Auch ein Polizeilicher Mißgriff Vor einigen Tagen war der frühere Hofstaats­sekretär Könnecke aus der Landesstrafanstalt zu Wolfenbüttel entlassen worden, wo er wegen Majestätsbeleidigung eine längere Frei­heitsstrafe verbüßt hatte. Könnecke teilte seine Freilassung m einer Anzeige mit, in der er zugleich 300 Belohnung auf die Nam­haftmachung desjenigen aussetzte, der seiner­zeit die Nachricht verbreitet hatte, daß er (Könnecke) zur Beachtung seines Geisteszu­standes nach Königslutter gebracht worden sei. Ein junger Polizeibeamter, der von der Anzeige gehört, sie aber nicht selbst gelesen hatte, glaubte nun, es seien 300 M^k auf die Verhaftung Könneckes auSgesetzt und er hatte, als er den früheren Hofstaatssekretär

an einem der letzten Abende auf der Straße traf, nichts Eiliges zu thun, als den Könnecke beim Kragen zu nehmen und ihn einfach ein­zusperren. Das Mißverständnis klärte sich am folgenden Morgen auf und Könnecke wurde natürlich sofort in Freiheit gesetzt. Der eifrige Polizeibeamte, der sich schon auf die vermeintliche Belohnung gefreut hatte, mußte aber der bitteren Enttäuschung auch noch einen gehörigen Rüffel hinnehmen.

In Pirmasens ist die Holzschneiderei der Gebr. Gundelwein vollständig niedcrge- brannt. Das Etablissement war zu 500 000 Mark versichert.

Geschenk für den Kaiser aus Kiaot- schau. Wie ein in Kiaotschau stationierter Matrose seinen in Berlin wohnenden Eltern mitgcteilt hat, ist in Kiaotschau für den Prinzen Heinrich ein stattlicher Schimmel (Wallach) angekauft worden. Prinz Heinrich hatte hiezu besonderen Befehl gegeben, da er das Tier seinem kaiserlichen Bruder zum Geschenk machen will. Prinz Heinrich wird erst das Tier besichtigen und prüfen, wor­auf eS mit einem der nächsten nach Deutsch­land abtzehenden Dampfer in die Heimat be­fördert werden wird.

AusderIrrsshrtöesMens.

Roman nach dem Englischen von Jenny Piorkowska.

(Nachdruck verboten.)

21 . '-

Konnte ich es ändern? Die Umstände verlangten eS. Das Kind braucht ärztliche Behandlung. Du bist oft zu Hause ge­wesen, wenn Jansen kam, und hast gesehen, daß seine Besuche sich nur auf das Kind be­schränkten. Selten nimmt er die Aufforder­ung an, sich auch nur eine Minute nieder­zusetzen, gleichviel ob Du da bist oder nicht.*

Und heute Abend! Wo Du mit ihm allein im Mondschein hingingst! Und ich folgte Euren Schritten und malte mir in meiner quälenden Eifersucht aus, welche Wonne Euch dieser Spaziergang gewesen war! Da war ich von Sinnen, Maria, und Jansen kann von Glück sagen, daß ich Euch nicht einholte, ich hätte mich in meiner Wut an ihm vergriffen."

Schäme Dich, Arthur! Ich muß es wiederholen," fiel sie ihm ins Wort, und die Entrüstung gab ihrer Stimme Festigkeit. Nie habe ich seit unserem Zusammentreffen hier mit Jansen durch Won oder Blick ver­gessen, was ich mir selbst schuldig bin, eben­so wenig wie er. Ich bin ihm gegenüber nichts Anderes gewesen als Deine Frau, die Mutter meiner Kinder, und er so gut gegen mich wie gegen Dich einfach der Hausarzt. Zweifelst Tu noch an mir? Willst Du, daß ich cs Dir beschwöre? Ich kann eS. Arthur! Arthur! Bist, Du von Sinnen! Wenn Deine Eifersucht Dir nicht Ruhe läßt, so laß uns anderswohin übersiedeln, wo wir einen anderen Arzt holen können."

War Arthur Aork von Sinnen? Jeden­falls hatte er alle Ruhe und Ueberlegung verloren. Weinend und schluchzend drückte er seine Frau an sich und wiederholte ihr immer wieder, wie leidenschaftlich er sie liebe.

Maria wurde unruhig, sie hatte ihn nie in solcher Aufregung gesehen. Der Zorn über seine grundlose Eifersucht trieb sie, sich von ihm zu wenden, aber sie wagte es nicht.

Sie wiederholte ihm nur in so versöhnlichem Tone wie sie in ihrer Entrüstung über die Lippen zu bringen vermochte, daß sie in Be­zug auf Jansen nie einen unwürdigen Ge­danken gehabt hatte. Und sie sprach die Wahrheit.

Er schien ihr zu glauben, ja, er glaubte ihr auch wirklich. Ein besserer Geist kam über ihn, und als Jansen dem Kinde am nächsten Morgen seinen Besuch machte, sprach Arthur Jork freundlich mit ihm und reichte ihm die Hand, eine Gunst, zu der er sich bisher noch nicht herabgelassen hatte.

Aber welcher Eifersüchtige kann nach Be­lieben die Eifersucht für immer von sich streifen ? Es giebl keine schrecklichere Leiden­schaft auf Erden als sie. Nach Verlauf von wenigen Tagen halte sie sich des unglücklichen Mannes von Neuem mit voller Kraft be­mächtigt. Für die unschuldigste Bewegung seiner Frau oder des Arztes hatte er nur eine schlechte Auslegung; schon die einfache Höflichkeit deS Handreichens konnte ihn außer sich bringen. Er sprach nicht mehr mit seiner Frau darüber, aber er beobachtete, und nahm er auch nichts wahr, woran die Eifersucht sich klammern konnte, so blieb er doch in dem Wahne, daß sie falsches Spiel mit ihm trieben.

Elftes Kapitel.

DaS Kind ging seiner völligen Genesung entgegen u. Jansen sprach nur noch gelegentlich vor. Endlich kam der Tag, wo er sich ganz verabschiedete. Sein Werk wäre vollendet, bemerkte er gutmütig, nun Leo wieder auf den Beinen sei. Dies wiederholte Frau Jork eines Abends ihrem Mann im Laufe der Unterhaltung, um des Friedens Willen ohne 'Zweifel sehr froh darüber;ich bat ihn," sagte sie,seine Rechnung zu schicken."

Das war an einem Montag. Am folg­enden Tage, Dienstag, ging Sir Jork für den ganzen Tag auf die Jagd, was er bis­her noch nie gethan hatte. Er verließ dos Haus zeitig des Morgens und kehrte erst nach Dunkelwerden wieder heim ; er war gut gelaunt, plauderte gemütlich mit seiner Fran

und spielte mit Leo. Mittwoch verbrachte er in derselben Weise, und Donnerstag verließ er gleich nach dem Frühstück die Flinte auf der Schulter wieder das Haus. An diesem Tage kam Fräulein Olivivia Hardisty, eine ältere Dame in den vierziger Jahren, eine Verwandle von Frau Jork, unerwartet zu einem längeren Besuch.

Es war ein trüber Nachmittag; zwar regnete es nicht, aber eS lag ein dichter Nebel über der Landschaft, wie Offord sich nicht erinnern konnte, je erlebt zu haben. Die Dämmerung trat ein und Frau Aork schürte das Feuer im Kamin zu Heller Flamme an. Sie wunderte sich, wo nur ihr Mann blieb. Ihr Gast halte sich, von der weiten Reise ermüdet, in ihr Zimmer zurückgezogen und gebeten, sie erst zum Thce zu rufen.

O, da ist er!" rief Maria, als eine undeutliche Gestalt vor dem Fenster vorbei ging. Ob er viel geschossen hat? Er wird sich wundern, wenn er hört, daß Olivia an­gekommen ist."

Herr Doktor Jansen I" meldete aber der Diener die Thür öffnend.

Der Angemeldete trat ein und fragte Platz nehmend nach Leo.

Es geht ihm recht gut," erwiderte Frau Jork.Ich glaubte sie neulich dahin ver­standen zu haben, daß Sie ihre Besuche nicht mehr für nötig hielten," setzte sie hinzu, denn sie hatte das unbehagliche Gefühl, daß ihr Mann zurückkehren und ihn bei ihr finden könne, nachdem sie ihm gejagt, daß er seine ärztliche Besuche eingestellt hätte.

Meine Besuche sind auch kaum mehr nötig," entgegnete Doktor Jansen.Aber ich war hier in der Nähe und als ich an ihrem Hause vorüberging, wollte ich nur mit vorsprechen und hören, ob es Leo anhaltend gut geht. Was das heute für ein merk­würdiger Nebel ist I"

(Fortsetzung folgt.)

.'. (Belohnung.) Schmieren-Direktor: Wer heute am bravsten spielt, kriegt morgen die Rolle, in welcher er auf der Bühne eine Leberwurst zu verzehren hat!"

Redaktion, Druck und Verlag «on Beruh. Hofmann in Wildhad.