lang keine Rechnung über Kirchengelber gelegt und Aergernis hcrvorgerufen, weil er (vor 36 Jahren) eine Schauspielerin niederen Ranges (die Soubrette Karg) geheiratet habe.
Athen, 26. Febr. (Abends 7'/e Uhr.) Gegen König Georg von Griechenland wurde ein Attentat verübt, doch wurde der König nicht verletzt.
Athen, 27. Febr. Als König Georg mit der Prinzessin Marie gestern nachmittag 5 Uhr von Phateron hieher fuhr, schossen 2 Individuen auf die königliche Equipage. Der Leibjäger auf dem Bock wurde in den Fuß getroffen. Als die zweite Kugel vorbeipfiff, erhob sich der König, um die Prinzessin Marie zu schützen. Die Equipage fuhr, von resultatlosen Schüssen verfolgt, davon. Der eine der Attentäter kniete auf der Landstraße nieder und zielte auf den König, welcher ihn deutlich bemerkte und ihn wieder zu erkennen erklärt. Die Attentäter sind entflohen. Hier giebt sich allgemeine Teilnahme kund. Die Stadt ist ruhig.
Paris, 22. Febr. Im Perigord wurde vergangene Woche eine Riesenetche gefällt, der schönste Baum, den man im südwestlichen Frankreich weit und breit kannte. Er ist an
einen Pariser Holzhändler verkauft und daS zerschnittene Holz wird in drei Wagenladungen, zusammen mehr als 30 000 Kilogr., befördert.
Paris, 25 Febr. Die Kosten des Prozesses Zola belaufen sich auf etwa 150 000 Franks, welche der Verleger Zola's vorschußweise für Zola erlegen wird. Dem Ver. leidiger Labori wollte Zola ein Honorar von 10 000 Franks zahlen, doch hat Labori die Annahme des Geldes mit dem Bemerken abgelehnt, daß er nur für Recht und Gesetz den Kampf geführt habe.
New-Iork, 25. Febr. Ein großes Feuer wütet augenblicklich in den amerikanischen Tabakpflanzungen bei Louisville. Der Schaden wird bereits auf 1 Mill. Doll, geschätzt.
— Aufs angenehmste überrascht wurden die Leserinnen der „Modcnwelt" durch diese soeben erschienene Nummer dieser populärsten Modenzeitung. Kinder-Mode und -Wäsche, sowie Handarbeiten sind neuerdings von dem übrigen Inhalt getrennt und auf selbständigen Blättern übersichtlich vereinigt. Auf diese Weise kommt die Reichhaltigkeit des Materials erst recht zur Geltung, und das Hallen von Special-Zeitungen wird überflüssig. Die Vor
lagen für Knaben- und Mädchen-Garderobe jedes Alters auf Blatt II decken den Bedarf der kinderreichsten Familie. Blatt III bietet Vorlagen für jede Art Nadel- und kunstgewerblichen Arbeiten. Unterstützt von einem vielfigurigen farbigen Bilde, bietet das Hauptblatt eine imposante Ueberstcht der Frühjahrs- Moden, neben denen einige entzückende Gesellschafts-Toiletten und neue Radsahr-Kostüme nicht fehlen. — ES sollen jährlich auch vier Blätter mit „Leib-, Tisch- und Bettwäsche" im allgemeinen erscheinen.
— Wie viel man ißt, kommt in den meisten Fällen weit weniger in Betracht als : wieviel man verdaut. Selbst die nahrhaftesten Speisen gereichen dem Körper nur zum Nachteil und ermüden das Verdauungs- syftem, wenn sie, infolge mangelhafter Zubereitung, mit ungenügendem Appetit gegessen und dann schlecht verdaut werden. „Es schlägt ihm nichts an" , sagt dann der Volksmund und mit Recht. — Hier wirkt Maggi Wunder : Ein kleiner Zusatz dieser ausgezeichneten Würze verleiht Suppen und Speisen einen seltenen Wohlgeschmack und bewirkt so, daß sie leicht verdaut werden und deshalb gut bekommen.
AusderIrrfahrtdes Lebens.
Roman nach dem Englischen von Jenny Piorkowska.
(Nachdruck verboten.)
11 .
Spät an diesem Abend schlich auch eine Dame in die Kapelle, die, einfach aber geschmackvoll gekleidet, den besseren Ständen anzugehören schien. Sie stand in den mittleren Jahren und mußte einst sehr schön gewesen sein, obgleich ihr Antlitz jetzt »von Sorgen getrübt war; eine Dienerin in französischer Tracht folgte ihr. Während jene zum Gebet niederkniete, wurde letztere am Eingang von einer Bekannten angesprochen:
„Was wollt denn ihr hier, Therese? Ich glaubte Ihr Bruder bliebe dieses Jahr daheim?"
„Ich begleite meine Herrin."
„Frau Jansen l Sie hat doch keinen Verwandten beim Etockfischfang?"
„Doch," lautete Theresen's Antwort- „Ihr kennt doch ihren Sohn?"
„Den flotten jungen Herrn Doktor I Wer kennt den nicht."
„Nun, was ist'S mit ihm?"
„Er gehl mit den Stockfischsängern nach Island."
„Mit den Stockfischfängern I Der junge Engländer I Das ist ja nicht möglich!"
„Eine Schrulle von ihm. Er sagt-, er ginge zum Vergnügen."
„DaS habe ich doch in meinem Leben noch nicht gehört. Es ist eine beschwerliche Reise und ein sorgenvolles Dasein. Ueber- dies kann ja die Mannschaft solch' feinen Herrn gar nicht an Bord gebrauchen."
„Ach, was kümmert das die Fischer! Er hat Alles mit dem Eigentümer des „Delphin abgemacht."
„Nun, der junge Doktor hat einen schönen Geschmack I Auf einem so schmutzigen Schiffe nach dem kalten, unfruchtbaren Island zu gehen, — dazu gehört ein unbegreiflicher Entschluß. Ob er der Matrosen Kost teilen wird?"
„So wenig wie ihre Arbeit."
Während die Zwei so mit einander plauderten , standen zwei Engländerinnen mit rinem Knaben in der Nähe. Voll Neugier waren sie gekommen, sich die in der Kapelle Betenden anzusehen.
Da trat auch Theresen's Herrin nach kurzem Gebet wieder heraus. Es währte einige Zeit, um durch die hinein« und her- auSdrängende Menge zu kommen. Unmittelbar hinter Frau Jansen gingen die beiden eben erwähnten Engländerinnen, von denen die Jüngere eine junge Dame von auffallender Schönheit war.
„Henry ist kaum zu halten," erwiderte ihre Begleiterin auf die Bitte der Jüngeren, nicht schon wieder gehen zu wollen, „am liebsten liefe er in die Kapelle mitten unter die Knieenden."
»Ich sagte Dir ja, Mama, Du thätest bester ihn zu Haus zu lassen."
„Gewiß," erwiderte die ältere Dame in herbem Tone, „ich weiß, daß er Dir ein Dorn im Auge ist."
„Du weißt, Mama, daß dem nicht so ist, aber er ist zu lebhaft und unruhig, um überallhin mitgenommen werden zu können."
Maria Saxonbury — denn sie war es — hatte Recht. Es gab kein wilderes Kind als ihren Stiefbruder Henry Aork. Er war ein hübscher Knabe von zehn Jahren, eins jener klugen, frühreifen Kinder, die wild, eigensinnig und mutwillig sind. Der Knabe besaß bewundernswerte Eigenschaften, die aber leider durch der Mutter falsche« System schädlicher Nachsicht eher unterdrückt als hcr- angebildet wurden. Er war der Stolz und die Freude ihres Lebens, ab für jeden Anderen eine Plage.
Kaum waren sie etwas aus dem dichtesten Gedränge, da gelang es Henry, sich von seiner Mutter Hand lvSzurcißen und diese hatte das Vergnügen, zu sehen, wie er zurückrannte, sich wieder durch die Menge drängte und in der Kapelle verschwand.
„Da ist er fort wie ein Aal," rief Lady Saxonbury aus. „Was fange ich nun an? Ich muß ihn holen. Warte hier auf mich, Maria."
„Therese," sagte Frau Jansen, welche diese Unterhaltung mit angehört hatte, „geh' rasch voraus und halte das Abendessen bereit. Wenn mein Sohn schon zu Haus sein sollte, sage ihm, ich käme sogleich."
Plötzlich hörte Fräulein Saxonbury sich angeredet.
„Sie sind Maria Saxonbury?"
„Ja," antwortete diese etwas verwundert über diese Vertraulichkeit einer Fremden.
„Ich erkannte Sie nach der Beschreibung. Ich hörte, Fräulein Saxonbury besäße eine seltene Schönheit, und ich muß gestehen, ich sah selten Ihresgleichen. Wenn Andern diese Schönheit so zum Unglück gereicht wie mir — dann wäre cs besser für Sie, Sie wären ein Muster von Häßlichkeit."
„Ich verstehe Sie nicht," sagte Fräulein Saxonbury stolz. „Ich kenne Sic auch nicht."
„Dazu habe ich Ihnen keine Gelegenheit gegeben; ich bin Eduard Jansen's Mutter. Ich lebe sehr zurückgezogen, darum sind wir uns nie begegnet; könnte ich doch auch sagen, daß mein Sohn Sie nie gesehen hat! Sie haben mit ihm gespielt, kokettert, Sie haben ihn a» sich gezogen, bis er Sie liebte; aber als er seine Liebe nicht mehr in den Grenzen der Vorsicht Hallen konnte und Ihnen davon sprach, da wiesen Sie ihn zurück — vielleicht sogar voll Hohn, weil er arm war und Sie sind reich; ich weiß es nichi, denn er verriet mir nichts. Er hat Ihr Geheimnis bewahrt, aber ich beachtete ihn genau, an welchem Tage ihn dieser Schlag traf."
Auf Maria's Gesicht wechselte glühende Röte mit tiefer Blässe. Sie schien zu verwirrt, um antworten zu können, und Frau Jansen fuhr fort:
„Er kam hierher, um, bevor er sich als Arzt in seinem Heimatlandc niederließ, einige Wochen bei mir zu bleiben. Die meiste Zeit davon verbrachte er mit Ihnen und jetzt ist er in seinem Gemülc so unglücklich, daß er mit den armen Stockfischfängcrn hinaus auf das weite Meer fährt, um vielleicht nie wie- dcrzukehren."
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad.