Rundschau.

Die K. Generaldirektion der Posten und Telegraphen macht wie alljährlich folg­endes bekannt: Für den gesteigerten Päckerei- verkehr vor Weihnachten sind von der Post- verwaltung besondere Vorkehrungen durch Vermehrung der Beförderungs-Einrichtungen, der Arbeitskräfte rc. getroffen. Im Zusam­menhang damit wird den Aufgebern von Postpacketsenbungen, wenn sie auf deren recht­zeitige und unversehrte Ankunft rechnen, bringend empfohlen, die Einlieferung zur Post nicht erst in den letzten Tagen vor dem Christfest, sondern möglichst frühzeitig zu be­wirken, auch die Sendungen fest und dauer­haft zu verpacken und mit einer deutlichen, vollständigen, haltbar befestigten Aufschrift zu versehen. Außerdem wird empfohlen, die Einlieferung nicht erst kurz vor Schalter- schluß zu bewirken.

Stuttgart, 13. Dezember. Dem evangel. Kirchenbanverein Steinbühl-Nürnberg ist die Erlaubnis zum Absatz von 10 000 Losen zu 2 ^ der von ihm zu Gunsten der evange­lischen Christuskirche in Steinbühl-Nürnberg veranstalteten Lotterie innerhalb des König­reichs Württemberg erteilt worden.

Llldwigsburg, 12. Dez. (Fourageliefer- ung.) Zum erstenmal wurde Heuer die Lieferung des Fleijchbedarffür sämtliche Trnp- penküchen der hiesigen Garnison auf einmal und zwar von der Königl. Intendantur in Stuttgart ausgeschrieben. Es sollen dadurch Ersparnisse zu Gunsten einer warmen Abend­kost für die Mannschaften gemacht werden. Die andern Bedürfnisse der Menageküche so­wie der Bedarf der Kantinen wurden übrigens wie früher von jedem Truppenteil einzeln zur Lieferung ausgeschrieben.

Heilbroun, 13. Dez. Eine 17 Jahre alte Dienstmagd von Unlergruppenbach wurde gestern wegen Diebstahls hier verhaftet. Die­selbe hat anfangs dieses Monats in ihrer Heimat 2 fremde Gänse vom Bache weg in ihre Wohnung getrieben, dort verwahrt und in hiesiger Stadt verkauft, den Erlös aber für sich verbraucht.

Eßlingen, 13. Dez. (Stiftung.) Eine sehr wertvolle Gabe ist dem hiesigen Seminar durch einen ehemaligen Schüler unserer Prä- parandenanstalt, Herrn Lehramtskandidaten Otto Weidenmann, zuteil geworden. Ein von ihm gemaltes, großes Oelbild, die Grab­legung Jesu, ziert jetzt den Festsaal des Seminars unv giebt Zeugnis von der Be­gabung und dem Fleiße des jungen Mannes.

Eßlingen, 14. Dez. Vor 8 Tagen fiel der ledige Arbeiter Burkhard Hnttenlocher von Deizisau in einer hiesigen Wirtschaft in den Keller hinab, indem er die neben der Kellerthüre sich befindliche Thüre zum Abort verfehlte. Er zog sich dabet so schwere inner­liche Verletzungen zu, daß er denselben gestern im Krankenhaus, wohin er verbracht worden war, erlag. Ein Verschulden von Seiten des Wirts liegt nach den gemachten Erheb­ungen nicht vor.

Marbach a. N , 15. Dez. Der Schwab. Schillerveretn hat als Archivbauplatz endgül­tig den Baugrund vor dem Schillerdenkmal erworben.

Murrhardt, 12. Dez. (Todesfall.) Nach schwerem Leiden verschied hier gestern nach­mittag Gastwirt H. Gauger, Gemeinderat, Kirchengemeinderot und Vorstand des hiesigen KriegervereinS. Der Verstorbene, der ein Aller von 51 Jahren erreichte, machte als

Artillerist den Feldzug 1870 mit und wurde in der Schlacht bei Champigny leicht ver­wundet.

Ulm, 14. Dez. Der im Neuulmer Ge­fängnis sitzende Mörder Bemsel hat noch kein Geständnis abgelegt, doch kann er durch den Indizienbeweis vollständig überführt werden.

Ulm, 14. Dez. Während der acht Tage dauernden Wintermesse hat die hiesige Polizei nicht weniger als 120 Personen wegen Bet­teln, Diebstahls und Landstreicherei verhaften müssen.

Nendingen, 10. Dez. Der hysterische Schlafzustand und die Ernährungsunfähig­keit des Mädchens Johanna Mattes dauert nunmehr 126 Tage. Vorgestern sollte nach Zustimmung deS elterlichen Willens die Ueberbringung des kranken Kindes nach Baden-Baden in die dortige Heilanstalt des Dr. Teufel statlfinden; allein wegen eines eingetretenen Umstandes wurde jene hinaus­geschoben. Die Kranke ist mehr denn je in aufgeregtem, ganz unruhigem Zustande, der Kräftezuftanb ist in rascher Abnahme begriffen.

Gegen Wanderlager u. Schleuder geschäfte hat der Kaufmännische Verein zu Hersseld in Hessen ein probates Mittel er­funden. Im Jahre 1892 tauchte in Hers- feld ein Wanderlager auf, ebenso Mitte ds. Js. ein weiteres; beide machten durch ihre Plakate mit riesig billigen Preisen viel Rek­lame und erregten damit die Aufmerksamkeit des Publikums. In beiden Fällen, d. h. ge­gen beide Wauderlager, wurde nun folgen­des Mittel angewandt: Der VereinSvor« stand engagierte sofort einen zuverlässigen, ortskundigen Mann, stellte ihn vom frühen Morgen bis abends zum Schluß des Ge­schäfts ganz in Nähe der EingangSthüre des Warenlagers auf und ließ von ihm sämtliche Personen, die das Warenlager besuchten, auf- Ichreiben. Dem Publikum fiel dies sofort auf, es sprach sich aus, daß man ausgeschrieben würde rc., kurz und gut, das Publikum und besonders die Leute, die bei den ansässigen Kaufleuten drei Jahre borgten, aber stets die ersten im Wanderlager sind, blieben fort und mieden daS Wanderlager. Das bessere Publikum und diejenigen Personen, die un­abhängig sind, genierten sich, hineinzugehen, weil sie wußten, daß sie ausgeschrieben wur­den und ihr Besuch zur Kenntnis der Kauf­leute kam. Diejenigen Kunden, die bei den Kaufleuten lange borgten und trotzdem bei dem Wanderlager kauften, wurde von den Kaufleuten mitgeteilt, daß sie sofort verklagt würden, wenn sie ihre alten Schulden nicht bezahlten, sie hätten ja bares Geld für das Wanderlager gehabt, folglich müßten sie auch Geld haben, um die Schulden beim Kaufmann zu bezahlen. Die Inhaber des WanderlagerS I beschwerten sich nun bei dem Landrat, dem Bürgermeister, der Polizeibehörde über das Vorgehen der Kaufleute, wurden aber überall abgemiesen, packten infolge dessen am dritten, vierten Lag ihren Kram ein und verschwan­den aus den Mauern von Hersseld. Dieses Mittel war in beiden Fällen vom besten Erfolge begleitet; das erste Wanderlager ist nie wieder nach Hersseld gekommen, das zweite Wanderlager, das im September dort war, hat fast gar kein Geschäft gemacht, die Inhaberin hat sich geäußert., daß sie noch nicht einmal die städtischen Abgaben (42 in der Woche) verdient hätte.

München, 14. Dez. (Einsturz.) Heute mittag stürzte bei einem Neubau in der Lind­wurmstraße ein Erker ein. Ein Bauarbeiter wurde getötet, 11 schwer verwundet. Ueber die Einzelheiten des Unglücks wird noch ge­meldet: An dem Neubau stürzte der obere Teil eines Erkers in sich zusammen und fiel auf die Bauhütte, in welcher gerade die Lohn­auszahlung staltfand. Ein Arbeiter war so­fort tot, eine Arbeiterin verstarb im Laufe des Nachmittags. Die übrigen 9 Verletzten befinden sich im Krankenhause. Der Bau­meister und der Polier wurden verhaftet.

Berlin, 14. Dez. DerReichsanzeiger" schreibt: Das Reichspostamt giebt bekannt, daß vom 20. Dezember ds. IS. ab Druck­sachen in Rollenfvrm bis zu 75 om Länge und 10 ein Durchmesser auch innerhalb Deutschlands, sowie im Verkehre mit Oester­reich-Ungarn zur Postbeförderung zugclafscn werden sollen.

Der umsichtige Fiskus. Ein Knabe, der in den Berliner Vororten mit Fliegen­stöcken gehandelt hatte, ist, wie dieVolks- ztg." meldet, wegen Steuerhinterziehung vom Landgericht II in Berlin abgeurteilt worden. Die Provinzialsteuerdirektion hatte auf Er­suchen der Staatsanwaltschaft die Auskunft gegeben, daß der Handel mit Fliegenstöcken mit einer Jahressteuer von zwölf Mark zu belegen sei. Da der Knabe keinen Gewerbe­schein gelöst hatte, sollte er nach dem An­trag des Staatsanwalts 24 Mark Strafe zahlen. Der Gerichtshof ließ cs bei sechs Mark oder zwei Tagen Hast bewenden. Der bestrafte Knabe hatte von den gesetzlichen Be­stimmungen, die ihm für seinen Handels­betrieb eine Steuer auferlegen, welche den ganzen Erlös seines Geschäftes wohl weit übersteigt, ganz gewiß keine Ahnung. Aber Unkenntnis schützt nicht vor Strafe. Es fragt sich nur, ob alle Kinder, die mit solchen Kleinigkeiten hausieren, fortan steuerpflichtig gemacht werden sollen. Dann kann der Fis­kus aus der Bestrafung all' der Knaben, die jetzt zur Weihnachtszeit Hampelmänner verkaufen, seine finanzielle Lage verbessern.

Im Zirkus Renz in Breslau lachte sich ein Gastwirt buchstädlich zu Tode. In­folge der allzustarken Erschütterung trat sein Bruch aus, an dem er rasch starb. Um nachzuahmen, was er im Zirkus gesehen, hob der Knecht Albrecht zu Neudorf einen schweren Tisch mit den Zähnen hoch, sank aber mit lautem Schrei zusammen; er hatte den Oberkiefer gebrochen.

Panik in einer Kirche. In dem ungarischen Städtchen Kecskemet fand vor Kurzem die Feier des 33jährigen Bestandes des Pfartsten-Srdens statt. Während des Gottesdienstes stürzte ein Teil des Mauer- werkeS am Plafond ein. Hierdurch jwurde eine furchtbare Panik hervorgerufen, nament­lich unter den zahlreich anwesenden Frauen und Kindern, die in sinnloser Angst zur Thür drängten. In dem Gedränge wurden zahlreiche Personen schwer, zwei Frauen le­bensgefährlich verletzt. Durch das herab­stürzende Mauerwerk wurden zwei Frauen getötet.

Eine Hose gratis bei Einkauf für 10 Mark", also lautet die Anpreisung eines Kleidergeschäftcs in Berlin. Wie dieTägl. Rundschau" verrät, ist dieGratis"--Hos? eine Badehose.

«L- Hiezu eine Beilage. 'LL

Sikbaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmaun in Wtlbbab,